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Eine Weihnachtsgeschichte

© Sören Prescher


Als der kleine Timmy am 24. Dezember erwachte, wollte er nicht glauben, dass heute Weihnachten war. Ein Blick aus dem Fenster schien dies nur noch zu bestätigen. Weder Schnee noch irgendwelche festliche Beleuchtungen waren zu sehen. Eigentlich könnte heute genauso gut ein beliebiger Tag im November sein. Hinzu kam, dass Timmys Eltern arbeiten waren. Lediglich der Großvater war daheim, um auf den Fünfjährigen aufzupassen.
"Ist heute wirklich Weihnachten?", fragte Timmy seinen Großvater und schaute ihn mit zweifelndem Blick an.
"Natürlich, was denkst du denn?"
Timmy zuckte mit den Schultern und wusste nicht, was er antworten sollte. Er ging nach draußen und hielt nach weihnachtlichen Anzeichen Ausschau. Doch auch hier wurde er enttäuscht und kam immer mehr ins Zweifeln. Außer einem eisigen Windhauch, der ihm schmerzhaft ins Gesicht biss, schien es auch hier keinen Beweis für das heutige Datum zu geben. Zwar zeigte der Himmel eine starke Bewölkung an, aber für Schnee gab es nicht den geringsten Hinweis. Zu allem Unglück schien sich auch die Sonne immer weiter durch die Wolken zu kämpfen. Timmys Hoffnungen sanken und er beschloss, die Meinung einiger Außenstehender einzuholen.
Und so lief der Fünfjährige von Tür zu Tür, vom Fahrradladen zur Bäckerei und selbst zum Spielplatz. Jeder, der ihm über den Weg lief, bekam dieselbe Frage gestellt: "Ist heute wirklich Weihnachten?"
Alle antworteten mit "Natürlich" oder "Ja" oder auch mit "Was denn sonst?"
Dennoch wollte Timmy ihnen nicht so recht glauben. Warum bitte schön nahmen alle Leute an, dass heute das Christfest sein sollte? Es gab doch nicht den geringsten Beweis dafür! Enttäuscht und verunsichert kehrte er nach Hause zurück. In seinem Kopf waren so viele Zweifel, dass er unterwegs beschlossen hatte, den Rest des Tages in seinem Zimmer zu verbringen. Weihnachten würde heute sowieso ausfallen. Der Fünfjährige versuchte sich mit der Musik aus dem Radio abzulenken. Doch auch hier schien jeder davon auszugehen, dass heute Heiligabend war. Es liefen durchweg nur Weihnachtslieder.
Traurig setzte sich Timmy ans Fenster und fragte sich, weshalb Gott vergessen zu haben schien, welch großer Tag heute war. Eine Träne lief über sein Gesicht und er wünschte sich für einen Moment sogar, heute Morgen gar nicht aufgestanden zu sein.
Genau in diesem Augenblick geschah etwas, das Timmy zunächst gar nicht fassen konnte. Kleine weiße Punkte fielen vom Himmel hinab. Zuerst nur wenige, doch bereits fünf Minuten später schien es vor ihnen kein Entkommen mehr zu geben. Der kleine Junge beobachtete, wie die Landschaft vor seinem Fenster in eine weiße Winterpracht getaucht wurde.
"Es schneit", jubelte er. "Es schneit."
Nicht einmal eine Minute später geschah ein weiteres Wunder. Timmy vernahm das Klirren eines Schlüsselbundes. Er kannte und liebte dieses Geräusch, denn es bedeutete, dass seine Eltern nach Hause kamen. So schnell er konnte, lief er zur Haustür und schloss seine Eltern fest in die Arme. Wieder lief ihm eine Träne über das Gesicht, doch diesmal war es aus Freude. Nur noch ein einziges Mal stellte Timmy seine Frage und als ihm auch sein Vater bestätigte, dass heute der heilige Abend war, zweifelte der Fünfjährige nicht länger daran. Ein Blick aus dem Fenster schien diesen Gedanken nur noch zu bestätigen.



Eingereicht am 08. März 2005.
Herzlichen Dank an den Autor.
Nachdruck und Vervielfältigungen, auch auszugsweise, bedürfen der schriftlichen Zustimmung des Autors.

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