www.online-roman.de       www.ronald-henss-verlag.de
Weihnachten Weihnachtsgeschichte Weihnachtsgeschichten Kurzgeschichte Weihnacht Advent

Wann ist Weihnachten?

© Stephanie Jans


Für mich war Weihnachten schon lange sehr weit weg. Es schien mir immer ein Fest für Kinder zu sein, egal wie groß oder klein sie sind… doch nachdem ich den Weihnachtsmann durchschaut und meine Eltern dahinter erkannt hatte, entfernte ich mich von Weihnachten und es entzog sich mir. Bis ich eines Tages einen Mann in mein Leben einlud… und seitdem mehr oder minder erfolgreich die Frage zu beantworten suche, was denn eine Frau wohl tut, die noch eine kleine Dreingabe "erbt".
Als Verfasserin von Kurzgeschichten hatte ich mir dafür natürlich längst eine Lösung überlegt. Meine papierne Singleheldin Lea kommt nicht ganz wie die Jungfrau zum Kinde, aber fast. Sie wird unerwartet als ungeübte Patentante in die Pflicht genommen und muss sich fortan mit Windeln, widerspenstigen Milchzähnen und der ersten Kindergartenliebe herumplagen.
Und nun hat es mich selbst ereilt. Ich fand es großartig, dass ausgerechnet mein Auserwählter ein bekennender Vater ist, der nicht nur seine Kinder liebt, sondern durch die permanente Abwesenheit der dazugehörigen Mutter ausführlich Gelegenheit hat, für sie zu sorgen. Er ist ein sehr warmherziger und sensibler Mann und hat den Geschlechterquatsch erfreulicherweise weit hinter sich gelassen.
Den freien Fall aus dem familienlosen ins Familienleben haben wir umsichtig abgebremst durch monatelanges Kennenlernen in kleinen Dosen. Das war gewiß auch besser so. Die Kinder, 3, 8 und 11, begutachteten erstmal meine äußere Verfassung - nicht größer als Papa, leidlich sportlich und somit durchaus zu gebrauchen, kurze Haare und nur wenig Schmuck, der nicht laut klappert und beim Toben ungefährlich ist. Vor allem aber war ich häufig lachend, fröhlich, ließ sie Blödsinn machen und bemühte mich - durchaus erfolgreich - ihn eifrig noch zu steigern. Soweit war also alles ganz in Ordnung.
Bekanntermaßen entwickeln aber besonders allein lebende Menschen gewisse Marotten. Nun habe ich zwar keinen Putzfimmel, aber auch kein richtiges Wohnzimmer. Wozu denn auch? Arbeiten kann ich am besten im Bett, gemütlich in die Kissen gekuschelt, den Schreibblock lässig und auf Einfälle wartend auf den Knien, dazu das beruhigende Geräusch des Fernsehers… Das ging nun aber nicht mehr! Wenn meine zukünftige Familienbande zu Besuch kam, wurden sämtliche Kinder in der Küche gestapelt, weshalb es meist Pizza gab, weil zum Kochen dann kein Platz mehr war. Und mein geliebtes Schwachsinnsehen oder wenigstens -hören stand sinnvoller Freizeitgestaltung und gegenseitigem Kennenlernen so sehr im Weg, dass es fast vollständig ausfiel.
Es fehlte mir sehr, denn ich mochte all die Beknackten, die tagtäglich serienmäßig die widersinnigsten und absurdesten Verwicklungen durchlitten, schwachsinnige Dialoge in Richtung Kamera quälten und so schön berechenbar waren. So durchsichtig, so vertraut. So ganz anders als 3 und 8 und 11.
Dabei hab ich wirklich Glück. 3 und 8 und 11 sind tolle Kinder - und das sage ich ganz objektiv, denn schließlich war ich an der Herstellung derselben in keinster Weise beteiligt. Alle drei sind pfiffig, lustig und überhaupt nicht langweilig, aber auch nicht übermäßig frech. 3 ist ein Mädchen, wobei der Begriff Mädchen hier eine ganz neue Dimension erfährt.
Charmant, energiegeladen, eigensinnig, neugierig, aber dann auch wieder ganz liebevoll, boxt sie sich einen ziemlich großen Raum neben ihren beiden Brüdern frei. Die Jungs sind rau und stark wie Jungs zu sein haben und sanft und in die Stille horchend, wie man sie sich wünscht. Eine tolle Mischung.
Seit ich so "in Familie" mache, häufen sich Verabredungen ganz neuer Art.
