Lust am Lesen
Lust am Schreiben
Zum Stricken denkbar ungeeignet - Wollknäuel mit Charme!
Von Gaby Schumacher
Tierische Überlegungen
Gebell im Haus, wieso eigentlich nicht? -- Schon als Kind kam ich an keinem Hund vorbei. Kulleraugen und Wackelschwänzchen, sofort war`s um mich geschehen. Selbst dann, wenn sie aussahen wie eine Mischung aus Kuh und Dampfwalze: Egal! Diesem verrückten Hundeknall war ich nicht nur als Jugendliche, sondern in ebenso "gefährlichem" Maße als Erwachsene erlegen. Nach und nach traten acht zweibeinige Kulleraugen in mein Leben. In meinem Fall vier Töchter. Aber die Sehnsucht nach einem Vierbeiner verschwand
keineswegs. Sie wühlte in meinem Inneren und drängte, drängte, drängte...
Als meine Töchter Sandra 9 Jahre, Nicolette 7 Jahre und die Zwillinge Tina und Katja 5 Jahre waren, hielt ich den wauwaulosen Zustand nicht mehr aus. Ich ackerte Zeitungsannoncen durch und entschied mich für das Angebot eines Eurasierzüchters aus Viersen. Diese Rasse hatte ich in meinem Hundebuch entdeckt. Sie ähnelten frappierend meinem Lieblingsteddy "Püchen" und machten deshalb bei mir das Rennen vor den restlichen 395 Hunderassen dieser Welt. Den entscheidenden Ausschlag gab der schlaue Hinweis
in jenem Ratgeber, dass die nicht eben kleinen Viecher (bis 60 cm Schulterhöhe) äußerst leicht erziehbar seien. Später, als ich mein Bärchen zuhause hatte, zeigte sich innerhalb kürzester Zeit, dass die Herausgeber des Buches anscheinend in Bezug auf "leichte Erziehbarkeit" an die süßen Stofftierausgaben der Firma Steiff gedacht hatten.( Darüber später mehr!). Noch ahnte ich ja nicht, welch ein "leicht erziehbares" Knuddelvieh der vierbeinige Ersatzbruder meiner Töchter war. Das (!) Kerlchen
hatte es in sich!
Kennenlernen
Der große Tag! Ich reiste mit meinen beiden älteren Töchtern Sandra und Nicolette nach Viersen, um mir die Welpen anzusehen. Tina und Katja blieben daheim. Damals hatten sie noch ein wenig Scheu vor Hunden. Deshalb hielt ich es für angebrachter, sie lernten unser "Baby" dann in Ruhe zuhause kennen, als gleich so viele Tiere auf einmal. -- Vor freudiger Erwartung schwitzend saß ich im Zug. So kurz vor der Erfüllung meines Herzenswunsches war mir fast ein wenig feierlich zumute, was ich aber tunlichst
vor meinen Töchtern zu verbergen versuchte. Schließlich ging es doch nur um einen Hund. Aber eben um meinen zukünftigen vierbeinigen Freund! Mein Herz pochte recht schnell. Sandra und Nicki harrten mit Freude dessen, was da auf sie zukäme. -- In Viersen holte uns der Züchter mit dem Wagen vom Bahnhof ab. Er machte auf mich einen sehr sympathischen Eindruck. Bestimmt kein Mensch, der Tiere quälte. Während der Fahrt folgte ich der Unterhaltung nur zeitweise. Dachte nur noch an gewisse vier Beine. Kurz darauf erreichten
wir sein Haus. Endlich, endlich war es soweit! Herr Großeschallau führte uns zu einer geräumigen Scheune, die teilweise zur Hundekinderstube umfunktioniert worden war. Sechs Welpen wären es. Doch zunächst stellte sich uns deren Mama vor; eine liebe, zutrauliche Hündin. Dann öffnete der Züchter ein Törchen. Sofort purzelten uns sechs entzückende Teddybärchen entgegen. Ein süßes Bild, wie sie da alle durcheinander wuselten. Vier von ihnen blieben recht zurückhaltend. Die anderen zwei Welpen dagegen benahmen sich
weitaus kesser als ihre Geschwister. Begeistert setzte sich Sandra mitten in die Babyschar und verteilte unentwegt Streicheleinheiten. Auch Nicolette zeigte keine Angst, sondern rief wiederholt: "Mama, guck mal die Kleine da. Wie süß!" Es waren vier Schwesterchen und zwei Brüderchen, von denen das eine sich sofort in eine Ecke legte, um von dort aus die Besucher und auch seine Geschwister bei ihrem Treiben zu beobachten. Ein ausgesprochen süßer Kerl mit tellergroßen Augen. Dieser Augen wegen hatte ich
mich innerlich schon halb für ihn entschieden. Doch, als das Baby sich so gar nicht an der kregen Krabbelei seiner Geschwister beteiligte, stattdessen die ganze Zeit regungslos in seiner Ecke herum lag, kamen mir Zweifel. Irgendwie war er doch zu ruhig. Wie verhielte der sich wohl als erwachsener Hund? Nein, das wäre mir denn doch zu langweilig, wenn er dann auch nur ohne Action da so still läge! Völlig in meine Grübelei versunken, registrierte ich das Geschehen um mich herum überhaupt nicht mehr. Erst ein entzückter
Schrei von Sandra riss mich aus meinen Gedanken. Was war denn da passiert? Meine Tochter hatte ihre Taschentuchpackung auf dem Boden neben sich abgelegt, um die Hände fürs Streicheln frei zu haben. Wo waren denn die Tempos geblieben? Ich folgte ihrem strahlenden Blick. Oh, da gab es ja wohl ein ganz kesses kleines Hundemädchen, das wohl glaubte, meine Tochter hätte dieses toll knisternde Paket extra für das niedliche Wollknäuel da hingelegt. Damit ließ sich prima spielen. Im Hundebabyalter endete solch ein Spiel
damit, dass die armen Tempos hinterher in Fetzen gerissen überall durch die Gegend flogen. (Machte nichts, in meiner Tasche war Ersatz.) Sandra war von der pfiffigen kleinen Kröte hin und weg und futsch. "Mama, lass uns die nehmen. Ach, ist die niedlich!" Doch ich nannte schon vier Töchter mein Eigen. Jetzt wünschte ich mir männliche Unterstützung. Aber das bierruhige Exemplar in der Ecke sollte es doch nicht sein. Wie ich beobachtete, war sein Bruder aus einem ganz anderem Holz geschnitzt. Nur aus
Neugier zusammengesetzt, trappste dieses Etwas in jede noch so kleine Nische und schnupperte, was das Zeug hielt. Nichts durfte ihm entgehen. Von wegen! Meine Güte, soviel Baby-Selbstbewusstsein sah man nicht alle Tage. Sein Schnütchen trug er hoch in der Luft. Leider wir schienen ihm piepegal zu sein. Wie hätte ich mich gefreut, wenn der putzige Kerl sich aus beginnender Sympathie ein wenig mit uns beschäftigt hätte. Aber, ...seufz! Er kümmerte sich nicht die Bohne um uns! Riesengrosse braune Kulleraugen, niedliche
Teddyohren in Dunkelbraun, eine entzückende schwarze Babyschnute, und sein damals noch kurzes Schwänzchen nahmen mir die Entscheidung ab. Bei mir hatte es schrecklich gefunkt. Jedoch blieb der kleine Auserwählte uns gegenüber die Neutralität in Person! -- Und wie sollte wir den Fratz nun nennen? Auf keinen Fall Waldi, Bello oder Hasso. Bloß das nicht, jeder dritte Vierbeiner hieß ja so! Mein Kleiner war etwas ganz Besonderes. Etwas Besonderes brauchte auch einen ausgefallenen Namen. Bevor ich den Racker kennen
gelernt hatte, war mir ein schon etwas älterer Hund vorgeführt worden. Der war "Mato" gerufen worden. Deshalb schlug Sandra vor: "Mama, wie wär's mit ‚Mato'?" Hm, klang eigentlich gar nicht schlecht. Ich ließ mir den Namen mehrmals auf der Zunge zergehen. Mit jedem Male fand ich mehr Gefallen daran. Ob das kleine Fellbündel damit einverstanden wäre?
Einbürgerung :Nach Hause
Vierzehn Tage später holte ich mein Baby ab. Diesmal fuhr ich allerdings allein. Obwohl sehr gespannt und aufgeregt, wollten die Kinder lieber daheim auf das neue Familienmitglied warten. Nicht weniger gespannt saß ihre Mutter im Zug. Noch zappeliger als zwei Wochen zuvor. Herr Großeschallau traf mich am Bahnhof, Klein-Mato hinten im Wagen. Nach kurzer Begrüßung konnte endlich ich meinen Einkauf begutachten. Hundebaby hockte in einer Plastikschüssel im Kofferraum. "Was bist du aber süß!" Baby rührte
sich nicht. Ganz ein kleines Häufchen Unglück. Von seiner Mutter weg, ohne Geschwister und zudem noch aus der vertrauten Umgebung herausgerissen! Mein Kommentar zum Züchter: "Mein Gott, fürchtet der sich!" Seine Antwort: "Wer so darauf achtet, wie es einem Tier geht...!" Diese Bemerkung fand ich richtig nett. -- Als Transportbehältnis für Mato diente mir Sandras großer Handarbeitskorb. Doch in Erinnerung an den Winzling von vor zwei Wochen hatte ich dessen Größenwachstum ein wenig unterschätzt.
Nur unter Schwierigkeiten konnte ich ihn in den Korb quetschen. Es war sehr eng für ihn, aber Mato bewegte sich völlig eingeschüchtert ja sowieso nicht vom Fleck. Auf der Heimfahrt redete ich immer wieder beruhigend auf ihn ein. Doch Antworten durfte ich von diesem kleinen Angstpaket nicht erwarten. Nicht einmal seine Öhrchen zitterten zum Zeichen seiner Aufmerksamkeit. Lauschte er überhaupt meinen Worten? Nach der Hälfte der Rückreise änderte sich sein Verhalten. Anscheinend war er sich jetzt sicher, dass nichts
Schlimmes geschähe. Näschen in die Luft gehoben und so die Situation in unserem Abteil geprüft. Der Test brachte ein beruhigendes Ergebnis. Also ruckte Mato in seinem Behältnis hin und her. Doch ohne Hilfe kam er aus dem engen Ding nicht heraus. Deutlich war ihm anzumerken, was er mittlerweile von seiner ungemütlichen Sardinenbüchse hielt. Deshalb fischte ich ihn heraus und setzte ihn mir auf den Schoß, um ausgiebigst mit meinem Hundekind zu schmusen. Ich lebte ja noch in dem Glauben, ihm seelische Unterstützung
zuteil werden lassen zu müssen. Falsch gedacht! So lernte ich ihn kennen. Klein-Mato erteilte mir meine erste Lektion: Nur, weil er wie ein Plüschbär aussah, hieß das noch lange nicht, dass er auch wie ein solcher gehandhabt werden wollte. Nein, das war nicht in seinem Sinne. Allein das längere Sitzen auf meinem Schoß fand er offensichtlich blöd. Aber mir war gesagt worden, dass Hundekinder, setzt man sie auf den Boden, aus Unsicherheit heraus gerne ein Bächlein machen. Deshalb traute ich mich nicht, ihn nach
unten zu lassen. Das Abteil hatten wir nämlich nicht für uns allein. Das wäre mir schrecklich peinlich gewesen. Und nicht jeder Mensch ist ein Tiernarr! Außerdem setzen Welpen abgesehen vom Pipimachen noch ganz andere Ideen in die Tat um. An Einfällen mangelt es ihnen nie! Vielleicht suchte Mato sich die Schuhe eines der gegenüber sitzenden Mitreisenden für ein Schnürsenkelrausziehspiel aus. Der Betreffende wäre dann mit offenen Schuhen solange herum gelatscht, bis die zugehörigen Senkel per Zufall in irgendeiner
Ecke des Abteils wieder auftauchten! Wahrscheinlich in etwas anderer Konsistenz; garantiert bis zur Unkenntlichkeit zerkaut. Nein, danke!! Die Umsitzenden bemerkten mein Zögern und ermunterten mich, den süßen Kerl doch auf den Boden zu setzen. Als ich sie auf mögliche nasse Folgen aufmerksam machte, glaubte ich dann allerdings, mich zu verhören: "Das ist kein Problem. Das kann man doch wegwischen!" Von allen Seiten für mich freundliche und für den kleinen Star des Ganzen fast verliebte Blicke. Bei einer
solchen Reaktion ging ich das Risiko ein. Mato, der in der Zwischenzeit verzweifelte Anstrengungen unternommen hatte, meinem Klammergriff zu entkommen, um dann von dem blöden Schoß herunter zu hopsen, kriegte spitz, wie mein Griff sich lockerte. Fix das ausnutzend, landete er mit einem kleinen Sprung unten. Das sollte heißen: "Also, Frauchen! Merk´ dir eines: Dein Hund ist keine Knuddelmaschine. Ich will meinen eigenen Platz!" Ein wenig enttäuscht nahm ich diesen deutlichen Wink mit dem berühmten Zaunpfahl
entgegen. Schlagartig war mir klar geworden, dass dieser mein kleiner Hund ein ziemlich eigenständiges Wesen war. Sich seiner vornehmen Abstammung anscheinend bewusst, produzierte Mato nicht die befürchtete Pfütze, sondern legte sich sehr manierlich zu meinen Füßen. Sein Ziel hatte er erreicht, war deshalb ausgesprochen zufrieden und ließ sich den Rest der Zeit über nur zu gerne von allen bewundern. Er, der Star! Zum Glück waren ihm (noch!) die menschlichen Starallüren fremd. (Die lernte er dann sehr gelehrig
später!!). Doch bereits in diesem zarten Alter präsentierte er sich als kleiner Prinz.
Eingewöhnen
Für die Dauer des Heimweges verfrachtete ich das süße Wollknäuel zurück in den hübschen Weidenkorb, in dem es sogar brav sitzen blieb. Mehrmals stellte ich unterwegs den Korb für eine kurze Pause ab: "Mensch, ein Federgewicht bist du aber nicht grade!" Meine Spannung darauf wuchs, wie Alex, der Papa meiner Kinder und der geliebte Nachwuchs selbst auf den Minibären reagierten. Dann, endlich zuhause, setzte ich aufatmend meinen "Einkauf" in unserer großen Diele ab. "Das war fein anstrengend.
Geschafft!" So, wie Klein-Mato aussah, war seine Aufnahme eigentlich schon vorprogrammiert. Er klaute das große und die kleinen Menschenherzen im Nu. Doch ließ er sich nicht dazu bewegen, sein bastiges Gefängnis freiwillig zu verlassen. Stur saß er dort. Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste! Im Korb fühlte er sich sicher. Aber was blühte ihm, wenn er den verließe? Kleine Hunde sind beileibe nicht dumm und gehen in einer solchen Situation auf Nummer Sicher. So zog er es vor, da zu bleiben, wo er war.
Ruhig irgendwo zu sitzen war schließlich ganz angenehm, zumindest für eine Weile. Drollig verknautscht guckend rührte er unsere Herzen. Nach den ersten Begrüßungsminuten trug ich ihn nach oben in mein Zimmer, in dem schon ein schickes Hundebett auf ihn wartete. Das hatten wir mit einer weichen Kuscheldecke gepolstert. Ich setzte Hundchen auf eine Ecke dieser Decke. Im Halbkreis gruppierte sich sein neues Rudel um ihn herum, um das neue Familienmitglied erst einmal ausgiebig zu bewundern. Wie würde er sich wohl
verhalten?? Erst ´mal sozusagen gar nicht. Er saß, saß und guckte. Mit einem ach soo knuffigen Blick!! Ansonsten tat sich aber nichts, absolut gar nichts. Meines Wissens gab es Hundebabys, die vor lauter Unternehmungsgeist sofort krampfhaft überlegten, was sie in der neuen Umgebung eigentlich als Erstes anstellen konnten. Die mussten deshalb von der ersten Sekunde an im neuen Zuhause dauernd unter Aufsicht stehen, da sonst ihre neuen Besitzer ihre Wohnung schon nach dem ersten Tage mit Hund nicht wiedererkannt
hätten. Eins war klar: Zu denen zählte mein kleiner Liebling nicht! Vielleicht hatte ich genau das Gegenteil erwischt? Man hätte fast glauben können, der kleine Kerl hätte vor Angst vergessen, dass die Natur allen Lebewesen die Möglichkeit mitgegeben hat, sich auch ´mal von der Stelle zu bewegen. Was das anging, brauchte er auf jeden Fall eine liebevolle Nachhilfestunde. Alex, der Papa meiner Kinder, ergriff die Initiative, zupfte äußerst vorsichtig am freien Zipfel der Decke. Natürlich in der Hoffnung, das niedliche
Etwas würde sich dann rühren. Na ja, immerhin rückte es seine Pfoten neu zurecht, saß dann aber in genau derselben Haltung wie vorher am selben Platz. Das hatte also nicht gerade viel gebracht! Wie angewachsen saß da. Unbeweglich, und lieb unsicher in die Gegend blinzelnd. Wir grinsten. Wie konnten wir diesem ängstlichen Sturköpfchen bloß klarmachen, dass es allmählich an der Zeit wäre, sich gefälligst bei uns heimisch zu fühlen? Unsere Töchter trugen Trinkwasser für ihn heran, damit er wenigstens seinen Durst
löschte. Das wurde gnädigst akzeptiert. Schnell war der Napf geleert. Da wir Sorge litten, er käme vor Durst fast um, holten die Kinder rasch Nachschub herbei. Brav nippte er wieder von dem köstlichen Nass. So ging das eine ganze Weile. Als kleiner Prinz vom Scheitel bis zur Sohle schlappte Mato Wasser fast bis zum Umfallen. Folge: Hundebaby wollte in den Stunden danach dauernd aufs Klöchen, weil es so eine Wassermenge nicht verkraften konnte. Sowieso gehen junge Welpen generell sehr gerne alle zwei Stunden aufs
Klo. Besonders freudig genießen das die neuen Hundeeltern des Nachts, wenn sie eigentlich gerne durchschliefen. Doch darauf nimmt Baby keinerlei Rücksicht. Es macht eben solange Radau, bis Frauchen oder Herrchen hocherfreut aus dem Bett torkeln (sie kommen aus dem Tiefschlaf(!)) und glücklich mit ihrem Vierbeiner in die Dunkelheit hinaus stolpern. Genau so tat auch ich in den nächsten Nächten. Pünktlich alle zwei Stunden weckte mich Mato, ließ mir keinerlei kurze Galgenfrist, sondern drängte vehement nach draußen.
Notgedrungen erhob ich mich, streifte irgendeine Pluderhose über den Pyjama und wanderte mit Hund an der Leine außer Hause. Besonders amüsant waren diese Spaziergänge bei Sauwetter. Nicht nur, dass ich todmüde war. Nein, natürlich wurde ich zudem pitschnass. Hund übrigens nicht weniger. Mein kleiner Liebling war, oh Wunder(!), so rücksichtsvoll, diese nächtlichen Ausflüge auf das Notwendigste zu beschränken. Nach Häufchen und Pipi wollte er Gott sei Dank bereits nach fünf Minuten zurück. Nachdem ich als liebendes
und pflichtbewusstes Frauchen jedes Mal den Kurztrip hinter mich gebracht hatte, durfte ich, wieder zu Bett, neidisch meinem Baby zusehen, wie es sich einmal um sich selbst drehte, vor Wonne vor sich hin schmatzte und selig einschlummerte. Ich dagegen hatte diverse Schwierigkeiten mit dem Weiterschlafen. Denn ich brauchte dafür deutlich etwas länger. So konnte ich mich des Gedankens nicht erwehren: "So eine Ungerechtigkeit!"
Sein Zuhause
Am ersten Tag bei uns düste er durch sämtliche Räume. Uff, war das anstrengend! Aber da half alles nichts. Es galt, sich doch seinen neuen Besitz mit allem Drum und Dran zu erobern. Was es da alles zu durchschnuppern gab!? Er verteilte am laufenden Band Zensuren. Die Bewertung fiel sehr streng aus. Ein Hund wie er stellte natürlich hohe Ansprüche. Die kleine Vordiele plus Gästeklo und Abstellraum und die sich daran anschließende große Diele kannte er ja schon. Auch einen besonders wichtigen Raum, die Küche, untersuchte
er gründlichst. Sie grub sich(typisch Hund!), tief in sein Gedächtnis ein. Das Elternschlafzimmer sowie das große Badezimmer im Erdgeschoss waren für ihn tabu. Das großzügig bemessene Wohnzimmer teilte sich in einen Sitzbereich und ein über Eck integriertes Speisezimmer. Den weichen Teppich im Wohnzimmer erklärte er sofort zu seinem Eigentum und nutzte ihn, vor der großen Fensterfront liegend, oft stundenlang als Sonnenbank. Von da aus kontrollierte er mit einem einzigen Blick die ganze Parterre. Als Nächstes
besichtigte der neue Herr des Hauses die Jugendetage. Mein großes Zimmer, gleichzeitig Hundeschlafraum, drei Kinderzimmer, ein großes Bad, ein kleines Bad und die langgestreckte Diele mit gemütlicher Sitzecke plus einem Miniabstellraum. Danach erforschte er die Kellerräume: Die waren durchaus interessant! Papas Arbeitszimmer mit dem schönen alten Klavier zog ihn magisch an. Spielte der Vater meiner Kinder auf dem Instrument, trabbste Mato in Windeseile durch das ganze Haus ins Arbeitszimmer, legte sich zu dessen
Füßen und lauschte hingerissen. Walzermusik liebte er über alles. "Wuwuuuh!" sang er dann und wedelte begeistert mit dem Schwanz. Bei Popmusik jedoch ergriff der Herr sofort schwer beleidigt das Hasenpanier. Seine armen gequälten Ohren! -- Außer der Waschküche, dem großen Handwerks- und Vorratskeller, dem winzigen Hausanschlussraum entdeckte er noch einen tollen Hobbyraum. Spitze, der war ja fast so groß wie das Wohnzimmer. Dort tobten seine Ersatzschwestern mit ihm. Sie spielten Bällchen, Läppchen
oder auch Fangen. Fangen spielen fand er auf die Dauer langweilig. Er gewann ja doch immer! -- Im zugehörigen Garten aalte er sich stundenlang in der Sonne, ärgerte sich ab und zu über einen verirrten Igel oder regte sich über eine unverschämt durch seinen Garten streunende Katze auf. Den Igel mied er; sein Instinkt warnte: "Vorsicht, das piekst!" Die Katze kriegte er leider nicht. Das wendige Etwas war einfach zu flink. Frustriert schickte er ihr ein wütendes Bellen hinterher. Dämlich, mein Hundekind
konnte sich noch nicht einmal einbilden, das Vieh wäre seinetwegen geflohen. Mietzchen saß manchmal sogar im Baum direkt über ihm und lachte sich über diesen Miniwauwau kaputt. Im Gartenzaun entdeckte er ein größeres Loch, durch das er den Spazierweg auf der anderen Seite bestens kontrollieren konnte. Wanderten fremde Vierbeiner dort entlang, deutete er ihnen schon ´mal mit Knurren und Gebell an, wer in Zukunft hier das Sagen hätte. So eine Unverschämtheit! Verärgert meldete er uns solcherlei Frechheiten sehr
nachdrücklich. Von jenem Platz aus hatte er den restlichen Garten, die Küche und vor allem mich, sein Frauchen, bestens unter Aufsicht. Darum wurde dieser Fleck zu seiner Lieblingsgartenecke.
Schlafstätte
Meine Tiere nannten wahre Luxusbettchen ihr Eigen. Mit -zig Decken sowie kleinen Kopfkissen, die ihnen Tina geschenkt hatte. (Richtig gelesen: Mato war nicht etwa Familienvater geworden, sondern aus meinem einen Hund war ein Hundetrio geworden. Erst kam Spitzmischling Quinny, dann später Schäferhündin Fee dazu.). Die Vierbeiner sollten es also gemütlich haben. Quinny war als einziger der Drei gar nicht so erbaut von dieser Kopfkissenidee. Er steckte seine Schnute lieber zwischen die selbst fabrizierten Falten
seiner Kuscheldecke. Fee genoss den zusätzlichen Komfort in vollen Zügen. Auch Mato war damit sehr einverstanden. Doch war es typisch Knödelchen, dass er es trotz dieses hervorragenden Services noch vorzog, sich auf meinen weichen Teppich zu flegeln und dort lang ausgestreckt wohlig zu träumen. -- Jeden Abend strich Tina den Waulis ihre Decken glatt. Fee legte dann den Kopf zufrieden auf das zurechtgerückte Kissen. Quinny machte jedes Mal auf Aufforderung "Sitz!" und gab die niedliche Pfote, um danach
aber strengstens Tinas Werk zu prüfen. Drollig, wie er bei Nichtgefallen versuchte, das Tina klarzumachen. "Nachdenklich" stand Quinny dann für einen Moment vor seinem Bett, wandte sich darauf meiner Tochter zu, sah sie süß flehentlich an und deutete mit seiner Schnute aufs Körbchen. "Ach, Quinnylein! Noch mal Bettchen machen? Guck ´mal, Mama, wie niedlich!" Dahin geschmolzen wuschelte sie ein zweites Mal die Decke zurecht. Meistens zeigte sich der Pfiffikus endlich einverstanden, stieg, Tina
zur Belohnung, fröhlich schwanzwackelnd in seinen Korb, drehte sich selig schmatzend um sich selbst und legte sich zum Schlafen nieder. Sobald aber mein Fernseher lief, verließ er seine Luxusherberge und huschte flugs unter mein Bett. Er hatte sich unter dem hochgestellten Kopfende einen gemütlichen Fernsehlogenplatz ausgeguckt. Ich war ziemlich sicher, dass mein Kleiner sämtliche Tatorte und vor allem alle Tiersendungen auswendig wusste. -- Mato stellte an seinen Teddyplüschkorb hohe Anforderungen. Aber bitte
eine total glatte Schlafdecke! Sonst legte sich doch dieser Herr Hund da nicht rein. Mit der Zeit wurden Tina und ich so perfekt in Sachen "Deckeglattstreichen", dass unser vierbeiniger Macho uns gnädigst ein großes Lob erteilte. Wir waren mächtig stolz darauf. Als noch winziges Baby hatte er getestet, ob er vielleicht auf meinem Bett nächtigen dürfte. "Nein, das geht zu weit!" Wie oft sehnte ich mich in den nachfolgenden Jahren, dass nicht nur Fee ( jede Nacht!) und Quinny (ab und zu für
ein paar Schmuseeinheiten!), sondern vor allem mein großes Wollknäuel zu mir hoch hopste! Doch Matos Einstellung schien zu sein: "Du hättest es mir damals nicht verbieten sollen. Jetzt nicht mehr. Das ist mir nun zu albern, ich bin schließlich Wer!" Ich fand einen Ausweg. Bei Sehnsucht nach einer Matoknuddelstunde krabbelte ich aus meinem Bett, legte mich zu meinem Hund auf den Teppich, redete zärtlich mit ihm und knetete minutenlang seine süßen Ohren. Dagegen hatte er dann allerdings gar nichts einzuwenden.
Sogleich reichte er mir seine Pfote. Obwohl er es eigentlich nicht ausstehen konnte, wenn die jemand berührte. Die gehörte nämlich ihm! Nur ich durfte sie tatsächlich lange halten und streicheln. Andere zweibeinige Wesen, die das wollten, schielte er aus den Augenwinkeln sehr ungnädig an und zog prompt die beleidigte Pfote zu sich. Er versteckte sie schnell unter seinem wohl gerundeten Bauch, wo sie sicher ihre Ruhe hätte.
Antrittsbesuch
Für einen Hund von Welt geziemt es sich, der allernächsten Nachbarschaft einen sehr baldigen Besuch abzustatten. Mato richtete sich streng nach dieser Kniggeregel und tauchte direkt am Tage seiner Einbürgerung bei meiner Nachbarsfamilie Haas auf, mit der ich mich ausgesprochen gut verstand. Mein Hund schnüffelte kurz. Auf Anhieb verliebte er sich in meine Nachbarin, der es ihm gegenüber nicht anders erging. "Mensch, ist der süß! Ach Gott, wie niedlich!" Diese Beurteilung stand meinem vierbeinigen Wonneproppen
ja wohl mehr als zu. Wegen dieser Bemerkung eroberte Frau Haas einen festen Platz in seinem Hundeherzen. Umgekehrt lief es nicht anders. Die gegenseitige Zuneigung blieb sein ganzes Leben lang unverändert. -- Noch ein zweibeiniges Wesen, aus seinem neuen eigenen Rudel, war hin und weg von dem kleinen Vierbeiner. Meine Älteste, Sandra (Spitzname Hoppel), erwählte dieses drollige Etwas kurzerhand zu ihrem Liebling. Bald war sie unfähig, das "Engelchen" ´mal objektiv zu sehen. Selbst seine Hundestreiche
fand sie einfach nur süß, solange dabei nicht ihre eigenen Sachen dran glaubten! Wie oft erntete er sogar obendrein noch ein Küsschen: "Schmatz!" Darum hätte ich sie ´mal bitten sollen! Reaktion: "Mama, bloß nicht!!"
Schnucki
Um Gotteswillen, so hieße mein Hund nicht! Für einen solch banalen Kosenamen hatte ich den viel zu gern. Da fiel mir Ungewöhnlicheres ein. Wenn ich es nachträglich bedenke, kam er dabei besser weg als meine Töchter, die meiner Wortschöpfungen wegen ein dickes Fell brauchten. Die waren nämlich nicht von Pappe! In ihrer Winzigphase konnten die Kinderchen sich zu meinem Vergnügen ja nicht dagegen wehren. Doch älter geworden, verbaten sie sich so manchen Kosenamen sehr vehement. Zugegeben: Meine Phantasie hatte extrem
Kapriolen geschlagen! Der arme Nachwuchs war entsetzt! Schaade!! Die verrücktesten jener Namensschöpfungen wage ich nicht zu verraten. Aus Rücksicht auf mein Weiterleben. Die vier süßen Wesen lynchten mich wahrscheinlich noch am selben Tag! Ein einziger der verrückten Einfälle galt als so eben noch akzeptabel: Wie Sie schon erfuhren, hatte ich Sandra "Hoppel" getauft. Später stellte sich heraus, dass das prima zu ihr passte. Sie erbte meine Tanzbegeisterung und hopste durch den Tag. Und sie blieb "Hoppel"
- selbst heute mit ihren 23 Jahren noch. Auch ihr Verlobter ruft sie so und kommt doch tatsächlich ungestraft davon. Er lebt trotzdem weiter! Die restlichen Auswüchse meiner ja recht lebhaften Phantasie behalte ich sicherheitshalber für mich. Nicht enttäuscht sein, doch Sie müssen wissen: Ich liebe das Leben! -- Geht es um Schmusenamen, sind vierbeinige Wesen wesentlich einfacher zu handhaben. Sogar "Besenstiel" hätte ich sie rufen können, solange der Tonfall stimmte. Das habe ich weidlich ausgenutzt.
