Die Weihnachtsplätzchen
Ein Weihnachtsmärchen von Stephan Schulte Kattenbusch
Wisst Ihr, was es bedeutet, wenn sich im Dezember der Himmel bei Sonnenuntergang rot färbt?
Meine Großmutter verriet mir den Grund als ich ein kleiner Junge war: Die rote Färbung kommt von der Glut der Himmelsöfen, in denen die Engel die Weihnachtsplätzchen backen.
Eines Winters aber, erzählte meine Großmutter weiter, da blieb der Himmel grau. Es war ein so kalter Winter, dass die Engel einfach nicht die Glut in den Öfen entfachen konnten und schließlich auch das letzte Stück Kohle auskühlte. Dem Himmel war das Feuer ausgegangen!
Die Engel waren ratlos. Wie sollten sie nun die ganzen Weihnachtsplätzchen backen? Und was würde aus dem Weihnachtsfest ohne Plätzchen werden?
Verschämt gingen sie zu Petrus und baten ihn um Rat. Nach langem Überlegen entschloss sich dieser, persönlich zur Hölle zu gehen und den Teufel um ein bisschen Feuer für die Öfen zu bitten. Schließlich gibt es in der Hölle ja mehr als genug.
Der Teufel aber sah hierin eine Möglichkeit, Gott eins auszuwischen und ihm das Weihnachtsfest zu vermasseln. Und so schickte er Petrus unter dröhnendem Gelächter mit leeren Händen zurück in den Himmel.
Nun wusste sich auch Petrus nicht mehr zu helfen und trat mit dem Problem an Gott heran. Dieser befahl ihm, die Engel auf die Erde zu schicken, um die dortigen Bäcker um ein bisschen Glut zu bitten. Also machten sich die Engel auf der Erde auf die Suche. Doch der Teufel war nicht faul gewesen und hatte in der Zwischenzeit bereits alle Bäcker überzeugt, den Engeln keine Glut zu geben. Dann nämlich würden die Bäcker ihre eigenen Plätzchen viel teurer verkaufen und sehr reich werden können. Dementsprechend wurden
die Engel von einem Bäcker nach dem anderen abgewiesen.
"Ich kann Euch keine Glut geben, da ich selber kaum mehr welche habe", logen die einen.
"Wir werden die Plätzchen selber backen und teuer verkaufen", gaben andere offen zu.
Daraufhin kehrten die Engel tief enttäuscht zum Himmel zurück. Nur einer wollte nicht aufgeben und suchte weiter und kam dabei in die entferntesten Gebiete der Welt. Dort fand er eine armselige Hütte mit einem kleinen Brotofen, in dem gerade ein Stück Kohle glühte. Eine alte Frau saß vor dem Ofen und streckte ihre Hände in dessen Richtung aus, um sich zu wärmen.
Nein, sie wolle er nicht um Glut bitten, dachte der Engel, da sie ja selber kaum Feuer habe und ohne dieses erfrieren würde. Die alte Frau aber sagte, als sie den Engel sah: "Ich weiß, weshalb du hier bist und bitte dich, dieses Stück Kohle mitzunehmen. Mach dir um mich keine Sorgen, ich werde schon auskommen."
Der Engel nahm das Stück glühende Kohle mit in den Himmel und schon bald färbte sich dieser wieder rot in der Glut der Öfen. Wie freuten sich da die restlichen Engel! Sofort begannen sie zu kneten und zu formen, zu stechen, backen und zu glasieren. Denn sie mussten viel nachholen, wollten sie alle Kinder der Welt mit Plätzchen beglücken. Sie arbeiteten tag und nachts, und tatsächlich, am Morgen vor Heilig Abend hatten sie ihre Aufgabe geschafft.
Und während die alte Frau einen Eimer voll himmlischer Glut bekam, an der sie sich ihr Leben lang aufwärmen konnte, sind all den Bäckern, die sich vom Teufel hatten verführen lassen, zur Strafe sämtliche Plätzchen verbrannt.
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