Mal ist es Keksebacken in der Klasse von 8, dann die Spielplatzliebe von 3.
11 muss zum Training - und wieder zurück. Der Kinderarzt gehört schon beinahe zur Familie, wie auch meine neue Nachbarin zur Linken. Die bringt mir das Nähen bei - und dabei den Dorfklatsch näher. Friseur ist mir ja seit Jahren zu teuer - aber 3, 8 und 11 bestehen auf fremden Haarschneidekünsten, wie übrigens auch mein lieber Mann, weshalb ich dort nun ständig um Termine feilsche, denn Friseur gibt es nur einmal in unserem schönen Dorf.
Die neu erworbene Familienoma wiederum ist stolz auf ihre Unabhängigkeit. Nur freitags, da muss sie zwei Kisten Wasser kaufen. Das macht ihr Rücken jedoch nur noch ungern mit… Und wenn sie Kleider kaufen geht, dann wär es schön, mich als Farbberaterin dabeizuhaben, denn mausig grau und staubig braun, das sind Omas Farben nicht. Bei pink, orange und grün ist sie so voller Tatendrang, das schon im eignen augenschonenden Interesse es sehr viel besser wäre, ich käme gleich mit.
Der Einkauf, früher eine Sache von Minuten auf dem Weg nach Hause, gestaltet sich jetzt auch ein wenig aufwendiger. Erstmal ist es nun ein kleines Volk, das Speis und Trank verlangt, denn wir alle bringen gerne Freunde mit nach Hause, die den großen Esstisch nur höchst ungern meiden. Dann kommt da noch der Weg dazu. Zeitung, Post und Brötchen lassen sich im Dorf besorgen, Blumenerde gibt es auch. Doch alles das, was sonst noch in die Speisekammer soll, ist weit entfernt. Damit sich dieser Weg dann lohnt, erhöht die schlaue Frau die Einkaufsmenge - und stöhnt sodann, was sie da alles tragen soll.
Mit meiner neuen Familie brach eine wahre Haustierschwemme über mich herein.
Im Gegensatz zu mir hasst meine heimliche Heldin Lea Haustiere, ist mit allerlei Tierhaarallergien geschlagen und hat das ganze Thema auf diese Weise schon im Vorfeld gründlich erledigt.
Während sich 3 bislang noch mit dem Einsammeln von Nacktschnecken zum sechsminütigen Bestaunen begnügt, sind 8 und 11 schon sehr erfinderisch, was das Einschleppen von Quasihaustieren in unser Leben anbelangt. Zunächst haben sie eine langwierige Studie über das geheime Leben der Zitterspinne durchgeführt. Selbstverständlich nicht in dunklen Kellerecken. Für zwei Monate hatte ich absolutes Putzverbot an ihren Zimmerdecken, während die Spinnen eifrig sponnen. Im Frühjahr lockte dann der Teich mit Laich von neunundneunzig Fröschen, der sich über Nacht in alle verfügbaren Töpfe und Eimer ergoss. Bevor endlich dankbare Mücken ihre Larven darin siedeln ließen, hatte ich den ehrenvollen Auftrag, täglich Futter in Gestalt von Wasserflöhen in rauen Mengen zu besorgen. Das tat ich aus Kostengründen auf dem Friedhof, wo mich die Dorfgemeinschaft recht erstaunt mit einem kleinen Netz in trüben Wasserbecken fischen sah.
Eines schönen Tages kam 11 mit einer grauen Ratte heim. Die war gewitzt genug, den Katzen zu entgehen - jedenfalls für sieben lange Wochen. Dann gab es heiße Tränen, ein stimmungsvolles Begräbnis im Parfumkarton und bohrende Fragen am nächsten Tag. Kann ich einen Hund haben? Ich auch?
Bevor wir diese Frage aber auch nur ansatzweise erörtern können, muss erst eine Spitzmausleiche im Mülleimer versenkt werden. Nach einer kurzen Eingewöhnungsphase beherrscht meine Katze Chianti das Landleben nämlich aus dem Effeff. Und angesichts der wachsenden Sammlung von haustierähnlichen und anderen Tieren in unserem Haus, versucht auch sie, ihr Scherflein beizutragen. Bislang wurden 176 Mäuseleichen brav von uns entsorgt.
Nacheinander, manchmal gar in Reihen aufgebahrt, hat Kati sie uns voller Stolz auf dem Frühstückstisch präsentiert. Vermutlich träumt sie vom "Goldenen Speckmäuslein" - von mir liebevoll mit Leckerlis garniert. Oder sie spekuliert auf ein handgesticktes Schlafkissen Marke "Ruhet sanft". Für noch wahrscheinlicher halte ich es aber, dass mein lieber Mann, der Western liebt, diesem Megamäusetöter bald ein großes Rundholz schenkt, in das sie Kerben ritzen kann für jede neue Leiche.
