Das schönste Weihnachten!
© Vanessa O.
Schnell sah ich die Menschen durch die Straßen rennen. Immer von einem Geschäft zum nächsten und in einige gingen sie sogar mehrmals wenn sie etwas vergessen hatten.
So war es jedes Jahr, immer dasselbe hektische Schaubild. Menschen auf der Straße, bepackt mit den schönsten Dingen und auf der Suche nach noch mehr Geschenken für die Familie und die Verwandten. Irgendwie kam ich mir anders vor, so komisch und als gehörte ich nicht zu ihnen. Denn ich hatte ein Problem. Das Geld. Es reichte gerade einmal für das Wichtigste.
Unser Weihnachten bestand schon immer nur aus Kuchen essen, ewigem Herumsitzen und Reden bei den lieblichen klängen der Musik. Erst vor kurzem war meine kleine Schwester abends wieder zu mir gekommen und hatte gefragt: "Du, Leilo, warum können wir nicht auch mal feiern wie die anderen?"
"Ach meine kleine Lilliana", sagte ich zu ihr und hob sie auf meine Knie. "Das Problem ist, dass wir doch immer so sparen müssen. Mama und Papa sind ja nicht mehr da, und mein Lohn reicht nicht um ein Fest daraus zu machen. Mehr als Kuchen ist leider wieder nicht drin Süße!"
Ich küsste sie zärtlich auf die Stirn, sie nickte. Sie kannte unsere Nöte und hatte sehr darunter zu leiden. Umso mehr freute sie sich dann auch wenn ich ihr eine Kleinigkeit mitbrachte, von der Arbeit oder von dem Kiosk der auf dem Weg zu unserer 2-Zimmer-Wohnung lag. Dann leuchteten ihre Augen auf und sie schien selig zu sein.
Doch leider war so etwas nur selten möglich. Und trotz vieler Überstunden und ein bisschen Weihnachtsgeld reichte es nicht, um ihr zu Weihnachten ein größeres Geschenk zu machen. Froh konnte ich jedoch trotzdem sein, denn über diese Weinachten bekam ich einen kleinen Urlaub von 10 Tagen. Lilliana war ebenso froh gewesen wie ich, als sie diese Nachricht hörte und fing gleich an zu planen, was wir in dieser Zeit anfangen konnten.
Nun sitze ich also hier im Laden und verbringe meine Pause mal wieder mit Nachdenken und Rumsitzen. Ich schaute mir gerne die schneeweißen Flocken an, die vom Himmel fielen und gerne malte ich diese Schönheit auch auf ein Blattpapier.
Wie viele Bilder hatten wir wohl schon in der Wohnung hängen? Hunderte sicherlich und bei ihrem Anblick trafen einen immer wieder die schönen Erinnerungen und Gedanken.
Ich schaute auf mein Handy. "Langsam aber sicher sollte ich wohl lieber meine Arbeit wieder aufnehmen", dachte ich mir und machte mich auf den Weg.
Nachdem ich um 18 Uhr endlich Arbeitsende hatte, räumte ich wie jeden Tag noch schnell auf und verließ dann das Gebäude durch den Hintereingang. Ich lief durch die schmale Pforte auf die Einkaufsstraße. Der Wind war an diesem Abend leicht und plötzlich bekam ich Lust noch etwas zu unternehmen. Ich lächelte und dann rannte ich nach Hause.
"Huch, was ist den mit dir los?", fragte mich Lilliana verdutzt als ich so lächelnd herein kam.
"Ach eigentlich nichts, aber was hältst du von einem kleinen Ausflug?"
"Ein Ausflug, jetzt noch? Es ist doch schon dunkel!" Lilliana guckte mich verdutzt an.
"Ja, ich würde gerne ans Meer fahren, komm zieh dich warm an und ich nehme dich auf dem Gepäckträger mit", forderte ich sie auf.
Kurze Zeit später waren wir bereit und radelten Richtung der Deiche auf die letzten Sonnenzüge dieses Tages zu. Ein Wunder überhaupt, dass man sie noch sah. Es war schließlich der 22 Dezember. "Komisch", dachte ich so bei mir. Aber dann verwarf ich den Gedanken auch schon wieder.
Lilliana hatte sich weich an mich gekuschelt und sang leise "Schneeflöckchen". Es hatte wieder angefangen zu schneien.
