Überstanden! (Es war das Beste für ihn...)
© Gaby Schumacher
Am Donnerstag war es soweit. In der Nacht hatte Knödelchen viermal sein Körbchen verlassen und dann leicht hechelnd fast desorientiert mitten im Raum gestanden. Es muss die innere Verbindung zwischen uns gewesen sein, die mich automatisch auch wach werden liess. Ich beobachtete meinen Hund. Er war wie so oft in den letzten Tagen gar nicht mehr er selbst. Wieder sah er mich an und guckte durch mich hindurch.
An Schlaf war überhaupt nicht mehr zu denken. Ich spürte, es waren die letzten gemeinsamen Stunden. Mir fröstelte, doch das Frieren konnte ich nicht abstellen. Das kam aus meinem Herzen.
In der Hoffnung, er hörte mich vielleicht doch, sprach ich leise mit ihm. Aber er hörte ja schon so lange kaum mehr etwas. Vielleicht tat ich es auch, um meine Gefühlsaufwallungen in den Griff zu bekommen.
Morgens dann sprach ich mich mit meiner Nachbarsfamilie ab, die mich samt Hund, Matochens bestem Freund, begleiten wollten. Während der Fahrt drängte sich mein Tier an mein Knie. Soviel bekam es doch noch mit...Es fühlte sich irgendwie unsicher.
Als wir geparkt hatten, gab meine Nachbarin in der Praxis Bescheid. Sie kehrte in Begleitung der Ärztin zurück. Diese warf durchs Fenster einen Blick auf meinen Hund und flüsterte daraufhin meiner Nachbarin etwas zu. Später erfuhr ich, dass sie Matochen bereits im Wagen die Spritze hatte geben wollen.
Doch dann führte meine Nachbarin meinen Hund an der Leine noch ein paar wenige Schritte auf und ab. Aber für meine Ärztin war alles klar. Wir gingen alle gemeinsam in den Behandlungsraum, wo wir Matochen ableinten. Er, der sein Leben lang bei jedem Tierarztbesuch am liebsten durch das geschlossene Fenster geflohen wäre, stand da ganz ruhig wie verloren vor mir und zeigte keinerlei Angst.
Dann trappste er ein paar Schritte auf seinen vierbeinigen Freund zu, blieb wieder stehen. Meine Ärztin sagte von sich aus: "Frau Schumacher, Matochen ist immer ein extrem stolzes Tier gewesen und ein Hund mit einem tollen Charakter. Er ist nicht mehr von dieser Welt. Lassen sie ihn stolz sterben und ersparen sie ihm schlimme Qualen. Die Zuckungen im Bauchraum, die er schon am Sonntag hatte, waren die ersten Anzeichen schlimmer Bauchkrämpfe, die stetig schmerzhafter würden."
Ich war so froh: Sie hatte genau das ausgesprochen, was ich selber dachte. Ich bat sie, ihn einzuschläfern. Aus Sicherheitsgründen ist es vorgeschrieben, so großen Hunden einen Maulkorb aufzusetzen. Doch die Ärztin sträubte sich dagegen: "Ich kenne sie seit Jahren, ich kenne Matochen. Dass er, obwohl er total verwirrt ist, jemals versuchen würde, mich zu beissen, halte ich für absolut unwahrscheinlich."
Sie behielt Recht. Matochen fiepte nur einmal leise, als sie die Spritze setzte. Ich hatte meinen Hund umarmt, der mit seinem Kopf in meiner linken Armbeuge lag. Er war sofort eingeschlafen. Da er ein ganz extrem starkes und gesundes Herz hatte, verabreichte die Äzrtin ihm eine Schlafmitteldosis wie für ein Pferd, damit er auch wirklich nichts mehr mitbekäme.
Dann folgte die zweite Spritze, die ihn dann schmerzfrei sterben liess. Immer noch lag er in meinem Arm. Um meine Fassung war es geschehen. Die Tränen rollten, ich konnte es nicht verhindern. Ich beugte mich über ihn, schmuste mit ihm und flüsterte ihm zu: "Mein süsser sanfter Trotzkopf, danke für alles!"
Er ist 16 J. 9 M. 1 W. alt geworden.
Meine Ärztin nahm mich in den Arm, geleitete mich bis zum Ausgang. Dann sagte sie mir etwas sehr Schönes: "Wir bleiben in Verbindung!"
Dieser Satz war eine ganz große Freude in der ganz grossen Traurigkeit für mich.
Eingereicht am 30. Januar 2006.
Herzlichen Dank an die Autorin / den Autor.
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