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Kurzgeschichte Kurzgeschichten

Timo auf dem Bauernhof

© Elena Martynova

Timo ist ein kleiner Welpe. Er wurde vor ein paar Wochen auf dem Bauernhof geboren. Seine Mutter, Hündin Kara, lebt schon lange hier und kennt sich bestens aus. Aber Timo ist noch klein, deswegen muss er im Schuppen bleiben.
"Mama, wann darf ich denn raus?", fragt Timo seine Mutter.
"Du bist noch viel zu klein. Warte mal ab!", antwortet ihm Kara.
Ein paar Tage vergehen und endlich ist es so weit ... Timo ist ganz gespannt, er weiß nicht, was ihn da draußen erwartet. Aber da muss was los sein! Von draußen kommen so viele interessante Geräusche, und es riecht so komisch, gar nicht nach Mama ...
Eigentlich müsste Timo auf Kara warten, aber die Neugier ist stärker ...
Vorsichtig guckt Timo aus dem Schuppen raus und schnuppert nach unbekannten Gerüchen, einer davon ist ganz stark.
"Was kann nur so riechen?", denkt Timo und folgt dem Geruch. Er läuft und läuft, immer weiter von seinem Schuppen. Endlich sieht er das, das so komisch riecht ... Es liegt mitten in der Pfütze, voll Dreck und hat so komische runde Nase.
"Wer bist du?", fragt Timo "Und warum bist du schmutzig? Hat deine Mama dir nicht beigebracht wie man sich sauber macht?"
"Ich bin ein Schwein und es macht mir Spaß, im Dreck zu wühlen. Das machen wir alle, meine Mama auch, dann ist es uns nicht so heiß. Und wer bist du, Kleiner?"
"Ich bin Timo, Sohn von Kara."
"Ach, Kara! Die kenne ich gut, sie ist eine gute und tapfere Hündin. Als ich klein war, passte sie oft auf mich und meine Geschwister auf. Na gut, Kleiner, war nett, dich kennen zulernen, jetzt muss ich aber mein Mittagsschläfchen halten. Mach's gut!" Und Schwein dreht sich auf andere Seite um und schläft sofort ein.
"Meine Mama hat mir nie erzählt, dass sie auf Schweine aufpassen musste", denkt Timo und läuft weiter. Es gibt noch so viel zu entdecken!
Plötzlich bleibt er wie angewurzelt stehen - etwas ganz Großes kommt auf ihn zu ...
"Hätte ich bloß auf meine Mama gewartet! Wo kann ich mich nur verstecken? ... Soll ich vielleicht das Schwein um Hilfe rufen?" solche Gedanken kommen durch Timo's Kopf, er wei nicht, was er machen soll und schließt vor Angst seine Augen.
"Hey, Kleiner, hab' keine Angst, ich tue dir nichts!"
Timo macht ganz vorsichtig die Augen auf und guckt nach oben, woher die Stimme kommt. Das Wesen, dem die Stimme gehört, ist ganz groß, aber gar nicht schrecklich ... Es hat so schöne braunen Augen und wunderbares langes Haar.
"Du hast aber schöne Haare!", sagt Timo, ganz ohne Angst.
"Das heißt Mähne. Und ich bin ein Pferd. Zu jedem Fest wird meine Mähne gekämmt und mit Blumen geschmückt, dann sehe ich besonders gut aus. Und wer bist du?"
"Ich bin Timo, Sohn von Kara."
"Die kenne ich gut, sie passt auf mein Fohlen auf, da drüben, auf dem Feld, wo die Schafe sind."
"Schafe? Ich habe schon von Mama was über die Schafe gehört ..." Timo überlegt kurz "ach, jetzt weiß ich, die haben doch so dickes Fell, stimmt's?"
"Ja, genau, das sind sie. Ab und zu wird dann Fell geschoren und Menschen können daraus Socken, Pullovers oder was anderes stricken. Nun, muss ich aber los, eine ganze Menge Arbeit wartet auf mich. Mach's gut, Kleiner!"