Hier eine Liste: Mato: Knuddelmutzel, Bärwutz, Zwerglein, Hutzelputz, Bärchen, Knödelchen... Quinny: Smartie, Mister Ventilator, Flumi, Flitzkanone, Schmalzflocke, Knutschiboy...Feechen: Knalltüte, Fressäckchen, Mausilein, Schmusekissen, Fledermäuschen. -- Das alles zu speichern, wäre von einem kleinen Hundegehirn etwas zuviel erwartet. Mir zu Gefallen merkten die Drei sich dann ihren Lieblingskosenamen. Davon abgesehen, stellte ich im Laufe der Jahre immer wieder fest, wie gut ein Hundegedächtnis funktioniert.
-- Mato hatte sich, endlich erwachsen, "Zwerglein" verbeten und akzeptierte ersatzweise "Knödelchen". Ein Zwerg war er mit seiner Schulterhöhe von 58 cm ja wahrlich nicht mehr. Vielleicht klang "Knödelchen" in seinen Ohren ein bisschen erwachsener.
Sprechenlernen
Wie jeder weiß, können Menschenkinder nicht sofort richtig reden, sondern bringen zur Gaudi der Erwachsenen einige drollige Laute und Silbenzusammenstellungen zustande, von denen sie als Teenager am liebsten gar nicht mehr zugäben, dass dieser oder jener Ausdruck auf ihrem "Mist" gewachsen war. Jetzt konnten wir Ähnliches bei Mato beobachten. Es klang irre knuffig, versuchte er eine artgerechte Äußerung. Baby hatte eine unheimlich tiefe, kräftige Stimme. Doch sein "Wauwau" klang in den ersten
Tagen alles andere als routiniert. Eher wie "Waulewau...quietsch!" Stellen Sie sich folgende Situation vor: Hündchen hinter der Glastür zur kleinen Vordiele, Postbote kam. Mato erschnupperte ihn. Sagte sich: "Ich bin ein Wachhund!" Und bellte. Bildete sich bestimmt ein, er hätte furchterregend gebellt. Wieso kriegten aber dann wir einen Lachkrampf, da er doch, schon so tüchtig, den Postboten verjagt hatte? Wovon mein Hund bestimmt felsenfest überzeugt war. Öfters unseres Gelächters wegen sehr
sauer, zeigte er die entsprechende Miene. Denn, was sollte das? Der kleine Kerl konnte ja nicht verstehen, dass es sich für Menschenohren einfach zum Wimmern anhörte, wenn ein winziges Hundekind mit einer tollen Bassstimme sich verzweifelt abmühte, ein halbwegs dem Stimmvolumen entsprechendes, erwachsenes Gebell zustande zu bringen. Draußen der unerfahrene Postbote jedoch nahm bei der Stimmgewalt unseres Winzlings mit Sicherheit an, da säße hinter der Türe ein ausgewachsener Bernhardiner. Wenn der das geahnt
hätte! -- Einige Tage später Aufregung im ganzen Haus! Mato hatte zum ersten Male korrekt "Wauwau" gesagt. Daraufhin wurde er umschmust, als ob er sozusagen eine Eins in einer Deutschprüfung abgelegt hätte. Dieser tollen ihm erwiesenen Aufmerksamkeit wegen übte er in Folge ständig. Doch er staunte garantiert Bauklötze, wieso die anfänglichen Lobeshymnen nach äußerst kurzer Zeit schon in Schimpfe umschlugen, als er später zu allem und jedem sehr ausdrücklich, lang anhaltend seinen Senf dazugab. Er vertrat
offensichtlich die Meinung, ein Prinz v. Emsdahl (sein offizieller Name, reif für einen Heimatfilm!) hätte dazu das Recht. Vielleicht wäre sein Beitrag ja wichtig für die jeweilige Diskussionsrunde. Vor allen Dingen, wenn ich ihn anredete, gipfelte seine Gesprächsbereitschaft in einem nicht enden wollenden Freudengejaule und Fiepsen einmal die Tonleiter rauf und runter. Dann hielt er vor Glück einfach nicht an sich. Den Knopf zum Ausschalten suche ich noch heute vergeblich!
Babystreiche
Bereits nach zwei Wochen war Mato stubenrein, so dass ich dieses Problem vergessen konnte. Doch gab es andere Dinge, mit denen Baby seine menschliche Mannschaft auf Trab hielt. War Wauwau einige Monate später aus den Kinderschuhen entwachsen, erzählte sein Restrudel stolz überall, was sich Hundebaby so alles hatte einfallen lassen. Teilweise waren diese Streiche als Menschenerziehungsversuche zu werten, um aus uns für Hundchen einigermaßen brauchbare Zweibeinern zu machen.
Zusatzernährung
Meinem bedauernswerten kleinen Hund servierte ich keck nicht das teure Prestigemenü "Eukanuba", sondern simples Hundefutter, mit dem er wider Erwarten trotzdem prächtig gedieh. Einige wenige Tage lang akzeptierte Mato dieses Normalfutter gnädig. Doch aus Unerfahrenheit unterstützten wir ungewollt sein Bestreben, uns dann schnellstens klar zu machen, dass eigentlich ein total anderer Speiseplan erwünscht war. Bereits während der dritten Woche nach Aufnahme in die Familie bot sich ihm die erste Gelegenheit,
uns einen diesbezüglich sehr nachdrücklichen Wink mit dem berühmten Zaunpfahl zu geben. So etwas nennt man Glück für vier Beinchen!
Das schmeckt!
Die ersten zwei Wochen gönnten wir Mato Ruhe, damit er sich möglichst stressfrei einleben sollte. Dann aber luden wir Freunde ein, um ihnen meinen Hund vorzustellen. Sie brachten ihren Sohn mit, der in etwa in Hoppels Alter war. Das geliebte Kind unserer Freunde und die vier ebenfalls geliebten Kinderchen unsererseits waren wie alle ihre Altersgenossen ausgesprochene Leckermäulchen. Im Gedanken daran hatten wir ins Wohnzimmer an den Rundbogen ein Beistelltischchen gestellt, auf dem wir mancherlei Gebäck, vor
allem aber die heiß geliebten Rosinenschnecken anboten. -- Es zog sich leider ein wenig länger hin als geplant, bis der Besuch endlich eintraf. Kaffeetafel und Tisch waren fertig vorbereitet. Hund hatte seinen Spaziergang hinter sich. Es konnte also losgehen. Aber nicht allein uns gefiel das tolle Angebot auf dem kleinen Tisch. Der phantastische Duft dieser Köstlichkeiten war auch Mato in die Nase gestiegen. Wauwau hatte sich im Geheimen die passende Gelegenheit herbeigewünscht; ja, ...dann! Doch wir noch so
herrlich unerfahrene, neugeborene Hundeeltern ahnten ja nichts von den Gelüsten und dem diesbezüglichen Einfallsreichtum unseres neuen Familienmitgliedes. Selig nutzte das mein Vierbeiner instinktiv gründlich aus! Der kleine Tisch hatte ja Hundehöhe. Demnach waren die Leckereien darauf bestimmt für ihn gedacht. In seinem Innern lobte der uns deswegen garantiert über den grünen Klee. Wie er sicherlich annahm, unbeobachtet, trabbste mein Kleiner bestgelaunt in Richtung Beistelltisch, streckte seine Babyschnute
ein wenig vor, schnappte sich eine Schnecke und trug sie voller Stolz mit hocherhobenem Kopf quer durchs Wohnzimmer spazieren. Erst da schnallten wir verdatterten Zweibeiner, was abgelaufen war. Gemäß des Hundeknigges hätte jetzt ein Donnerwetter auf Baby niederprasseln müssen. Doch die Schelte blieb mir im Halse stecken. Der Anblick war einfach zu drollig. Das schwach gehauchte "Pflichtpfui" rief Mato immerhin doch ins Bewusstsein: "Na, so ganz doof ist sie nicht! Sie hat´s es gemerkt!" Meckern
half nichts mehr. Die Schnecke hatte sich bereits auf den Weg in sein Bäuchlein gemacht. Mein Hund hatte mir eine wichtige Lektion erteilt.
Durststrecke
Anscheinend versorgte ich meine Tiere derart nachlässig, so dass Mato öfters halb verdurstet einher schlich. Wie anders ich sollte mir die folgende deftige Aktion meines Hundekindes erklären: Der Ort des Geschehens war wiederum das Wohnzimmer, in dem ein sehr wertvoller, runder Mahagonitisch mit aufgelegter Glasplatte stand. (Und tatsächlich heute noch steht!). Mato guckte fasziniert zu, wie die Kaffeetafel abgeräumt wurde. Immer mehr verschwand von dem anregend klappernden Porzellan. Aus unerfindlichem Grund
blieben das Büchsenmilchkännchen und eine Kaffeetasse samt Inhalt noch stehen. Kurzzeitig waren sämtliche Menschenfreunde außer Sichtweite. Ich hielt mich bei meinen Töchtern in der Jugendetage auf. Da, ein markerschütternder Schrei des Papas durchs ganze Haus: " Neiiin!" Vor Schreck zuckte ich zusammen. So schrie hier nur sehr selten jemand. Eigentlich nur, wenn etwas überraschend kaputtgegangen war, oder sich ein Teenager ernsthaft verletzt hatte. Also in der Annahme, es hätte sich jemand verletzt
oder es wäre ansonsten etwas Lebensbedrohliches passiert, raste ich wie ein Wiesel wegen "Neiiin!" die Treppe runter in Richtung des Wohnzimmers, weil der Hilferuf von dort gekommen zu sein schien. Meine Ohren vernahmen: "Gehst du da wohl ruunter!!" Ich ahnte ja schon etwas: Da war niemand zu Schaden gekommen. Da ging etwas ganz Anderes vor sich. Hatte sich mein Hundekind etwa unerlaubterweise eine seiner Nase nach besonders tolle Beschäftigung ausgesucht? Papa freute sich jedenfalls auffällig
laut, stellte ich fest. Nur zu "Freude" passte der Tonfall eigentlich gar nicht. Sein Jubel war vom Keller bis zum Dachboden mehr als dröhnend zu hören! Gleich würde ich wissen, was los war. Nichts Gutes ahnend, schielte ich durch die angelehnte Tür. Der sich mir dann bietende Anblick spottete wirklich jeder Beschreibung. Eins war sicher. Das vergäße ich mein Lebtag nicht!! -- Immer noch standen auf unserem eleganten, teuren Glastisch das Büchsenmilchkännchen sowie die Kaffeetasse; aber nicht mehr so
ganz vereinsamt. Ach du heiliger Strohsack! Mitten auf dem Tisch erspähte ich etwas sehr Lebendiges mit Teddyohren, Babyschnute, Hängebäuchlein, Tapspfoten und Stummelschwänzchen. Letzteres wackelte wie toll hin und her! Offensichtlich gehörten alle diese Körperteile zu meinem entzückenden Hundebaby, das sich obendrein noch höchst zufrieden das Mäulchen leckte. Mato schien vor Stolz fast zu platzen. Sein Menschenrudel war ja ob seiner Aktion geradezu in Begeisterungstürme ausgebrochen. Also hatte er wohl eine
famose Idee gehabt! So interpretierte Hund das Gebrüll des männlichen Zweibeiners, der noch, im Hintergrund stehend, eifrigst nach Luft schnappte, um seine Fassung wieder zu erringen. Dort auf dem Tisch stehend, wirkte Hund keinesfalls eingeschüchtert des menschlichen Wutanfalls wegen da in seinem Rücken, sondern machte eher den Eindruck, als ob er sich köstlich amüsierte. Geknickt zu sein oder vor Angst zu zittern, lag für ihn in weiter Ferne. Von Rechts wegen hatte ich ebenfalls loszupoltern. Brachte das aber
einfach nicht fertig! Stattdessen riss ich mich verzweifelt zusammen, um nicht laut loszuprusten. Das besorgten dann meine vier Töchter, die sich inzwischen neben mir aufgereiht hatten und über beide Ohren grinsend das Schauspiel verfolgten. Ausnahmsweise (!) einmal alle derselben Meinung: Ach, ist das süß!! Einzig Alex legte noch eine konsequente Haltung an den Tag und verscheuchte energisch den kessen Frechdachs vom Tisch. Schwer gekränkt, verzog sich Baby schnell. Doch was sollte es? Büchsenmilch plus Kaffee
hatten hervorragend geschmeckt. In den nachfolgenden Minuten ließ ich meinen Lachtränen freien Lauf. Alles völlig falsch, und die Grundsteinlegung zur totalen Hundeverziehung!
Teppichfransen
Hundekinder wissen sich bestens auch allein zu unterhalten. Meines klaute mit Vorliebe Söckchen (waren in allen Ecken und erst recht unter den Betten zu finden). Auch Schuhe gaben ein prima Spielzeug ab. Nur, mehr als verstecken oder sie genießerisch als Beißring zu missbrauchen, ging nicht. Denn selbst für Matos Platschpfoten waren die mindestens drei Nummern zu riesig. Außerdem: Was sollte "Baby" denn mit Frauchens Stöckelschuhen?? -- Viel erfolgversprechender war da das Teppichfransen-rauszieh-Spiel.
Die Regeln waren einfach. Mato legte sich gemütlich ans Teppichende. Er lugte vorsichtshalber noch in die Runde, ob Schimpfe zu erwarten wäre: Praktisch, augenblicklich wohl niemand in der Nähe. Flugs begann er mit seiner reizvollen Arbeit. Andächtigen Blickes nahm er die erste Franse ins Mäulchen und zupfte zur Prüfung, ob man mit ihr etwas anstellen könnte, vorsichtig an dem Faden. Toll, das Ding wurde ja länger! Ob die zweite auch mitspielte? Auch sie gab dem Zerren nach. Aufgekratzt setzte Hund seine ganze
Kraft ein. So klein er ja noch war, so stark jedoch schon. Selig verfolgte er, wie eine Franse nach der anderen sich aus dem Teppich löste. Mit seinen kleinen scharfen Milchzähnen trennte er sie sorgfältig der Reihe nach ab. Stolz wie Oskar: Was war er doch tüchtig! Ob sein menschliches Restrudel genauso darüber denken und seine Freude teilen würde? Darauf hoffte mein Hund bestimmt sehnlichst. Zu seinem Pech teilte ich seine Euphorie auf meine Weise! Als ich entsetzt die Bescherung entdeckte, kriegte Mato doch
tatsächlich ein wenig Schimpfe.
Zweibeinige Freunde
Wie Sie bereits wissen, hatte Mato bei seinem Antrittsbesuch das Herz meiner Nachbarin im Sturm erobert. Kein Wunder - denn sie war Hundenärrin und besaß auch immer welche. Allerdings schwärmte sie für Terrier. Momentan residierte in ihrem Haus ein Terrierrüde namens Henky. Und dennoch: Hatte "Knödelchen" gesundheitlichen Probleme, war sie stets für ihren vierbeinigen Verehrer da. Mein Hund revangierte sich für diese Zuneigung, indem er ihr Haus zu seinem zweiten Revier erklärte und dementsprechend
misstrauisch jeden beäugte, der sich ihrem Grundstück näherte. Henky erfüllte als Aufpasser zwar ebenfalls seine Pflicht, doch war Mato der Platzhirsch und nahm für sich das Recht in Anspruch, die Oberaufsicht zu führen. Kamen Fremde, versetzte das meinen Hund sofort in Alarmbereitschaft: "Wehe, wenn die etwa...!?" Die ließ er dann keine Sekunde aus den Augen, um notfalls für seine Frau Haas den Retter in der Not zu spielen. Für sie hätte er sogar sein Leben riskiert. Erkannte er in den Ankömmlingen
jedoch Freunde des Hauses, drängte mein Brummbär bei denen auf Streicheleinheiten. Einen richtigen Narren hatte er am Vater meiner Nachbarin gefressen. Entdeckte er ihn im Haus oder im Garten, flippte er geradezu aus vor Freude und gab keine Ruhe, bis der ihn kräftig hinter den Ohren gekrault hatte. Die Sympathie beruhte auf Gegenseitigkeit. Kehrten wir von Spaziergängen zurück, blieb Knödelchen jedes Mal stur mit sehnsüchtig suchendem Blick vor Frau Haas` Fenster stehen. Vielleicht guckte sie per Zufall ja gerade
nach draußen? War ihm dieses Glück beschieden, hob ich aus Jux seine Pfote, und Knödelchen machte brav "Winkewinke!" Am liebsten hätte er meine Nachbarin anschließend für ein paar Minuten besucht. Ob ich das wohl erlaubte? In seinem fragenden Blick lag Hoffen. Besser nicht! Denn Henky als Rüde hätte Matos Auftauchen in seinem Revier garantiert nicht so toll gefunden. Aus diesem Grunde verbot ich das lieber. Armer Hund!
Angelika
Meine Freundin Angelika war seit etlichen Jahren erfahrene Hundemama. Sie unterstützte mich vor Matos Auftauchen in Hellerhof bei allen Überlegungen, bei denen es um die Sicherheit des neuen Familienmitgliedes ging. Beispiel: In meinem Haus führte eine offene Holztreppe sowohl in die Jugendetage als auch in den Keller. Baby sollte ja nicht sofort durch die Zwischenräume dieser Treppe purzeln und sich dabei schlimmstenfalls den Hals brechen. Wäre vielleicht ein Hundeschutzgitter angebracht? Nach dem, was ich ihr
über meinen zukünftigen kleinen Kameraden erzählt hatte, war sie denn doch total perplex, als sie ihn dann begutachtete: "Was hast du mir denn da über ihn gesagt? So winzig ist der doch gar nicht! Wie groß wird der denn ´mal?" Ich kam mir in dem Augenblick ziemlich blöd vor, konnte sie aber mit meiner Antwort dann echt zum Staunen bringen: "Och, der kriegt so etwa fast 60 cm Schulterhöhe!" Sie darauf: "Ach du meine Güte!" Klar, im Baby-Outfit fand sie ihn unheimlich putzig. Später
vor dem erwachsenen Exemplar hatte sie jedoch gehörigen Respekt. Manchmal setzte mein Mato eine betont undurchdringliche Miene auf. In solchen Minuten konnte man nicht abschätzen, was er plante. Doch alles nur Angabe! Knödelchen war sein Leben lang trotz dieses hochmütigen Blickes wahnsinnig lieb.
Christine und Jo
Christine und ich lernten uns während unserer Ausbildung zur Arzthelferin kennen. Da die ja mittlerweile schon dreißig Jahre zurücklag, währte unsere Freundschaft bereits das halbe Leben. Alles besprachen wir miteinander, konnten uns dabei gegenseitiger Verschwiegenheit völlig sicher sein. Sie wurde Patentante meiner Ältesten, Sandra. Mit ihr versteht sie sich ausgesprochen gut. -- Mato gegenüber hielten sich Christine und Jo sehr zurück. Dieser Hund war ihnen in seinem Auftreten einfach zu majestätisch. Und
das, obwohl sie zwei Wesens verwandte Tiere besaßen: Nämlich zwei ganz liebe, süße Kätzchen. Aber die waren kleiner!
Gisela und Ulli
Mit ihnen war ich seit Sandras Babyzeit befreundet. Leider hatte Gisela eine unüberwindbare
Angst vor Hunden. Ich rechnete es ihr hoch an, dass sie es damals trotzdem wagte, Baby Mato zu streicheln. Er mochte von der Liebkosung nicht allzu viel gemerkt haben. Die Luft über seinen Ohren freute sich. Hündchen blieb unbeweglich liegen, als ob es Giselas Unsicherheit gespürt hätte. Ulli dagegen fand den Kleinen einfach nur süß. "Da hast du einen sehr schönen Hund gekauft!" meinte er zu mir. Obwohl er mit Vierbeinern überhaupt keine Erfahrung hatte, empfand er auch dem erwachsenen Exemplar gegenüber
keine Scheu. Mato seinerseits mochte diese beiden Zweibeiner sehr und freute sich sichtlich, wenn die Beiden bei uns auftauchten. Doch hatten er und seine beiden Kumpanen Giselas wegen für die Dauer deren Besuches sich in meinem Zimmer aufzuhalten. Drei so große Tiere auf einmal wären für sie unzumutbar gewesen.
Gaby und Klaus
Gaby und Mato mochten sich auf Anhieb gut leiden. Doch dann trat Klaus in Hundchens Leben. Mato kam, schnupperte und Klaus siegte! Klaus seinerseits war von diesem wuscheligen Etwas sehr angetan. Für Gaby empfand mein Hund offensichtlich Freundschaft, aber an die verrückte Liebe zu Klaus reichte jene Bindung nicht heran. Da sie in Sprockhövel wohnten, was ja nicht zu Düsseldorfs nächster Umgebung zählt, besuchten sie uns seltener. Etwa vierteljährlich erschienen sie in Hellerhof. Ausreichender Grund genug für
Mato, bei Klaus´ Auftauchen vor Freude fast durchzudrehen. Er hopste dermaßen eilig die Treppe herunter; dass es an ein Wunder grenzte, dass dieses Riesenknäuel nicht die Stufen runterflog. Verzweifelt suchte er nach einer Methode, seine Pfoten noch schneller als ohnehin schon eine vor die andere zu setzen. Sein Schwanz ruderte wie ein Propeller durch die Luft. Ob er wie ein Hubschrauber abheben würde?? Nach der ersten euphorischen Begrüßung knallte sich Mato an Klaus´ Seite auf den Boden, strampelte mit allen
Vieren in der Luft herum und zeigte seinen Bauch. Eine deutlichere Aufforderung zur Schmusestunde kennen Hunde nicht. Lachend folgte Klaus dieser Einladung und kraulte mit dem rechten Arm, was der hergab. Fünf Minuten später allerdings: "Nee, Mato...das reicht! Das wird ja anstrengend!" Doch da hatte er die Rechnung ohne den Wirt gemacht: Hund war noch nicht zufriedengestellt. Der hatte doch noch einen anderen Arm: Also, bitte! Wofür hatte Klaus den denn sonst? Mato setzte sich ganz dicht an dessen
Bein und kratzte an der Hose. Kein Erfolg! Wauwau machte Dackelblick. Kein Erfolg! Da setzte Mato seine durchschlagendste Taktik ein: Er legte seinem Klaus den Kopf so aufs Knie, so dass dessen Blick direkt auf die süßen Teddyohren fiel. Das endlich wirkte! Klaus widerstand nicht mehr. Die Schmuserei wurde noch ein paar Minuten fortgesetzt. Bevor unser Freund sich aber belästigt fühlen konnte, griff ich zu guter Letzt ein, lotste meinen sich sträubenden und mich trotzig anschauenden Hund aus dem Wohnzimmer in
die Diele und verfrachtete das schwer beleidigte Etwas zu den beiden anderen Vierbeinern in mein Zimmer. Klaus konnte sich endlich von der anstrengenden Knuddelarbeit erholen. Dann ungestört, widmeten wir Zweibeiner uns der Kaffeetafel.
Zweibeinige Bekannte
Fremden gegenüber zeigte sich mein Vierbeiner sehr reserviert. Seines Teddy-Outfits wegen wollten ihn viele Erwachsene, aber vor allem Kinder dauernd streicheln. Keiner ahnte: Dieses Bärchen war keineswegs der Typ, der sich jede Minute seines Lebens danach sehnte. Klein-Teddy war keine Schmusekatze! Im Babyalter war ihm die ewige Schmuserei sogar extrem gegen den Strich gegangen. Er käme schon von sich aus, wenn er sich nach Liebkosungen sehnte! Notgedrungen arrangierte er sich mit zunehmendem Alter mit diesem
mehr als lästigen Tick der Menschheit. Es blieb meinem Hund auch absolut nichts Anderes übrig. Schließlich sah er ja aus wie ein Stoffbär. Doch seine Miene sprach Bände: "Oh Hund, ist das nervend. Bloß nicht schon wieder!" -- Auf Spaziergängen verwöhnten manche Passanten den niedlichen Winzling mit Leckerbissen. Natürlich in der Hoffnung, ihn anschließend streicheln zu dürfen. Nicht mit ihm! Gnädig nahm er die Leckerchen an. Doch das hieß noch lange nicht, dass er sich daraufhin auch bereitwillig zur
Ohrenzupferei zur Verfügung stellte. Wildfremden Menschen jedenfalls nicht! Da drehte er dann recht energisch den Kopf zur Seite weg, um deren aufdringlichen Händen auszuweichen. Oder er marschierte zwei, drei Schritte rückwärts: "Ich bin´s leid wie dicke Tinte. Nix da!" -- Im hohen Alter von über 13 Jahren wurde er zwar etwas zugänglicher, aber so ganz gab er selbst da seine reservierte Haltung nicht auf. Er war eben er! Das sollten sich diese blöden Zweibeiner endlich merken.
Ausreißer
Leider frönte Mato vom ersten Tage an einer Leidenschaft, die für mich sehr problematisch wurde. Wahnsinnig lieb und sanft, doch im selben Maße freiheitsliebend! Deutlicher: Er büchste sofort aus, wann immer sich ihm die Chance dazu bot. Haustür versehentlich offen, Hund war verschwunden, genoss die ersehnte Freiheit und kehrte schlimmstenfalls erst nach vier Stunden zurück. Für mich vier Stunden Schwitzen und Angst bei dem Gedanken, was wohlmöglich Mensch und Tier oder auch nur Tier in dieser Zeit alles zustieße!
-- Einmal radelte ich in die Abenddämmerung hinein zu den Langenfelder Fischteichen, um mein Tier laut nach ihm rufend zu suchen. Dabei beherrschte mich nicht nur die Sorge um mein Hundekind, sondern in jener relativ einsamen Gegend kam noch die Unsicherheit meiner selbst wegen dazu. Aber die Suche blieb erfolglos. Nach ungefähr vier Stunden vernahmen wir dann ein empörtes Bellen vor der verschlossenen Haustüre. Mato hatte seinen Ausflug beendet und erwartete wie selbstverständlich einen offenen Eingang zu seinem
Empfang. Schließlich war "Seine Majestät" nach Hause zurückgekehrt. Dieser Freiheitsdrang war wohl dem Chowchow zuzuschreiben. Der hatte sich in seinem Charakter dominierend durchgesetzt. Warum bloß nicht die beiden anderen Rassen, Samojede und Wolfspitz.? Viele Chows blieben wegen der Gefahr des Ausbüchsens lebenslang Leinenhunde. -- Ein anderes Mal fahndeten eine Nachbarin und ich in ganz Hellerhof nach dem kleinen Kerl. Alex beteiligte sich und lief genau wie wir die kleineren und größeren Spazierwege
ab, um den Ausreißer dingfest zu machen. Letztendlich kam dieser uns dann auf dem Parkplatz vor unserem Einkaufszentrum entgegen. Der langen Sucherei wegen fast mit den Nerven am Ende und völlig erschöpft, atmete ich, denn doch sehr erleichtert, tief durch. Trotz dieser zermürbenden Erfahrungen startete ich wiederholt den Versuch, ihm doch noch ein freies Toben zu ermöglichen. Er tat mir leid, weil er nicht frei so fröhlich durch die Felder rasen konnte wie seine "normalen" Artgenossen. Die kehrten
doch tatsächlich sofort zu Frauchen oder Herrchen zurück, wenn sie gerufen wurden. Glücklich, weil diese sich überhaupt mit ihnen beschäftigten! Ab und an ging ich das Risiko ein und leinte ihn ab. Vorsichtshalber nur, wenn wir Vierbeiner trafen, die er besonders gerne mochte. Er sollte doch ein wenig mit ihnen spielen können. Ausnahmslos endete es in einem Fiasko. Ließ das Interesse an dem bis dahin rasanten Gebalge nach, halfen weder Leckereien noch gute Worte. Mein Hund war weg! Und ich stand kurz vor´m Heulen!
Da alles nichts brachte, entschied ich schweren Herzens, er hätte notgedrungen an der Leine zu bleiben. Das konnte ich nicht verantworten. Ich beruhigte meine liebende Frauchenseele, da ja seine Familie sehr gehorsam nach seiner Pfeife tanzte, er zuhause sogar Artgenossen zum Spielen hatte, und Mato von uns nach Strich und Faden verwöhnt wurde! -- Dennoch wollte ich nichts unversucht lassen. Ich bestellte mir den Ausbilder einer Hundeschule ins Haus, der aber ohne Vertragsabschluß natürlich keine detaillierteren
Ratschläge geben wollte. Doch nur zu gerne schrieb ich mir dessen Beurteilung meines Tieres hinter die Ohren: "Ich habe selten einen so sturen, aber auch selten einen so sanften Eurasier gesehen. "Tja, genau das war ja der Knackpunkt! Rügen und strafen Sie ´mal einen Hund, der 5/6 des Tages guckt wie ein Dackel. Sind Sie dazu fähig??!" Mir gelang das nur in Ausnahmefällen; nur, wenn es ganz dicke kam. Schlimmste Strafe für meine Hunde: Reklameblatt aus der Zeitung auf den Po. Das jeweilige Exemplar
kriegte einen gehörigen Schrecken und verschwand gekränkt unter der Eckbank. Garantiert empfanden sie diese Maßnahme wohl als unerhörte Demütigung. Denn ich wählte als Mittel zum Zweck diesen vornehmen Viechern gegenüber nicht etwa ein Blatt aus der "Zeit" oder aus der "Rheinischen Post", sondern griff zur Bildzeitung. (Die ich übrigens nicht zu meiner Literatur zähle!). Wie konnte ich das meinen Lieblingen bloß antun? Ja, meine Hunde: Ich konnte!
Gehorchen -ähem!!
