Gute Vorsätze
© Holger Bernhardt
An diesem Weihnachten werde ich nichts verschenken. Ich werde mich einfach dem Konsumrausch entziehen und den Advent genießen. Wie viele Jahre habe ich den Baum geschmückt und niemand hat sich dafür interessiert. Jedes Jahr habe ich Geschenke gekauft und niemand hat sich richtig gefreut. Ich habe meine Gäste bekocht und niemandem hat es scheinbar geschmeckt.
Brauche ich das? Nein.
Weihnachten wird dieses Jahr ohne mich stattfinden. Dazu werde ich diesen guten Vorsatz einfach vorverlegen. Jetzt wo er gefasst ist, gilt er einfach als guter Vorsatz, den man an Sylvester fasst. Nein, Sylvester, das wäre mir zu lange, das wäre ja fast wieder ein Jahr.
Dieses Jahr Weihnachten - ohne mich.
Was mich auch geärgert hat sind diese Weihnachtslieder. Überall wo man hinkam, in jedem Kaufhaus, an jeder Straßenecke. Aber wenn ich nicht mehr in die Stadt gehe, um Geschenke zu kaufen, dann bleibt mir das erspart. Ach und einen Baum werde ich auch nicht kaufen, der nadelt so und nun mal ehrlich, was soll ich mit einem Baum in meiner Wohnung.
Nein, nein ein Braten zu Weihnachten, das macht sowieso nur dick. Sonst habe ich immer eine Flasche Wein aufgemacht. Ich habe eine der beiden Flaschen, die ich normalerweise geschenkt bekommen habe, zu Ostern aufgemacht und eine zu Weihnachten. Da haben die doch letztes Jahr gesagt, der Wein würde nach Kork schmecken, dabei hatten sie ihn mir selber geschenkt. Also wirklich. Dann kann ich auch auf solche Gäste verzichten.
Und dann dieses ganze Geschenkpapier, der Boden war letztes Mal voll davon und ich hatte wieder die Last, alles aufheben zu müssen. Oh, nein, dieses Mal nicht. Ich werde einfach daheim bleiben. Wenigstens gibt es im Fernsehen ein tolles Programm, einen guten Film nach dem anderen, wozu brauche ich andere Menschen. Ach ja, erst war der Wein nicht recht und als alle weg waren und ich aufgeräumt hatte, da habe ich die Flecken vom Marzipan auf der Tischdecke gesehen, es war noch so eine gestickte von meiner Mutter,
Gott hab sie selig.
Weihnachten, das Fest der Liebe, wenn ich nicht lache. Jedes Mal gibt es Streit. Also ich bin ja nicht schuld daran, aber dann, ach ich mag gar nicht dran denken. Wenn die ganze Familie hier herumsitzt und sich streitet. Nein, das brauche ich nicht. Ja und weg gehen? Ach bei dem Schnee, das ist einfach auch ein wenig gefährlich, da bleibe ich lieber hier, da passiert doch dauernd was auf den Straßen, liest man doch jeden Tag.
Ja, da ist der Schnee, wenn ich hier so aus dem Fenster schaue.
Gegenüber Schmitts haben wieder ihren Tannenbaum im Garten geschmückt und beleuchtet. Das sieht sehr romantisch aus. Durch das Fenster kann man in deren Wohnzimmer schauen. Das sitzen sie alle beisammen. Man kann die Kinder spielen sehen. Ich hätte auch gerne Kinder gehabt, dann würden wir hier Weihnachten feiern. Ich liebe diese bunten Lichter, wenn sie am Weihnachtsbaum sind, das ist so friedlich. Ich glaube, ich habe irgendwo noch die Spitze für den Baum von Mama. Was war das immer schön, wenn wir die Kugeln
aufgehängt haben. Ja, schade, dass das nicht mehr ist. Weihnachten ist immer so schön gewesen. Wir haben zusammen gesessen und Lieder gesungen und jetzt sitze ich hier alleine herum, während alle feiern. Es ist schon ein ödes Leben.
Eingereicht am 09. April 2006.
Herzlichen Dank an den Autor.
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