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Teddy auf der Suche nach Weihnachten

© Kerstin Schwarz


Es kracht und schaukelt und Teddy öffnet vorsichtig das erste Mal in seinem Leben seine braunen großen Augen. Alles wackelt und schaukelt um ihn herum. Es ist dunkel und seine Pfoten stoßen ständig gegen eine Folie, die ihn und andere Teddys fest umschlingt. Mit aller Kraft stößt er sein Pfötchen gegen dieses Hindernis und endlich schafft er es, die Folie zu zerreißen. Er kann nun leise Stimmen und lautes Brummen und Rattern hören und streckt seinen Kopf noch ein wenig mehr heraus. Da fällt er plötzlich ganz aus der Folie und zu Boden. "Aua!", brummt er vor sich hin. Auf einmal sind die Stimmen lauter und er versteht die Worte "Kinder", "Freude" und "Weihnachten".
Weihnachten? Was ist das?
Dass Kinder sich freuen, wenn sie einen Teddy geschenkt bekommen, hat er schon von den anderen Stimmen gehört, als er aus weichem Fell von geschickten Menschenhänden genäht wurde, aber von dem Wort "Weihnachten" hatte keine Stimme erzählt. Er grübelte, was das wohl sein sollte, als er plötzlich von einer Ecke in die andere mit lautem Gepolter und Gequietsche rutscht. Das Brummen hört unerwartet auf und mit noch lauterem Gekrächze wird die Tür des Transporters aufgerissen und Licht umflutet den kleinen erschrockenen Teddy. Vor lauter Schreck und fast blind vergisst er sich festzuhalten und fällt abermals in die Tiefe. Die großen Foliensäcke werden nun heraus gezogen und er sieht nur noch über sich, wie die anderen Teddys auf Karren verladen werden. Dann beginnt wieder das Brummen. Ein Mann steigt über ihn hinweg und verschließt die Tür des Transporters. Dann rattert es wieder fürchterlich und Teddy muss sich die Ohren zu halten. Doch dann wird es plötzlich ganz still.
Teddy öffnet ganz vorsichtig seine Augen und sieht in den blauen Himmel. "Schööön!" Er versucht sich aufzurichten, aber unter ihm ist es weich und kalt. Nach einigen Anläufen schafft er es dann doch und kommt auf die Beine. "Huch!" Kaum steht Teddy, rutscht er aus und landete wieder im Schnee. Langsam wird Teddy müde und ihm gefrieren die Beine. "Eine kleine Pause wird mir bestimmt gut tun." Teddy schließt seine Augen und kleine Tränen rinnen ihm die Wangen herunter, die gleich zu Eis gefrieren. "Soll es das schon gewesen sein?", fragt er sich. "Wo sind die Kinder? Was ist Weihnachten?"
Mit einem Mal wird er in die Luft gehoben. Ein warme Hand umschlingt ihn und eine tiefe, warme Stimme spricht zu ihm: "Na du? Was machst du denn hier im Schnee? Was hältst du davon, wenn ich dich mit nach Hause nehme?" Teddy strahlt und seine braunen Augen leuchten. Der Mann hebt den Teddy vorsichtig in seine Taxe und schon brummt es wieder und ab geht die Fahrt. An Teddy fliegen Bäume, Felder und Häuser vorbei. Er kann sich nun alles genau anschauen, denn der Mann hat ihn ganz vorne an die Scheibe des Wagens gesetzt. "Das ist toll!", brummt er freudig, "Ist das aufregend!"
Dann stoppt der Mann das Auto und beinahe wäre Teddy wieder heruntergerutscht, hätte ihn der Mann nicht festgehalten. Der Mann steigt aus dem Taxi und Leute laufen auf das Auto zu, reißen die Tür auf und setzten sich in den Wagen. Teddy fällt nun doch herunter und mit einem unbedachten Fußtritt des Fahrgastes wird er aus dem Wagen geschleudert. "Au! Ich … Haaalt, ich will doch mit!" Teddy sieht nur noch, wie der nette Mann zum Auto geht und schon brummt der Wagen und fährt ohne Teddy los.
Schluchzend rafft sich Teddy auf und noch größere Tränen laufen ihm übers Gesicht. "Ich bin so allein! Ich will doch zu den Kindern. Und was ist Weihnachten?" Traurig schaut er in den Himmel und die blaue Farbe färbt sich in ein hässliches Grau und auf einmal ist der schöne Himmel ganz schwarz und gar nicht mehr schön. Nur ein paar helle Punkte sind übrig geblieben, aber die geben kein Licht. Teddy ist kalt und er tappt von einem Bein auf das andere. "Was soll ich nur tun?" Er ist nun todtraurig und ganz alleine. Teddy schaut sich um und entdeckt ein Haus mit ganz vielen bunten Lichtern. Sie blinken und leuchten so wunderschön, dass Teddy neugierig wird. Er rappelt sich auf, um diese Lichter genauer zu betrachten. "Sind die aber herrlich!" Teddy macht einen Schritt nach dem anderen im tiefen