Das kleine Manko unseres Mäuseheeres, leider schon so tot zu sein, kann 3 nun gar nicht bremsen. Nachdem sie eine ganz besonders schöne Leiche beim Geburtstagskaffee zu Ehren meines lieben Mannes zum Flugzeug umfunktioniert hat und die Gäste selig brummend lang damit umkreiste, sammelt sie nun alle toten Mäuslein in dem roten Spielzeuglaster ein, der seitdem leidlich erfolgreich den gekühlten Leichenwagen mimt. Jedoch die Mäuse tun dort, was Leichen halt gewöhnlich tun, wenn man sie derart sorglos aufbewahrt - sie stinken fromm, an jedem Tag ein bisschen mehr. Momentan versieht mein lieber Mann den undankbaren Job, hier heimlich Leichen auszutauschen, damit der Hauch des Todes uns nur wenig beißend still umweht. Die häufig und begeistert vorgetragene Idee von 8 und 11, den armen Tierchen doch einmal wenigstens eine Feuerbestattung angedeihen zu lassen, ist ebenfalls dem Argument der allzu heftigen Geruchsentwicklung zum Opfer gefallen, was so furchtbar schade gar nicht ist.
Inzwischen gibt es aber nicht nur viele interessante neuerworbene Familienmitglieder und andere Anhängsel, nein, zu meinem Leben gehören auch ganz neue Rituale.
Beispielsweise Aufräumen, das alltägliche Martyrium, das erstaunlich penetrant immer gerade dann wieder von neuem beginnt, wenn man es endlich mal bewältigt glaubt. Das hab ich nie so wahrgenommen, geschweige denn besonders ernst, als es nur mich gab und ein Einzeltier um mich herum. Und so war auch Leas Universum bislang recht aufgeräumt und überschaubar.
Wenn ich heute nun den Teppich suche, der so gern mal wieder vom Staubsauger geküsst sein will, dann erwarten mich dort Soldaten, Schulsachen, Klamotten sowie das gesamte Inventar des heiß geliebten Einkaufladens plus Kasseninhalt, denn wer einkauft bei 3, kriegt freundlicherweise das ganze Geld dazu. Nicht zu vergessen wären auch noch alte Korken und die Clips von Plastiktüten, die meine Katze dringend braucht, falls gerade keine Spitzmaus sich bereiterklärt, zum Heer der Toten alsbald zu gehören. Es herrscht nur selten solche Einigkeit wie beim Versuch, meinen Anregungen zum Ordnunghalten zu entgehen. Weshalb wir alle ziemlich oft und lange mit dem mühsamen Wiederherstellen derselben beschäftigt sind, lange Gesichter, lang gezogene, leidende Bewegungen und mäkelige Bemerkungen inklusive.
Apropos Nacht: Rituale gibt´s ja zu fast jeder Tageszeit. Besonders beliebt scheinen allerdings diejenigen zu sein, die sich in die Dunkelheit hineinziehen. Während meine abends längst erschöpfte Lea sich damit herumplagen muss, dass in ihrer neuerworbenen Familie der Weg ins Bett kunstvoll bis fast ins Unendliche ausgedehnt wird, wobei die Wahl der Mittel von freundlicher spontaner Spielsucht über unerklärliche, nicht näher definierbare Fressanfälle, von wilden Versteckspielen bis hin zu lautstarken kategorischen Weigerungen reicht, fangen unsere Rituale eigentlich erst richtig an, Zeit und manchmal auch Nerven zu kosten, nachdem 3, 8 und 11 in ihren Betten verschwunden sind. 3 allerdings wünscht vorher viermaliges gemeinsames Zähneputzen. Sie mag es, wenn´s so richtig schäumt - und der Zahnarzt verteilt schließlich immer so schöne Zahnbürsten, jedenfalls an die Kinder. Unsereins muss sich sein tomatengetestetes Dr.-Best-Superschwungmodell schon selber kaufen. Den Zähnen schadet diese Dauerwäsche jedenfalls nicht Danach springt 3 mit Karacho ins Bett und erwartet im Grunde von mir einen ähnlich zirkusreifen Auftritt, bislang allerdings noch vergeblich. Immerhin kraule ich ihr ganz akkurat den Rücken, während einer kleinen Gutenachtgeschichte, das söhnt sie halbwegs aus. Wenn
3 dann endlich schläft und lauthals schnarcht, ist die Zeit für 8 gekommen.
