Brief nach Cincinnati
© Helmut Wemer
Liebste Sarah!
Vielen Dank für Deine netten Zeilen. Natürlich freue ich mich, dass Du es einrichten kannst, mich an meinem 90sten zu besuchen, denn außer Dir werden nur Leute kommen, an denen mir nicht so viel liegt. Der Bürgermeister, der Pfarrer, vielleicht auch der Direktor der Schule, wo ich über 40 Jahre als Lehrerin tätig war.
Heuer haben wir nach langem wieder einmal weiße Weihnachten. Auch heute, am Stephanitag schneit es noch immer. Das erinnert mich daran, wie die Kinder des Dorfes damals im Schnee herumtollten und Dein Vater Dich hochhob, damit Du aus der Dachluke hinunter sehen konntest. Du sagtest: "Ich auch spielen" - und es brach mir fast das Herz. Ich ging hinunter und brachte einen Eimer mit Schnee herauf, und wir machten Schneebälle daraus und warfen damit. Aus dem Rest baute Dein Vater einen kleinen Schneemann,
aber der schmolz rasch und Du warst wieder traurig.