Als wir vorm Deich standen, warf ich mein Fahrrad in einen Zaun hinein und lief dann Hand in Hand mit ihr die steile Treppe auf den Deich hinauf. Dann standen wir oben. Ich drückte Lilliana fest an mich und hauchte ihr einen leichten Kuss auf die Stirn. "Oh, Leilo, das ist ja wunderschön!", freute sie sich und zeigte mit einer Hand in die Ferne.
Das Wattenmehr schien vereist. Überall glitzerte es auf der riesigen Eisfläche umher und stellenweise ragten winzige Eisberge aus ihm heraus. Es war wie im Traum.
Später, als wir uns endlich von unserem Traum losreißen konnten, fuhren wir halb erfroren aber glücklich wieder nach Hause.
Am nächsten Morgen hatte ich einen Entschluss getroffen. Ich wollte endlich ein vernünftiges Weihnachtsfest für meine Kleine haben. Also lief ich zeitig zur Arbeit, um vor Beginn noch mit meinem Chef zu sprechen. Ich begrüßte ihn freundlich, kam aber gleich zur Sache und erzählte ihm von meiner Not.
Unerwarteterweise nahm er mich sehr ernst und nickte mir zu. "Ich bin froh, dass Sie mit ihren Problemen zu mir gekommen sind", freute er sich. "Ich kann Ihnen vielleicht nicht mit Geld helfen, aber mein Vetter reif mich heute Morgen an, ob ich für die Firma noch einen Weihnachtsbaum gebrauchen konnte. Nun ja, also wenn Sie annehmen würde ich ihn gerne an Sie weiter geben."
Ich war ganz sprachlos. "Oh, das wäre wunderbar, wie kann ich Ihnen nur danken?!", freute ich mich dann.
Wir wechselten noch ein paar Worte, dann machte ich mich an die Arbeit. In den Pausen ging ich dann schnell zum Kaufmann um Pappe und eine Plätzchenmischung zu kaufen.
Am Abend lief ich bepackt mit dem Baum und meiner Tasche nach Hause. Endlich hatte ich frei. Die Firma hatte ich mit einem fröhlichen: "Frohe Weihnachten!" verlassen.
Ich rief von der Wohnungstür, dass Lilliana nicht ihr Zimmer verlassen durfte und machte mach daran den Baum aufzustellen. Dann bastelte ich aus der roten und weißen Pappe ein paar Anhänger und nebenbei backte ich die Plätzchen. Nach etwa eineinhalb Stunden war ich fertig und total zufrieden. Ich machte ein paar Brote für mich und Lilliana und begab mich zu ihr ins Zimmer. Wir aßen gemeinsam und jede Frage wie: "Was hast du gemacht?" oder dergleichen blockte ich mit einem lächelnden Schweigen ab. Nachdem
wir aufgegessen hatten, legte sie sich schlafen und ich räumte noch schnell die Küche auf. Bevor auch ich zu ihr ins Zimmer kam und in mein Bett kroch, guckte ich noch einmal den Weihnachtsbaum an. Unseren ersten Weihnachtsbaum! Ich löschte das Licht und schloss die Tür ab, denn das sollte meine Kleine erst morgen Abend sehen. Mit einem Lächeln im Gesicht schlief ich ein.
Es hatte in der Nacht geschneit. Die ganze Stadt schien noch weißer als je zu vor. Es war der 24. Dezember. Ich erwachte als Lilliana zu mir kam und mir einen Kuss gab. "Frohe Weihnachten!", hauchte sie mir ins Ohr und wir umarmten uns.
"Ich wünsche dir auch frohe Weihnachten meine Kleine."
Ich stand auf und gemeinsam saßen wir wenig später in unseren Nachthemden am Küchentisch und frühstückten.
Wir verbrachten den Tag mit einem langen Spaziergang und danach aßen wir die Plätzchen, zusammen mit einer heißen Tasse Tee. Lilliana fragte mich immer wieder, wann sie den nun endlich ins Wohnzimmer durfte und ich sagte ich immer wieder, dass sie um 18 Uhr Zugang bekam.
Als es dann endlich soweit war und Lilliana den Baum sah, sprang sie mir um den Hals.
"Das ist das schönste Geschenk das ich je bekommen habe! Ich hab dich so lieb!"
"Ich dich auch mein Engel!"
Lächelnd ging der Tag zu Ende.
Eingereicht am 20. November 2004.
Herzlichen Dank an den Autor.
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