Hier zeigt sich schon deutlich der Verschleiß von allzu oft Getanem. Das Zähneputzen gerät zur hastig, aber immerhin erfüllten, lästigen Pflicht auf dem Weg zum Gespensterbuch. Wenn sich mir längst die Zehennägel kringeln, fühlt 8 sich richtig wohl beim Gruseln. 11 klopft leider ungeduldig an die Tür, bevor Traumgespenster den Schlaf von 8 bevölkern können - und kuschelt sich dazu. Es ist zu schön, die Geschichte soweit auszuschmücken, dass sie bald 8 das Fürchten lehrt. Sodann steigt 11 zufrieden in sein eigenes Bett, während wir noch gegen das Zähneklappern ankuscheln müssen. Als letzte Station wartet dann noch das allabendliche Pokémon-Quiz, diesmal aber auf meinen lieben Mann, da mir ja noch die Zähne klappern. Kleine Rache von 11 für gekonntes Vokabelabhören am Nachmittag. Manchmal scheint es mir doch ratsam, mich pädagogisch nicht so hervorzutun, denn die Rechnung kommt prompt - 11 vergisst so etwas nie. Heute allerdings wirkt das Verhör von 11 recht zahm. Er erfreut sich schon den ganzen Tag daran, dass seine erste Pokémonkarten-Edition durch raffinierte Tauschgeschäfte nun komplett ist.
Vor seiner geschickt getarnten Frage nach einem kleinen Extrataschengeld gelingt meinem lieben Mann dieses Mal noch knapp die Flucht.
Meiner Lea ist zum Thema Rituale noch gar nichts Eindeutiges eingefallen - dass sie mit dem Aufräumen ebenfalls Schwierigkeiten bekommen hat, verwundert jedoch nicht. Die Erinnerung an zwanghaftes Spazierengehen am Sonntagnachmittag, ob es nun stürmte oder nur in Strömen goss, an nicht wirklich überzeugtes Beten vor dem Mittagessen und manches Leere mehr macht ihr ein wenig Angst. Doch sie würde um nichts in der Welt auf Gutenachtgeschichten oder gemeinsame Mahlzeiten verzichten wollen, nachdem sie das endlich ausprobiert hatte.
Es gibt ja manches, mit dem ich nicht in dieser Form gerechnet habe - und es kommt mir manchmal reichlich sparsam vor, was meine Heldin Lea früher unter meiner unschuldigen Regie erdulden und durchlachen durfte, gemessen an der häufig bühnenreifen prallen Fülle meines nur allzu lebendigen Familienidylls.
Besonders, wenn es nicht so klappt, wie eigentlich erhofft, bin ich versucht, im nächsten Bücherladen einzubrechen, um dort gleich säckeweise die mit gut gemeinten bunten Ratschlägen meist überreichlich, wenn auch leider reichlich lebensfern, bestückten Ratgeber für alle Lebenslagen zu erbeuten. Obwohl mir schon bewusst ist, dass das albern ist und selber denken durchaus hilft, sind diese Dinger manchmal soo verlockend. Es gibt inzwischen wirklich viel, auf das ich keine glatte Antwort weiß, vor allem nicht so schnell, wie die Ereignisse sie oft erfordern. Schwarz und weiß, das war einmal. Besonders, wenn zwei sich streiten, kann ich damit gar nicht kommen, denn wie oft geschieht es schon, dass einer wirklich recht hat und der andere nicht mal ein kleines bisschen?
Was gibt es noch, das nicht so klappt wie still erhofft? Davon gibts gleich zwei Kategorien, die leichte und die andere. Die leichte Sorte, das sind Unfälle. Dinge, die unabsichtlich geschehen, sich ungefragt ereignen, wehtun oder repariert werden müssen. Da ist dann schneller Trost gefragt. Bei 3 hilft meistens kräftig pusten. Ein Pflaster, dick beschmiert mit Zaubercreme, nehmen alle drei sehr gern. Reparieren tut mein lieber Mann - und ist er nicht da, dann muss es eben warten, was alle, wirklich alle akzeptieren, denn wenn ich was repariere, ist selbst der Schrottwert kaum in Zahlen noch zu fassen.
