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Die Drei Kleinen Elefanten

© Raiko Milanovic


Zu einer Zeit, als Tiere noch Wunder bewirkten, begab es sich, dass drei kleine Elefanten die große Steppe verließen.
Es war bereits Abend und noch immer sehr heiß, als sie begannen nach Schatten zu suchen. Aber alles was sie fanden war ein alter, kahler Baum, der vor lauter Staub genauso grau wie sie geworden war. Aber der Baum warf den einzigen Schatten weit und breit. So ließen sie sich an seinem Stamm nieder.
"Komm, setz dich Aki", sagte Mana das Elefantenmädchen und rückte etwas.
"Was sollen wir nur tun?" klagte Aki. "Die Menschenwesen verfolgen uns noch immer."
"Wir müssen weiter und uns einen neuen Platz suchen", sagte Mana.
"Wo gibt es solch einen Ort?" fragte Temba. Sie überlegten hin und her, aber keiner der Dreien wusste es.
"Fragen wir doch den alten Kahlen", schlug Mana vor und knuffte den Baum. Es war, wie schon gesagt, eine Zeit zu der die Tiere noch Wunder bewirken konnten, so versuchten sie den Baum zum Sprechen zu bringen. Aber der alte Baum war in der heißen Sonne schon etwas verstockt geworden und schwieg.
"Komm schon Gevatter. Zeig uns, wo wir Schutz finden", sagte Temba.
"Bruder Baum, bitte hilf uns. Sag, wohin wir gehen können", bat Aki.
"Alter Vater, ich bitte dich, zeig uns einen Weg", bat auch Mana. So redeten sie auf den Baum ein, knufften und stupsten ihn an, bis er knarrend nachgab und mit seinem Schatten nach Osten wies.
Die drei blickten dem Schatten nach. Dort, am Horizont, funkelten schon die ersten Sterne.
"Der Baum denkt, wir müssen zum Nest der Sonne."
"Dort sind die Berge. Dort wohnt das Wasser", sagte Mana.
"Ist das ein guter Ort für uns?" fragte Temba.
"Ich glaube ja." antwortete Mana. "Der Fluß hat mir davon erzählt. Jedesmal wenn er den langen Weg bis zum Meer geschafft hat, wird er müde und schläft ein. Wenn er wieder aufwacht, schwebt er aus den Wolken auf die Berge nieder. Dann fließt er über Felsen und grüne Hänge an denen viele Bäume wachsen. Es muss schön dort sein, denn er trifft auch andere Wasser. Es sind so viele, dass die Luft von ihrem Gemurmel rauscht."
"Gibt es dort Menschenwesen?" fragte Aki. Die beiden anderen wussten es nicht und der Baum schwieg. Aber Manas Erzählung hatte ihnen Mut gemacht und so machten sich die Drei auf den Weg.
Aus Furcht vor den Menschen wanderten sie Nachts. Die Sterne zeigten ihnen funkelnd den Weg und sprachen auch manchmal mit ihnen. Gab es dort genug Wasser und Gras? Sicher, Wasser und auch genug Gras. Gab es dort auch andere Elefanten? Aber natürlich. Es waren schon andere vor ihnen dorthin gereist. Es gab viele, viele Fragen und die Sterne antworteten mit ihren fernen Stimmchen. Gegen Morgen, wenn die Sonne erwachte und die Sterne ihr Lager aufsuchten, suchten sich auch die Elefanten nach einem Plätzchen und ruhten, bis die Sterne wiederkehrten.
Am siebten Tag ihrer Reise trafen sie auf Menschen.
Es dämmerte gerade und sie wollten sich gerade an einem Dornbusch niederlassen, als sie ein Weinen hörten. Mana blieb wie angewurzelt stehen, denn sie erkannte sofort, dass ein Menschenkind weinte. Langsam drehte sie sich um, denn sie wollte unbemerkt bleiben, da versperrte ein Mensch ihren Weg.