Denken Sie, ein Fast-Chowchow ließe sich per Befehl herum kommandieren? Da erleben Sie Ihr blaues Wunder! Zumindest, wenn Sie wie ich einen Alpha-Rüden erwischt hätten. Eher gehorcht ´ne Hauswand auf Zuruf als der geliebte Vierbeiner. Samojede und Wolfspitz? Das war zu vergessen! Mato outete sich als eine als Eurasier verkleidete Musterausgabe eines Chows. Machopascha durch und durch! Beispiel: Bei dem Kommando: "Komm!" spurtete ein 08/15-Hund seligst sofort auf Frauchen bzw. Herrchen zu: "Wie
schön, dass du mich gerufen hast!" Knödelchen dagegen: Hatten wir Glück, bequemte Herr Hund sich nach dem dritten Zuruf, einen kurzen Blick in meine Richtung zu schicken: "Hatte ich ihn etwa gerufen?" Bei guter Laune setzte er sich dann frühestens nach der fünften Aufforderung auf mich zu in Trab. Da man seinen Hund bei Gehorsam immer loben soll, knuddelte ich ihn seiner ach so prompten Reaktion wegen auch noch minutenlang ab. Ja, ja! Es war schon der reinste Wahnsinn! -- Auch Alex lernte es, Nerven
zu bewahren. Wollte er ausnahmsweise Mato einen Vorschlag unterbreiten, welche Befehle man ja als Hund eventuell mal befolgen könnte, sah das im Folgenden so aus: Mato im geliebten Garten, sollte rein kommen, wollte aber nicht. Alex an der Terrassentür, Hund bittend: "Mato, komm rein!" Die Gräser hörten es, Hund auch, aber....! Der klappte vorsichtshalber seine inneren Lauscherchen zu und verharrte im Garten. Alex wiederholte seine Aufforderung, zaghaft seine Stimme erhebend: "Sag´ ´mal, kommst
du jetzt rein?" In Knödelchens Ohren eine freundliche Anfrage. Also ignorierte er das getrost. Alex kam sich allmählich dämlich vor und formulierte seine Bitte ein wenig anders: "Wenn du jetzt nicht reinkommst, ...!"Bei diesem Tonfall horchte mein Vierbeiner dann doch höflich auf. Sollte er, oder sollte er nicht? Seiner Mimik nach zu urteilen, hatte sich mein Hund für "Noch nicht!" entschieden. Gespannt, was dann folgte. Einerseits grinste Alex heimlich (Mato durfte das natürlich um Himmelswillen
nicht merken!), andererseits ärgerte er sich inzwischen wirklich etwas. Da seine Bitten keinerlei Beachtung gefunden hatten, gab es ja wohl nur noch die Möglichkeit, diesen kleinen Sturkopf einzufangen. Der jedoch machte daraus ein lustiges Fangmichdochspiel; immer um das Weidenkätzchen herum, das Hoppel mitten im Garten vor einigen Jahren gepflanzt hatte. Heißa, das war irre spannend! Ab und an drehte sich mein Hund zu dem hinter ihm her hechtenden Zweibeiner um: "Ätsch, ich bin ja doch fixer!" Die
Beiden drehten noch einige Runden. Munter Mato vorneweg, Alex sauer hinterher. Meinem Tier war die Gaudi förmlich anzusehen. Komisch, sein Spielgefährte schien dieses lustige Spiel ja gar nicht so toll zu finden. Denn: "Jetzt ist Schluss, Mato! Du kommst auf der Stelle her!" Dem angesprochenen Vierbeiner tat er doch langsam leid. Niemand sollte aber den Eindruck gewinnen, Knödelchen gäbe etwa auf. Deshalb marschierte er erst einmal betont gemächlich auf sein Lieblingsgebüsch zu und goss ausgiebigst
Blümchen. Dann schritt er, majestätisch eine Pfote vor die andere schiebend, in Richtung Terrassentür. Allzu sehr frustrieren wollte er den Herrn des Hauses besser nicht. Der war schließlich die einzige männliche Unterstützung gegen fünf Frauen!
Pflichten
Mein Kleiner war etwa viereinhalb Monate alt, als ich mich zum Kauf eines zweiten Hundes entschloss. Damit kamen auf meinen Teddy wichtige Pflichten zu. Meine Wahl fiel auf einen Spitzmischling mit Wuschelfell und besonders ausdrucksstarken, dunkelbraunen Augen. Was würde mein Mato dazu sagen? -- Gespannt kam ich mit Baby zuhause an. Erst einmal sagte mein Hund gar nichts. Sah das kleine dunkle Etwas auf meinem Arm und guckte ganz verdutzt. Der würde doch nicht etwa dableiben? Ein wenig sauer knurrte er ihn leise
an, erntete dafür von mir einen leichten Klaps auf seine Schnute und kapierte daraufhin sehr rasch, dass dieses Fellbündel von da an zur Familie zu zählen war! Nach wenigen Minuten zeigte Mato sein Einverständnis, indem er den Kleinen sehr behutsam beschnupperte. "Der heißt Quinny!" erklärte ich ihm. -- Ab dann nahm Mato dieses Baby unter seine Fittiche und spielte ausgesprochen gewissenhaft Ersatzpapa. Er passte auf ihn auf und beschützte ihn bei jeder Gelegenheit. Rührend, wie er jeden Morgen Quinny
zärtlich weckte. Erste Aufstehaufforderung: Kratzen an dessen Körbchen. Half das nicht, folgte ein sanfter Stups mit der Vorderpfote. Oh Hund, hoffentlich rührte der sich endlich! Dieser liebevollen Berührung widerstand "Hundebaby" nicht. Mühsam krabbelte der kleine Kerl über den Körbchenrand hin zu seinem großen Freund. Sie tauschten ein Nasenküsschen und alles, was zu einer innigen Begrüßung früh des Morgens dazu gehörte. Dann bemühten sie sich in Gemeinschaftsarbeit eifrigst darum, mich aus den Federn
zu locken. Nach den einigen Tagen wurde Quinny mutiger und sprang dazu auf mein Bett, um mich mit bemerkenswerter Ausdauer und totaler Hingabe einer Vollwäsche zu unterziehen. Knödelchen legte sich derweil so der Länge nach vor meine Schlafstatt, dass mir des Abstandes zum Bett wegen nichts Anderes übrig blieb, als aufzustehen, um ihn streicheln zu können. Nach Quinnys Wascherei und Matos Lockmethode war an Weiterschlafen ohnehin nicht mehr zu denken! -- Tagsüber beaufsichtigte er seinen Adoptivsohn äußerst
verantwortungsbewusst. Von der offenen Holztreppe, die zur Jugendetage führte, zog er ihn am Schwanz behutsam zurück. Bloß nicht! Der war ja noch so winzig! Plumpste Klein-Quinny tatsächlich durch diese Treppenzwischenräume, kriegte er, Mato, wohlmöglich mit mir wegen der Verletzung der Aufsichtspflicht noch Ärger. Nur das nicht! Zeigte Baby Angst, nahm Mato sofort Habachtstellung ein und machte jedem mit einem undurchdringlichem, strengen Blick klar: "Wehe, es wagt jemand, den auch nur anzurühren; dann...!"
-- Mittlerweile war er total vernarrt in seinen "Sohn". Fast alles konnte der sich erlauben. Seelenruhig verputzte er sogar Matos Futter, während der mit knurrendem Magen daneben saß. Manchmal rief mein Großer mich dann mit lautem: "Wau, der frisst mir schon wieder alles weg. Ich habe doch auch Hunger!" zu Hilfe. So, wie er mich kannte, hetzte ich sofort durchs ganze Haus herbei und schickte Quinny schimpfend zu dessen eigenem Napf. Bengelchen gehorchte schwer gekränkt. Mato schenkte mir zum
Dank einen innigen Dackelblick. Und begann erleichtert zu mampfen. -- Aber selbst für Quinny gab es Grenzen. Auf deren Einhaltung legte mein gutmütiger Liebling großen Wert. Hin und wieder verlor er ernstlich die Geduld, versuchte Quinny die von seinem vierbeinigen Rudelführer aufgestellten Regeln zu umgehen. Dann erntete "Adoptivsöhnchen" eine sehr energische Zurechtweisung. Mato hatte von mir gelernt, dass Klauereien vom Tisch in gröbster Weise gegen den Hundeknigge verstießen. Der galt anscheinend
jedoch nur für die restliche Hundewelt. Er selbst kümmerte sich um solche unangenehmen Begleiterscheinungen im Hundeleben einen Dreck. Bei jeder sich bietenden Gelegenheit stiebitzte er alles, was nicht niet- und nagelfest war. Schimpfe und Zeitung auf den Po beeindruckten diesen Herrn nicht allzu tief. Erwischte ich ihn bei solch einer Freveltat, führte er mir einen perfekten Dackelblick vor. Mit dem er mich meist sofort schachmatt setzte! Betont langsam von ganz unten nach ganz oben! Mit größter Aufmerksamkeit
(und Triumph im Herzen!) registrierte er meine Reaktion darauf. Wie gesagt: Meistens siegte er!! -- Quinnylein dachte überhaupt nicht daran, sich nach der Vermutung der Züchterin zu richten, er erreichte höchstens eine Schulterhöhe von ca. 20 cm. Als er schließlich 30 cm "geschafft" hatte, gab ihm diese Leistung vermehrtes Selbstwertgefühl. In ihm keimte die Hoffnung, Matos Diebstähle am Tisch nachahmen zu können. (Auch mit 30 cm gab er sich nicht zufrieden, sondern stellte schließlich mit 44,5 cm Schulterhöhe
seinen eigenen Rekord auf!). Sagte sich: "Ich bin jetzt Wer!" -- So kam es eines Tages zu einer drolligen Situation in der Küche. Ich stand vor dem Arbeitstisch, Mato neben meinem linken Bein, Quinny auf der rechten Seite. Baby Nr.2 machte Anstalten, auf den nächststehenden Stuhl zu hopsen. Als kleiner Pfiffikus hatte er längst spitzgekriegt, dass von dort aus der Weg auf den Tisch nur noch ein kurzer war. Doch leider beobachtete Ersatzpapa Mato seine Aktion. Ich hatte gar nichts bemerkt, weil ich gedanklich
mit anderen Dingen beschäftigt war. Plötzlich kam von der linken Seite ein empört Aufmerksamkeit forderndes "Wauwuff!" Hochgeschreckt aus meinen Überlegungen sah ich meinen Bären verdattert an. Dann ein Blick zu Quinny, und ich verstand. Ungläubigen Staunens hatte ich mir einzugestehen, wie clever Baby meine ungeschriebenen Gesetze zu umgehen versuchte. Ich stimmte dem Unschuldsengel auf meiner linken Seite zu. Quinny hörte ein strenges "Pfui!", worauf er dann seine kühn geplante Unternehmung
lieber fix abbrach. Zu Mato gewandt, sagte ich: "Richtig! Das darf der nicht. Dir habe ich das ja auch verboten!" Mit einem Ausdruck in den Augen: "...Und ich würde ja niemals klauen, ...dazu bin ich viel zu brav," nahm dieser Bengel meine Bemerkung höchst zufrieden zur Kenntnis. "Ätsch, du auch nicht, Quinny!" mochte er denken. Seine Teilnahme an solchen Wiederholungslehrstunden in Sachen Hundeknigge hinderte ihn aber in keinster Weise daran, bei der nächstbesten Gelegenheit zu
klauen wie ein Rabe. -- Eines Tages spitzte sich die Situation zwischen den beiden Freunden im Garten vor Matos Zaunfenster bedrohlich zu. Offensichtlich spielte sich etwas ungewöhnlich Aufregendes auf der Außenseite unseres Grundstücks ab. In der Annahme, bei seinem äußerst gutmütigen vierbeinigen Vorgesetzten könnte er sich das erlauben, wagte es Quinny, ausgerechnet in jenen spannenden Minuten keck als Erster durch das besagte Guckloch zu spähen. Das hätte er besser gelassen! Denn Mato als Rudelführer war
erst recht brennend daran interessiert, die Lage zu prüfen. Verstoß gegen die Rangordnung. Das wurde geahndet! Außer Kontrolle vor Wut, unterwarf er Quinny mit gefährlichem Knurren und bösartigem Gebell. Sogar im Nackenfell packte er seinen kleinen Untergebenen! Der quietschte vor Angst laut los. Um eine ernste Beißerei zwischen den beiden Zankhähnen zu verhindern, rannte ich auf meinen Teddy zu; der da keinerlei Ähnlichkeit mehr mit den berühmten Plüschbären hatte, sondern eher mit einer wild gewordenen Furie.
Ich stieß ihn heftig zur Seite und brüllte auf ihn ein, was das Zeug hielt. Deswegen unter Schock stehend, legte sich mein vierbeiniger Liebling zitternd vor Aufregung ins Gras und hechelte sich kaputt. Ich eilte zu Quinny, der bibbernd auf dem Rasen hockte und sichtlich mit den Nerven am Ende war. Beide Hunde hatten psychisch daran zu knacksen, dass es überhaupt zu diesem Scheinkampf gekommen war. Um sie noch unter Aufsicht zu halten, bis sie sich etwas beruhigt hätten, setzte ich mich noch kurz zu ihnen in
den Garten. Nachdem er sich ein wenig gefangen hatte, schlich der kleine Hund in Demutshaltung in weitem Bogen an dem im Grase liegenden Mato vorbei und todtraurigen Blickes zu mir, um sich, der größeren Sicherheit wegen, neben meinem Stuhl niederzulassen. Das erschien ihm wohl als der sicherere Platz, um abzuwarten, bis sich die Laune seines großen Freundes wieder gebessert hätte. Eine halbe Stunde später herrschte zwischen den Beiden wieder Friede, Freude, Eierkuchen. Die vorausgegangene Auseinandersetzung
war vergessen. -- Noch aus einem zweiten gravierenden Grunde riss Mato ab und an der Geduldsfaden. Öfters spendierte ich meinen Tieren die heiß begehrten Schweineohren. Da achtete Knödelchen mit Argusaugen darauf, ob Quinny etwa in einem scheinbar unbeobachteten Augenblick versuchte, diese ihm zugedachte Leckerei zu entführen. Das duldete er natürlich nicht. Stattdessen sorgte er zähnefletschend und wütend vor sich hin knurrend dafür, dass sich sein Untertan eingeschüchtert in dessen Körbchen verkrümelte und
dann eine Zeitlang unsichtbar blieb. Auch, klaute Quinny frech Matos Lieblingskauknochen vor dessen Nase, reagierte dieser zu Recht deutlich beleidigt. Er beschwerte sich bei mir und flehte um Unterstützung. In dem(!) Falle durfte dann ich das regeln. Und Mato war´s zufrieden!
Hund hoch drei
Gleich tippen sich meine Leser in der berühmt-berüchtigten Weise an die Stirn. Dass ich einem fast Besorgnis erregenden Hundetick erlegen war, belegten ja die letzten 16 Seiten. Aber was dann passierte, war kaum noch zu verstehen! War es denn meine Schuld, dass mir während des Spazierganges mit meinem inzwischen einjährigen Mato ein überaus süßes, winziges Schäferhundkind entgegenkam? Ich guckte, guckte noch mal; das war einmal zuviel! Noch nie in meinem Leben hatte ich einen so jungen Schäferhund gesehen. Mein
Gott, sah der süß aus! Wenn ich daran dachte, welches schlimme Image ( beißende Bestien usw. ...) dieser Rasse von uns Menschen verpasst worden war... Die Vertreter dieser Ansicht hätten sich besser intensiv mit solch einem Tier beschäftigen sollen! Von wegen "gefährliches Biest und soo"! Wie Butter schmolz ich dahin! "So etwas hole ich mir auch noch ins Haus." Ein verrückter Gedanke, doch er ließ mich nicht mehr los. -- In Begleitung meiner Nachbarin besuchte ich eine Langenfelder Züchterin,
die gerade einen Wurf reinrassiger Welpen anbot. "Babys" mit den sog. roten Papieren; den besten Ahnentafeln, die überhaupt ausgestellt wurden. Diesmal wählte ich ein Weibchen, denn einen dritten Rüden hätten weder Mato noch Quinny akzeptiert. -- Klein-Fee wurde von meinen beiden Jungen liebevollst aufgenommen. Sie freundete sich mit ihnen bestens an, was die späteren, gemeinsam ausgeheckten Streiche nachdrücklich bewiesen. Zu dritt tobten sie durchs Haus und den Garten. Als Erstes brachte Mato ihr
bei, wie man prima an alles unbeaufsichtigte Essbare herankam. In der Hinsicht erwies sie sich als äußerst gelehrige Schülerin! In einem so großen Haus wie meinem gab es ja unendlich viele Möglichkeiten, Blödsinn anzustellen. Meine Tina, Tochter Nr.3, und Fee entdeckten "gleiche Wellenlänge". Sie wurden unzertrennliche Freundinnen. Das Verhältnis der Beiden zueinander war vergleichbar mit dem Sandras zu Mato, ihrem Bärwutz. -- Fee wuchs heran, und wurde deswegen bei meinen Rüden zunehmend beliebter.
Trotzdem durfte sie sich zeitlebens Mato gegenüber nie so viel herausnehmen wie sein kleiner Freund, der beinahe Narrenfreiheit genoss. Wie das zwischen meinen beiden Rüden so, wissen Sie ja bereits. Tat Fee es Quinny nach und versuchte ebenfalls, Mato dessen Futter zu klauen, knurrte er sie böse an. Und das, obwohl sie ein Weibchen war. Seine Sympathie für sie war mit der verrückten Zuneigung zu Quinny nicht zu vergleichen. Der blieb sein ganzes Leben lang der geliebte Adoptivsohn.
Revier - meins!!
Als 5/7 Chow achtete man penibelst auf die Reviergrenzen und deren Verteidigung. Schon mit 5 Monaten bewies Mato den Sinn für "Mein" und "Dein"; besonders für "Mein"! Er war als einer der ersten Hunde in Hellerhof aufgekreuzt und deshalb der Ansicht, der ganze Stadtteil wäre sein Eigentum. Von Rechts wegen hätte jeder vierbeinige Zuzögling eine schriftliche Anfrage starten müssen, ob es überhaupt genehm wäre, wenn er sich in Matos Umgebung niederließe. Denn mein kleiner eingebildeter
Snob lebte nach dem Motto: "Mir gehört ganz Hellerhof, und wer was andres sagt, ist doof,!!" -- Schon im jugendlichen Alter trainierte er "Revierverteidigung". Vorne an der Haustür und ebenfalls hinten am Gartenzaun gab es genug Gelegenheiten dazu, seine diesbezügliche Methodik zu verbessern und zu vervollkommnen. Z.B. übte er "Aufpassen", wenn es an der Eingangstür schellte. Lernte, dass es manchmal sogar unangebracht war, die Klingel auszuschimpfen. Nämlich dann, wenn nette Zweibeiner
Frauchen und den Papa besuchten. Im ersten Moment bellte und knurrte er pflichtgemäß herum. Fleißig unterstützt von Quinny, der sich ohnehin bei jeder noch so geringen Störung schrecklich aufregte und auch nur schwer wieder zu besänftigen war. Fee dagegen dachte nicht an wortgewaltige Meldungen ihrerseits. Der Krach ihrer beiden Freunde reichte bestimmt aus, um ihre Menschen zu warnen. Außerdem agierte man als waschechte Prinzessin, die sie ja laut Papieren war, selbst in solchen Situationen etwas dezenter. War
die sich tatsächlich ihrer adligen Herkunft bewusst? -- Hatte Mato seine Schnupperprüfung beendet und den Ankömmlingen ein positives Zeugnis ausgestellt, schlug seine Stimmung blitzartig um. Dann überfiel er den Besuch mit stürmischer Begrüßung und lautem Freudengeheul. Selbst Fremden gegenüber kehrte er dann den vollendeten Charmeur heraus.
Haustür
Die vordere Grenze hieß "Haustür". Außer der zweibeinigen Eindringlinge tauchten dort von Zeit zu Zeit die sog. Besucherhunde auf. Die hatten sich daheim gelangweilt, waren über niedrige Gartenzäune entkommen und klapperten das Zuhause sämtlicher vierbeinigen Freunde ab. Vielleicht leistete ihnen ein ebenfalls gleichermaßen gelangweiltes Exemplar Gesellschaft? Dreist stellten sie sich dann direkt vor unsere Türe. Noch nicht einmal das Podest davor ließ sie zögern. Matos Einstellung dazu: "Das
ist aber kess! Auch, wenn die meine Freunde sind!" Empört meckerte sich Hund die Seele aus dem Leib. Die Kameraden draußen vor der Tür verstanden und trollten sich. Schade, der hatte offensichtlich keine Zeit und schlechte Laune obendrein. "Wuff!" Auf Grund meines langjährigen Zusammenlebens mit Hunden beherrschte ich inzwischen deren Sprache perfekt. Nicht nur die Vierbeiner waren verpflichtet, unsere Sprache zu pauken. Nein, wir ihnen anvertrauten Menschen hatten unsererseits gefälligst auch
die Hundesprache zu lernen. Zeitalter der Gleichberechtigung: Vierbeiner liefen neuerdings, juristisch gesehen, nicht mehr als "Sache" durch die Welt. Sondern, man höre und staune(!), immerhin als Mitlebewesen. Und die durften gewisse Ansprüche stellen! -- Soll ich zum Beweis meiner diesbezüglichen Dolmetscherfähigkeiten Matos höfliche Ratschläge an seine draußen wartenden Artgenossen übersetzen? Aber seine Ausdrucksweise mildere ich hier ein wenig ab: Mato stammte ja aus gutem Hause. Angeblich kennt
man dann keine schlimmen Wörter! Sinngemäß: "Mach ´ne Fliege, sonst mach ich dich zur Schnecke!" Präziser werde ich nicht. Ich würde mich sonst schämen. Mein geliebter vierfacher Nachwuchs, der sowieso schon ein beachtliches Repertoire an Schimpfwörtern für alle Eventualitäten in seinem Gedächtnis gespeichert hatte, hätte von meinem Hund durchaus noch eine Menge dazu lernen können. -- Auch sein Freund aus dem Nebenhaus, Henky-Boy, gesellte sich öfters zu den Möchtegern-Gästen. Doch Mato ging es mächtig
gegen den Strich, wenn Henky ohne seine ausdrückliche Erlaubnis vor unserem Haus herum flanierte. Aber hindern konnte er ihn leider daran nicht. Er selbst saß ja hinter der verschlossenen Tür. Darum nahm er dessen Auftauchen vor dem Eingang doppelt übel. Stand er dagegen selbst draußen auf dem Podest, begrüßte er seinen Freund vor Freude wie toll. Dann durfte der sich gerne auch dort aufhalten!
Aktion Briefträger
Wissen Sie eventuell vom Hörensagen oder wohlmöglich aus eigener Erfahrung um die meist extrem innige Freundschaft "Postbote und Vierbeiner"?? Überwiegend wurde der winzige, kleinere, größere oder auch riesige vierbeinige Liebling als zähnefletschendes, beißwütiges Monster charakterisiert. Je nach Höhe hatten sich die zweifelsohne süßen Ausgaben Hund entweder des Briefträger Schuhen, Waden, Hosenbeinen oder sogar (so ab Kalbsstatur!) vier Buchstaben auf liebevollste Weise angenommen. Schenkte man den
Schilderungen der armen Postboten Glauben, hatten jene besten Freunde des Menschen in Aktion eine frappierende Ähnlichkeit mit dem Tyrannosaurus Rex gezeigt. -- Der Fairness wegen sollten wir Menschen das Ganze mal aus der Sicht eines Hundes beurteilen. Sie stellen sich jetzt bitte vor, Sie wären eine solche Mischung gewesen aus "Weiterkraulen, bitte!" und "Warte, bis ich dich kriege. Ich mach dich alle!" War kein Postbote zur Stelle, bewegte sich Ihr Puls im Normalbereich der berühmten Skala.
Doch das änderte sich blitzschnell, tauchte jene Spezies Mensch vor der Tür auf. Als Hund benötigten Sie hinterher eventuell Medikamente gegen zu hohen Blutdruck. Ohne es also zu beabsichtigen oder auch nur zu erahnen, waren Postboten seit uralten Zeiten für unsere vierbeinigen Beschützer das beste Gesundheitstonikum der Welt. Ich grübelte. Warum war das eigentlich so? -- Wauwaus betrachteten das Haus ihrer Besitzer als ihr alleiniges Eigentum. Manche der tapsigen Hausgenossen vertraten sogar die Auffassung,
sie erwiesen ihrer Familie eine ausgesprochene Gnade, das Anwesen mit ihren Hunden teilen zu dürfen. Sozusagen als Belohnung dafür, dass die ihnen anvertrauten Zweibeiner diesen Besitz immerhin bezahlt hatten bzw. sich fortwährend fleißig damit beschäftigten. Alles, alles gehörte diesem vierbeinigen Wesen mit den unwiderstehlichen Kulleraugen. Angefangen von solchen Banalitäten wie Bleistiften(waren Ministöckchen!)über sämtliche bequeme Sitzgelegenheiten wie Sofas plus Sesseln (inoffiziell auch Betten!), schon
erwähnten Teppichen bis hin zur Küche, dem wichtigsten Ausstattungsteil des hündischen Reiches. -- In der Regel hat jedes Haus einen Eingang. Vor dem und oder auch durch den meist ein reger Verkehr herrscht. Waren die Passanten Rudelmitglieder, freute Hund sich halbtot. Doch sechsmal in der Woche musste der arme Kerl sich furchtbar ereifern. Es nahte nämlich irgendwann zwischen 10 Uhr morgens und 3 Uhr nachmittags frech ein mit einer großen Tasche schwer bepacktes, zweibeiniges Individuum. Da Mato solche menschlichen
Ausgaben häufig auf Spaziergängen traf, war ihm klar, dass in deren Tasche mitnichten Hundeleckerchen versteckt waren. Ohne vorher dessen Einverständnis eingeholt zu haben, machte sich ein solcher Zweibeiner an Matos Haus zu schaffen. Menschen nannten den "Briefträger" oder auch "Postbote". Im Gegensatz zum vierbeinigen Trio strahlten wir um die Wette und rasten zum Kasten. Die stereotype Frage: "Post für mich dabei?" durfte ich dann entweder bejahen oder hatte sie leider zu verneinen.
Bei Verneinung sauste dann ein enttäuschter Teenager in sein Zimmer, knallte wie so oft laut die Türe zu und ward eine Zeitlang nicht mehr gesehen. Gab ich eine zustimmende Auskunft, strahlte das entsprechende Exemplar, nahm gnädig alles in Empfang, sauste dann ebenfalls in sein Zimmer, knallte ebenfalls die Türe zu und war ebenfalls eine Zeitlang verschwunden. Doch jener Teenager war dann wenigstens für den Rest des Tages meistens guter Laune! -- Gute Laune wegen "Post" zu haben fiel Mato allerdings
im Traum nicht ein. Dieser dämliche Kerl da draußen wagte es tatsächlich, sogar Tag für Tag trotz nachdrücklich hündischen Protestes hier aufzutauchen, um so knisternde Dinger=Briefe oder besonders gern und oft impertinent raschelnde Reklame in den Postkasten zu stecken. Wie konnte ein Mensch nur in einer dermaßen infamen Art den Hundeknigge ignorieren!? Dass mein Tier also beim Erscheinen dieses "widerlichen" Geschöpfes nicht vor Wut durch die Glastür raste, lag nur an seiner diesbezüglichen Unfähigkeit.
Schnappte er den Kerl, hätte er ihn mit 100 %iger Sicherheit in eine wohlportionierte Fleischmahlzeit verwandelt. Die sorgte dann mindestens zwei Wochen lang für satte Hundemägen. (Je nach Postbote!). Diese Hartnäckigkeit war für Knödelchen absolut unfassbar. Wie oft hatte er doch diesem anscheinend unterbelichteten menschlichen Exemplar verdeutlicht, dass dessen Benehmen einfach unter aller Sau war. Doch diese Verstand fordernden Unterweisungen in "Benimmregeln" meines natürlich hochintelligenten Wauwaus
kapierte der Postbote einfach nicht. Vom Montag bis hin zum Samstag stieg Matos Adrenalinspiegel also ständig. Den nachfolgenden Sonntag benötigte er dann dringendst, um sich von diesem unmöglichen Stress zu erholen.
Handwerker
Steht ein Haus solange wie unseres, dann weist eines schönen Tages unerbittlich das ganze Innenleben seine Bewohner darauf hin, dass alles von Menschenhand Gefertigte nicht von ewiger Dauer ist, sondern nach spätestens 15 Jahren ausgetauscht bzw. renoviert werden sollte. Meistens hielten die häuslichen Innereien eine geballte Ladung an Überraschungen parat. Eine Waschmaschine auszuwechseln... no problem! Spannend wurde es, wenn sich an ein und demselben Tage sämtliche Geräte wie Wasch-, Spülmaschine und Wäschetrockner
verabredet hatten, alle zugleich ihren maschinellen Geist aufzugeben. Aus Solidarität schloss sich im Extremfall noch die Heizung an. Für uns das absolute Highlight! An solchen Tagen waren unsere Nerven gespannt wie Drahtseile. Der Nachwuchs schrie: "Hurra!" Endlich durfte er einmal per Hand seine Teller selber abspülen! Meine Nachbarin war hellauf begeistert, als ich ihr zehn zusätzliche Waschmaschinenfüllungen präsentierte. Ich freute mich, sie dermaßen glücklich zu sehen. Ob ich vielleicht häufiger...?
