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Opa Nikolaus

© Petra Kramp


Mein Sohn nennt ihn immer nur den "Nikolaus-Opa", weil er der ältere, freundliche Herr ist, der Opa, der Nachbar, der halt Nikoläuse bastelt, aus schräg abgesägten Baumstämmen.
Aber er fertigt auch Tannenbäume, Schneemänner und Holzkerzen, die so leuchtend rot sind, dass sie die Adventszeit zu erhellen vermögen.
Opa Nikolaus erweitert zudem sein Sortiment stetig, und vor seinem schmucken Häuschen stehen sie dann alle Spalier, die Schneemänner, Tannenbäume und Weihnachtsmänner/Nikoläuse sowie Kerzenpatroullien und ich denke, in der ganzen Siedlung gibt es mittlerweile fast keinen Menschen mehr, der noch nicht eine seiner diversen Weihnachtsdekorationen sein Eigen nennen kann …
Opa Nikolaus heißt mit richtigem Namen Herr Wellems und er liebt das Werkeln und Basteln über alles. In seiner Garage schön aufgereiht, harren Weihnachtsmänner & Co. KG dann auf ihr neues Zuhause.
Neulich war ich auf der Suche nach einem neuen Vogelhäuschen. Mittlerweile hatte ich wohl schon sämtliche hiesigen Baumärkte abgeklappert gehabt, ohne etwas Passendes gefunden zu haben. Mehr durch Zufall entdeckte ich dann, was ich suchte: Mitten in einem Vorgarten standen zwei Vogelhäuschen mit Ständer und Futtersilo- in Opa Nikolaus Vorgarten - zu Präsentationszwecken.
Und tags darauf erschien Herr Wellems bei mir zu Hause, um mein zuvor ausgesuchtes Modell direkt auf unserem noch vorhandenen Ständer zu schrauben. Unser altes Vogelhäuschen hatte mein Mann abgebaut, es hatte sich leider als nicht wasserundurchlässig erwiesen, so dass der Kamin und das Futtersilo munter vor sich hin faulen konnten. Und Opa Nikolaus bekam sodann dieses Leuchten in den Augen, ein Leuchten, das so typisch ist bei den Leuten, die etwas mit ganzer Leidenschaft tun, ob des Anblicks des alten modrigen Modells.
Natürlich könne er es mitnehmen, sagte ich ihm, aber wenn er es tatsächlich wieder hinbekäme, dann hätte ich ja wohl das Vorkaufsrecht, so witzelte ich noch.
Opa Nikolaus nahm seine Trophäe unter den Arm und gedanklich entwarf er wohl schon neue Prototypen für ein neues Vogelhausmodell bzw. das Sanierungskonzept für das marode Modell …
Einen Tag später schellte er sodann bei uns, wieder mit diesem Glänzen in den Augen, und fast entschuldigend begrüßte er mich mit den Worten: "Das ließ mir einfach keine Ruhe; so ein schönes Modell musste doch noch zu retten sein: Bis in die Nacht hinein bastelte und bohrte ich an ihrem Ausgangsmodell herum. Meine Frau war zuletzt schon richtig wütend auf mich, denn das Hämmern ist ja trotz geschlossener Garage weithin zu hören…Aber schauen sie selbst!"
Stolz zeigte er mir sein Werk. Und er hatte auch allen Grund, stolz darauf zu sein: das alte Vogelhäuschen war nicht wieder zuerkennen: Zwar hatte es noch die alte ursprüngliche - ich nenne es immer "Landhaus-Vogelvilla-Form" mit dem tief gezogenen Dach, aber es war mit neuem Material versehen, das keine Feuchtigkeit mehr hereinließ.
Ich war restlos begeistert. Und so tauschten wir das am Vortag von ihm erworbene Vogelhäuschen gegen das vollständig sanierte Landhaus-Modell um.
Herr Wellems war hochgradig zufrieden, denn er befand zudem, dass auf unser großes, dreibeiniges Vogelhausgestell auch am besten so ein großes Vogelhaus, wie wir es besaßen, passen würde.
Und er hatte wirklich "gezaubert". Jetzt hatte ich genau das, was ich eigentlich haben wollte: Die alte Form, die ich so liebte, konnte beibehalten werden, aber aus einem witterungsbeständigen Material gefertigt! Und jetzt hielt es sicherlich noch etliche Jahre ohne nennenswerte Schäden aus.
So kam ich zu meinem diesjährigen wohl schönsten Weihnachtsgeschenk, denn das alte Häuschen war mir schon seit langem ein Dorn im Auge gewesen, und Futter konnte ich meinen gefiederten Freunden in diesem schimmelig-feuchten Etwas nun wirklich nicht mehr anbieten. Und mittlerweile war es bei uns auch richtig kalt geworden, der Boden war hart gefroren, und es war höchste Zeit, die Fütterung der Vögel wieder aufzunehmen.
Gleich muss ich mich beispielsweise auch wieder auf meinen Beobachtungsposten begeben - mit meinem Sohnemann im Schlepptau, denn in der Vogelwelt hat es erstaunlich schnell herumgesprochen, dass es bei uns wieder etwas zu futtern gibt …



Eingereicht am 30. März 2005.
Herzlichen Dank an den Autor.
Nachdruck und Vervielfältigungen, auch auszugsweise, bedürfen der schriftlichen Zustimmung des Autors.

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