Die schwere Kategorie von Dingen, die so richtig danebengehen, die erzählt lange Geschichten von Dingen, die absichtlich nicht funktionieren. Das kann zum Beispiel heißen, keiner tut, was ich gern will. Fang ich dann an zu brüllen? Das hat schon meiner Mutter nichts genutzt… Oder soll ich lieber lange diskutieren? Natürlich immer mit der Gefahr im Nacken, dass sich die noch eben heiß diskutierte Sache längst von selbst erledigt, mittendrin im Wortgefecht? Oder versuche ich die lieben Kleinen doch zu "überreden" mit Hilfe von Süßigkeiten, Teddies oder einem wirklich teuren Satz Pokémonkarten? Das kommt ja nun überhaupt nicht in Frage. Also ist hier jedes Mal aufs Neue meine ganze Geschicklichkeit gefragt, mit Argumenten, und zwar keineswegs nur meinen eigenen, gut umzugehen, weshalb mich manche kurze Stunde heute viel mehr schafft als früher ein langer Tag im Büro.
Was würde Lea tun, wenn 11 zwar strikte Weisung hatte, pünktlich heimzukehren oder anzurufen - und nichts von alledem geschieht? Minute für Minute besorgter und ärgerlicher zugleich, hat auch sie es schwer, nicht durch den ganzen Ort zu hetzen auf der Suche nach dem vielleicht Schwerverletzten. Und sie muss sich schon beherrschen, nicht später eine kräftige Ohrfeige erleichtert auf dem übermütig Heimgekehrten schallend zu platzieren. Denn dass das sinnlos ist, das weiß sie schon. Doch wäre dies ein aus meiner Kindheit nur zu gut bekannter Umweg, ihre Freude auszudrücken, dass er nun gesund und munter weiter ihre Nerven strapaziert. Absurd zwar, aber verstehen kann ich sie durchaus. Schließlich könnte eine knapp bemessene Strafe auch mal eine dieser leidigen Diskussionen ersetzen.
Vielleicht ersparte sie es Lea gar, sich selbst als Vorbild zuverlässig zu verhalten - und das ein Leben lang… Das ist es eben, dieses Leben ist so lang. Und 3 und 8 und 11 bestimmen derart viel davon, weil es mir wichtig ist, dies Vorbild sein, dass ich es ernst nehme, so täglich, stündlich ernst. Da kann die Wut mich schon mal packen bei dem Gefühl, es nützt so überhaupt nichts. Vor allem, wenn der vorpubertäre Bock von 11 sich streitlustig meldet und renitent und aus Prinzip einfach alles verweigert… was sich der Trotzkopf von 3 gleich gründlich merkt.
Wie seltsam glücklich waren wir, als kürzlich die Mutter eines Freundes von
11 live und in Farbe vor uns ins Schwärmen geriet über gute Manieren, Freundlichkeit und Pünktlichkeit von 11, so ganz erfrischend angenehm im Gegensatz zu ihrem Sohn… Damit hatten wir überhaupt nicht gerechnet, aber das ist auch nichts Neues für Menschen mit Kindern. Man rechnet nie wirklich damit, was als nächstes dann passiert.
Und was hat das nun alles damit zu tun, dass ich Weihnachten wieder für mich entdeckt habe? Nun, ich gebe es nur ungern zu, doch seit einiger Zeit ist für mich im Grunde jeden Tag Weihnachten. Egal, ob 3 und ich mal eben Plätzchen backen, weil 3 so gern mit Förmchen Teig aussticht, ob ich mit 8 neue Fensterdekorationen male, oder ob 11 zum Abendessen 100 Teelichter im Wohnzimmer entzündet, weil ihm plötzlich so nach feierlich zumute ist… Weihnachten scheint ein Fest für Kinder zu sein, egal wie groß oder klein sie sind - und Feste wollen gefeiert werden, wie sie fallen.



Eingereicht am 06. März 2005.
Herzlichen Dank an den Autor.
Nachdruck und Vervielfältigungen, auch auszugsweise, bedürfen der schriftlichen Zustimmung des Autors.

»»» Weitere Weihnachtsgeschichten «««
»»» Weitere Weihnachtsgeschichten «««

Weihnachts-Blogs
»»» Blog Weihnachtsgeschichten
»»» Blog Weihnachtsmarkt
»»» Blog Weihnachtsmuffel
»»» Blog Weihnachtsgedichte
»»» Blog Weihnachtsbuch
»»» Blog Wintergedichte
»»» Blog Wintergedichte
»»» Blog Weihnachtsgedichte 1
»»» Blog Weihnachtsgedichte 2

»»» Kurzgeschichten: Überblick, Gesamtverzeichnis «««
»»» HOME PAGE «««