Schneeflöckchenträume
© Katja Schneller
Es war Winter. Die Welt lag versunken in eisiger Kälte. Jeden Tag wurden die ersten Schneeflocken erwartet, denn die Menschen hofften sehr auf ein weißes Weihnachtsfest.
Droben bei Frau Holle, die jedes Jahr für den Schnee verantwortlich war, herrschte ein großes Durcheinander. Sie hatte alle Hände voll zu tun, um ihre dicken Daunendecken herzurichten, damit der Schnee rechtzeitig auf die Erde rieseln konnte.
Die kleinen Schneeflocken, die dieses Jahr das erste Mal mit auf die Reise gehen würden, waren sehr aufgeregt. Sie hopsten von einem Bettzipfel zum nächsten und konnten einfach nicht still sitzen. Selbst die Ermahnungen der älteren, erfahrenen Flocken konnten sie nicht zur Ruhe bringen.
Wie würde es sein, wenn sie aus dem Federbett purzelten? Würden sie sich aus den Augen verlieren? Wie lange dauerte es, bis sie sachte vom Himmel zur Erde schwebten? Und vor allem, wo würden sie landen, und was würde dann geschehen?
Sie hatten schon so viel von einem glitzernden Weihnachtsfest gehört und wollten es endlich selbst einmal erleben. Die alte Schneeflocke, die die Reise schon oft gemacht hatte, hatte ihnen von fröhlichen Kindern mit tellergrossen Augen und roten Bäckchen erzählt, die den Schnee und Weihnachten heiß und innig liebten und jeden Tag sehnsuchtsvoll zum Himmel blickten.
Und dann war es endlich soweit. Frau Holle öffntete ihr Fenster und schüttelte kräftig ein Bett nach dem anderen. Was war das für eine Freude, endlich ging es los ! Alle flogen durcheinander. Die Jungen über die Alten und umgekehrt. Langsam schwebten sie zur Erde. Es kamen immer mehr und bald war die ganze Welt mit einer dicken Puderzuckerschicht überzogen.
Sie hatten sich genau einen Tag vor dem Christfest auf die Reise gemacht. Und als die Menschen am Morgen erwachten, war die Freude riesengroß. Die Kinder stürmten dick eingepackt mit Mütze und Schal nach draußen und holten sogleich ihre Schlitten hervor. Es wurden dicke Kugeln gerollt und herrliche Schneemänner gebaut. Drüben am Waldesrand war eine lustige Schneeballschlacht im Gang und vom kleinen Hügel flitzten die Kinder mit ihren Schlitten den Berg hinunter. Es war eine einzige Freude.
Am Abend dann wurde das Weihnachtsfest gefeiert. Überall war ein Funkeln und Glitzern von Kerzen und tausend Lichtern. Kirchenglocken luden zur Christmette ein und aus allen Häusern hörte man ein seeliges Singen und Klingen.
Den Schneeflocken wurde dabei so warm ums Herz, dass sie aufpassen mussten, dass sie nicht schmelzen, denn dann ginge die Reise zurück zum Himmel. Die alten Flocken hatten wirklich nicht zuviel versprochen.
Den ganzen Winter konnten die Flocken auf der Erde liegenbleiben, und es fielen immer mehr von ihren Freunden vom Himmel und gesellten sich zu ihnen. Sie erzählten von ihren Erlebnissen, von Frau Holle, dem Fest und den Kindern. Wenn tagsüber die Sonne schien, funkelten sie wie tausend Sterne um die Wette. Es war eine herrliche Zeit, bis das Frühjahr kam.
Die Sonne wurde kräftiger und wärmte den Boden. Der Schnee begann zu schmelzen und die Sonnenstrahlen trugen die kleinen Tropfen zurück in den Himmel, wo sie schon von Frau Holle erwartet wurden. Sie wusch sie wieder schneeweiß und legte sie in ihre Federbetten zum schlafen. Dort träumten sie einen Sommer lang vom vergangenen Winter und freuten sich sehr auf ihren nächsten Flug zur Erde.
Eingereicht am 06. Februar 2006.
Herzlichen Dank an den Autor.
Nachdruck und Vervielfältigungen, auch auszugsweise,
bedürfen der schriftlichen Zustimmung des Autors.
Home Page
|
Kurzgeschichten
|
Gedichte
|
Seitenanfang