Ich kann nur sagen, es war ein Segen, dass wir uns so gut verstanden. In solchen Notfällen brauchten wir keinerlei Hemmungen davor zu haben, gegenseitige Hilfe in Anspruch zu nehmen! -- Nicht allein wir Menschen waren seelisch gebeutelt. Nee, meine Vierbeiner kriegten ja in vollem Maße den furchtbaren Rummel und vor allem unsere Nervösität mit. Wie sich das dann praktischerweise auf Mato und seine Kumpanen auswirkte, war für uns sehr(!) amüsant. Natürlich übertrug sich Frauchens Stimmung gerne und schneller
als wünschenswert auf deren liebe Tiere. Gestresst wegen der ver-rückten Umstände im Haus, fauchte ich sogar meine Töchter öfter als nötig barsch an. Für meinen Mato die Herausforderung: "Frauchens Stimmung ist für mich absolut tonangebend. Also bin ich ab sofort nervtötend. Natürlich meine zwei Untergebenden auch. Für die bin ich ja das Vorbild!" Das daraus resultierende Theater ließ sich nur unzulänglich beschreiben. Wahrscheinlich würden wir uns abends, ginge das den ganzen restlichen Tag so, alle
in der Klapsmühle wiederfinden. Reif waren wir eigentlich schon nach einer knappen Stunde dafür! -- Alle paar Tage tauchten dann die verschiedenen Handwerker auf. Selbstverständlich immer nur die für jeweils einen Aufgabenbereich, damit wir auch möglichst lange an der ganzen Angelegenheit Spaß hätten. Wie toll! Beim ersten Male fanden meine Vierbeiner es ja kaum wert, sich lange aufzuregen. Ich hatte sie in meinem Zimmer verstaut, damit keiner vor Angst einen Herzschlag bekommen sollte. Meine Lieblinge waren
relativ groß ausgefallen. Doch nach mehreren Tagen war der ewige Umtrieb in unserem Hause zuviel für das ansonsten so sanfte Hundegemüt. Was suchten die denn alle hier im Haus? Und ich war, für meine Tiere unverständlich, ausgesprochen nett zu den Herren Handwerkern! Wieso eigentlich das, da die einem doch dauernd mit ihrer Bimmelei auf den Wecker gingen? Das konnte ich meinen Vierbeinern ja leider nicht erklären: Taktik, damit die lieben Besucher ihre Arbeit möglichst rasch und gründlich erledigten. Selbst so
kluge Tiere wie die meinigen konnten solch menschliche Raffinesse nicht durchschauen! Mato als tonangebendes Ungetüm fand diese Korona mittlerweile alles Andere als lustig. Er zeigte ganz deutlich seine wachsende Unzufriedenheit. Der wünschte sich sehnlichst den gewohnten Tagesablauf zurück! Da seine und auch die Laune meiner zwei anderen vierbeinigen Hausgenossen in Richtung Nullpunkt marschierte, brachte ich sie je nach Zuständigkeit der Handwerker entweder im Wohnzimmer oder in meinem Zimmer unter. Dort sollten
sie in Gottes Namen ruhig kräftig vor sich hin schimpfen. Irgendwann ginge ihnen sicher die Puste aus, und es träte Ruhe ein. Fee mit schüchterner Mädchenstimme, Quinny als kleines kratzendes Blechdöschen dazu und mit tiefem Bass mein Mato. Wie ein ausgewachsener Bernhardiner hörte der sich an! Alles zusammen für menschliche Ohren ein sehr "melodiöser" Krach. Meine Hinweise, es reichte jetzt, überzeugten sie nicht. Nein, stattdessen bellten meine drei Racker, jeder auf seine Weise, sich langsam, aber
sicher in Operngesang hinein. Es fiel ihnen im Traum nicht ein, diese Arien zu unterlassen, um etwa dadurch die ohnehin strapazierten Nerven ihrer Familie zu schonen. Zudem waren sie schwer sauer, weil ich sie vom Ort des Geschehens fernhielt. Nein, die hatten sich vorgenommen, so weiterzumachen, bis höchstens noch zwei oder besser nur noch ein oder am allerbesten gar kein Exemplar dieser fremden Mannschaft mehr in ihrem Revier weilte. Zu guter Letzt bat ich meine Töchter, den Rabauken im Zimmer Gesellschaft
zu leisten. Das sollte das Vorhaben der Vierbeiner ein wenig eindämmen helfen. Als jene unerwünschten Störenfriede dann schließlich endgültig verschwanden, eilten meine Hunde aus dem wieder geöffneten Raum hinter ihnen her, um sich durch die der zum Glück verschlossene Glastüre kniggegerecht mit lautem Bellen von ihnen zu verabschieden. Mit gutem Willen und viel Phantasie konnte ich das Gebell als "Auf Wiedersehen!" deuten. Doch diese Interpretation entstammte mit Sicherheit einer in die Irre geleiteten,
liebenden Frauchenseele und hatte herzlich wenig mit der reellen Aussage meiner Vierbeiner zu tun. Als wieder Ruhe einkehrt war, legten sich die Drei etwas erschöpft, aber sehr zufrieden in die Diele. Durch anhaltende Hartnäckigkeit hatten ihre lautstarken Anstrengungen eben doch zum Erfolg geführt. Triumph, Triumph!
Hintere Grenze: Gartenzaun
Die hintere Grenze hieß: "Gartenzaun". Er bot sich für Grenzstreitigkeiten wunderbar an, da nur einen halben Meter hoch. Mato, gar nicht dumm, hatte das sehr wohl registriert. Sein Freund Henky jenseits des Zaunes war mittlerweile ebenfalls fast erwachsen. Und damit Konkurrenz für meinen Hund. An einem schönen Sommertag hielt sich mein Macho direkt an dieser hölzernen Reviergrenze auf, den anderen Rüden immer im Blickfeld. Beide Jungen gossen zur Reviermarkierung unter Beobachtung des vierbeinigen Freundes
auf der anderen Seite fleißigst die Blümchen am Zaun. "Also, damit du es nur weißt: Dieses Grundstück gehört mir!" So sehr Mato den Henky mochte: In solchen Minuten war er nicht gerade glücklich über dessen Anwesenheit im nachbarlichen Garten. Er hielt dessen Dasein dort eigentlich für unnötig. Mein Wollknäuel liebte meine Nachbarin sehr und verteidigte das Nebenrevier fast gleich vehement wie sein eigenes. Es brauchte also dort nicht unbedingt noch einen zweiten Aufpasser! Für ihn als Platzhirschen
wäre es ein Klacks, gleichzeitig zwei Häuser zu bewachen. Er hatte keinesfalls vor, sich seine Vorrangstellung von diesem halben Kind da strittig machen zu lassen. Henky trat seinem fortgeschrittenen Alter entsprechend nicht mehr so unterwürfig auf. Das veranlasste meinen Liebling, ihn durch den Zaun hindurch warnend anzuknurren. Was wiederum dessen gewachsenes Selbstbewusstsein verletzte! Nach dem Motto: "Ich lass mir nicht mehr alles gefallen!" Erwiderte er die Provokation. Prompt geriet Mato in Rage
und nutzte das Niedrigzäunchen, um mit einem Hechtsprung in Nachbars Garten zu landen. Der Zeitpunkt war gekommen, diesem jungen Schnösel zu zeigen, wer hier zu bestimmen hätte. Gerade rechtzeitig erschien Frau Haas auf der Bildfläche. Mit einer mit eiskaltem Wasser gefüllten Gießkanne rannte sie zu beiden Wüterichen zu. Quietsch, brr! Ein ordentlicher Schwall des schrecklich kalten Nasses war auf Matos Fell geplatscht. Vor Entsetzen machte er einen hohen Satz rückwärts und fand sich im eigenen Garten wieder.
Doch konnte er sich wenigstens sicher sein, dass Henky seine Warnung verstanden hatte. -- Ich erinnerte mich noch an eine zweite Szene, die sich am Gartenzaun abspielte. Da war aber Fee die treibende Kraft! Normalerweise draußen viel zu feige für die Auseinandersetzung mit einem Rüden, stach sie jedoch manchmal in unserem Garten mit ihren beiden Kavalieren im Rücken der Hafer. Sie brauchte Selbstbestätigung und fühlte sich in Gegenwart ihrer Freunde unheimlich stark. Immerhin wäre sie eine Schäferhündin! Sie
wäre keineswegs schüchtern und auch so gar nicht sanft veranlagt. Nur darf man diese Charakterisierung nicht für wahre Münze nehmen. Sie war schüchtern, und wie! Sie benahm sich normalerweise wie ein als Schäferhund verkleideter Mops. Schmusen, schmusen und nochmals schmusen. Dabei aber bitte schön mit ihren 34 kg entweder auf meinem Bauch oder meinen Beinen liegen! Vor Wonne gab es ein lautes Schnurren! Hatte ich da ein verkleidetes Kätzchen gekauft? Meine Schwiegermutter meinte dazu: "Es heißt doch, Schäferhunde
sind gefährlich. Sie beißen! Aber, wenn ich mir Fee so ansehe...? Meine Güte, die ist doch so richtig lieb!" Dann zu Fee, die natürlich auf Ansprache hin direkt neben ihr auf dem Sofa Platz genommen hatte: "Du bist ein richtig gefährliches Biest, nicht... Feechen?" Dabei lachte Oma herzlich und erntete von Fee zum x-ten Male lautes Wonneschnurren. Das Sofa kriegte eine Schwanzmassage. Denn mein Hundemädchen freute sich wie toll, wenn Oma sich um sie kümmerte. So war meine Fee. Selbst ich dachte
oft: "Von Biest doch wirklich keine Spur. Was reden manche Menschen für einen Stuss!" -- Doch zurück in den Garten: Fee wollte also Henky auf der anderen Zaunseite beweisen, dass sie eine ernst zunehmende Persönlichkeit wäre und auch gefährlich sein könnte. Mato und Quinny standen ja zu ihrer Unterstützung bereit. Henky hatte vom Zaun aus zugeschaut, wie meine drei Hunde vergnügt Fangen spielten. Er hätte doch so gerne mitgemischt! Fee entdeckte ihn am Zaun und rannte plötzlich drohend knurrend in seine
Richtung. Ihre Kameraden kriegten mit, dass ihr Weibchen unverständlicherweise ihren gemeinsamen Freund anmachte. Keine Ahnung, warum? Doch wäre es gegen ihre Hundemännerehre gegangen, ihr nicht beizustehen. Vehement attackierte Mato den Zaun. Er war kurz davor, seinen damaligen Hechtsprung in Nachbars Garten zu wiederholen. Nur wäre es diesmal für den nicht so gimpflich abgelaufen! Meine Hunde heizten sich gegenseitig an und gebärdeten sich wie toll. Diesmal holte nicht nur Frau Haas, sondern auch ich eine gefüllte
Gießkanne. Wir eilten im jeweiligen Revier auf unsere tobenden Tiere zu und brüllten sie ordentlich an: "Schluss, zurück. Aber dalli!" Vor Gießkannen mit ihrem nassen Inhalt hatten meine beiden Jungen einen Heidenrespekt. Erstens floss Wasser gegen ihren eigenen Willen. Zweitens standen sie anschließend für eine Weile unter einem Kälteschock! Sie guckten ganz verstört. Diese ach so mutigen Männer auf vier Beinen erspähten die schreckliche Gießkanne und stutzten. Das Bellen blieb ihnen vor Angst im Halse
stecken. Mato verzog sich schleunigst mit einem um Gnade flehenden Blick in die Gartenmitte, wo er sich sicherer fühlte. Stand dort unbeweglich auf einem Fleck und hoffte, der Kelch ginge an ihm vorüber. Für das Angsthäschen Quinny reichte der Rückzug in die Gartenmitte beileibe nicht aus, um wieder Selbstsicherheit zur Schau stellen zu können. Mit einem Blick rückwärts zur Gießkanne flitzte er unsicher im Affentempo ins Haus unter die Eckbank, als ob ein Dinosaurier hinter ihm her wäre. Nur Fee hielt noch die
Stellung am Zaun. Da sie von Natur aus eine absolute Wassernärrin war, erlitt sie beim Anblick der Gießkanne nur einen Minischock, fand dann ihr seelisches Gleichgewicht enorm schnell wieder und fing an, sich "leider" auch noch über deren Erscheinen unheimlich zu freuen. Dieses neue Spiel war ja eine super Idee von mir. So juchzte sie begeistert herum, was ich ja mit dieser Aktion nun absolut nicht hatte erreichen wollen. Aber wenigstens von Henky war sie so abgelenkt. Stand vor mir und wartete sehnsüchtig
auf den nächsten Strahl! -- Frau Haas Stimme war viel kräftiger als meine. Das durchdringende Geschrei seines geliebten Frauchens im Ohr, entschied Henky, besser schleunigst wieder Ruhe zu geben. Diese furchtbare Gießkanne! Nein, er war bedient!!
Ordnungsliebe-Tischkultur
Chows sagt man eine extrem ausgeprägte Sauberkeits- und Ordnungsliebe nach. Gibt´s eigentlich Menschennachwuchs mit ähnlicher Veranlagung? Dann her damit! Mato galt offiziell als Eurasier. Doch mein Hund outete sich als ein als Eurasier verkleideter Chowchow. Er war absoluter Sauberkeits- und Ordnungsfanatiker. Wie genoss ich es, ihn dabei zu beobachten, wenn er nach jeder Mahlzeit gründlichst seinen Futterplatz selbst von den winzigsten Krümeln befreite. Sein Sauberkeitsfimmel ging so weit, dass er den Boden
tatsächlich auch noch von gar nicht vorhandenen Resten zu reinigen versuchte. Einfach köstlich! Mit schief gelegtem Teddykopf erledigte er diese ja nun doch etwas ungewöhnliche, da unsichtbare Arbeit. Das sollte ihm erst einmal jemand nachmachen. Schade, Fee und Quinny hatten diese praktische Veranlagung nicht. Im Gegenteil! Vor allem Fee benahm sich beim Fressen so gar nicht wie die echte Prinzessin, die sie laut Papieren war, sondern verstreute unbekümmert ihr Fressen in sämtliche Himmelsrichtungen. Ich war
ja zuvorkommend und putzte den Dreck anschließend weg! -- Schon als Minihund von nur wenigen Monaten erzog Mato mich, sein Frauchen, zur Ordnung. Auf selten drollige Art und Weise. Sein damaliges Futternäpfchen war dreieckig mit vorne hochgezogenem Rand. So auf dem selbstverständlich eigenen Hocker stehend, bot es die Mahlzeiten an. Eines Tages bekam ich dann Unterweisung in Sachen "Ordnung halten". Der Vortag war Hundefastentag gewesen, damit die Hundebäuchlein nicht aus allen Nähten platzten. Ich
stellte also meinem Zwerglein mit lieben Worten, wie es sich gehörte, sein Mahlzeit hin und rechnete damit, er fiele ausgehungert darüber her. Weit gefehlt! "Ja sag ´mal, hast du denn keinen Hunger? Dir muss doch der Magen unter den Schuhsohlen hängen?" (Frage nebenbei: "Wo hat ein Hund Schuhsohlen??!"). Komisch, der rührte sein Fressen einfach nicht an. Ich redete ihm länger gut zu. Nichts! Als ich so allmählich doch mit Sorge auf seinen Napf sah, fiel es mir plötzlich wie Schuppen von den
Augen. Ach herrje, der stand ja falsch herum. Futterte mein kleiner Hund etwa deswegen nicht? Das wäre bestimmt Einbildung, so´n Quatsch! Grinsend rückte ich probeweise seinen Teller zurecht. Und...dann?? Mein Liebling schenkte mir einen innig dankbaren Dackelblick, eilte herbei und fraß wie ein Scheunendrescher. Mir kamen die Lachtränen: "Entschuldige, mein Kleiner! Das passiert mir bestimmt nie wieder!"
Hopp-hopps!
Er war und ist das rücksichtsvollste Hundevieh, das ich mir denken kann. Der achtete nicht nur auf "Seins". Nein, er verknuste es nicht, wenn meinen Kindern etwa ihr Spielzeug umgeworfen und dadurch umsortiert wurde. Mein Hund besaß einen sechsten Sinn dafür, welch eine Mühe es erforderte, aus Legosteinen oder Bergen von Bauklötzchen kunstvolle Bauten zu errichten. Bewundernd schaute er auf die fertigen Produkte. Er selbst konnte zwar draußen Löcher buddeln, Stöckchen durch die Luft segeln lassen,
nach Mäuschen graben und daheim unter Anderem für die Teppichumgestaltung sorgen. Doch so etwas Kunstvolles herzustellen, das blieb ihm verwehrt. Dieses Talent seiner Ersatzschwestern würdigte er durch hündisch-respektvolles Verhalten. Indem er peinlichst darauf achtete, nicht versehentlich auf solchen Bauwerken herum zu trampeln, wenn er durch Katjas Zimmer auf den angrenzenden Balkon zustrebte. Nahte er ausnahmsweise im Galopp, vollführte er knapp vor diesen Gebäuden eine Vollbremsung wie ein Albatros, hopste
dann äußerst rücksichtsvoll hoch durch die Luft über die Häuser hinweg. Denn schimpfende, oder, noch weitaus scheußlicher, heulende menschliche Geschwister wollte er nicht riskieren. Das hätte sein liebendes Hundeherz nur schwer verkraftet. So aber handelte er sich ein feines Lob von Groß-Mensch plus Klein-Menschen ein und ging dann garantiert davon aus, er hätte für die nächsten Tage einen Streich gut!
Mato und die Wandfarbe
Noch entschied ich, und ließ mir doch meine Entscheidungen nicht von meinem Bärchen vorschreiben! Das wurmte meinen Hund sichtlich, aber damit hatte er zu leben. Sein Frauchen hatte nämlich auch ihren Dickschädel. -- Veränderungen größeren Ausmaßes in seinem Revier hasste Knödelchen wie die Pest. Vierbeiner sind nun einmal Gewohnheitstiere. Ab und zu litt sein Menschenrudel unter Um- und Ausräumeanfällen. Horror für einen vierbeinigen Ordnungsfanatiker! Es war ja wohl kaum meine Schuld, dass das untere Viertel
der Wände in den Lieblingskuschelecken meiner Tiere aussah, als ob sich dort verwischte Bleistiftwerke durchgeknallter Künstler breitgemacht hätten. Mato und seine Kumpanen liebten nun ´mal das Sich-an-die-Wand-lehnen. Das war ja soo gemütlich! Nur, dass diese Ecken dann in regelmäßigen Abständen der Reinigung bedurften, sahen meine Hunde natürlich nicht ein. Damit hatte ich eben zu rechnen, da ich mir sie natürlich bezaubernde Exemplare angeschafft hatte. Was das Optische der Wände anging, drifteten also meine
Auffassung und die meiner Tiere stark auseinander. Ich bin sehr ordentlich und auf Sauberkeit bedacht. Mir waren diese Flecken ein Dorn im Auge. Ein neuer Anstrich war dringend fällig. -- Damit setzte ich mein Knödelchen sehr unter Stress. Eines Morgens herrschte bei uns ein äußerst geschäftiges Treiben. Wünschten wir keine unregelmäßig weiß gesprenkelte Sitzfläche der blau-fraise-grün-lilafarbenen Eckbankgarnitur, sollten wir sie tunlichst vor dem Streichen aus dem Raum entfernen. Sonst hätten wir uns fix einen
ebenfalls weiß gesprenkelten Hosenboden geholt. Wandfarbe hat zudem noch die sympathische Eigenschaft, sich nur sehr schwer wieder entfernen zu lassen. Also: "Schieb" und "trag" und "stöhn", bis diese Bank endlich im Wohnzimmer gelandet war. Die zugehörigen Stühle und die beiden kleinen Hundeteppiche hinterher. Danach konnten wir uns in der leeren Küche tatsächlich ungefährdet im Kreis drehen, ohne uns irgendwelche Flecken bzw. Beulen einzuhandeln. -- Alex schleppte die Malutensilien
heran. Der Spaß konnte beginnen. Doch da erwartete ihn eine echte Viecherei, alles Andere als ein Spaß! Schweiß treibende Arbeit, die durch verschiedene Vorsprünge der Küchenwände zusätzlich komplizierter wurde. Dennoch verschwanden allmählich sogar Matos Lieblingsgrauschleier. Dessen Meinung dazu?? Auf die brauchte ich nicht lange zu warten! Zwischenzeitlich knurrte uns der Magen. Wir kümmerten uns gerade um die Essensvorbereitung, als plötzlich ein fröhliches Trippeltrapps in Richtung Küche vernehmbar war.
Und schon lugte mein Hund durch die angelehnte Küchentür. Sein Entsetzen war ihm mehr als deutlich anzusehen: "Was ist denn hier los? Wo ist meine geliebte Kuschelecke unter der Eckbank hin? Und mein Teppich, auf dem ich es mir dort immer so gerne gemütlich mache?" Das war ja wohl die Höhe, ohne seine Erlaubnis die geliebte Küche so zu verunstalten! Und dieser eigenartige Gestank. Mehr als unzumutbar für seine empfindliche Hundenase! Offensichtlich zweifelte der an unserem Verstand. Dass ich öfters
auf verrückte Ideen kam...? Nun ja, er kannte mich ja und ertrug das mit Fassung! Aber das hier ging entschieden zu weit! Sauer wie eine Zitrone stolzierte er mit entsprechender Miene betont majestätisch in seine ausgeräumte Lieblingsecke an der frisch gestrichenen Wand. Mit einem extralautem Plumps ließ der Herr sich nieder und strafte uns mit einem Blick voller Verachtung. Wie konnten wir ihm so etwas antun? "Das tun wir bestimmt nicht so schnell wieder. Frühestens in ein paar Jahren!" Versprach ich
hastig meinem Hund. Diesen tiefempörten, todtraurigen Ausdruck in den Augen meines vierbeinigen Freundes ertrug ich nicht länger. So bemühten wir uns, die Küche sobald als möglich in den ihm angenehmen Zustand zurückzuversetzen. Doch ein paar Stunden müsste Mato sich schon noch gedulden. Oder wollte er zu einem untypisch weiß-bunt gefleckten Samojeden werden?-- Eingeschnappte vierbeinige Lieblinge sind schwerlich zu ertragen. Mit irrer Ausdauer spielte mein Tier an jenem Tag stundenlang "gekränkte Leberwurst".
In "Beleidigtsein" war Mato sowieso ein wahrer Meister! Erst nachdem alles, aber auch wirklich alles an seinen alten Platz zurück verfrachtet worden war, erklärte Herr Hund sich gnädigst zur Versöhnung bereit. Hielt sich dann per Zufall ein erwachsenes menschliches Rudelmitglied in seiner Nähe auf, wedelte er huldvoll wieder freundschaftlich mit dem Schwanz. Die Anklage war aufgehoben. Ich atmete erleichtert auf.
Spaziergang
Ein Leben ausschließlich in Haus und Garten wäre trotz allen Komforts, der Mato geboten wurde, doch reichlich langweilig gewesen. Deshalb unternahm ich mit meinem Tier lange Ausflüge, die zwar für uns beide sehr schön, doch für meinen Hund noch(!) schöner wurden. Für Vierbeiner war Hellerhof plus Umgebung einfach ein Paradies. Der ganze Stadtteil ein einziger Park mit Wiesen und Feldern ringsum. In entfernterer Nachbarschaft gab es sogar ein Naturschutzgebiet. Seitdem ich jedoch erfahren hatte, dass es dort schon
zu Überfällen auf Spaziergängerinnen gekommen war, obgleich diese in Begleitung großer Hunde einher wanderten, mied ich jenes Ausflugsziel. Aber die Felder blieben uns sowie sämtliche Umgehungswege. Höchst aufregende Abenteuerrouten! Menschen beschäftigen sich oft stundenlang mit Zeitungsdurchstöbern (übrigens sehr wichtig!). Wer denkt aber so von Hunden? Sie, lieber Leser, sollten einmal mit meinem Knuddelvieh spazieren gehen. Sie wären baff der Wissbegierde dieses entzückenden Wesens wegen und kämen "geläutert"
als geduldigster Mensch der Welt zurück. Denn Mato war, ging es ums Lesen der sog. "Hundezeitung", ein echter Wissenschaftler. So gründlich prüfte er sämtliche Nachrichten seiner Artgenossen. Und ganz besonders entspannt kehrten Sie heim, falls er a)...einen fremden hochnäsigen Rüden getroffen hätte, den er aufs erste Schnuppern nicht ausstehen könnte... , b)...eine Katze gesichtet hätte, die sogar dummerweise auf ihn zu spurtete..., c) ...einen vorwitzigen Hasen hätte vorüberhopsen, oder noch interessanter,
einen Fasan weithin sichtbar durchs Feld hätte schreiten sehen....oder d)...als Krönung des Ausflugs eine wahnsinnig attraktive, da ein extrem sexy Parfum bevorzugende = heiße Hündin getroffen hätte...oder e)...oder sogar nacheinander a) + b) + c) + d) während ein- und derselben Wanderung zu Gesicht bekommen hätte!! -- Ich garantiere Ihnen, nach solchen Wanderungen wären Sie zwei Pfund leichter und reif für die Dusche! Die verliefen nämlich irre spannend. Deshalb möchte ich näher darauf eingehen.
Ad a) Fremder Rüde - pfui!
Selbstbewusst stellte Mato bereits im zarten Alter von 5 Monaten Besitzanspruch auf ganz Hellerhof. Immerhin hatte er sich als einer der ersten Hunde hier nieder gelassen. Darum und auch seiner ach so vornehmen Abstammung wegen war natürlich allein er berechtigt, sich als Herr unseres Stadtteils zu fühlen. In seinem Herzen zu 5/7 Chinese, erboste es ihn garantiert, dass dieser komische "Pu Yi (frech, denn zudem eine zweibeinige Ausgabe!) als letzter Kaiser von China galt. Diese Ehre gebührte doch nur ihm!
Wie selbstverständlich verlangte dieser Pascha sowohl ganz Hellerhof als auch der weiter entfernteren, vierbeinigen Umgebung "Unterwerfung!" ab. Für Mato artete das in absoluten Stress aus. Aber da musste er durch! Schließlich sollten die männlichen Artgenossen seine Oberherrschaft anerkennen. Ein paar Lieblingsrüden, die er von Babybeinen an kannte, blieben von der anstehenden Erziehungsmaßnahme verschont. Alle anderen jedoch unterzog er einen strengen Prüfung und sortierte sie dann in "Schubläden".
Äußerst sympathisch: Er bot Freundschaft an und tobte wild mit ihnen. Recht nett: Sie ernteten ein freudiges Fiepen oder sogar ein Nasenküsschen. -- Weniger nett: Da fing das Abenteuer an! Im letzteren Fall fixierte Mato zunächst den Konkurrenten. Wagte der keck, seinen Blick allzu lange zu erwidern, ging´s rund! Mato stellte warnend seine Nackenhaare hoch. Der sollte ihn bloß besser in Ruhe lassen! Brachte dieser Hinweis nicht den gewünschten Erfolg, knurrte er los. Liebend gerne hätte er sich dann auf den verhassten
Rivalen gestürzt. So eine Unverfrorenheit! Wehe, wenn der seinem Kaiser keinen Respekt zollte! Aus dem sanften Stofftier wurde ein echtes Biest. Vor allem dann, wenn es sich bei den ihm sich entgegen stellenden Männern auf vier Beinen um Schäferhund- oder gar Dackelrüden handelte. Die konnte er auf den Tod nicht leiden und rastete völlig aus. Zum Glück hatte ich ihn per Leine bestens unter Kontrolle. Zu einer Keilerei kam es in seinem ganzen, langen Hundeleben nicht ein einziges Mal!
Ad b) Katze
Katzen lieben das Lustwandeln. Aber, mussten sie während ihrer Ausflüge den Wauwaus unbedingt dermaßen dicht vor der Nase herum tänzeln? Ein für mich unlösbares Rätsel! Leider war in Hellerhof nicht nur ein einziger dieser niedlichen Stubentiger vertreten. Viele Großfamilien dieser süßen Schnurrer erwählten unseren ländlichen Stadtteil zur Wahlheimat. Bequemer wurden ihnen ja die Mäuschen nirgends serviert! So trafen wir spätestens auf jedem dritten Spaziergang ein solches, kulleräugiges "Monstrum".
Leider blieb Mato im Lauf seines langen Lebens die Erfahrung nicht erspart, dass diese Tiere außer kreisrunder Äugelchen sowie putziger Schnute auch noch andere, für manche Mitlebewesen nicht so angenehme Dinge vorzuweisen hatten. Dazu zählten vor allem ihre Krallen, die sie in friedlicher Stimmung in ausgesprochen zierlichen Pfoten versteckten, jedoch heimtückisch bei Bedarf blitzschnell ausfuhren. Dann erinnerten sie sehr an ihre wilden Verwandten. Von "Schmusekatze" keine Spur! Als Mato einem Kätzchen
gegenüber zu aggressiv wurde, setzte das kleine Biest prompt, furchterregend fauchend, diese gemeinen Dinger ein und haute dann seine Mordwerkzeuge auf ausgesprochen respektlose Art dem "Kaiser von China" soo um die Ohren, dass dem Hören und Sehen verging. Klagend jaulend beschwerte Mato sich daraufhin bei mir. Was fiel diesem Vieh denn ein?! Trotz dieser frustrierenden Erfahrung beherrschte er sich nicht und wagte es wieder und wieder, Katzen zu provozieren. Anstatt besser immer oder meistens oder
öfters Vorsicht walten zu lassen! Ab und zu bildete ich mir ein, er hätte es endlich kapiert. Von wegen! Da Klugheit an den Tag zu legen und denen gegenüber grundsätzlich Zurückhaltung an den Tag zu legen, fiel meinem süßen Dickschädel im Traum nicht ein. So eine Ausgabe war eben nur schwer bzw. auch überhaupt nicht zu belehren!