Schnee. "Och, ist das schwer!" Doch die bunten Lichter ziehen ihn magisch an. Nach einer ganzen Weile kommt er endlich am Ziel an. Die Lichter sind auf einem Baum und hinter dem Baum steht ein kleines Haus, aus dem warmes Licht durch die Fenster scheint. Plötzlich raschelt es hinter ihm. Teddy zuckt zusammen und er versteckt sich schnell unter einem großen Ast des Baumes. Ein kleiner Mensch, nicht viel größer als er selbst, rennt auf das Haus zu und schreit: "Hurra, morgen ist Weihnachten!" Teddy ist ganz nervös "Da ist ja wieder das Wort Weihnachten!" Die Tür des Hauses öffnet sich und eine Frau tritt heraus und lächelt "Ja, morgen ist Weihnachten, mein liebes Kind!" "Aaah!", sagt der Teddy ganz leise zu sich "Das ist also ein Kind! Aber was ist nun Weihnachten?" Das Kind rennt in die Arme seiner Mutter und schon schließt sich die Tür hinter den beiden und Teddy ist wieder allein. "Was ist nur Weihnachten?" Alles Grübeln hilft nichts! Ganz erschöpft und müde schläft Teddy in seinem Versteck ein. Die Äste des Baumes halten ihn schön warm und so schläft er bis zum nächsten Morgen.
Als er aufwacht ist seine erster Gedanke, was Weihnachten wohl bedeutet, als er ein bekanntes Brummen wahrnimmt. "Das ist doch das Taxi!" Ganz vorsichtig steckt er seinen Kopf aus den Ästen und tatsächlich kommt das gelbe Auto direkt auf ihn zugefahren. Mit einem Purzelbaum rollt er zu den Füßen des Mannes, der ihm gestern schon das Leben gerettet hat. "Na, da bist du ja! Du kleiner Ausreißer! Ich habe dich schon überall gesucht! Ich will dich doch meinem Sohn zu Weihnachten schenken!" Liebevoll schmiegt sich Teddy in die Hand des Mannes, der ihn ganz behutsam aufhebt und in das Haus trägt. "Papa!" Der kleine Mensch rennt auf den Vater zu. Mit einem Mal wird der Teddy in die Jackentasche gesteckt und kann kaum noch etwas hören, geschweige denn sehen. Der Mann nimmt seinen Sohn in den Arm und drückt ihn ganz kräftig an sich, dabei wird auch beinahe der Teddy zerdrückt. "Hilfe!", brummt er. Der Mann lässt seinen Sohn wieder los und nun kann auch der Teddy wieder durchatmen. "Papa! Papa! Heute ist endlich Weihnachten!", plappert der Kleine los. "Erzählst du mir die Weihnachtsgeschichte? Bitte!" Liebevoll nimmt der Vater seinen Sohn hoch "Nicht schon wieder!", denkt sich Teddy, doch der Vater trägt das Kind behutsam zum Kamin und beide setzten sich auf eine warme Decke und der Mann fängt an, die Weihnachtsgeschichte zu erzählen. Teddy hört ganz gespannt zu: "Das ganze Jahr beobachtet der Weihnachtsmann, ob die Kinder auch artig sind. Er hat ein großes Buch, in das er alles hinein schreibt, Gutes und Böses. Er kennt alle Kinder, auch dich! Der Weihnachtsmann kennt auch die Wünsche aller Kinder und wenn sie besonders brav sind, werden ihre Wünsche zu Weihnachten erfüllt. Jedes Jahr, am 24. Dezember kommt der Weihnachtsmann persönlich vom Nordpol hierher und bringt den Kindern ihre Geschenke. Dabei schleicht er sich durch den Schornstein der Häuser und legt die Geschenke unter den Weihnachtsbaum. Und heute ist es wieder so weit. Wenn du schön artig warst, bekommst du auch etwas." Der kleine Junge rief ganz aufgeregt "Papa, ich war ganz, ganz artig! Du kannst Mutti fragen!" Er zerrt an der Jacke des Vaters und Teddy kann sich nicht mehr halten. Blums, schon fällt er aus der Jacke und direkt in die Arme des Kindes. Der Junge schaut ihn mit großen Augen an. "Ein Teddy!" Der Vater lächelt ihn an und streicht ihm liebevoll übers Haar. "Ja, mein Sohn. Er hat kein zu Hause und würde gern hier mit uns Weihnachten feiern. Bist du damit einverstanden?" Die Kinderaugen strahlen den Teddy an. "Aber ja!"
Teddy war endlich angekommen und als am Abend Weihnachten gefeierte wurde, war er mittendrin. Ganz erschöpft von den vielen Abenteuern, aber glücklich schläft er in den Armen seines neuen Freundes ein. Endlich wusste Teddy, was Weihnachten war und er hatte ein Kind gefunden, was ihn ein Leben lang lieben würde. Einen glücklicheren Teddy gab es nicht an diesem Weihnachtsabend und alle Tränen waren vergessen.



Eingereicht am 22. Dezember 2004.
Herzlichen Dank an den Autor.
Nachdruck und Vervielfältigungen, auch auszugsweise, bedürfen der schriftlichen Zustimmung des Autors.

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