"Auf Wiedersehen, Pferd!", verabschiedet sich Timo und läuft weiter, wobei er immer noch ans Pferd denken muss: "Die ist aber nett! Ich wusste gar nicht, dass große Tiere so nett sein können, obwohl anfangs sie mir ganz viel Angst gemacht hat ... und Schwein ist auch nett ... und alle kennen meine Mama und haben Respekt vor ihr. Wenn ich groß bin, möchte ich so, wie meine Mama sein, auf dem Bauernhof arbeiten und ..."
Auf einmal pickst den Welpen etwas in seine hintere Pfote. Er schreit kurz auf , schaut sich um und sieht ein komisches Wesen - es steht auf zwei Beinen, hat ganz spitze Nase und etwas Komisches auf dem Kopf , und was Timo am meisten wundert, es hat kein Fell, sondern Feder ... Dann ist es also kein Tier?
"Was bist du?", fragt Timo, voll verwirrt.
"Ich bin ein Hahn!", antwortet ihm die komische Kreatur.
"Was ist ‚Hahn'? Ich weiß, dass du kein Tier bist, aber ich weiß nicht, was ‚Hahn' ist."
"Ach, du weiß ja gar nichts! Ich bin ein Vogel."
"Kannst du auch fliegen?"
"Nein, kann ich nicht, ich muss auf meine Hühner aufpassen, sie legen Eier, die Menschen danach essen können, also, verschwinde hier, wer weiß, was du vorhast, hier ist aber mein Territorium!"
Man musste es Timo nicht zweimal wiederholen, er machte sich so schnell wie möglich aus dem Staub.
"Der Hahn ist aber arrogant! Ich dachte alle Tiere auf dem Bauernhof sind lieb und nett", überlegt Timo und leckt an seiner Pfote, die immer noch ein bisschen weh tut.
"Hast du etwa den Hahn kennen gelernt?"
Timo schaut sich um und sieht ein kleines Tier, das vor dem Haus sitzt.
Timo findet es ganz niedlich - es hat so schönes wuscheliges Fell!
"Ich bin Lucie, ein Katzenbaby, ich wohne hier, im Haus", stellt es sich vor. "Die Geschichte mit dem Hahn ist mir auch schon mal passiert, der scheint nicht ganz freundlich zu sein."
"Und ich bin Timo. Ich wohne drüben, im Schuppen, zusammen mit meiner Mutter Kara"
"Kara, die Hündin? Habe schon was von ihr gehört. Meine Mama ist mir ihr befreundet. Als die beiden klein waren, haben sie oft miteinander gespielt."
"Wollen wir auch miteinander spielen?", fragt Timo.
"Gerne!" Lucie ist ganz begeistert von der Idee.
Timo freut sich auch, er hat jetzt einen Spielfreund!
Die beiden merken nicht, wie schnell der Tag vergeht, am liebsten würden sie weiter spielen, aber da hört Timo seine Mutter:
"Timo! Wo bist du?"
"Keine Sorge, Mam, ich bin hier."
"Ach, Kleiner, ich habe schon nach dir gesucht, wo warst du denn? Warum hast du auf mich nicht gewartet?"
"Sei mir nicht böse, Mutti, aber draußen war es viel interessanter, als im Schuppen, ich habe so viele Tiere kennen gelernt! Übrigens, das ist Lucie, ihre Mutter muss du kennen."
"Ja, natürlich kenne ich die, wir haben früher immer zusammen gespielt. Jetzt müssen wir aber gehen, Timo, es ist schon spät."
"Ja, du hast Recht, ich bin auch müde, das war ein anstrengender, aber auch sehr interessanter Tag für mich. Sehen wir uns morgen?", fragt Timo Lucie.
"Natürlich, das hat Spaß gemacht, mit dir zu spielen!"
"Mir auch. Dann bis morgen."
"Bis morgen, Timo. Schlaf gut", verabschiedet sich Lucie und geht ins Haus.
Timo macht sich auch auf den Weg. Im Schuppen legt er sich auf den Heu, kuschelt sich bei seiner Mama ein und es vergehen kaum ein paar Minuten, da schläft er schon, Timo, der kleine Welpe.



Eingereicht am 09. Januar 2005.
Herzlichen Dank an die Autorin / den Autor.
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