Ad c) Jagdinstinkt
Laut Hundebuch hatten Eurasier angeblich keinen Jagdinstinkt! Wie oft grübelte ich im Laufe der Jahre über diese Aussage in Schwarz auf Weiß. Schenkte ich dem Glauben, war Mato mit Sicherheit kein Eurasier. Aber, was sonst? Nachdenklich betrachtete ich meinen vierbeinigen Freund: "Jedenfalls ein Hund!" bestätigte ich mir. Wäre mein Liebling der menschlichen Sprache mächtig gewesen, hätte er mir zu Recht vorgeworfen: "Mensch, Frauchen, dir traute ich aber mehr Grips zu! Wie kann man denn auf so´n
Quatsch hereinfallen? Eure Hausgenossen stammen ursprünglich vom Wolf ab. Kannst du mir bitte ´mal erklären, wie der in der Wildnis ohne Jagd überleben könnte?" Mein Hund und ich waren stets telepathisch miteinander verbunden. So gab ich ihm frustriert zu, dass ich mich da an der Nase hatte herumführen lassen. Ich entschuldigte mich und versicherte ihm, ich hätte ihn keinesfalls in seiner Hundeehre kränken wollen. Gnädigst von oben herab nahm Machochen Mato die Entschuldigung an. -- Doch im "Gedenken"
an diesen telepathischen Meinungsausstausch hielt er in Folge eine Praxis bezogene Frauchen-Lehrstunde in Sachen "Jagdtrieb haben" für dringend erforderlich! Mein Hund war inzwischen zu einem Langlaufleinenhund avanciert. Er war doch so freiheitsliebend, konnte sich aber wegen der kurzen Leine auf unseren Spaziergängen nicht allzu weit von meiner Seite entfernen. Als total vernarrtes Frauchen litt ich mit. Es war so traurig, dass er nicht wie die anderen Hunde wild durch die Felder rasen durfte. Also
kaufte ich eine Leine, die ich per Knopfdruck auf bis zu 10 m Länge ausfahren konnte. Mato genoss die neue Freiheit sichtlich. Endlich konnte er mich bei meinem Kommando "Komm!" entsprechend länger auf die Folter spannen, bis er per Schneckentempo schließlich bei mir eintraf. Aber ich hatte wenigstens ein ruhiges Gewissen. -- Erahnen Sie etwa schon, was dann folgte? Ins Schwarze getroffen: Wie jeden Tag wanderte ich mit meinem Hund in fast vollkommener Harmonie über die Wiese. Mato las alle Grashalme
von oben, von rechts, von links und von unten. Und, weil´s so schön war, das Ganze bitte noch mal von vorne. Nun steht aber auf einer Wiese nicht nur ein einziges Grasbüschel. Er war die Gründlichkeit in Person. Eben ein richtiger Naturwissenschaftler. So brauchten wir für eine 10 m Strecke ungefähr eine halbe Stunde. Das reinste Fitnesstraining! In greller Mittagssonne ist es unheimlich anstrengend, alle zwei Minuten stehen zu bleiben und dann auf demselben Fleck für fünf Minuten zu verharren. In dem(!) Falle
schaute ich doch etwas ungeduldig auf meinen Hund herab. Zumal, wenn dringende Termine auf mich warteten. Wie ein Kleinkind erspürte mein Hund meine innere Unruhe. Pfiffig, wie er war, ließ er sich vorsichtshalber mit Pipi und Häufchen enorm viel Zeit, denn, wie es seine Erfahrung ihn gelehrt hatte, verschwand ich dann nicht ganz so schnell.. Doch da irrte sich mein Kleiner gründlichst! Wir Menschen lebten nach der Uhr. Termine wollten eingehalten werden. So zog ich nach kurzem Lauf meinen kleinen verdutzten
Bären trotz ausgebliebenen Häufchens energisch nach Hause. Er hatte eben bis mittags zu warten. Ich musste dringend weg! -- Und, ohne Termin!? Brav stand ich neben der kleinen Leseratte, die soeben damit beschäftigt war, ein- und denselben Grashalm bestimmt zum zehnten Male auf penibelste Weise durchzuchecken. Er hatte natürlich keine Ahnung davon, wie sehr ich mich in solchen Minuten am Riemen riss und mich mit letzter Willenskraft zur Geduld zwang. Ich, sein Frauchen, rührte mich wie angewachsen nicht von dem
Fleck, atmete zwecks Nervenberuhigung einige Male hörbar ganz tief durch und machte im Stillen drei Kreuzzeichen. Sehr(!) half das nicht. Während wir also in einem erstaunlich flotten Tempo (alle 10 Minuten etwa einen Meter weiter!) daher flanierten, passierte es dann: Hund sollte Bewegungsspielraum haben. Die Leine war bis zum Ende ausgefahren. Ausgerechnet da tauchte ein Fasan auf! Klar, dass Knödelchen das sofort spitzkriegte. Das Musterexemplar eines in prächtig schillerndem Gefieder einher schreitenden Fasans
kreuzte unseren Weg und wanderte in gemächlicher Gangart auf das nächste Feld zu. Noch(!) direkt neben meinem Bein stehend, faszinierte meinen Hund garantiert weniger dessen tolles Gefieder, sondern hundetypisch etwas ganz Anderes. Sein Instinkt sagte ihm: "Lieblingsbeute Nr.1!" Anstatt sich angesichts des vierbeinigen Wesens an meiner Seite in denn doch gesteigertem Tempo zu entfernen, behielt dieser stolze Vogel unbeeindruckt seinen gemäßigten Schritt bei. Wahrscheinlich war es auch dem zu heiß! Der
Fasan forderte geradezu unsere Beachtung heraus. Meiner Bewunderung konnte er sicher sein. Und Mato mochte ihn bereits aus dieser doch etwas größeren Entfernung zum Fressen gern! Mein Hund hob seine Steckdosenschnute. Merklich aufgeregt schnupperte er in der Luft herum. Das Schnüffeluntersuchungsergebnis versetzte ihn in Wonnestimmung. Um das Opfer seiner Verehrung zu erwischen, hatte er über die direkt vor uns liegende Wiese zu flitzen. Hinterher dachte ich, wie gut, dass das Wiesengrund gewesen war, und kein
Steinboden! Die dann folgende Szene war absolut filmreif: Mato überlegte kurz, aber wirklich nur minikurz, passte den seiner Überzeugung nach günstigsten Zeitpunkt für einen Angriff ab und legte sich mit einem überraschenden, tollen Hechtsprung nach vorne mit all seiner Kraft in die Leine. Ohne Rücksicht auf mich, die ich dann recht hilflos hinten dran hing. Peng, platsch machte es. Ich fand mich auf dem glitschig-feuchten Gras in horizontaler Lage wieder. Seine Aktion war einfach zu plötzlich gekommen! Aber
die Leine hielt ich eisern umklammert. Wauwau wäre ja sofort in Richtung Festtagsbraten davon gestürmt! Da nahm ich es besser zähneknirschend in Kauf, von meinem durchgeknallten Knödelchen ein Stückchen durchs Gras geschleift zu werden. Zu meiner Rettung stellte sich ihm nach einigen Metern ein größeres Dornengebüsch in den Weg. Das hatte er vorher in seiner Aufregung gar nicht registriert. An diesem Busch endete gottlob unser für mich ungemütlicher Trip. Der Mensch hat Knochen. Meine beschwerten sich der groben
Behandlung wegen ziemlich nachdrücklich. Schmerzhaft spürte ich jeden von ihnen einzeln. Vor mich hinstöhnend, rappelte ich mich wütend auf. Mein liebes Tier, das wegen des unerwartet vor ihm aufgetauchten Gestrüpps verdutzt und wegen des misslungenen Fangversuches beträchtlich frustriert stark hechelnd da lag, hatte dann doch einen leichten Klaps mit der Leine einzustecken. Zweierlei hatte mir mein Hund bewiesen: 1. Er hatte nicht nur keinen Jagdtrieb...und, 2. ...sondern wäre die Idealausgabe eines Jagdhundes
gewesen! Deshalb fasste ich nach jenem tollen Erlebnis den wohl sehr weisen Entschluss, besser in Zukunft auf diese hundefreundliche Leine zu verzichten. Egoistisches Frauchen, armer Hund! -- Der Meinung der zweibeinigen Mehrheit nach war in Stadtrandgebieten das beliebteste Jagdobjekt unserer Vierbeiner das dort zahlreich anzutreffende Häschen. Mato war da ganz anderer Ansicht. Bei ihm rangierte es eindeutig nur auf Platz 2. Doch allzu sehr enttäuscht war dieses Hoppelding deswegen bestimmt nicht. Sprang ein
solches Etwas vor Hunds Nase herum, legte der sich zwar ordentlich ins Zeug, mit Fiepsen und Reißen an der Leine, aber der absolute "Favorit" blieb für ihn "sein" Fasan. Erst im hohen Alter von 13 Jahren wurde er sogar diesem Federvieh gegenüber etwas gelassener. Und bewahrte Ruhe!
Ad d) Heiße Hündin
Der Charakter meines Vierbeiners brachte mir eine Fülle an Überraschungen. Er war eine ungewöhnlich eigenständige, aber ebenso sanfte Persönlichkeit. Diese beiden Eigenschaften banden mich an ihn. Wir führten eine sehr ungewöhnliche Frauchen-Hund-Beziehung. Beide nannten wir einen gehörigen Dickkopf unser Eigen. Da brauchte ich viel Geduld und gute Nerven. Machen Sie sich auf Einiges gefasst! Matos Verhältnis zur gleichgearteten Damenwelt - ein Kapitel für sich! -- Schon im jugendlichen Alter ein ausgesprochener
Beau, glaubte mein vierbeiniger Macho wohl, auf Grund dessen hätten die Weibchen um ihn Schlange stehen. Dem war aber absolut nicht so, denn mein Halbgroßer machte im Umgang mit ihnen etwas grundlegend verkehrt. Anstatt um das Mädchen seiner Wahl zart zu werben, ging´s nach dem obligatorischen Nasenkuss sehr forsch zur Sache. Den allermeisten Weibchen gefiel das überhaupt nicht. Sie erteilten ihm deftige Körbe! Mein ach so von sich eingenommenes Matochen, das sich draußen wie der King persönlich präsentierte,
verstand die Welt nicht mehr. Seiner Überzeugung nach war er doch so ein toller Rüde. Ja, ja - typisch für meinen Obermacho!! Bedröppelt stand er neben mir. In seinen Augen Fassungslosigkeit. Und die deutliche Frage an mich: "Ich freue mich doch nur so doll! Was haben sie nur gegen mich?" Meine Tröstungsversuche hätte mein Hund ja nicht verstanden. Doch im Stillen dachte ich: " So klappt das nicht, Mato! Das musst du anders anstellen!" -- Hundemädchen bevorzugten zweimal im Jahr ein extra
verführerisches Parfüm, das sämtliche Rüden vor Sehnsucht rasend werden ließ. Wenn eben möglich, begaben die sich dann schleunigst auf Freiersfüße. Vielen wurde das aber von denen ihnen anvertrauten Zweibeinern strengstens untersagt. Doch kluge Hunde wussten Rat! Wozu hatten Türen Klinken, auf die man drauf springen konnte? Gartenzäune waren dazu da, um überwunden zu werden. Allerdings wurde das mit zunehmender Zaunhöhe entsprechend komplizierter. Über 2m Zäune zu entwischen, war äußerst schwierig. Ausschließlich
die Extremsportler unter den Hunden brachten dieses Kunststück fertig. Unter jenen meist hölzernen Hindernissen sich rauszubuddeln, schafften in einer akzeptablen Zeit nur die kleineren Ausgaben. Die etwas größeren Hausgenossen hatten bei dem Versuch, sich einen ihrer Größe entsprechenden Durchschlupf unter dem Gatter zu graben, großes Pech. Fast immer wurden sie bei dieser denn doch zeitraubenderen Arbeit erwischt und hatten frustriert die Hoffnung auf ein unerlaubtes Liebesabenteuer fahren zu lassen. Selbst
der routinierteste Dackelblick konnte nicht die berechtigte Schelte verhindern. Der hastigen Buddelarbeit fiel nämlich sehr oft ein wunderschönes Blumenbeet zum Opfer! --Mein Mato galt als Obercasanova. Er verschmähte(!) keine "Frau"! Seine Beurteilung schwankte zwischen einfach umwerfend, super, sehr nett, nett, weniger sympathisch bis hin zur doofen Pute. Aber selbst die riss ihn zu Begeisterungsstürmen hin, war sie heiß. Die eigentliche Antipathie war vergessen. Er verfolgte nur noch einen ´Gedanken`:
"Nichts als auf sie drauf!" So wurden die Spaziergänge im Frühjahr und dann wieder im Herbst zu besonders "geruhsamen" Ausflügen. Mit anderen Worten: Training für Fitness und Nerven! Tauchte eine solchermaßen attraktive Diva auf, ermahnte ich mich eindringlich: "Bloß Knödelchen festhalten. Sonst gibt es den berühmt-berüchtigten Salat!" Mato quietschte los. Doch seiner Überzeugung nach verdiente die Dame seines Herzens eine weitaus leidenschaftlichere Anbetung. So spielte er nicht
länger per "Nur-Quietschen" den vornehm-zurückhaltenden Verehrer, outete sich als der Casanova, der er ja nun mal war und hing im Überschwang der Gefühle zusätzlich einige schrill übers Feld schallende Jaulschleifen dran. Das ergänzte sich zu einem wahrhaft musikalischen Meisterwerk. Aber nur für seine(!) Ohren! Er hatte sich fest vorgenommen, das Herz jenes attraktiven Geschöpfes zu erobern. Koste es, was es wolle! Ob mit meiner Erlaubnis, oder notfalls auch ohne sie! Stur blieb Mato blieb stehen.
Ich zog! Er riss an der Leine. Ich stemmte mich dagegen! Hatte ich meinen Vierbeiner in die von mir geplante Gehrichtung bugsiert, vollführte er blitzschnell eine Kehrtwende zurück zum Weibchen. Da halfen weder Leckerchen noch gute Worte! Mir blieb nur noch der Griff ins Halsband, mit dem ich Hund tunlichst Schrittchen für Schrittchen von seinem Wunschziel auf vier Beinen wegführte. Unweigerlich dachte ich: "Ist so ähnlich, als ob man einen Menschen in Handschellen abführte!" Nach etwa zwanzig Metern
machte ich die Probe, ob mein Hund eventuell geneigt wäre, wieder brav neben mir her zu traben. Vielleicht sogar in die Richtung, die ich unter den gegebenen Umständen für weitaus angebrachter hielt. Es schien, als gäbe er klein bei. Immerhin für einige wenige Schritte. Doch dann erinnerte er sich des anbetungswürdigen Geschöpfes in der nunmehr entgegen gesetzten Wegrichtung und streikte. Selbst die von ihm geliebten Schweineohren hätten da nichts mehr ausgerichtet. Er setzte ein Trotzgesicht wie ein Kleinkind
auf. Ausschimpfen kam nicht in Frage. Sein Benehmen entsprach nur seinem Instinkt. Also nochmals im Halsband nehmen, abermals wie einen Verbrecher abführen. Nur so könnte ich mein liebeskrankes Etwas doch noch in die gewünschte Richtung lotsen! Wieder und wieder versuchte er, sich aus meinem Klammergriff zu winden und das olle, da verwünschte Halsband endlich ab zu streifen. Pech für ihn: Ich hatte mich entschlossen, rigoros diesem Theater ein Ende zu setzen und zwang ihn eng an meine Seite. Während der restlichen
Wegstrecke bis nach Hause unterhielt mich Mato äußerst fleißig mit vermehrtem "Operngesang", zusammengesetzt aus Qietschern, lautem Jaulen und ab und an wie aus Versehen auch einem selbstbewussten Bellen, das aber so gar nicht zu der restlichen, sehnsüchtig "hingehauchten" Singerei passte. Entsprechend "begeistert" genoss ich diese verrückten Arien! Mit zitternden Knien und klatschnass geschwitzt kam ich mit meinem Hund am Wickel endlich daheim. Zum Verschnaufen sank ich auf den
nächstbesten Stuhl. Fast ein wenig schadenfroh registrierend, dass auch mein Wollknäuel sichtlich groggy war. Wie ein Flokati mit Beinchen dran lag er da zu meinen Füßen; offensichtlich fertig mit der Welt! Ich für meinen Teil schickte ein Dankgebet zum Himmel, dass ich diesen Wahnsinn hinter mir hätte! -- Nach all den Jahren mit Hunden gehe ich davon aus, dass mein Liebling mit Sicherheit der tonangebende, also Alpharüde, seines Wurfes war. Deshalb die extrem starke Persönlichkeit und sein imponierendes Selbstbewusstsein:
"Sag´mal, Knödelchen, bist du vielleicht der Erstgeborene deiner Mama?" Doch die Antwort auf diese Frage blieb sein Geheimnis.
Ad e) A+b+c+d!
Noch verrückter konnte es doch wohl nicht mehr werden, oder...? Oh, doch - manchmal hält das Leben Überraschungen der ganz besonderen Art parat. Der gemischte Salat anschließend geriet dann zur absoluten Spitzenvorführung, mit der mein süßer Liebling mich endgültig auf die Palme brachte! Ach, wie genoss ich den Zirkus! Wir kamen beide gar nicht dazu, unserem durch die Aufregungen per a, b, c und d schon mehr als gesund rotierenden Kreislauf etwas Erholung zu gönnen. So rasch reihten sich die Szenen dieses Theaterstückes
dann an einander.. Kaum war der doofe fremde Rüde geschafft (mein immer noch wütender Hund stand anhaltend grollend neben mir), da sichtete Mato eine Katze und wurde auffallend krege. Kätzchen zählte aber zur pfiffigen Sorte und brachte sich schleunigst in Sicherheit. Mit einem eleganten Weitsprung verschwand es im angrenzenden Feld. Man soll den Tag ja bekanntlich nicht vor dem Abend loben! Denn, kurz darauf nahte in hoppelnder Windeseile die Lieblingsbeute Nr.2, ein Häschen. Das hielt meinen Bären unverschämt
zum Narren. "Scheiß Leine!" mochte der da denken. Glücklicherweise verschwand Langöhrchen relativ fix aus seinem Blickfeld. Puh, Gott sei Dank! Mein Hundewesen hatte diesem Tier doch wahrscheinlich ein wenig imponiert. Kurze Zeit später hörte ich jemanden sehr sehnsüchtig-sentimental übers Feld rufen. Die Stimme gehörte unverkennbar einem verliebten Fasanenmännchen, das sein Weibchen vermisste.. Hoffentlich spürte er es noch vor unserer Wegstrecke auf. Wünsche sind nie verboten. Ob sie in Erfüllung
gehen, ist eine zweite Geschichte. Zu dumm! Sein Mädchen saß nicht im entfernteren Gebüsch, sondern hockte in unserer Nähe am Wegesrand. Hätte ja auch gar nicht anders sein können! Wie ich befürchtete, drehte Mato durch! Pech für ihn, denn ich war durch das "tolle" Langlaufleinenerlebnis aufs Beste vorgewarnt. Als mein Liebling die damalige Hechtsprungmethode nochmals einzusetzen versuchte, reagierte ich blitzschnell. Ätsch, mein Hund - keine Chance! -- Denken Sie übrigens bloß nicht, ich hätte mir
den ganzen Schabernack nur ausgedacht. Nichts als die Wahrheit! Aber an jenem Tage sollte mein Sporttraining wohl einfach kein Ende nehmen. In den nachfolgenden Minuten schoss mir durch den Kopf: Jetzt noch eine heiße Hündin, und der Tag ist für mich gelaufen!" Selbstredend blieb mir auch das nicht erspart. Verhielten sich die zugehörigen Besitzer zumindest so einsichtig, Madämchen eng bei sich an der Leine zu führen, war mein in sämtlichen Tonlagen jubilierender Hund ja noch zu bändigen. Doch viele Zweibeiner
ignorierten den Hundeknigge der eigenen Bequemlichkeit wegen nur allzu gerne. Heiße Hündinnen an der Leine gebärdeten sich genauso nervtötend wie die ihnen begegnenden jaulenden Verehrer. Jene lieben Mitmenschen zu bitten, ihr Tier doch anzuleinen, bzw. sie auf ihren unverantwortlichen Fehler hinzuweisen, das Weibchen unangeleint mit sich geführt zu haben, konnte ich mir sparen. Antwort 1: "Ich weiß nicht, ob sie heiß ist!" (Im selben Moment legte die vierbeinige Diva ihren Schwanz paarungsbereit zur
Seite!). Antwort 2: "Vielleicht ist sie ein bisschen heiß!" So´n Blödsinn hörte ich besonders gerne! Komisch, meine Fee war eigentlich nie nur ein wenig heiß gewesen, sondern wenn, dann richtig. Da hatte ich ja doch noch etwas über Hunde dazugelernt. Es gab also auch ein "bisschen heiß"! Ich stand kurz davor, auf deren Phantasie neidisch zu werden. So weit reichte meine nämlich nicht!! Die Spitze an Ignoranz und Unwissenheit bewies mir aber das nächste Paar! Auf meine Frage nach "Hitze"
erntete ich tatsächlich doch die tolle Auskunft: "Die tut nichts!" Im ersten Moment zweifelte ich am Verstand meiner Gegenüber, dann fast am eigenen! Was hatte denn "Hitze" mit "Nichts tun" zu tun? Wahrscheinlich war ich zu doof dafür, den Zusammenhang zu verstehen. Garantiert schaute ich im ersten Moment ob dieser Auskunft etwas belämmert drein. Dann fing ich mich und bemerkte trocken: "Wenn sie sie nicht schnellstens zur Seite nehmen, mein Hund gleich aber!" Das wie wild
hin und her hopsende Etwas an meiner Leine stimmte mir bester Laune aus vollstem Herzen zu. Er mochte sich fragen: "Aber, warum lässt sie mich dann nicht einfach...?" Mein Fingerzeig den Leuten gegenüber hätte ich mir getrost sparen können. Von solchen Exemplaren der menschlichen Rasse konnte ich ohnehin kein vernünftiges Verhalten erwarten. Resolut zerrte ich meinen Hund in einen kleinen Nebenweg. Auf der etwa halbstündigen Rückwanderung unterhielt mich Mato mit ununterbrochenem Jaulquietschgesang.
Um meine Nerven zu schonen, klappte ich vorsichtshalber meine inneren Ohren zu. Endlich erreichte ich mit meinem Zappelphilipp im Schlepptau mein Haus. Ein erleichterter Seufzer: "Finit!"
Hundefreundschaften-Freunde
Henky wohnte im Nachbarhaus. Als der dort einzog, war Mato mit seinen sechs Jahren bereits im besten Mannesalter. Mein Hund erklärte ihn sofort zum Freund, obwohl der ab dann als zweiter Rüde in allernächster Nähe lebte. Sogar direkt vor unserer Haustür begrüßte mein Hund ihn stürmisch. Dort einfach aufzukreuzen, durfte sich kein anderer fremder Rüde erlauben. Da wäre die Hölle los gewesen! Doch selbst diese innige Freundschaft hatte Grenzen. Sein Revier allerdings durfte selbst Henky nicht betreten. Vor unserem
Haus kriegten sich die beiden Rüden nur ein einziges Mal in die Wolle. Um Mato eine Freude zu machen, spendierte Frau Haas ihm vor ihrer eigenen Haustür in Henkys Futternapf einige Leckerchen. Doch ihr Hund beobachtete das und wurde schwer sauer. Erstens war das sein Napf, und zweitens obendrein sein Futter! So nicht! Sein Frauchen bemerkte zu spät, dass sich ihr Vierbeiner an ihr vorbei gedrückt hatte. Böse knurrte er Mato an. Ein paar Sekunden lang ließ mein Hund das mit sich machen. Aber dann verlor er die
Geduld und reagierte. Es entwickelte sich eine richtige kleine Keilerei zwischen den Beiden. Meine Nachbarin schnappte sich ihren Liebling im Nackenfell und wies ihn heftig zurecht. Derweil zwang ich Mato per Leine an meine Seite. Passiert war nichts. Trotzdem entschuldigte sich meine Nachbarin bei mir minutenlang. Und dass, obwohl ich doch gar nicht(!) sauer war! -- Unsere beiden Kampfhähne beruhigten sich rasch. Tags darauf führten wir sie mit Sicherheitsabstand probeweise aneinander vorbei. Leises Knurren,
das war alles! Und am nächsten Morgen herrschte wieder eitel Sonnenschein zwischen ihnen. Wir Frauchen atmeten auf! -- Als Baby schloss Mato enge Freundschaft mit einem gleichaltrigen Afghanenjungen, Angelo. Selbst als erwachsene Rüden verstanden sie sich ungewöhnlich gut. Nicht einmal ein attraktives Mädchen auf vier Beinen, für dass sich beide interessierten, konnte diese Freundschaft ins Wanken bringen. (Sie teilten sich die "Diva"!). Als dieser Freund starb, machten seine Besitzer mich in Hellerhof
ausfindig. Angelo hätte bestimmt, dass sein bester Freund alles erben sollte: die Leinen, die Fressnäpfe samt einer großen Dose Leckereien. Das rührte mich damals sehr! -- Eine Querstraße entfernt wohnte Labrador Benny. Ein sehr gutmütiger, temperamentvoller Hund. Mato und Benny waren ein tolles Gespann. Dieser Nachbarshund hatte sein Herrchen bestens im Griff. Grub er nach Mäuschen, unterstütze ihn sein Besitzer selbstverständlich dabei. Immer um Bennys Wohl besorgt, registrierte mein Hund froh, dass auch dessen
Eltern Benny prima gehorchten. Sein Freund konnte zufrieden sein! -- Rico und Bani, zwei superliebe Collies, zählten ebenfalls zu seinem engsten Freundeskreis. Trafen sie sich, war die Freude groß. Vor allem mit Rico spielte Mato gern. Der war lebhaft und stets guter Laune. Ich kann mich nicht erinnern, dass die Zwei sich jemals gestritten hätten. Rico mochte mich ausnehmend gern. Sah er mich von weitem, stürmte er auf mich zu und gab mir vor überschäumender Freude einen deftigen Nasenstüber. Obwohl Mato damals
schon erwachsen war, durfte Rico sich mir gegenüber fast alle Zärtlichkeiten erlauben, ohne von meinem Hund schief angesehen zu werden. Sie waren ihr Leben lang dicke Freunde. -- Bonito war ein kleiner schwarzer Mischling, Höhe etwa 30 cm, Aussehen wie ein kleiner Mopp. Wo bei ihm vorne bzw. hinten war, blieb sein gut gehütetes Geheimnis. Das sich nur lüftete, spendierte man ihm einen Leckerbissen. Den nahm auch er (s. "normaler" Hund!) mit dem Schnäuzchen entgegen. Dann war das Rätsel gelöst! Er war
viel lebhafter als Mato. Doch störte das ihre lebenslange Freundschaft überhaupt nicht. -- Damit erschöpfte sich Matos Clique beileibe nicht. Nur führte es hier zu weit, sie alle namentlich zu erwähnen. Hätte ich meinen Hund fragen können, welches Thema ich als nächstes anschneiden sollte, verlangte er garantiert von mir, gefälligst endlich über sein Verhältnis zu den Weibchen zu berichten. Er hatte mich ja gut erzogen. Darum gehorche ich hiermit auf ´s Wort!
Freundinnen
Hätte ich die Veranlagung meines Hundes vorausgeahnt, ich glaube, ich hätte ihn schon in jungen Jahren kastrieren lassen. Überlegung: "Tausend kleine Matos..., und erst die Alimente...! -- Als Hundebesitzerin lernte ich auf den vielen Spaziergängen irre viele Leute kennen. Kein Wunder! Vierbeiner gaben immer einen Grund für tierliebende Zweibeiner ab, kurz stehen zu bleiben und mit Frauchen und Hund ein paar nette Worte zu wechseln. Eher natürlich mit Frauchen. Doch Hund war selig, denn meistens drehte sich
das Gespräch um ihn. Einmal begegnete ich einer junge Frau, die gleich acht Hundebeine ausführte. Vier davon gehörten zu einer süßen Bernersennen-Hündin, die von einem Collie-Mix begleitet wurde. Beide überaus zutrauliche Tiere. Wir Zweibeiner unterhielten uns eine Weile und verstanden uns auf Anhieb. So verabredeten wir gemeinsame Ausflüge zu fünft. Mato war regelrecht begeistert von diesem Plan, denn das Hundemädchen, Balu mit Namen, hatte sein Herz im Sturm erobert. Doch die Begeisterung war einseitig. Seine
verehrte Balu teilte seine Zuneigung nicht und verhielt sich ihm gegenüber recht kühl. Da sein Werben absolut ignoriert wurde, stand er enttäuscht neben mir. Trostworte konnte mein Hund ja nicht verstehen. Doch auch ohne den ersehnten Flirt wurden die gemeinsamen Ausflüge für meinen Casanova, seine beiden neuen Freunde, insbesondere aber für uns Zweibeiner sehr vergnüglich. -- Menschen haben Termine; die eingehalten werden müssen: Notgedrungen lebten auch unsere Waulis nach der Uhr. Mato las ja so gerne seine
Grashalme auf die altbewährte, nur ihm eigene Art von allen Seiten, und noch mal von vorne. Meine Bekannte meinte dann öfters: "Du, ich geh schon ´mal ein wenig vor. Sein Tempo ist ja einfach umwerfend!" Dabei schaute sie mich belustigt grinsend an; oder bildete ich mir das nur ein? Flugs entschwand sie mit ihren Vierbeinern. Ich stand da innerlich seufzend neben meinem geliebten Knuddelvieh und hoffte auf dessen Erlaubnis, mich mit ihm endlich auf den Weg heimwärts machen zu dürfen. Die wurde sehr
selten schon nach nur ein paar Minuten zusätzlicher Schnüffelei erteilt. Häufig hatte ich aber bis zu eine halbe Stunde Verlängerung des Spazierganges einzuplanen. Spannenderweise ließ sich das nie voraussagen! -- Mato begrüßte fast jedes entgegen kommende Weibchen mit deutlich vernehmbaren Gequietsche, doch sein Herz eroberten nur wenige. Sein Schwarm aus Kinderzeiten hatte ihn ja schmählich im Stich gelassen. Auch Hunde kennen Liebeskummer! Doch die Zeit heilt bekanntlich alle Wunden. Etwas älter geworden,
stellte er begeistert fest, dass in Hellerhof noch viele andere süße Weibchen herumliefen. Warum sollte denn so ein toller Kerl wie er kein Glück bei denen haben? Soo ein Macho! Da hielt ich es aber für Mato für angebracht, fix von seinem hohen Ross wieder abzusteigen. So stürmisch und direkt, wie er mit den Weibchen umzuspringen versuchte, erntete er am laufenden Band deftige Körbe, die diesen Dickschädel aber nicht vernünftiger werden ließen. Er lernte da einfach nichts dazu.
Hoppels Schulfreundin Ines bekam von ihren Eltern ein kleines Schäferhundmädchen geschenkt, das sie Senta nannte. Ines und Sandra hockten sehr oft zusammen. So spielte Senta häufig mit meinen drei Tieren. Unsere vier Lieblinge verbrachten einen Großteil ihrer Welpenzeit miteinander. Leider werden die ach so putzigen Hundekinder recht schnell erwachsen. Als junge "Dame" entdeckte Senta entdeckte in meinem Mato die große Liebe ihres Lebens. Die gibt es auch im Hundeleben! Sentas Verehrung stieß auf Sympathie.
Auch einem vierbeinigen Mann schmeichelt es, umgarnt zu werden. Doch mehr als Sympathie war nicht drin. Senta gab sich jedoch nicht so schnell geschlagen. Sie wurde des Werbens nicht müde. Zu ihrem Pech ohne den geringsten Erfolg! Beim Treffen auf Spaziergängen wusch sie ihrem Schwarm vor Freude minutenlang hingebungsvoll die Schnute. Gnädigst beschnupperte Mato sie kurz, wandte sich gelangweilt ab und widmete sich mit Inbrunst den aufregenden, frischen Hundenachrichten auf der Wiese. Trotzdem ließ Senta nicht
locker. Sie umschmeichelte das Opfer ihrer Verehrung, wo und wann immer sie es erwischen konnte. Fee war mittlerweile sehr eifersüchtig deswegen. Sie fand Sentas Anbiederei ziemlich unangebracht und dreist. Was diese Lieblingsfreundin mit ihrem Mato anstellte, ging ihr mächtig gegen den Strich. Eines Tages kam es während eines Vierertreffs direkt vor unserem Haus zu einer heftigen Auseinandersetzung. Fee reichte dieser Zirkus schon lange. Jetzt explodierte sie. Per Attacke verwies sie Senta barsch in deren Schranken.
