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Das Lichterketten-Syndrom

© Petra Kramp


Hat es ihre Frau auch?
Diese nur zur Weihnachtszeit auftretende Krankheit, die manchmal sogar in richtigen Schüben auftreten kann und - wenn sie denn auftritt - urplötzlich den Wirt befällt und ihn nahezu willenlos macht, jedenfalls in Bezug auf den eigenen vom Verstand geleiteten Willen, das mühsam verdiente Einkommen a u s n a h m s l o s in Lichterketten und sonstigen Weihnachts-Deko-Artikeln zu investieren?
Und so urplötzlich, wie es auftaucht, das Virus, kann es auch wieder verschwinden, jedenfalls dann ist es so, wenn es kein Schränkchen, kein Regälchen und keine Pflänzchen ( damit ist natürlich auch die Außenanlage, sprich der Garten, gemeint) nördlich und südlich der Ruhr mehr gibt, (denn meine Frau schreckt diesbezüglich auch nicht davor zurück, z. B. die Nachbarspflanze zu umkränzen), dass nicht von Lichterketten umhängt, behängt, umwickelt, verwickelt ist. Glücklicherweise hat meine Frau aber noch so viel Sinn für Dekoration, dass selbst sie vor bunten Lichterketten oder einer blinkenden Dauerbeleuchtung zurückschreckt.
Ich denke, selbst wenn - nur rein theoretisch betrachtet - alle mit Weißlicht ausgestatteten Lichterketten ausnahmslos ausverkauft wären, würde sie sich nicht dazu hinreißen lassen, aus schierer Not buntfarbene zu kaufen. Eher würde sie einen kurzen Umweg nach Garmisch-Partenkirchen billigend in Kauf nehmen, als dieses Sakrileg zu begehen.
Das ist ja auch schon mal ein Vorteil bei meiner Frau, so meine ich wenigstens.
Aber, unter den so geschilderten Umständen wäre ich mir da auf einmal gar nicht mehr so sicher…. Gesetzt den Fall, auch in Garmisch-Patenkirchen gäbe es keine einzige Weißleuchtende Lichterkette mehr…..?
Die Hersteller von Lichterketten haben es aber vermutlich Bewussterweise von vornherein so eingerichtet, dass die Lebenszeit derselbigen nicht von langer Dauer ist. D. h. sollte meine Frau also tatsächlich einmal in die Situation geraten, alles und dies bedeutet in ihrem Sinn ausreichend mit vorhandenen Lichterketten umkränzt zu haben, so gäbe es diese Situation bei genauerer Betrachtungsweise gar nicht erst, d. h. dieser Fall würde - der Wahrscheinlichkeitsrechnung zufolge - nahezu "nie" eintreten. Denn immer mal wieder muss eine defekte Lichterkette gegen eine neue ausgetauscht werden, was eine Schande ist, denn meistens ist immer nur ein kleines unschuldiges Birnchen Ursache des Nicht-Leuchten-Wollens, aber finden sie diese schuldige erst mal bei 100 Lämpchen??? Außerdem rechnet sich der Aufwand des Lokalisierens nicht, bei den kleinen Preisen. Sagt meine Frau immer.
Die Stromrechnung schnellt dafür - wen wundert's - in der Vorweihnachtszeit in astronomische Höhen - und unsere Stehlampe im Wohnzimmer flackert gegen siebzehn Uhr fünfzehn beständig, vermutlich wegen der akuten Dauerbelastung des gesamten Stromnetzes in unserer Straße.
Denn - wie ich eingangs bereits erwähnte - dieser Lichterketten-Virus in Verbindung mit dem Gemeinen-Dekorations-Bazillus (kurz: GeDeBaz genannt), befällt ja vermutlich nicht nur meine Frau, sondern nahezu sämtliche weibliche Hausvorsteher. Was sage ich da? Weibliche Hausvorsteher! So ein Blödsinn, das ist so, als würde man von schwarzen Rappen sprechen…
Man sagt der Stadt Perth in Westaustralien ja nach, sie sei- vom Weltall aus betrachtet - die am besten sichtbarste Stadt auf der ganzen Welt aufgrund der vielen Lichter und dem Kontrast mit der sie umgebenden öden Wüste ringsherum - und das nicht nur zur Weihnachtszeit.
Ich bin da aber entschieden anderer Ansicht: Ich bin davon überzeugt, dass sich die Astronauten noch gar nicht mit unserem Dörfchen beschäftigt haben. Ich gehe sogar so weit, dass man von oben sogar unsere Straße im Besonderen ausmachen könnte, wenn man sich ein kleines bisschen Mühe geben würde, versteht sich.
Für so manchen Flugzeugpiloten müsste sie fast schon zum Verhängnis geworden sein, unsere Straße, weil diese erstens schnurgerade verläuft und zweitens in der Vorweihnachtszeit auch von oben einem Flugzeuglandeplatz gleicht….
Die Lichterkettenmanie meiner Frau trieb im übrigen neulich solche skurrilen Blüten, dass ich sie nur im letzten Moment noch daran hindern konnte, unserem Papageien eine kleine Lichterkette aufzusetzen, weil sie meinte, diese Ecke (die Ecke des Vogelkäfigs, wohlgemerkt) sei noch nicht ausreichend ausgeleuchtet.
Doch diesen Unsinn konnte ich ihr im letzten Moment noch ausreden, und wir entschieden uns für einen Kompromiss: Dem Papageien blieb dieser Blödsinn also erspart, weil ich mich schließlich bereit erklärte, mich vor den Käfig zu hocken - mit einer Lichterkette um meinen immer lichter werdenden Haarkranz….



Eingereicht am 18. April 2005.
Herzlichen Dank an den Autor.
Nachdruck und Vervielfältigungen, auch auszugsweise, bedürfen der schriftlichen Zustimmung des Autors.

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