Er schrie zornig und drohte mit einer hölzernen Stange. Aki fürchtete die Stangen der Menschenwesen sehr, denn er hatte viele Wunden von ihnen davongetragen. Aber noch mehr fürchtete er das Feuer, welches das Menschenwesen mit der anderen Hand schwenkte. Denn das Feuer war ein Zauber, den die Tiere nie gelernt hatten.
"Lauft", schrie Aki, aber auch er vermochte sich nicht zu rühren, so sehr ängstigten ihn die Flammen. Der Mensch hob den Ast und brannte ihn mit dem Feuer.
"Hilfe, so helft mir doch", schrie Aki. Mana trompetete wild auf und drängte sich schützend vor ihn.
"Lauf, Aki", rief Mana und schob Aki an. Aber Aki war noch immer ganz starr vor Furcht. Da holte Temba tief Luft und trompetet so laut er konnte um den Menschen zu erschrecken. Die Flammen flackerten und verloschen fast. Temba holte tief Luft und rief:
"Trompetet, trompetet so laut ihr könnt, das besiegt den Feuerzauber!"
Alle drei Elefanten hoben ihren Rüssel und trompeteten auf einmal los. Die Flammen flackerten noch einmal auf, dann verloschen sie. Der Mensch ließ den Ast fallen und packte seinen Speer fester.
"Wir rennen ihn nieder. Es ist nur einer." Temba hob den Rüssel um dem Menschen den Garaus zu machen, als das Menschenkind plötzlich aufhörte zu weinen.
"Er schützt sein Junges", sagte Mana leise und ließ ihren Rüssel sinken.
"Er schützt sein Junges", wiederholte sie und auch Aki und Temba senkten ihre Rüssel. Einen Moment später ließ auch der Mensch seinen Speer sinken. Dann hörten sie ein Knurren.
Ein Löwe war vom Weinen angelockt worden und hatte das Menschenkind entdeckt. Nun hockte er vor ihnen und glotzte die Menschenwesen und die drei kleinen Elefanten an. Es war ein großer, ausgewachsener Löwe mit mächtigen Tatzen der da sein Maul öffnete und knurrte.
"Laß das Kind in Ruhe!" riefen die drei Elefanten, aber der Löwe beachtete sie gar nicht und schnupperte hungrig. Das Kind roch zu lecker.
Da stach der Mensch mit seinem Speer nach dem Löwen. Die Menschenfrau griff nach einem Stein und warf ihn den Löwen direkt auf die Nase. Aber der Löwe wich nicht zurück. Er duckte sich und brüllte gereizt. Niemand traute sich heran.
Da lief Aki fort. Er drehte sich um, drückte sich zwischen Mana und Temba durch, brach durch das Gebüsch und lief zurück zu der Stelle an der sie auf den Menschen getroffen waren. Dort, am Boden, lag der Ast, den der Mensch hatte fallen lassen. Aki griff den Ast mit seinem Rüssel und hob ihn auf.
"Bruder Baum. Bitte hilf mir, bitte hol den Feuerzauber", rief er. Mit einem Mal flammte das Feuer erneut auf und der Ast brannte. Aki rannte zum Löwen zurück. Er holte mit dem brennenden Ast aus und schlug ihn dem Löwen mitten auf den Pelz. Der Löwe heulte auf, erst erschrocken und dann schmerzvoll, als die Flammen sein Fell versengten. Dann sprang er mit großen Sätzen davon. Es war, wie schon gesagt, eine Zeit in der Tiere Wunder bewirken konnten.
Seit diesem Tage sind die Menschenwesen und die Elefanten Freunde. Mehr noch, die Menschenwesen erzählen noch heute wie ihnen in einer wundersamen Nacht, als die Sterne so hell wie noch nie am Himmelszelt leuchteten, große Freude widerfahren war. Denn drei kleine Elefanten waren erschienen und hatten sie vor dem Löwen beschützt.



Eingereicht am 02. April 2006.
Herzlichen Dank an den Autor.
Nachdruck und Vervielfältigungen, auch auszugsweise, bedürfen der schriftlichen Zustimmung des Autors.

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