Doof sind unsere Vierbeiner wahrlich nicht! Senta verstand die Warnung und ließ endlich von Mato ab. Meinem Knödelchen merkte ich deutlich die Erleichterung an, von dieser Schleckerschnute befreit zu sein. Sein Wink mit dem Zaunpfahl, nämlich durch energisches Wegdrehen des Kopfes seinen Unwillen zu bekunden, hatte ja leider nicht gefruchtet. Endlich Ruhe vor dieser Nervensäge! -- Quinny hatte sich aus diesem Streit vorsichtshalber heraus gehalten. Ihm waren die drei großen Zankhähne unheimlich geworden. -- Kessy,
eine zweite Verehrerin in Hellerhof! Die hübsche Retriever-Dame schwärmte ihr ganzes Leben lang für meinen Mato. Sie schmiss sich vor seine Pfoten und schwebte auf Wolken, wenn er sie dann nicht nur beschnupperte, sondern ihr ab und zu ein Nasenküsschen schenkte. Dann tanzten die roten Herzchen in der Luft über den Hundeköpfen. Wurde Kessy von ihrer Hundeclique begleitet, ließ sie diese sofort im Stich, entdeckte sie ihren Mato. Sie sah nur noch ihn. Alle anderen Rüden ignorierte sie. Was sie wohl an ihm fand?
Die Möglichkeit ungestümen Tobens war nicht gegeben, da er stets angeleint war. Obendrein behandelte er sie nach Machoart meistens von oben herab. Doch das bremste ihre Zuneigung zu ihm nicht die Spur!
Seine erste große Liebe
Mato war sechs Monate alt, als ihm ein süßes Schäferhundweibchen über den Weg lief. Beidseitig funkte es schrecklich. Matos Hundeherz stand in Flammen! Es war ein irres Gequietsche und Freudengejaule, wenn sie sich vor der Grundschule an der schönen Spielwiese trafen. Seine kleine Auserwählte, Senta mit Namen, war eine überaus niedliche Ausgabe mit riesigen Kulleraugen. Jedes Mal war es ein richtiger Kampf, das Liebespärchen nach kurzer Zeit wieder zu trennen. Mein kleiner Twen lebte im siebenten Himmel. Diese
Romanze hielt solange, bis Senta nach einigen Wochen der Freundschaft untreu wurde und mit ihrer Familie(wie gemein!) dreist in einen anderen Stadtteil Düsseldorfs zog. Mein Hund litt sehr unter dem Verlust jener kleinen Freundin.
Hund mit Teppich
Bei allem, was er im Hause toll fand, meldete mein Wollknäuel energisch Besitzansprüche an. Bescheidenheit war für Mato dabei ein Fremdwort. Wie gesagt: "Kaiser von China"! In vielerlei Hinsicht teilte er unseren Geschmack. Keinesfalls nur, wenn es um Essbares ging. Als Hund von Fast-Adel (dazu fehlte ihm bloß der besagte Zettel!) nannte er vielseitige "Bildung" sein Eigen und schwärmte wie wir für edle Dinge. Und falls er sogar urgemütlich darauf liegen konnte, dann erst recht. Gemeint war
damit der echte Orientteppich im Wohnzimmer, den er seiner Kuscheligkeit wegen einfach zu seinem Eigentum erklärte, ohne unsere Erlaubnis einzuholen. Das per Augenkontakt wäre allerdings der Beweis von Knigge-Kenntnis gewesen, aber...nein! Das hielt mein Hund offensichtlich für unnötig! Fortan durften Fee und Quinny diesen Teppich ausschließlich mit seiner Genehmigung nutzen. Wagten sie es, sich ohne demütige Anfrage zu ihm auf seine geliebte Kuschelunterlage zu lümmeln, schielte er sie ausgesprochen missbilligend
an. Mato selbst dagegen träumte oft stundenlang darauf vor sich hin. Gezwungenermaßen stiegen wir auf dem Weg zu unserer Schrankwand über ihn hinweg. Monsieur lag vorzugsweise genau quer zur Laufrichtung und dachte nicht im mindesten daran, vielleicht einmal für seine Menschen ein Stückchen zur Seite zu rücken. Eigentlich wäre er als Hund doch dazu verpflichtet gewesen. Finden Sie nicht auch? -- Als Eigentümer dieses Teppichs verlangte Herr Hund, dass der bitte selbstverständlich auf dem von ihm gewählten Platz
läge. Doch sein menschliches Restrudel plante, einmal, ja, wirklich nur ein einziges Mal unserem Vierbeiner gegenüber einen Emanzipationsversuch bis zum eventuell dann für uns doch deprimierenden Ende durchzustehen. Waren doch wir die Menschen, und dieses Haus unser Eigentum. Ich hatte nämlich die Idee, dass der "berühmte" Lieblingsteppich in der Diele noch schmückender wäre als im Wohnzimmer. Also bewies ich eines Morgens den Mut, das gute Stück vor den Augen seines entsetzten Besitzers dorthin zu
verfrachten. Die Wirkung war toll. Der Raum nicht wieder zu erkennen! Meine Begeisterung darüber nahm Hund sichtlich erbost wahr. Seine Reaktion: Ein stinksaurer Blick! Der erklärte mich für total übergeschnappt! Wenn Blicke töten könnten, hätte ich innerhalb einer Sekunde platt am Boden gelegen. Ich sah ihm den Vorsatz an, mich für diese Frechheit irgendwie zu strafen. In seinen Welpentagen hatte er gelernt, dass Strafe direkt zu folgen hatte! Sonst ahnte der Sünder nämlich nicht mehr, worum es eigentlich ging.
Also war sofortiges Handeln erforderlich. Er schnappte sich die Fransen seines Teppichs und versuchte dann, den auf Grund seiner Größe und seines Gewichtes widerspenstigen Kerl in Richtung Wohnzimmer zu zerren. Verdammt, da hatte mein Hund aber arg zu arbeiten. Mato kapierte sehr schnell, dass. leichtes Zerren nicht viel nutzte. Deshalb volle Kraft voraus! Mit einem kräftigen Biss in eine der selbst produzierten Falten hatte er dann sichtbar mehr Erfolg. Endlich gab sich der Teppich geschlagen und schlug rutschend
tatsächlich die Richtung ein, die Hund für ihn vorgesehen hatte. Stückchen für Stückchen bewegte sich das Ding auf seinen angestammten Platz zu. Wegen jedes überwundenen Zentimeters an Boden tat Mato mit "Wuwuwuuh!" die Tonleiter rauf und runter seinen Triumph kund. Unterbrochen wurde sein Jubelgesang nur durch lautes Japsen der ungewohnten Anstrengung wegen. Geschafft! Das 1,20 m mal 1,80 m große Ding landete auf dem alten Fleck. Stolz schielte mein Hund über die Schulter zurück zu mir. Ich hatte doch
hoffentlich diese tolle Leistung staunend verfolgt? Eins gestand ich ihm zu: Trotz plus Hartnäckigkeit gehörten zu seinen unverwechselbaren Eigenschaften. Nach diesem erfolgreich abgeschlossenen Manöver doch etwas groggy, ließ er sich zufrieden aufseufzend auf seinen(!) Teppich fallen. Das hieß: "Frauchen, dir habe ich es aber gezeigt!" "Knödelchen, wenn du annimmst, du könntest auf diese Weise dein süßes Trotzköpfchen durchsetzen, dann hast du dich aber verrechnet!" erklärte ich meinem Liebling.
-- Noch hatte ich das Sagen!! Also die ganze Teppichprozedur von vorne. Die Diele gewann bereits zum zweiten Male an Atmosphäre. Mato beobachtete mein Treiben, konnte es offensichtlich nicht fassen: "Na warte, Frauchen!" sagte mir der zugeworfene Blick Doch irgendwie gab er doch klein bei. Denn die weiche Unterlage blieb doch tatsächlich dort liegen, wo sie war. Nur, mich strafte er mit absoluter Ignoranz. Ich(!) war in meiner Unverfrorenheit zu weit gegangen, ihm reicht es! Tauchte ich in seiner Nähe
auf, drehte er ostentativ den Kopf zur Wand. Nee, so durfte ich mit dem vierbeinigen Herrn des Hauses nicht umspringen! -- Später nahm er dann seinen Teppich in der Diele in Besitz!
Hürdenlauf
Sich genau quer zur Laufrichtung in den Weg zu legen, das machte Mato einen Heidenspaß. Uns blieb nichts anderes übrig, als wohlerzogen über ihn hinweg zu steigen, wollten wir nicht der Länge nach hinfliegen. Zwar hörte er deswegen von uns manchmal lautes Gestöhne. Jedoch störte das diesen Hund, so stur wie der war, nicht die Bohne. Fee und Quinny ahmten diesen Quatsch mit Wonne nach. Fortan lagen sie mit Vorliebe dort herum, wo wir sie am wenigsten brauchen konnten. In diesem für sie anscheinend höchst amüsanten
Spiel entwickelten sich meine Drei zu Perfektionisten. Hintereinander aufgereiht lagen sie brav quer zur Laufrichtung. So riefen sie sich immer wieder in meine Erinnerung zurück. Sie wären auch noch da! -- An einem Samstagmorgen passierte es: Das Frühstück sollte ohne die Gesellschaft der Vierbeiner ungestört in der Küche stattfinden. Da mussten wir aber erst einmal hinein kommen! Mittlerweile erwies sich in meinem Haus das Betreten der verschiedenen Räumlichkeiten als relativ schwierig. Aus der großen Diele
führte ein langer, schmaler Gang zur Küche. An jenem Morgen zogen wir alle ziemlich doofe Gesichter! Genau in diesem Gang hatten sich meine drei Stofftiere breitgemacht. Sie lagen, wie gründlichst in der letzten Zeit geübt, quer zur Laufrichtung. Nur, dass, wie eben schon angedeutet, nicht nur ein Vierbeiner, sondern alle drei diese glorreiche Idee in die Tat umgesetzt hatten.. Für uns sah das so aus: Von der Diele kommend, fand man als ersten Hund Quinny ordentlich quer ausgerichtet im Gange liegend, dann sah
man Fee in ähnlicher Lage und ihrer Veranlagung entsprechend schon bedeutend näher der Küche platziert und zuletzt, auf dem dem Rudelführer gebührenden Platz, nämlich mit der Schnute fast in diesem meistgeliebten Raum, meinen Mato. Sogar auf den regelmäßigen Abstand zueinander hatten sie peinlichst geachtet. Jeweils ungefähr 50 cm. Keines dieser verwöhnten Viecher dachte auch nur im Entferntesten daran, sich auch nur einen Zentimeter von der Stelle zu rühren, um uns den Weg freizugeben. Von wegen! Sie hatten
uns Zweibeiner ja bestens im Griff. Ungewollt lieferten wir ihnen dafür dann auch noch den Beweis. Wir lernten "Hürdenlauf" und mutierten in wenigen Minuten von einer total untrainierten Meute zu Hochleistungssportlern. "So ist das brav, Frauchen, ...Alex,...Sandra, ...Nicki,...Tina und Katja!" Was leisteten wir Zweibeiner nicht alles für ein Lob aus drei solch entzückenden Hundeschnuten!
Mitreisende-Flöhe
Herrje! Was suchen denn Flöhe in einem Kapitel über Mitreisende? Ne Menge, denn die waren sie im wahrsten Sinne des Wortes. Für diese niedlichen Tierchen existierte sogar eine eigene Touristikbranche. Hellerhof gehörte zu den ausgesprochenen Flohluxuswohngebieten. Mit mindestens sieben Sternen! Diese entzückenden Gäste buchten ihr zukünftiges Hotel nicht etwa schon vor Reiseantritt, sondern überließen das mehr oder weniger dem Zufall. Angebote liefen in jeglicher Größe und Ausstattung massenweise in unserer Gegend
herum. Nach zartem Biss wurden die leckeren Menüs mit leichten Entzündungen samt starkem Juckreiz bezahlt, an denen die Wirte sich dann über einen längeren Zeitraum erfreuten. Auf ihren Ausflügen wechselten die Komfort gewöhnten Hellerhofschen Flöhe auch schon ´mal zwecks Routenänderung ihr Hotel. An wärmeren Tagen suchten sie sich Sonnenbänke, bei kühlerem Wetter bevorzugten sie eher waldreiche Gefilde. -- Selbstverständlich haben meine überdurchschnittlich intelligenten Leser diese "Bildsprache"
längst durchschaut. Für diejenigen, die noch rätseln, was ich denn meinte, hier eine kurze Erklärung. Flöhchens Hotels waren unsere Hunde. Große, kleine sowie selbst kleinste Ausgaben. Die Menüs waren winzige Blutstropfen, die dem Wirt abgezapft wurden. Netterweise bezahlte dann Flöhchen -dankbar für sein opulentes Mahl - mit der entsprechenden Menge eines Giftes, das dann für die erwähnte Entzündung der Bissstelle und dem ebenfalls erwähnten Juckreiz sorgte. War der Gast mit dem Service seines Hotels zufrieden,
sorgte er im Wuschelfell, im kurzen Fell oder auch im selteneren Garkeinfell für zahlreichen Nachwuchs, was nicht allein den Hund beglückte. Nein, alle fürsorglichen Hundebesitzer liebten das nachfolgende auf sie zukommende Pflichtprogramm über alles. Denn dann war Hundebad angesagt! Mit einem Spezialshampoo, das sich gerne nicht nur ausschließlich im Tierfell verteilte, sondern bei vierbeinigen Ausflügen durchs Haus (praktischerweise musste dieses Zeug sehr lange einwirken!) überall und nirgends seine Spuren
hinterließ. Der Handel bot zwar ein paar Artikel wie Flohhalsband wie auch spezielle Antiflohtropfen an, die im Nackenhaar des Hundes eingerieben wurden. Doch hatte ich den Eindruck, dass manche Flöhe sich über so geartete, verzweifelte Verteidigungsversuche von Mensch und dessen Haustier köstlich amüsierten. Matos dichtes Wollknäuelfell galt als besonders gemütlich. Ich hatte nach jedem Spaziergang mindestens eine Viertelstunde lang irren Spaß bei einer nicht gerade erfolgversprechenden Beschäftigung. Finden
Sie ´mal im Fell eines chowchow-ähnlichen Tieres Flöhe! Ich versichere Ihnen: Der menschliche Kandidat erzielt dabei nur selten 100 Punkte! Mit allergrößtem Glück bzw. der Hilfe von Zufällen entdeckte ich während des extra gründlichen Bürstens ein hopsendes Etwas, das sich enorm sprungtüchtig ins nächste entgegenkommende Hotel rettete. In Lebensgefahr war es diesen Viechern natürlich egal, wo sie landeten. Ich wurde zur Mörderin ohne auch nur die Spur eines schlechten Gewissens! --Ein bestimmtes Flohindividuum
war von Matos Service hellauf begeistert. Überaus dankbar, vergalt es ihm seinen hervorragenden Dienst mit einem saftigen Trinkgeld in Form einer deftigen Schwanzwurzelentzündung. Die behandelte ich in der Folgezeit mit speziellen Bädern und Salben. Die Entzündung bezwang ich, aber der 5 cm große felllose Fleck an seiner Rute verschwand nie mehr. Meinen Liebling allerdings störte das kein bisschen. Er trug ja sein Schwänzchen sowieso am liebsten ordentlich auf dem Rücken gekringelt. Quinny fing sich ab und zu
einen ehemaligen Gast von Mato ein. Er war resoluter, hob sein Bein fast im 45 Grad Winkel und kratzte die Stelle wie toll. Vielleicht machte er dadurch sogar dem Floh selbst den Garaus. Eigenartig! Fee dagegen mochten diese Winzigbiester überhaupt nicht!!
Wer hat die schönsten Zangen?
Kein von mir erfundenes Kinderspiel! Es geht hierbei um ebenfalls winzige Tierchen, die eine ähnlich intensive Zuneigung zu unseren Hunden pflegten. Nur das Von-Hotel-zu-Hotel-Hopsen ersparten sie sich. Das ging doch viel bequemer! Es reichte, an Gräsern oder an der Unterseite des Buschwerkes herum zu krabbeln. Die sehnsüchtig mit hungrigem Magen erwarteten Hotels kamen schon von alleine. Von ausgesuchter Höflichkeit, streiften sie sich ihre Gäste beim Schnuppern selber ins Fell. Toller Service! Wer waren diese
kleinen Passagiere? Zangen bewaffnete winzige braune, schwarze oder auch beige Ungeheuer, uns Menschen unter dem Namen "Zecken" bekannt. In Hellerhof überwogen die beigen Exemplare. Ideale Tarnfarbe für Zecken in Matos Fell, aber auch als Rettungsmittel gegen mich als seinem Frauchen, das per gründlichster Knuddelei ihres Tieres mit Argusaugen darauf bedacht war, um Himmelswillen ja keine zu übersehen. Schlimmstenfalls übertrugen sie gefährliche Krankheiten, die für einen vierbeinigen Freund den Tod
bedeuteten. Beige Zecken in einem beigen Fell: Grauenvoll! Während der dann wegen "Zeckenjagd" zusätzlichen Schmusestunde redete ich besänftigend auf meinen Hund ein, damit er sich bloß nicht von der Stelle rührte. Mato war sehr brav und muckste sich nicht. Jeden Zentimeter tastete ich ab. Fündig wurde ich höchstens einmal per Zufall! Eigentlich möchte ich Ihnen die detailliertere Schilderung der nachfolgenden Schweinerei ersparen. Kurzum: Hatte ich sie gegen den Uhrzeigersinn aus der Haut heraus gedreht(
bitte aber mit Kopf, sonst gab es böse Entzündungen!), landeten die Tierchen nicht etwa im Klo. Nein, ich tötete sie durch Drauftreten. Einfach eklig! Nach einer gerade vorgenommenen Mahlzeit waren sie vollgesogen mit Blut, das bei meinen Mordversuchen richtig heraus spritzte. Schwierig, ihnen den Garaus zu machen, denn sie trugen einen Rückenpanzer, der enormen Druck aushielt. Also, nur mit Schwung. Igitt! In manchen Sommern waren es an jedem Tag mehrere Tiere, die ich auf diese Weise ins Jenseits beförderte.
Hinterher war mir meistens übel!
Streiche
Erwachsene Hunde sind beileibe keine Engel. Da sie zeitlebens im Kindesstadium verharren, bringen sie auch in höherem Alter Streiche, die Zweibeiner eigentlich in dem(!) Ausmaße von "reifen" Vierbeinern doch nicht mehr erwarten. Mato hatte sich das Vorrecht auf Klauereien im Küchenbereich gesichert. Was den nicht unerheblichen Rest unseres Hauses anging, teilten sich die Drei, ging es sich um verbotene Unternehmungen, ausgesprochen freundschaftlich sämtliche Betätigungsfelder, sprich: Räume.
Der Widerspenstigen Zähmung
Hier folgt keinerlei Anspielung auf das berühmte Theaterstück von Shakespeare! Obwohl, strenggenommen war es schon ein bühnenreifes Schauspiel, dass Mato mir da präsentierte. Von jeher war ich eine Pflanzenfanatikerin. Wie gerne hätte ich in einem Urwald gelebt! Aus diesem Grunde wimmelte es in meinem Haus von Palmen, Efeuaralien, Philodendron, Efeututen und Kakteen. Allein in meinem Zimmer auf dem Schreibtisch standen zwei Sukkulten, vor den Dachfenstern eine Kaktee auf und ein hoher Weihnachtssternbusch neben
meinem Nachttisch, direkt unter den Dachfenstern zwei Maranten. Von denen die eine sogar schon seit Monaten am laufenden Band winzige kleine, weiße Blüten hervorbrachte. Außerdem schaukelten natürlich von der Decke noch mehrere Blumenampeln. Wegen der Tropenluft unterm Dach gedieh sogar eine Bergpalme ausgezeichnet. Sie war schon bis zu einer Höhe von 1,50 m gewachsen und mein ganzer Stolz. Diese Pflanzenart ist relativ empfindlich. Nicht jeder kennt sich mit Gewächsen aus. Also, die Bergpalme hat lange, schmalen
Grashalmen nicht unähnliche Blätter. Genau das war meinem Mato auch aufgefallen. -- Dann kam´s: Seit mehreren Tagen wunderte ich mich morgens nach dem Aufstehen darüber, wieso stets eines, aber nur eines dieser Bergpalmenblätter neben dem Blumentopf lag. Am unteren Ende sah es wie exakt abgeschnitten aus. Ich hatte die Pflanze doch schon eine solch lange Zeit. Hoffentlich ging sie mir jetzt nicht doch noch ein. Merkwürdig, optisch strotzten sowohl die Palme als auch das abgetrennte Blatt vor Gesundheit, wie ich
bei gewissenhafter Überprüfung feststellte. Weder Läuse noch Blattkrankheiten! Die glatte Schnittkante des Blattes machte mich denn doch misstrauisch. Da stimmte doch etwas nicht. Moment einmal: Seit ein paar Tagen lag doch Knödelchen frühmorgens immer so verdächtig dicht neben dem Topf. Gab es da eventuell einen Zusammenhang? Meiner diesbezüglichen Unsicherheit wegen wartete ich noch mehrere Nächte ab, um entweder meinen Verdacht bestätigt zu sehen oder ihn vielleicht doch verwerfen zu können! Jeden Morgen dasselbe
Ergebnis: Jeden Morgen beförderte ich ein weiteres Blatt in den Abfalleimer. Die Blume sah mittlerweile erbärmlich aus. Nur oben an der Spitze trug sie ein paar kümmerliche Blätter. Eines Abends lüftete sich das Geheimnis: Mato ahnte nicht, dass er beobachtet wurde. Er marschierte in gemütlichem Tempo auf diese Palme zu, betrachtete sie liebevoll und guckte sich innerhalb von Sekunden andächtigen Blickes ein bestimmtes Blatt aus. Das knipste er fein säuberlich ab. Aber anstatt auf dem armen Etwas herum zu kauen,
ließ er es vor sich auf den Boden fallen und besah es von oben mit schief gelegtem Kopf. Dann legte er sich möglichst nah des grünen Stengels neben dem Übertopf nieder, schmatzte selig vor sich hin und schlief glücklich ein. Da ich es versäumt hatte,(was natürlich angebracht gewesen wäre), direkt auf seine Aktion hin mit ihm zu schimpfen, ließ ich ihn schlummern. Als am darauffolgenden Tag dieses Spiel dann zum x-ten Male wiederholt werden sollte, schritt ich ein. Mato bekam einen leichten Klaps auf seine Schnute
und ein strenges "Pfui!" zu hören. Ich sah nicht ein, diesem Tick meines Hundes die aparte Blume zu opfern. Klar, dass mir mein Liebling daraufhin ausgiebigst etwas vor schmollte. Doch ausnahmsweise kümmerte mich das herzlich wenig!
Seltsame Tiere
Trotz eigenes Spielzeuges, den überall herumliegenden Bällen, Baumwollknoten und Quietschetieren, bevorzugte mein Hundekleeblatt das umfangreichere Spielesortiment meiner Kinder. Bälle jeglicher Größe sowieso, aber auch alles Andere fanden sie mordsmäßig interessant. Obwohl schon fast erwachsen, horteten meine Töchter in ihren Zimmern regelrechte Stofftierzoos. Doch vernachlässigten sie ihres fortgeschrittenen Alters wegen die Stoffkinder in eigentlich sträflicher Weise. Fanden zumindest meine Tiere! Früher hatten
sie beobachten können, wie mit diesen "Wesen" gespielt und geschmust worden war. Warum sollten nicht auch sie sich damit prima beschäftigen können? Als Mato als noch junger Hund z. B. Katjas großen Steiffbernhardiner zum ersten Male zu Gesicht bekam, wunderte sich mein Tier doch beträchtlich. Frech, sich einfach hier niederzulassen! Merkwürdig: Sah aus wie ein Artgenosse und richtete sich in keinster Weise nach dem Hundeknigge. Nämlich, auch wie jeder ordentliche Hund seinen Pass ( persönliche Duftnote)
mit sich zu führen. Außerdem schien der an einer Lähmung zu leiden. Der war doch zu keiner noch so geringen Bewegung zu animieren! Ratlos stand mein Hund vor diesem arg komischen Kerl. Ich bildete mir ein, dass er angestrengt überlegte, was wohl mit dem los wäre. Irgendetwas stimmte mit dem nicht! War der etwa gar kein richtiger Hund? Ratlos stand Mato vor diesem eigenartigen Etwas. Der war ihm einfach zu blöd. Darum ließ er ihn denn erst einmal links liegen! -- Doch allzu lange währte die Waffenruhe zwischen
den echten und den unechten Vierbeinern nicht. Fee machte ihren beiden Kumpanen klar, dass selbst solche Stoffausgaben durchaus eine praktische Daseinsberechtigung hatten. Mit denen ließ sich viel anfangen! Diese Idee setzte Madame spontan in die Tat um. Die "Frauchen" dieser komischen Kerlchen waren nicht zu sehen. Also schlich sie mit schöner Regelmäßigkeit in eines der Jugendzimmer, mopste ein Stofftier, raste damit zu ihren beiden Freunden und machte Spielvorschläge. Die zwei Hundejungen beteiligten
sich begeistert am nachfolgenden Gerangel. Sie hängten sich zu dritt an das bedauernswerte Stoffwesen und führten mit vereinten Kräften einen strengen Qualitätstest durch. Wie lange wäre es fähig, die wilde Zerrerei auszuhalten? Ich dagegen überlegte: "Wann gibt das Teil wohl seinen Geist auf, so dass anschließend ich die Stofffetzen überall im Haus zusammen klauben darf?" Denn, meine Vierbeiner entfernten wohl kaum die Spuren ihrer Spielerei! In der Beziehung verhielten sie sich eher wie meine Töchter,
wenn etwas in Ordnung gebracht werden sollte. Außerdem wäre "Aufräumen" ja wohl kein Hunde gemäßes Verhalten gewesen! Allerdings auch nicht "normal" für den menschlichen Nachwuchs: Meine reizenden Kinder jedenfalls hüteten sich in der Regel davor, der Mama Hilfe bei der Hausarbeit anzubieten. Sonst hätten sie sich daran nämlich häufiger beteiligen dürfen! -- Entdeckten meine Mädchen, dass zum x-ten Male schon wieder eines ihrer Stoffkinder auf die oben beschriebene Weise "gestorben"
war, setzte bei ihnen berechtigte Wut ein: "Mensch, Mato, Quinny, Fee! Seid ihr total plemplem? Macht euer eigenes Spielzeug kaputt, ihr bekloppten Viecher!" Beleidigten Blickes beschwerte Mato sich dann bei mir. "Frauchen, wir sind doch keine bekloppten Viecher. Wir benehmen uns immer soo vornehm!" Ach, dieser Kulleraugenblick! Trotzdem, ich blieb hart! Nach einem solchen Streich durften er und seine beiden Kameraden nicht mit meiner Unterstützung rechnen. Im Gegenteil! Zur Strafe sauste
ihnen das berühmte Reklameblatt auf den Po. Ich stand auf der Seite meiner zweibeinigen Kinder. Ihr Pech!
Der Misthaufen
Wegen seines unstillbaren Freiheitsdranges blieb Mato zeitlebens ein Leinenhund. Zuhause nervte ich meine Töchter mindestens dreimal pro Tag: "Schließt bloß die Tür zu. Sonst ist Knödelchen futsch!" Von Zeit zu Zeit vergaß ein in verliebte Träume versunkener Teenager natürlich diese Ermahnung. Die Tür blieb offen, Mato nahm das hocherfreut zur Kenntnis und düste zu einem längeren Ausflug ab in die goldene Freiheit. Endlich ´mal keine Kommandos, nur sein eigener Wille zählte! Mich kosteten diese unerlaubten
Touren meines Lieblings enorme Nervenkraft. Verursachte er einen Unfall? Oder, ...was, wenn er auf die nahe Autobahn rannte...? Bloß nicht drüber nachgrübeln! --So weit, wie das folgende Abenteuer mittlerweile in der Vergangenheit zurück liegt, kann ich heute lauthals darüber lachen. Selbstverständlich trug sich diese Episode an einem Nachmittag zu, an dem ich nicht daheim war. (So ahnte ich ja nichts...!). Mato war durch die ´mal wieder offenstehende Haustür von dannen gedüst. Die Erinnerung an den schönen
Misthaufen des nahegelegenen Gut Hellerhofes veranlasste meinen Hund, natürlich den Weg dorthin einzuschlagen. Es war ja niemand da, der ihn daran gehindert hätte. -- Mir fiel es relativ leicht, mir mit etwas Phantasie auszumalen, was sich während dieses Alleintrips so alles abspielte: Nach wenigen Minuten erreichte er flotten Tempos sein Wunschziel. Ein paar letzte Hopser, und er stand auf dem herbeigesehnten Misthaufen. Hach, war der weich, warm und soo kuschelig! Genießerisch wälzte er sich ausgiebigst darin.
