Finaler Weihnachtseinkauf
© Ihepih
Der Weihnachtstrubel trifft die Familienväter immer am härtesten. Ja, auch wenn die Frauen meinen, sie müssten alles alleine machen. Aber wenn es darum geht, mal schnell noch die letzten Einkäufe zu erledigen, dann ist der Mann gefragt, der mit starker Brust und einer Engelsgeduld sich ins finale, vorweihnachtliche Getümmel stürzt.
So auch mein Freund Charly, der, wegen seines Berufes, von seiner Frau liebevoll Gärtner genannt wird. Nun, der Gärtner sollte mal eben an einem heiligen Abend, kurz vor Kassenschluss, die letzten Besorgungen machen. In einem Supermarkt mit ausreichendem Angebot gestaltete sich der Einkauf derart, dass die Kleinigkeiten ein Ausmaß annahmen, mit denen schon bald der Einkaufswagen überzuquellen drohte. Mit diesem übervollen Einkaufswagen ging der Gärtner nun auf eine Reihe von Kassen zu. Welche Kasse sollte er
nehmen? Charly ist der festen Überzeugung, dass er immer die falsche nimmt. Und so wählte er auch diesmal. Nach geduldigem Warten an einer stark unterbesetzten Kassenfront, war er, seinen Aussagen nach schon geladen, als er endlich die blondierte Kassiererin erreichte. Blond ist eben so gar nicht sein Typ. Unter allen blonden Kassiererinnen habe er das kleinere Übel gewählt, meinte er und war doch sichtlich froh zu sehen, dass seine Wahl eine zügige Abfertigung beherrschte. Als er endlich an die Kasse kam, legte
er einen Teil seiner Waren auf das Laufband. Seine ausgesuchte Kassiererin begann routiniert die Preise zu scannen. So ziemlich zu Beginn seines Einkaufsberges griff sie eine Zitrone, deren Preisschild verloren gegangen war. - Der Gärtner hatte, entgegen aller langläufigen Meinungen, alles fein säuberlich abgewogen und etikettiert - "Haben se datt nisch' ausjeworen?", kam die eindeutig genervte Frage der kölschsten aller Kölner Kassiererinnen und Charly, der sich noch gut an den Wiegevorgang und den
Preis erinnern konnte, antwortete: "Doch, die kosten 49 Cent, tut mir Leid, der Zettel muss wohl abgegangen sein." "Dat hillllft mir abba jetzt ja nix ... 'RITA?' ... watt kosten de Zitronen?", fragte sie lautstark in den Laden hinein. Da sie keine Antwort bekam und Charly noch dringend in das Weingeschäft musste, das auch in Kürze schließen würde, schlug er vor: "Tippen Sie einfach einen Euro ein, ist mir egal, was sie mit dem Rest des Geldes machen ... ich habe es etwas eilig, bitte."
Er bat sie wirklich sehr freundlich, in der Hoffnung auf Einsicht. " NÄ, nä, nä, so einfach jeht datt auch widder nitt", antwortete die preußisch-kölsche Kassiererin und schaute meinen Freund schon etwas strafend an. Seine vorweihnachtliche Stimmung hingegen wandelte sich zu einer eher diabolischen Wunschtirade, die ihn zu der Äußerung trieb: "Also, ich mache Ihnen ein Angebot ... ich gebe Ihnen zwei Euro und dann machen Sie ganz schnell oder ich gehe und Sie können sehen, wie Sie die Sachen hier
wieder ins Regal geräumt bekommen." Als ob sie dieses lukrative Angebot erst gar nicht gehört hätte, schrie sie noch mal durch den ganzen Laden, nach dem Zitronenpreis fragend und die Schlange der Wartenden hinter Charly, dem Gärtner, wurde immer länger. Die Kollegin von der Blonden soll wohl auch so etwas wie..."... wachte ma' ... isch weiß et auch nischt ... abba isch will mal eben gucken ..." aus der Tiefe des Ladens geantwortet haben, doch ein Ergebnis war nicht in Aussicht. Die Minuten verrannen
und Charly bekam große Sorge, beim Weinhändler vor der verschlossenen Türe zu stehen. Als dieser Rauschgoldengel von Kassiererin aufstehen wollte, um selbst nach dem Preis zu fanden, war Charly am Ende seiner Geduld.
"Halt", schrie Charly, "mein letztes Angebot! 5 Euro! Wenn Sie jetzt hier weggehen, gehe ich auch!" Doch unbeirrt beharrte sie auf dem Geschäftsprinzip. "Aber ich muss doch wissen, watt isch für de Zitronen nehmen soll, da müssen se scho' ma' eben watt wachten ..."
"Auf Wiedersehen und frohe Weihnachten", wünschte Charly noch kurz und knapp und ließ ein ganzes Transportband mit Waren und einen halb vollen Wagen mit Einkäufen, neben einer völlig verdutzen Kassiererin stehen.
Der Weinhändler war selbstverständlich noch da und hätte sogar noch auf Charly gewartet, aber so gab es eben mehr Flüssiges zu essen und die Stimmung an diesen Weihnachten soll berauschend gewesen sein.
Eingereicht am 10. August 2005.
Herzlichen Dank an den Autor.
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