Typisch Hund: Der Gestank versetzte meinen vierbeinigen Schatz in Hochstimmung. Per Rolle vorwärts plus rückwärts rieb er sich dessen Duft so gründlich als möglich ins Fell. Mit dieser Gymnastikübung würdigte er sämtliche Seiten des kleinen Berges. Fazit: Er wurde zunehmend zu einer Miniausgabe jenes miefenden Berges. Mato schwebte garantiert im sechsten Himmel. Ob er wohl seiner neuen Duftnote wegen die Hellerhofschen Artgenossen ihm noch mehr Respekt als ohnehin schon erwiesen? Bestimmt würde es in Folge
keiner wagen, sich keck auf einen Rangordnungskampf mit ihm noch einzulassen. Solch einen tollen Geruch hatten die alle nicht vorzuweisen! Tja, meine Phantasie half, mir vorzustellen, was Hund da bedacht hätte, wenn er dazu fähig gewesen wäre. Zu schade! Mir war ja das zweifelhafte Vergnügen nicht vergönnt gewesen, ihn während seines munteren Treibens auf dem "duftenden" Berg zu beobachten. Ob ich den penetranten Gestank lange ertragen hätte? -- Zuhause hatten meine Töchter entsetzt festgestellt, dass
Knödelchen ´mal wieder auf Tour war. Im ganzen Haus hatten sie ihn gesucht. Nichts! Aufgeregt überlegten sie, welches Ausflugsziel er gewählt haben könnte. Richtig, der Misthaufen! Sie beschlossen, zunächst dort nach ihm zu fahnden. Zum Glück waren es nur wenige Schritte bis zum Bauernhof. Als sie um die letzte Kurve bogen, fiel ihnen ein Stein von Herzen. Wen sahen sie denn da, (sozusagen als Ersatzhahn!), oben auf dem kleinen Berg herum hopsen? Die reinsten Kapriolen schlug mein Hund vor Freude. Seiner Meinung
nach gehörte dies toll stinkende Etwas da ihm! Noch, aber nicht mehr allzu lange! Denn meine Töchter planten, dieses vor Glückseligkeit laut vor sich hin quietschende Tier im Zeitraffertempo schleunigst aus dem sechsten Himmel zurück auf den Boden der Tatsachen zu befördern. Also: "Runter da, Mato!!" Denkste! Soo einfach machte es ihnen ihr vierbeiniger Freund nicht. Dazu war es da oben drauf viel zu gemütlich. Er hatte ein noch längeres Verbleiben geplant. Sie hörten Hund´s Wonnequietschen, ab und
an unterbrochen von einem regelrechten "Jubel-Wuwuuuh!" Unfähig, seine Freude zu teilen, hielten sie sich des Geruches wegen nur noch verzweifelt die Nase zu. Bei dem gedanklichen Rückschluss, höchstwahrscheinlich den stinkenden Hügel erklimmen zu müssen, um das geliebte Knuddelvieh herunter zu lotsen, sank ihre Stimmung erstaunlich schnell in den Minusbereich. Das würde ein Problem! Nie im Leben käme der freiwillig da runter! Angeekelt, kletterten sie notgedrungen durch den Mist bis hinauf zu Mato,
erwischten ihn gottlob bereits beim ersten Fangversuch am Halsband und zogen das sich heftig sträubende Wollknäuel energisch auf den Weg zurück. Hund, deswegen völlig zerknirscht: "Knurr, jaul, winsel! Wie haben die mich denn so rasch gefunden?" (Ich, sein Frauchen, gab im Nachhinein die einzig zutreffende Erklärung dazu ab: "Knödel, wir kennen dich!"). Daheim eingetroffen, beratschlagten meine vier Mädchen, wie sie ihrem Mato wieder ein für das menschliche Riechorgan angenehmes Parfüm "anzaubern"
könnten. Unser ganzes Haus hatte den Geruch bereits angenommen und miefte wie ein einziger, riesiger Misthaufen lustig vor sich hin. Das hielt kein normaler Mensch auf Dauer aus. Töchterchen kamen überein, eine Volldusche für Mato wäre unumgänglich. Doch bei dem Gedanken daran drehte sich ihnen schon im Voraus der Magen um. Überlegung: Mato und gegen seinen Willen auf ihn niederplatschendes Wasser - ein Vergnügen besonderer Art! Denn das hasste Hund wie die Pest. Ohne Wasser funktioniert "Duschen" aber
nicht! So war der entsprechende Zirkus vorprogrammiert. Hunde sind sensible Wesen. Mato spürte, dass ihn etwas von ihm Ungewolltes und für ihn Unangenehmes erwartete. So sträubte er sich nach besten Kräften, als Hoppel ihn am Halsband die Treppe hoch zerrte. Unterstützt von ihren drei Geschwistern, die eifrig von unten schoben. Voller Angst und Verzweiflung piepste Mato in den höchsten Tönen wie ein abgestochenes Schweinchen. An unserem Grundstück entlang schlendernde Spaziergänger argwöhnten garantiert ob dieser
schrillen Geräusche, ob da Tierquäler am Werke wären. Oben angekommen, näherte sich meinem Hund in beängstigender Schnelligkeit die Badezimmertür. Für Matos Hundegehirn stand längst fest: Es ging in die Dusche! Knödelchen versuchte, sich durch heftiges Rucken los zu winden. Nach vorne, nach hinten und zur Seite. Aussichtslos! Erstens waren meine Töchter in der Überzahl, zweitens im Klammergriff gut geübt. Hoppel verfütterte vorne Salamischeiben. Derweil manövrierten Nicki, Tina und Katja stöhnend vor Anstrengung
Mato im Hauruck-Verfahren von hinten in die Dusche hinein. Die hätte meinen Hund ohne die Wurstscheiben-Leckerchen wohl nie gesehen! Es fielen die ersten, zudem anfangs noch eiskalten Tropfen. Dann fing es an zu rauschen. Matos Psyche zuliebe allerdings schon eher lauwarm. Der sollte ja nicht an einem Schock verenden. Das Rauschen kündigte übrigens von etwas mehr als nur Tröpfchen. Ein regelrechter Wasserfall platschte auf Hund nieder. Prompt steigerte er seine Sangeslust. Anfangs waren es leisere Übungsquietscher,
die sich aber in Windeseile zu weithin vernehmbaren Opernarien emporschwangen. Mit meinen Worten: Hund heulte sich aus Leibeskräften vor lauter Panik die Tonleiter rauf und runter. Die dargebotene Wurst konnten meine Töchter essen. Selbst die brachte ihn nicht mehr zum Schweigen. Stellen Sie sich vor: Da tropfte doch frech lauwarmes Wasser auf mein Angsthäschen herab. Wie grauenvoll! Meine Töchter hielten ihren vierbeinigen Freund eisern fest. Denn so, wie der arme Kerl unter Anspannung stand, hätte er garantiert
bei eventuellen Fluchtversuchen das ganze Badezimmermobiliar umgeräumt. Sogar die Badezimmertür hatten sie vorsorglich abgeschlossen, damit er nicht etwa trotz Aufsicht doch noch entwischte. Abgeschlossen? Ja, Mato konnte nämlich Türen öffnen! Ein Talent, das Hundebesitzer bei ihren Tieren ganz außerordentlich schätzen. Doch da war mein Nachwuchs sich einig: Den ließen sie erst wieder raus, wenn der unmögliche Gestank verflogen wäre! Sein Jaulen und Brüllen scholl in beachtlicher Lautstärke durchs Haus. Fee und
Quinny sagten sich: "Alarmstufe 1!" Eilten besorgt in Richtung Bad heran. Mein Hundemädchen, eine fanatische Wasserratte, deutete das Rauschen zwar richtig als "Dusche!", doch da Matos Jammern immer kläglicher klang, zweifelten seine beiden vierbeinigen Kameraden doch allmählich daran, ob hinter der Tür alles mit rechten Dingen zuginge. Vielleicht wurde ihr Rudelführer wider ihrer Annahme ja doch gequält?? Diese Ungewissheit im Hundeherzen ließ sie zunehmend nervös werden. Nach weiteren 10
Minuten "Herrschergebrülls" hätten sie sich vor panikartiger Sorge seinetwegen am liebsten durch die Türe durchgebissen, um ihren großen Freund aus den Händen dieser potentiellen Tierquäler zu befreien. Wäre aber auf Kosten ihrer süßen Beißerchen gegangen, mit einem garantierten, anschließenden Tierarztbesuch. Bloß das nicht! Die verschlossene Tür vor Augen, zogen sie es darum entschieden vor, sich stattdessen mit wahnsinnigem Bellkonzert zu bescheiden. Dessen Qualität konnte unser ganzer Stadtteil
bezeugen - ein Höllenspektakel! Meinen Töchtern ging dieser Krach mächtig an die Nieren: "Gebt ihr endlich Ruhe, ihr dämlichen Viecher? Wir murksen euer Matochen schon nicht ab!" "Konnte jeder behaupten!" Sagten sich Fee und Quinny, beruhigten sich demnach trotz dieses Beschwichtigungsversuches nicht im Mindesten und keiften in unveränderter Lautstärke munter weiter. Etwa eine Viertelstunde später öffnete sich endlich, endlich die Zaubertür. Mato war nicht wiederzuerkennen. Der tolle Misthaufenduft
war verschwunden, Hund nervlich am Ende. Total entkräftet schlich er wie in Trance an seinen beiden Freunden vorbei zu seinem Körbchen, in dem er sich erschöpft zusammen kringelte, um sich von dem ausgestandenen, seiner Überzeugung nach ihm eigentlich unzumutbaren Stress zu erholen. Wir sämtlichen zwei- bzw. vierbeinigen Hausbewohner kannten unseren Knödel ja schon etliche Jahre. Bis der sein volles Selbstvertrauen wieder aufgebaut hätte, dauerte es gut und gerne mehrere Stunden. Seinem Quinny tat Mato sehr leid.
Knutschiboy versuchte, Trost durch Ohrenknabbern zu spenden. Umsonst! Sein Rudelführer war dermaßen groggy, dass er noch nicht einmal imstande war, auf diese Zärtlichkeit wenigstens minimal zu reagieren. -- Hoppel schilderte mir dieses wilde Abenteuer abends am Telefon. Ich erschrak Matos unerlaubten Ausfluges wegen, lachte Tränen über das Duschabenteuer und war letztendlich sehr stolz auf meinen Hund, der während des ganzen Theaters trotz extremer Panik auch nicht ein einziges Mal meine Töchter angeknurrt hatte.
Sofort nahm ich vernarrtes Frauchen die Gelegenheit wahr und lobte ihn deswegen über den grünen Klee. "Matochen ist ja auch sowas von lieb!" bestätigte mir daraufhin meine Älteste selig. "Bärwutz ist der liebste Hund auf der ganzen Hundewelt!" Bärwutz nannte sie ihn, wenn sie neben ihrem Liebling auf dem Teppich liegend, dieses Riesensteifftier abknuddelte.
Hitze
Haben Hündinnen alle halbe Jahre, meistens (offiziell!!) im Frühjahr und nochmals im Herbst. Inoffiziell richteten sich die modernen vierbeinigen Prinzessinnen schon längst nicht mehr nach dieser von ach so schlauen Hundezüchtern aufgestellten Regel. Sie entschieden das sehr emanzipiert selber! So begegnete ich das ganze Jahr über zu jeder offiziell unmöglichen Zeit heißen Weibchen. Wie schön für meine beiden Hundejungen, die vor Begeisterung jedesmal aus dem Häuschen gerieten. Das war aber nur zu verständlich,
denn das Parfum dieser Mädchen war einfach umwerfend. Richtige Männer auf vier Beinen begaben sich schleunigst auf Freiersfüße. Vielen wurde das leider von den ihnen anvertrauten Zweibeinern strengstens untersagt. Doch kluge Hunde wussten Rat: Wozu hatten Türen Klinken, auf die man draufspringen konnte. Was hinderten einen denn im Liebeswahn die üblichen Niedrigzäunchen? Ein Hopser, und es war geschafft! Schwierig wurde es allerdings, über 2m Zäune zu entwischen. Das brachten nur die Hochleistungssportler unter
den Hunden. Und unter diesen sich in angemessener Zeit durchzubuddeln, blieb den kleineren Ausgaben vorbehalten. Versuchten größere Exemplare, sich durch sehr viel zeitraubendere Arbeit ein entsprechend tieferes Loch zu graben, wurden sie meistens erwischt und hatten frustriert die Hoffnung auf ein unerlaubtes Liebesabenteuer fahren zu lassen. Auch Dackelblicke konnten die nachfolgende, deftige Schimpfe nicht verhindern. Oft hatte bei der eifrigen Buddelarbeit ausgerechnet das Lieblingsblumenbeet von Frauchen
bzw. Herrchen dran glauben müssen. Waren clevere Exemplare doch wider Erwartung ihrer Besitzer in die Freiheit entkommen, stöberten sie die Dame ihres Herzens problemlos auf. Die Hundenase nahm solch attraktive Gerüche schon aus Kilometer weiter Entfernung wahr. Zur Freude des Besitzers dieser Hundedamen, vor deren Häusern sich manchmal ganze Scharen vierbeiniger Verehrer versammelten und wie auf Kommando ihren Liebesgesang anstimmten. Twens hätten wahrscheinlich ihre Mädchen gefragt: "Sag einmal, wo hast
du denn dieses tolle Parfum her - ist ja irre!?" Vierbeinige Männer schnüffelten, schnüffelten, schnüffelten...!! So taten auch Mato und Quinny. Von Tag zu Tag schnupperten sie engagierter an Fee herum. "Madämchen" fand das gar nicht mehr lästig und genoss es mit zunehmender Begeisterung. Meine beiden Jungen waren ja nicht kastriert, also vollständige Hundemänner, die zudem sehr gut Bescheid wussten. Fees Duft wurde immer intensiver. Mato und Quinny regten sich viel zu sehr auf! Damit keine Katastrophe
in Gestalt von bis zu 13 Welpen auf mich zukäme, ließ ich mir so Manches einfallen. Mein Tierarzt verschrieb mir ein Mittel, das das Engagement der beiden Rüden stark bremste. Fee kaufte ich eine schicke schwarze Hundemonatshose (ja, so etwas gibt´s wirklich!), die sie sich aber nach ein paar Tagen durch vermehrte Strampelanstrengung abzustreifen lernte. Das schicke Ding tauschte ich schließlich gegen eine ausrangierte weiße Unterhose aus, bei der ihr Ausziehtrick nicht fruchtete. Und der richtige Kniff blieb
ihr gottlob verborgen. Den beiden Rüden verpasste ich, um ja auch das kleinste Restrisiko auszuschließen, eine Modeeigenkreation. Aus alten Bettlaken schnitt ich breite Streifen, in die ich Monatsbinden klebte. Diese entzückende Konstruktion wurschtelte ich meinen Casanovas an entsprechender Stelle um den Bauch. Gehalten wurde das Ganze durch eine riesige Bettlakenschleife, die sie in Rosa (!) auf dem Rücken trugen. Meine Hundemänner wirkten in ihren Kostümen mit den rosa Schleifchen fast wie Geschenkpakete.
Das wiederum löste bei meinen Töchtern lautes Kichern aus. In ihrer Mannesehre gekränkt, verdünnisierten sich Mato und Quinny unter die verschiedenen Eckbänke, um sich unsichtbar zu machen. Eigentlich hätten sie es vorgezogen, zu diesem Zweck auf den Dachboden zu verschwinden. Doch die ausziehbare, extrem steile und obendrein schmalstufige Leiter hinauf kraxeln...? Dafür waren sie zu unsportlich! Die Stunden unter der Eckbank waren für beide Hunde garantiert nicht so sehr unterhaltsam. Bestimmt nahmen die Zwei
an, es sähe sie so wenigstens keiner!
Mato büchste nach wie vor nur zu gerne aus. Wieso sollte er auch ausgerechnet zur Hitzezeit, in der "der Duft der großen weiten Welt" sein Hundeleben aufs Angenehmste versüßte, darauf verzichten? Wie das eben von Zeit zu Zeit bei uns üblich war, stand eines gewissen Nachmittags die Haustür offen. Mein vierbeiniger Freund kriegte das mit, reagierte blitzschnell und war prompt weg. Im Herzen die nicht so ganz unberechtigte Hoffnung auf ein amouröses Abenteuer. Von Fee kannte ich keine unerlaubten Touren.
Doch auch sie war heiß und dadurch innerlich umgepohlt. Von Neugierde getrieben, was "ihr" Mato wohl geplant haben mochte, begleitete sie ihn in ihrer weißen Unterhose nach draußen. Ein Bild für die Götter: Mato, eskortiert von einer jungen Dame ganz in Weiß! Meine beiden Racker durchkreuzten zunächst Hellerhof, setzten ihren Trip in Richtung der Felder fort, an denen entlang ich sehr oft mit ihnen lange Ausflüge unternahm. Sie erreichten eine gottlob nur mäßig befahrene Umgehungsstraße, überquerten
diese und spurteten fröhlichst auf das dann nahe Naturschutzgebiet zu. Bevor sie jenes Wildgebiet jedoch erreichten, entdeckten sie linker Pfote eine große, von hohen Bäumen umrahmte Lichtung, die ihnen ausnehmend gut gefiel. Begeistert erklärten die Beiden sie zur Spielwiese und tobten dort miteinander wie die Verrückten. -- Derweil zu Hause: Zwei Hunde weg. Meine Nerven zum Zerreißen gespannt! Wenigstens Quinny war daheim geblieben. Besser, ich dachte gar nicht erst darüber nach, was meinen Tieren alles zustoßen
könnte. Ein Gedanke tröstete mich etwas: Allein peste Mato bestimmt nicht ins Naturschutzgebiet. Dafür roch Fee zu gut. Sie vergnügten sich auf alle Fälle ausschließlich nur gemeinsam und gingen garantiert nicht getrennter Wege. Dessen konnte ich mir sicher sein! Schuhe an, und rennend die beliebtesten Spazierwege abgeklappert. Am Feld an der Grenze zu Monheim-Baumberg traf ich zufällig eine Bekannte, selbst Hundebesitzerin und meinen Tieren ausgesprochen wohl gesonnen, die mir verriet: "Ihre Lieblinge habe
ich gerade auf der Wiese vor dem Naturschutzgebiet spielen sehen. Die sahen so glücklich aus!" Vor allem das Letztere glaubte ich ihr aufs Wort. Mir fiel ein Stein vom Herzen. Wenigstens hatte man die Schlingel gesehen. Aber klar waren die happy! Endlich keiner dabei, der sie herum kommandierte! Ich dagegen war alles andere als glücklich. Die Sorge um meine Lieblinge machte mir arg zu schaffen: "Was wird, wenn sie Waldgebiet durchstöbern?" Ich wusste, dass in einigen Fällen dort Hunde erschossen
worden waren, da man sie für wildernde Tiere gehalten hatte. Nein, jetzt bloß diesen furchtbaren Gedanken verdrängen! Lieber positiv denken! Ich legte noch an Tempo zu, umkurvte ein dichtes, breites wie ein Wall sich mir in den Weg stellendes Buschwerk und stand am Rande eben jener Lichtung. Ich durfte aufatmen. Wen sah ich denn da wie zwei wild gewordene Handfeger über die Wiese flitzen? In der Annahme, sie seien gänzlich unbeobachtet? Waren diese beiden Riesen etwa mein Knödelchen und mein Fledermäuschen,
wie ich meine Fee ihrer langen Ohren wegen in zärtliche Minuten oft nannte?? Meine Bekannte hatte deren Spielverhalten mehr als zutreffend beschrieben. Soo gebärdeten die sich in meiner Gegenwart nur selten! Von etwa Kleinlautwirken ihres unerlaubten Ausfluges wegen konnte keine Rede sein. Noooch nicht! Die innere Anspannung legte sich.. Doch der ausgestandene Stress ließ mir doch noch ein wenig die Beine zittern. Um mich zu beruhigen, stand ich still und atmete ein paar Male ganz tief durch. Dann rief ich Fee
zu mir, die sofort begeistert wedelnd auf mich zusprang. Sie hatte mich wohl längst erspäht. In viel gemäßigterer Gangart folgte Mato. Der kannte mich ein ganzes Jahr länger als Fee und erahnte schon das nicht vermeidbare Donnerwetter. In dem Moment, als die Zwei bei mir angekommen waren, trat vom anderen Ende der Wiese ein Liebespärchen auf die Lichtung, sah meine Fee in deren weißer Unterhose und lachte sich halb kaputt. Je näher die jungen Leute herankamen, umso besser konnten sie der Schimpfkanonade lauschen,
mit der ich da meine Tiere bombardierte. Sie amüsierten sich königlich, was mir in meiner aufgestauten Wut aber piepegal war. Ich machte meinem Herzen ordentlich Luft: "Habt ihr eigentlich einen Knall?" zeterte ich. "Frauchen hat aus Angst um euch ganz Hellerhof durchkämmt. Das war ja wohl die Höhe, was ihr euch da geleistet habt!" Ich schimpfte mir die ganze Aufregung von der Seele. "Siiitz!" hieß es. Das klang so sauer, dass meine beiden Sünder vor Schreck direkt auf ihre vier
Buchstaben plumpsten. Selbst Mato wagte es nicht, vielleicht doch einen Moment lang zu zögern. Meine Hunde verständigten sich per mehr als vielsagendem Seitenblick. Der war so aussagekräftig, dass ich das gerne übersetzen werde: "Oh Hund, hat die aber jetzt eine Laune. Ich glaube, es ist besser für uns, wir gehorchen!" Damit hatten sie allerdings auffallend Recht. "Ihr geht jetzt die halbe Stunde Wegstrecke nach Hause streng bei Fuß. Wehe, ihr muckst auf!" Stinkwütend legte ich sie an die
Leine. Eng nebeneinander trabten sie dann an meiner linken Seite. Knödelchen versuchte kein einziges Mal, seinen Kopf in irgendeiner Weise durchzusetzen. Zweifelsohne und doch mehr als erstaunlich: Der Macho hatte Muffensausen! Die Zwei schlichen regelrecht geplättet neben mir her. Meine augenblickliche Stimmung sagte ihnen absolut nicht zu; um Himmels willen jetzt nicht unangenehm auffallen! Eine zusätzliche kleine Strafaktion ließ ich dann bei der Ankunft daheim folgen. Um die beiden Frechdächse kümmerte ich
mich nicht mehr die Bohne, sondern ließ sie einfach stehen. Stattdessen schmuste ich ostentativ mit meinem kleinen Smartie, der sich an dem unverschämten Streich nicht beteiligt hatte. In den nächsten Minuten bewies mir Quinny, wieso er den niedlichen Kosenamen unbedingt verdiente. "Frauchen, ich würde das nie tun, dafür habe ich dich viel zu lieb!" Er genoss es, absoluter Mittelpunkt zu sein, stand mit übergroßen Kulleraugen da und schmalzte mir nach Kräften was vor. Sein Dackelblick verriet mir soo
viel! Nur zu gerne fiel ich auf diese süße Schmalzflocke herein. Mato plus Begleiterin nahmen das sehr gekränkt zur Kenntnis. Tja, sie hätten ja nicht ausbüchsen müssen!!
Der Bio-Eimer
So ein kleiner Eimer hinter der Küchentür ist eine anregende Sache. Hundenasen im 7. Schnüffelhimmel, geht es um wohlriechende Abfälle! Mato hielt mich bestimmt für ein extra gemeines Frauchen. Ich hatte doch tatsächlich für solche Köstlichkeiten ein Behältnis mit einem schweren Deckel gewählt. Mato roch leckeres Fleisch, alarmierte seine Kameraden, worauf die Drei schleunigst in Richtung Bio-Eimer marschierten. Klasse, ich nicht in der Nähe, der Papa auch unsichtbar und die liebe Kinderschar sicher verwahrt
in der oberen Etage, also los! Aber wie sollte er bloß diesen schweren Deckel anheben? Zu dumm, der Geruch war einfach phantastisch! So fasziniert, wie meine drei Racker den Grund irrer Freude betrachteten, bemerkten sie gar nicht, dass ich sie schon einen ganze Weile grinsend beobachtete. Wie ratlos die da vor dem schönen Eimer standen! Bei dem süßen Anblick dieses seiner Unfähigkeit wegen bedröppelt dreinschauenden Hundetrios eröffnete ich ihnen, mit deutlichem Triumph in der Stimme: "Ätsch, meine Süßen!
Das habt ihr euch so fein gedacht. Der bleibt zu!" Erschrocken ob der unerwarteten Störung, als auch beleidigt, dass ich sie ausgetrickst hatte, drehten Mato und Genossen augenblicklich ab, ließen den Eimer "Eimer" sein und marschierten schwer gekränkten Blickes deprimiert an mir vorbei in die Diele. Soo ein Frauchen aber auch!
Wie nett
Mittagessen zog mein Hundetrio von jeher magisch an. Doch dreifache Hundebettelei am Tisch war recht lästig. Deshalb hatten sich die Tiere für die Dauer unserer Mahlzeiten in der Diele aufzuhalten. Erst nach deren Beendigung stand die Küche für sie wieder offen. Meine Töchter entschwanden in die oberen Gefilde. Natürlich, ohne vorher ihr Geschirr pflichtgemäß in der Spülmaschine unterbracht zu haben. Öfters stand dann noch ein halb leerer Teller verwaist herum, da der zugehörige Teenager sich einbildete, ausgerechnet
durch den letzten Bissen drastisch an Gewicht zuzulegen. Keine Mama und keine Töchter da, prima! Wollte Mato etwas stiebitzen, war er alles andere als eine träge Ausgabe Hund. Vor dem Preis kam bekanntlich der Fleiß. Und den bewies dann mein ältester Wauwau! Er sprang auf die Kücheneckbank und setzte sich wohlerzogen brav an den Tisch. Aber bitte eine Vorderpfote rechts, die andere links vom Teller. Ein schlechtes Gewissen wegen der unerlaubten Aktion: Wiiesoo?? Viel eher lobte der sich insgeheim, da er ja auf
dem Tisch für Sauberkeit sorgte. Doch manchmal stießen trotz seiner behutsamen Vorgehensweise Geschirrteile mit lautem Klirren aneinander. Solche Geräusche versetzten nun einmal mich als erfahrenes Frauchen sofort in Alarmbereitschaft. Und das zog dann nach sich, dass ich im Irrsinnstempo in meine Küche flitzte, um dort Knödelchen dabei zu erwischen, wie er soeben das letzte Krümelchen andächtig auf schleckte: Pech gehabt! "Piept es bei dir?" fragte ich ihn ein wenig unhöflich. Dazu schwieg sich Mato
lieber aus. Einzige Reaktion: Ein knatschiger Blick! Worauf mein pfiffiger Hund sich dann, taktisch klug, schnellstens unter der Eckbank verkroch. Den sähe ich frühestens in einer guten halben Stunde wieder. So lange pflegte Monsieur nämlich auf Schimpfe dieses Ausmaßes hin zu schmollen. "Wieso aber," würde er rätseln, "hatte sein Frauchen das schon wieder spitzgekriegt?" "Tja, Knödel, wenn das Porzellan so toll klappert!"
Kochhilfe
Ein äußerst zuvorkommender Hund. Den quälte es, zuzusehen, wie ich mich mit der täglichen Kocherei abplagte. Da hatte er mich zu unterstützen! Diese edle Idee bemächtigte sich seiner bezeichnenderweise vorwiegend dann, gab es ein Fleischgericht Eines Mittags briet ich die von Katja so sehr geliebten Frikadellen. Damit ich nicht nach der Kocherei stundenlang meine weiße(ach, wie praktisch, nie wiieder!) Arbeitsplatte scheuern müsste, hatte ich die vorbereiteten Fleischbällchen auf eine Schicht Alufolie gelegt,
um sie anschließend portionsweise in der Pfanne zu braten. Knödelchen schaute mit wachsendem Interesse zu. Sein Plan stand innerhalb einer Sekunde fest. Wie er ja durch langjährige Erfahrung wusste, wäre es eine Kleinigkeit, mich auszutricksen. Er kannte mich ja lange genug! Im Sicherheitsabstand von 1m zu mir leistete er mir dann vor der Arbeitsfläche Gesellschaft und schnupperte prüfend. Das Ergebnis dieses Tests: Ja, heute wäre ein Versuch lohnenswert! Blitzschnell reckte er sein Schnütchen ein wenig in die
Höhe und schnappte sich den frei überstehenden Zipfel der Folie. Aus nur zu gutem Grunde hatte ich die Frikadellen recht weit nach hinten gelegt. Es blieb ihm also nichts Anderes übrig, als sie erst einmal näher in seine Richtung zu ziehen. Ob ich das wohl merkte? Da kam von mir auch schon die Zurechtweisung: "Matochen, lass das sofort sein!" Wegen des Tonfalls dieser Kritik entschied er, dass wäre ja nur eine sehr sanfte Anmerkung meinerseits. Denn ich hatte ja " ...chen!" gesagt!. Nach charmantem
Seitenblick und fröhlichem Schwanzwedeln in meine Richtung setzte er also gänzlich unbeeindruckt seine Arbeit fort. "Na warte, du Frechdachs!" Jetzt war es soweit: "Lässt du das jetzt sein, oder... möchtest du die Zeitung?" Nein, der(!) Vorschlag gefiel ihm ja nun gar nicht! Wegen meiner nun energischeren Sprechweise als auch des verhassten Wortes "Zeitung" verlor er jeglichen Spaß an seiner tollen Beschäftigung und brachte sich total frustriert in Sicherheit. Ideal zu diesem Zweck:
Der Wohnzimmertisch mit seiner weit herunter hängenden Tischdecke, unter dem er sich versteckte. Da käme dieses doofe Raschelzeug bestimmt nicht drunter gekrabbelt. Wie gut, dass Knödelchen meinen Gesichtsausdruck nicht sah. Ich habe schrecklich gelacht! Mein süßer Hund hatte es wahrlich faustdick hinter seinen niedlichen Ohren.
Schleckermäulchen
In überraschend vielerlei Hinsicht sind sich Mensch und Hund einig. Insbesondere, handelt es sich dabei um exklusive Menüs. Auch auf mich und meine Tiere traf das zu. Kein Wunder also, dass es zu Matos Lieblingsbeschäftigungen gehörte, mit Argusaugen zu beobachten, was sich so in der Küche tat. -- An einem Sonntagmorgen saß Alex am Küchentisch und belegte Erdbeertörtchen. Zu seinen Füßen hockte Mato und zählte fleißigst Erdbeerchen. In grenzenlosem Vertrauen zu meinem Hund verließ der Vater meiner Kinder nach
vollbrachter Tat den Raum. Die Törtchen standen verwaist auf dem Tisch. Dafür erntete Alex in Wauwaus Herz´ sicherlich ein großes Lob: "Das ist aber lieb von Dir!" Eine Minisekunde noch zögerte Mato. Doch einer solchen Verlockung widerstand er nicht. Niemand in Sichtweite. Also los! Mit einer beachtenswerten Schnelligkeit verputzte er dann nicht etwa nur eine dieser Köstlichkeiten, sondern entfernte gründlichst sämtliche störenden Farbflecke vom Tisch. Ein bereit stehender Stuhl erleichterte alles.
Der Rest... kein Problem! -- In der Diele kam mir Alex entgegen: "Du, ich hab Erdbeertörtchen vorbereitet. Sie stehen in der Küche." "Klasse!" meinte ich und dachte: "Dann kann ich mir heute das Backen sparen!" Erfreut wanderte ich zur Küche. Wie angewurzelt blieb ich in der Tür stehen. Wo waren denn da Erdbeertörtchen? "Wo hast du die denn versteckt? Auf dem Tisch sind keine!" "Hääh!", machte Alex wenig intelligent. "Ich habe sie doch dahin gestellt!"
Als Hundemama kam mir sehr rasch ein bestimmter Verdacht, zumal von meinem ältesten vierbeinigen Liebling nichts zu sehen oder zu hören war. Sollte er etwa...? -- Kurz darauf trippelte mir jenes Etwas auf der Treppe auf dem Weg aus dem Keller ins Erdgeschoss mit verdächtig geknicktem Blick entgegen. Aha! Den(!) Augenausdruck kannte ich nur allzu gut. Der konnte mich nicht mehr täuschen. Zumal ich ihm noch etwas ganz Anderes anmerkte: Nämlich grenzenlose Zufriedenheit! Und wodurch es zu der gekommen war, brauchte
es kein längeres Nachdenken. Armer Mato! "Hör ´mal! Schon wieder du...?? Ich bin`s leid. Jetzt gibt´s die Zeitung!" Wäre mein Hund dazu fähig gewesen, hätte er seine putzigen Stehöhren zwecks schnellerer Frauchenbesänftigung innerhalb von Sekunden zu weit herunter hängende Cockerspanielohren umgeformt. Ging nur leider nicht! So musste der arme Kerl wirklich dran glauben und den tüchtigen Klaps mit dem Reklameblatt ertragen. Doch beeindruckte ihn das herzlich wenig. Die Erdbeertörtchen verwahrte er ja
längst sicher in seinem Bauch. Die konnte ihm keiner mehr nehmen!
Die Kommuniontorte
Evangelisch oder katholisch? Völlig unwichtig, ging es um die Vorbereitungen für gewisse Festivitäten. Für solche Feiern buk man massenweise Kuchen und/oder auch Torten. In der Annahme, sämtliche Gäste stünden bei ihrer Ankunft knapp vor dem Hungertode. Diesmal feierte Nicolette, (gen. Nicki, Tochter Nr.2) ihren Ehrentag. Ich hatte ihr bereits ein süßes schlichtes, deshalb leider auch recht teures Kleid gekauft. Die Brautkostüme a la Hollywood für Kommunionkinder fand ich nämlich mehr als entsetzlich. Mit Kommunion
hatte das in meinen Augen absolut gar nichts mehr zu tun. Diese teilweise Pailletten überhäuften, schrecklich geschmacklosen Dinger! Nicki mit ihrer Püppchenfigur hätte unmöglich darin ausgesehen. -- Die letzten Tage vor dem großen Fest verbrachte ich des Backens wegen fast ausschließlich in der Küche. Mit standen drei fleißige Helfer zur Seite, die total begeistert drei Stunden am Stück die herabfallenden Teigkrümel aufschleckten und so äußerst gewissenhaft den Küchenboden reinigten. Am Vortage der Feierlichkeiten
bereitete ich eine komplizierte Torte zu, die als Krönung die Tafel zieren sollte. Ich mischte, rührte und buk den halben Nachmittag, bis ich das Kunstwerk am frühen Abend zur Bewunderung freigab. Irre stolz, wie die Torte gelungen war! Auch meine Vierbeiner bewunderten diesen Kuchen. Ihre Mienen sprachen Bände: "Mensch Frauchen, wie die duftet, Wahnsinn!" Deren Verehrung dieses Kuchens wuchs langsam, aber sicher ins Unermessliche. Sie verspürten offensichtlich Gelüste, die gut erzogene Hunde sofort
verdrängten. Gut verzogene wie meine dagegen rissen sich immerhin doch noch solange am Riemen, wie ihr menschliches Leittier in der Nähe war. Verschwand es überraschend aus dann bestimmt unumgänglichen Gründen, hatten Vierbeiner immer noch Zeit genug, den Grad ihrer eigenen Standhaftigkeit zu überprüfen. -- Manchmal winkte auch Hunden das Glück. Wenige Minuten später ergab sich genau eine solche Situation. Es klingelte so dreist an der Haustür, dass ich die Torte auf dem Tisch Torte sein ließ und zum Eingang
hechtete. Verflixt noch eins! Solcherlei Störungen konnte ich in den letzten Stunden vor dem Fest wahrlich nicht gebrauchen. Es gab noch irre viel an Vorbereitungen zu treffen. Außerdem, wem mochte es einfallen, in einer dermaßen impertinenten Weise am frühen Samstagabend zu schellen? Was "Öffnen" anging, hätte ich meine Töchter zu vergessen. Wozu hatte man denn eine Mama, die sich, (wie praktisch!), in der unteren Etage aufhielt? Reichlich unter Stress, geigte ich meinem Gegenüber nachdrücklichst
die Meinung. Der wollte tatsächlich am Samstagabend etwas an der Türe verkaufen. So eine Frechheit! Die Tür knallte zu. Peng! Mensch, war ich wütend! Schnell spurtete ich zurück in die Küche, um mich nochmals stolz am Anblick meiner Torte zu erfreuen. Ach du Scheibenkleister! Dafür bot sich keinerlei Gelegenheit mehr. Ich sah nämlich keine! Wo war die denn bloß? Wie erstarrt stand ich da, stierte fassungslos auf meine leere Arbeitsplatte und glaubte es einfach nicht. Das war doch hoffentlich nur ein böser Traum!?
Unter Schock stehend, wäre ich fast willens gewesen, mich sogar doch tatsächlich krabbelnd unterm Tisch auf die Suche nach meinem Kuchen zu machen. Nur mühsam hielt ich mich davor zurück! Plötzlich fiel bei mir der Groschen: Meine drei Tiere hatten sich ja noch dort aufgehalten, als ich die Küche hastig verlassen hatte, um zum Eingang zu eilen. Oh verdammt!! Leider fiel mir kein treffenderes Wort ein, um mir in meiner Wut Luft zu machen. Trotz des Wissens, welchen Frevel ich ob der Wortwahl beging. Schließlich
war es der Vortag eines hohen christlichen Festes. War mir aber da völlig egal! -- In meiner Phantasie stellte ich mir lebhaft vor, wie das Ganze abgelaufen war. Garantiert zu Recht schrieb ich diese Wahnsinnsidee meiner Fee zu, diesem verrückten Freßsäckchen. Drehte es sich um irgendwelche Klauereien, war sie sehr dreist. Es glaubte alles dran, was nicht niet- und nagelfest war. Zeitweise war ich versucht, alles Essbare in Blumenampeln direkt unter die Zimmerdecke zu hängen. Damit wir Zweibeiner eventuell auch
noch etwas abkriegten! Bei ihren Raubzügen durch die Jugendetage stellte sie sich die wildesten Mahlzeiten zusammen: Menüs aus Chips + Mon Cherie + Salmiakpastillen + halbe Brötchen + Salzstangen plus ihren über alles geliebten Gummibärchen. Das letztere entzückende Schluckerzeug fand sie an allen möglichen und auch unmöglichen Stellen; z.B. unter den Betten, wo es sich ganze Familien dieser süßen Wesen gemütlich machten. Und nach solchen Freßorgien war der noch nicht einmal schlecht!! -- Zurück zur Rekonstruktion
des Verbrechens: Wahrscheinlich hatte Mato aus Solidarität zu mir erst noch ein paar Sekunden gezögert, sich an dem dreisten Streich zu beteiligen. Allein der Reiz der vor seiner Nase köstlich duftenden Versuchung war denn doch zu intensiv. So erklommen alle Drei wie auf Kommando die ach so praktisch bereitstehenden Stühle. Wie ich es von Mato schon mehrmals beobachtet hatte, setzten sich dann ebenfalls Fee und Quinny mit tadellosen Manieren zu Tisch, um dann allerdings schnellstens zur Vollendung ihrer Greueltat
zu schreiten. Die Zeit drängte! Zu dritt klappte so etwas natürlich dreimal so fix. Da Mato aber immer auf Sauberkeit bedacht war, wurde der Tisch total blank geputzt. Kein einziger Pfotenabdruck war zu sehen! Höchstwahrscheinlich hatte er seine Kumpanen sogar ermahnt, ja nichts zu verschmutzen: "Passt bloß auf das Tischtuch auf. Frauchen hat eventuell kein zweites!" Wäre er nicht bloß ein Hund, sondern ein Mensch gewesen...Ich war mir sicher: Der hätte diese Ermahnung garantiert vom Stapel gelassen!
Ohne(!) die Einsicht, weshalb der so aussah, hätte ich den strahlend sauberen Tisch wohlmöglich noch bewundert. Aber ich kannte ja den Grund dafür und kochte stattdessen vor Wut. Was mir wohl deutlichst anzusehen war! Quinny hatte mich gesichtet. Nach einem prüfenden Blick in mein Gesicht drückte er sich vorsichtshalber an mir vorbei in die Diele und flitzte ohne Zögern im Rekordtempo weiter in die oberen Gefilde, wo er unter mein Bett krabbelte. Klar, dem Kerlchen schwante etwas! Jetzt zu den anderen beiden
Sündern. Die süße Hauptperson dieses Buches brachte sich im Affenzahn unter der Kücheneckbank in Sicherheit. Mein doch recht kluges Matochen verweilte dort vorsichtshalber bestimmt den ganzen restlichen Nachmittag. Nur Fee fand nicht mehr rechtzeitig ein für ihre Größe geeignetes Versteck. In geduckter Haltung hoffte sie mit Ohrenanlegen, geknicktem Blick sowie heftigem Schwanzwedeln das zu erwartende Donnerwetter abwenden zu können. Vergeblich! Auf sie prasselte jetzt die Schimpfe-hoch-Drei nieder: "Ihr
verdammten Hundeviecher!" Begann ich meine relativ lieblose Ansprache. "Euch hat doch der Hafer gestochen. Seid ihr denn völlig durchgeknallt?" Augenblicklich bedauerte ich es zutiefst, feste Prinzipien zu haben. Auch, was die Bestrafung meiner Tiere anging. So konnten die in jenen Minuten "extrem geliebten" Viecher davon ausgehen, dass ihnen abgesehen von einem festen Klaps auf den Po mit dem Reklameblatt nicht allzu viel geschähe. Doch selbst das schienen diese vornehmen Tiere als Beleidigung
schrecklichen Ausmaßes zu empfinden. Ich impertinentes Frauchen griff nicht etwa zur "Zeit" oder wenigstens zur "Rheinischen Post", sondern wählte dafür ein Blatt der Bildzeitung. (Die ich übrigens nicht zu meiner Literatur zähle!). Dieses niveaulose Papier sauste dann auf deren Allerwertesten nieder. Praktisch: Da Fee noch immer wie gelähmt direkt vor mir stand, heimste sie stellvertretend für das ganze Hundetrio die gesamte Zeitungsdresche ein. -- Zu seinem Glück war Ouinny ja schon freiwillig
nach oben verschwunden. So schnappte ich mir schimpfend Mato und Fee am Wickel und verfrachtete sie zu ihm in mein Zimmer, wo sich mein geliebtes Kleeblatt für den Rest des Tages alleine vergnügen durfte. Die kämen nicht mehr runter! -- Frustriert, weil es sich bei dem Opfer dieses Verbrechens ausgerechnet um mein Prestigestück gehandelt hatte, verzog ich mich wieder in die Küche. Per Zufall waren noch alle nötigen Zutaten vorrätig. Und womit verbrachte ich dann die nächsten zwei Stunden? Sehr wahr: Brav buk
ich dieselbe Torte ein zweites Mal. So eine Sch...! Und verzichtete diesmal auf die Hilfe bestimmter, auch Ihnen inzwischen sehr gut bekannter Lebewesen. Warum wohl?
Grillabend
Das Bochumer Ehepaar, Gisela und Ulli, lernte ich zu Hoppels Babyzeit kennen. Wir verstanden uns prima. Gisela übernahm die Patenschaft für Nicki, meine Zweitälteste. Ulli wurde Katjas Patenonkel. Wir trafen uns ziemlich regelmäßig. Eines märchenhaften Sommerabends wollten wir mit ihnen gemeinsam grillen. Während dieses Treffens gerieten sowohl alle anwesenden Zweibeiner als auch ein bestimmtes vierbeiniges Wesen in ein kleines Abenteuer, das vor allem wir Menschen lange in Erinnerung behalten sollten. -- In
gemütlicher Runde saßen wir mit unseren Freunden auf der Terrasse. Auf dem Grill bruzzelten bereits Koteletts und Würstchen. Aus Rücksicht auf Giselas Angst vor Hunden hatte ich meine Tiere für die Dauer ihres Besuches in mein Zimmer gesperrt, dessen große Dachfenster der Hitze wegen weit geöffnet standen. So stieg der köstliche Fleischgeruch meinen Vierbeinern gehörig in die Nase. Das ließ die natürlich nicht ungerührt. Sie schnupperten angestrengt nach draußen. Zu dumm: Gartenbesuch verboten! Aus Mitleid besuchte
Tina sie von Zeit zu Zeit, damit die Waulis nicht den ganzen Nachmittag sich selbst überlassen wären. Anlässlich einer solchen Stippvisite vergaß meine Tochter, die Zimmertür zu schließen. Fee und Quinny trauten sich nicht, einen Abstecher nach unten zu wagen. Mato dagegen kriegte spitz, welche Möglichkeit sich da bot und hopste an meiner völlig überraschten Tochter vorbei wie ein geölter Blitz die Treppe runter. Sie war so perplex, dass sie ihn nicht mehr rechtzeitig erwischte. Knödelchen marschierte also mit
triumphierender Miene in Richtung Garten, immer zielsicher das Näschen in Richtung Grill streckend. Seine Vermutung hatte ihn nicht getrogen. Da lagen ja die Würstchen und warteten seiner Überzeugung nach nur darauf, von ihm abgeholt zu werden. Ob mein Hund es schaffte, gewisse Hindernisse in Form von Onkel Ulli, Papa und ein paar blöden Gartenstühlen zu umrunden? Wäre Mato ein Winzling, Rehpinscher oder Ähnliches, gewesen, hätte er sein Wunschziel nullkommanix erreicht. Für solche Ausgaben ist es nämlich eine
Kleinigkeit, sich unter den Stühlen und/oder Menschenbeinen hindurch zu mogeln. Doch Mato gehörte eher zu den Hunderiesen. Somit fiel diese Chance flach. Notgedrungen wandte er eine andere Taktik an. Als ich erschrocken bei dem Gedanken an Gisela wegen des immer wahrscheinlicheren Zusammentreffens mit dem Hund meinen Kindern zurief: "Wie konntet ihr so doof sein, Matochen raus zu lassen? Ihr wisst doch, Tante Gisela hat Angst?" Setzte sich Knödelchen just in dem(!) Moment ausgerechnet neben deren Stuhl,
da der dem Grill am nächsten stand. Erstarrt saß Gisela da, wagte es nicht, sich zu rühren. Davon gänzlich unbeeindruckt, führte Mato ihr seinen allerdrolligsten Dackelblick vor. Dann leckte er sich bettelnd die Schnute. Giselas Nerven lagen blank. Mühsam Haltung bewahrend, brachte sie kaum hörbar mit letzter Kraft über die Lippen: "G..Gaby, ich habe Angst!" Ich schnappte mir eiligst meinen Teddy. Natürlich versuchte der durch stures Stehenbleiben noch eine leichte Gegenwehr. Nichts da! Mit sanfter
Gewalt schleifte ich ihn in die Küche. Dort musste er dann eine Standpauke über sich ergehen lassen: "Was fällt dir denn ein? Wenn ich sage, du bleibst oben, dann bleibst du auch oben, ist das klar?" Trotzend ließ Mato sich wieder die Treppe rauf zu den Anderen in mein Zimmer schleifen. Wieso war sein Frauchen denn dermaßen sauer? Wo er doch mit "Schnuteschlecken" nicht Gisela, sondern die Köstlichkeiten auf dem Grill gemeint hatte! Für meinen Hund war ich jetzt erst ´mal für eine längere
Zeit "gestorben". Da war ich mir sicher. Den hatte ich mit meiner Meckerei dessen Auffassung nach aufs Schlimmste in seiner Hundeehre gekränkt. -- Zum Glück nahm mir Gisela diesen Zwischenfall nicht übel. Wie ich sie kannte, schämte sie sich sogar eher ihrer Panik wegen. Aber mir tat das Ganze sehr leid.
Tierarzt und Ähnliches: Vom Schicksal gebeutelt-der eingebildete Kranke
Die(!) Geschichte kannte fast jeder! Doch die meinte ich mit diesem Titel nicht. Jedoch ließ Matos Verhalten gewisse Vergleiche durchaus zu.. Denn: Dieses Riesenvieh war nämlich eine Mimose bis zum Gehtnichtmehr! Eben ein typischer Mann! (Bei der Aussicht auf eine bevorstehende Operation erweist sich in Bezug auf männliche Patienten in vielen Fällen die Narkose als absolut überflüssig, weil die "Opfer" schon vorher freiwillig umgekippen!). Doch zurück zu meinem ach soo tapferen Knuddeltier. -- Hellerhof
galt lange Zeit als super sauberer Stadtteil gehobenen Niveaus. Dieser Ruf hatte mittlerweile sehr gelitten. Das gehobene Niveau galt nach wie vor, doch in Punkto Sauberkeit hatte sich zur Schande der Anwohner leider alles in Gegenteil verkehrt. An jeder dritten Straßenecke standen Container für die verschiedenen Abfälle parat. Es wäre doch so simpel gewesen, sich seine Plastiktüten unter den Arm zu klemmen und deren Inhalte in die betreffenden Behälter zu entsorgen. Offensichtlich überschätzte die Stadt Düsseldorf
die diesbezügliche Einsatzbereitschaft seiner Bürger ganz beträchtlich. Auch schienen hier alle fußlahm zu sein. Warum sonst glichen sämtliche Wege zunehmend wahren Mülldeponien? Nicht allein Verschulden der Kinder und Jugendlichen, die ihren mitgeführten Krimskrams nur zu gerne, war er lästig geworden, überall am Wegesrand deponierten. Nein, viele der ach angeblich doch so auf Sauberkeit und Ordnung bedachten Erwachsenen waren an diesen Sauereiein mindestens in ähnlichem Maße beteiligt! Eines Tages beobachtete
ich eine noch sehr rüstige alte Dame( so um die 70 Jahre!), wie sie nach sichernder Rundumschau seelenruhig ihre Mülltüte ins nächste Gebüsch entleerte, obwohl nur zwanzig Schritte entfernt der für ihren Abfall zuständige Container stand. Und zwar auch für sie unübersehbar! Nicht allein leere Konservendosen kamen dabei zum Vorschein, sondern auch stinkende Lebensmittelreste aller Art. Die wenigen Schritte bis zu dem Behälter waren diesem Musterexemplar von Mensch eindeutig zuviel der Mühe! Ebenfalls einen schlimmen
Anblick boten die Randstreifen der Umgehungsstraßen. Stets versuchte ich, über all den Unrat hinweg zu sehen. Sonst wäre mir die Freude an meinen Spaziergängen fast vergangen. Massenweise flogen dort Glassplitter zerbrochener Bierflaschen, Bündel dreckiger Zeitungsblätter, sogar vereinsamte, kaputte Schuhe und Kleiderbügel herum. Das kümmerte keinen Menschen. Niemand hielt es für nötig, sie zu entfernen. Wie sehr hätte ich mir gewünscht, Knödelchen und ich hätten Flügel, um den gefährlichen Glasbergen durch die
Luft schwebend ausweichen zu können. Da dem aber leider nicht so war, fing sich mein vierbeiniger Liebling auf unseren Wanderungen durch diese Wiesen ab und an einen größeren oder auch die viel tückischeren winzigen Splitter ein. Quietsch, humpel, klag! Darin war mein großer Hund sowieso absolute Spitze. Er wurde innerhalb einer Sekunde zu einem schwerkranken Geschöpf. Dermaßen hätte ich mich ´mal anstellen sollen, schnitt ich mich in den Finger. Da war dann nur selten jemand zum Trösten in der Nähe. Wie am letzten
Faden hängend ließ Knödelchen seine arme, arme vom Splitter erwischte Pfote herunter baumeln. So. wie er sich anstellte, schien es mir ein wahres Wunder, dass die während des restlichen Spazierganges noch dranblieb und nicht stattdessen einfach abfiel. Alle paar Minuten sah er mich mit Schlachttiermiene an. Ich zu ihm: "Ach Gott, Knödelchen! So ein böser Splitter! Komm, lass Frauchen ´mal gucken. Vielleicht finde ich das Biest ja!" Genau das hatte Mato wohl schon befürchtet: Er sollte sich jetzt doch
tatsächlich an Ort und Stelle setzen, damit ich dann an seiner todkranken Pfote herum prumpelte!! Auch das noch! Aber er war ja manchmal, ab und zu, in Ausnahmefällen ein folgsamer Hund und ließ sich, wenn auch widerstrebend, brav auf seinen Allerwertesten nieder. Äußerst ungern reichte er mir dann seine Pfote, die meistens noch nicht einmal blutete. Dauerte die Untersuchung zu lange, versuchte er mit wehleidigem Blick, sie mir ängstlich wieder zu entziehen. Das fand dann ich blöd: "Wie soll ich dir denn
helfen, wenn du solch ein Theater machst. Pech, dann bleibt der Splitter eben drin!" Mit dem festen Vorsatz, zuhause in Ruhe der Sache auf den Grund zu gehen, (mit Hilfe von vor Matos Nase baumelnden Salamischeiben war dann alles viel einfacher...), zog ich ihn hinter mir her. Es fiel mir schwer schwer, ihn so humpeln zu sehen. Endlich kam ich mit Hund im Schlepptau daheim an. Bereits zwei Minuten später hatte ich den Übeltäter aus der Pfote entfernt. Mato selbstverständlich schwer gekränkt, denn ich hatte
schließlich an der herum gezupft! Schnellstens versteckte er sie danach unterm Bauch, wo sie sicher ihre Ruhe hätte. Seine Leidensmiene behielt er aus taktischen Gründen noch etwas länger bei. Denn guckte man als Hund wie "Leiden Christi", erntete man von seinen Menschen ganz viele zusätzliche Streicheleinheiten und wurde doll bemitleidet. Bekanntlich genossen auch Vierbeiner das sehr!! -- Doch wehe, da war wirklich eine blutende Pfote! So was kam schon einmal vor. Dann starb Mato fast. Bestimmt bedeutete
dies sein nahendes Ende! Entsetzt betrachtete Wauwau sein Bein. Mein Gott, Molieres eingebildeter Kranker führte sich ja fast "gesund" dagegen auf! Trotz Mitgefühls konnten wir Zweibeiner uns das Grinsen nicht verkneifen. Um Hundchens Stimmung zu heben, holte ich Salben plus Mullverband und verarztete den kleinen Patienten. Vergebliche Liebesmühe! Dem ging es mit jeder Minute der Behandlung dreckiger. Augenscheinlich verlor er jeglichen Lebensmut. Als ich den Mullverband mit Pflastern befestigt hatte,
suchte ich meinem Hund zuliebe einen farblich zu seinem Fell passenden, ausrangierten Kindersocken in Babygröße, der dann sogar in etwa passte. Unten drunter waren Antirutschnoppen, damit er mit den ungewohnten Dingern nicht sofort die Treppe herunter purzelte. Tina und ich wollten ihm lange Wege mit Söckchen ersparen und holten seinen Schlafkorb nach unten in die Diele. Ein schlimmer Fehler: Das war für Mato die endgültige Bestätigung seiner Befürchtung, sein letztes Stündlein habe geschlagen. Aus welchem Grund
sonst quartierten wir ihn aus seinem geliebten Schlafraum aus?? -- Draußen vor der Tür schilderte ich Frau Haas diese Episode. Erst recht Matos Anstellerei: "Wie könnt ihr denn nur sein Körbchen nach unten holen? Der glaubt doch, jetzt sei es aus mit ihm! Und übrigens, bedauern dürft ihr diese Mimose auch nicht. Du kennst doch deinen Hund, wie er darauf reagiert!" Dann, nach kurzer Überlegung: "Pass auf! Jetzt jubelt ihr tüchtig rum und bringt flugs den Korb wieder hoch! Ich garantiere dir, dein
Vierbeiner ist in ein paar Minuten wieder ganz der Alte!" Sie hatte mit ihren Bemerkungen den Nagel auf den Kopf getroffen, und ich mit meiner achtjährigen, dreifachen Hundeerfahrung kam mir ausgesprochen dämlich vor. "Ich glaub, du hast recht", seufzte ich, " alles zurück, marsch-marsch!" Tina kriegte den Auftrag, schnellstens den Korb nach oben zu hieven. Ich sang betont fröhlich. Na ja, ob mein Gesang dazu angetan war, einem Mitlebewesen neue Lebensfreude einzusuggieren, sei dahingestellt!
Bestimmt wunderte Mato sich beträchtlich, wieso alles um ihn herum so urplötzlich von einer Sekunde zur nächsten so immens munter herumlief. Klar fand er das toll. Und trotzdem: Mitleid war eigentlich auch fein gewesen! -- Meine Nachbarin behielt natürlich Recht. Einige Minuten später vergaß Mato, froh über die wieder fröhliche Stimmung in seinem Haus, sogar die Humpelei, bellte wie in alten Zeiten selbstbewusst durch die Gegend und brachte ein paar spitzenmäßige Hopser zustande. Soo ein armes, todkrankes Tier!!
Krallenkürzen und Ohrensäubern
Mato und Quinny strotzten nur so vor Gesundheit. Zwar plagte Hund Nr.1 ab und zu ein blödes Ekzem, jedoch störte das meinen Hund beileibe nicht so wie das Ohrensäubern, Krallenkürzen oder etwa (entsetzliche Vorstellung!) gar eine Impfung. Mato zu einem Tierarztbesuch zu überreden, war eine Kunst für sich. Das Krallenkürzen machte der Doktor jedes Mal, denn bei Hundchens Anstellerei mit Pfote wegziehen und Jammerlauten traute ich mir das nicht zu. Selbst nach dieser doch banalen Prozedur spielte er jedesmal den
gequälten Patienten. Mit allem, was dazugehört! Schwer gekränkt, nahm Herr Hund die danach angebotenen Trostleckerchen generell innerhalb der Praxis niemals an. Das Ohrensäubern nahm ich zu Hause selber vor. Allerdings geschah das in einer regelrechten Zeremonie. Sah Mato nämlich dieses berüchtigte Stäbchen, erlebte ich die sekundenschnelle Verwandlung eines Machos in einen Floh, der kläglich vor sich hinpiepend vor mir auf dem Boden lag. Aus den Augenwinkeln schielte er ängstlich das Wattestäbchen an, dann
flehentlich zu mir. "Mato, das ist ja nun wirklich nichts Schlimmes! Tut absolut nicht weh; hör auf zu wimmern, als ob ich dich abschlachten wolle!" Diese Ermahnung brachte gar nichts. Bei jeder vorsichtigen Berührung seiner Ohren mit dem Wattebausch zuckten diese heftig, wahrscheinlich in der Hoffnung, ich würde mein Vorhaben aufgeben. Aber schmutzige Hundeohren sahen sehr ungepflegt aus. Außerdem bot der Dreck in den Ohren die Basis für gefährliche Entzündungen. Also kein Pardon! Damit er endlich
aufhörte zu mucksen, handelte er sich einen Miniklaps auf seine Schnute ein. Kleinlaut ergab er sich dann in sein Schicksal, so dass ich ganz in Ruhe "arbeiten" konnte. Offensichtlich erleichtert registrierte mein Hund: "Tut gar nicht weh!" Entspannt lag er dann zu meinen Füßen. Nach ein paar Minuten war diese wahrlich entsetzliche Vergewaltigung seiner armen Ohren vorbei. Zur Belohnung regnete es Leckerchen für den tapferen Helden. Vielleicht erinnerte er sich das nächste Mal ja daran!
Impfung : S-Bahn
Die Tierarztpraxis lag in Langenfeld. Ohne Auto blieb nur die Fahrt mit unserer S-Bahn, die an jedem noch so kleinen Bahnhof hielt. Nur zwei Stationen, sagte ich mir! Das war aber auch der aller einzige Lichtblick auf dieser Reise! -- Menschen gehen gepflegt und sauber zum Arzt. Für Vierbeiner gilt Gleiches. Also schnappte ich mir meinen Liebling und bürstete und bürstete, bis letztendlich der halbe Hund in der bereitgestellten Plastiktüte verschwunden war. Mensch, hatte der eine Wolle! Nach einer Dreiviertelstunde
stand er endlich schick frisiert vor mir. Mato war die Prozedur restlos leid und ich nassgeschwitzt. Erst ´mal duschen! Wieder erfrischt, suchte ich seinen Impfpass heraus, der so in etwa dem Gegenstück für Menschen entsprach. Dem Heft war zu entnehmen, dass Mato in all den Jahren schon so manche Arztbesuche wohlbehalten überstanden hatte, regelmäßig zur Impfung erschienen und ich demnach ein ausgesprochen gewissenhaftes Frauchen war. Eigenlob stinkt. Stört mich aber nicht im geringsten! Fein gebürstet glich
Wauwau wahrhaftig einem Dressman auf vier Beinen, so toll sah er aus! Mit Sicherheit hätte er auf einer Schönheitskonkurrenz einen der ersten Plätze belegt. "Was siehst du süß aus!" flüsterte ich ihm stolz und zärtlich ins Ohr. Ich genoss den Anblick. Mato machte aus Dank dieses eigentlich schon längst überfälligen Komplimentes wegen geschmeichelt Dackelaugen. Er trug in den nachfolgenden Minuten sein Nase noch ein Fitzelchen höher als ohnehin schon! Zumindest bildete ich verliebtes Frauchen mir das
da gerne ein. -- Taktik ist alles! Vorsichtshalber verstaute ich noch eine Handvoll Leckerchen in eine bei jeder Bewegung laut knisternde kleine Tüte (ausschließlich echte Frolics!). Sollte mein Hund seine berühmten Wegen-zum-Tierarzt-gehen-stur-stehenbleiben-Versuchsanfälle unterwegs kriegen, wollte ich diese Tüte dem Vierbeiner vor seine süße Steckdosenschnute halten. Knisterei (oh, wie verlockend!) und intensiver Frolic-Geruch (einfach unwiderstehlich; Sie erinnern sich: Hunde laufen meilenweit für Frolic!)
sollten mein Knuddelvieh von der wachsenden Erkenntnis ablenken, wohin dieser Spaziergang führte. Bei früheren Ausflügen dieser Art hatte "Frolic" stets Matos gute Vorsätze, sich gegen die Annäherung an die Praxis zu wehren, bestens zunichte gemacht. Mit diesem Trick ersparte ich mir für wenigstens die Hälfte des Weges den berühmten Zieh-Kraftsport! -- So ausgerüstet zogen wir, Hund noch(!) bester Laune, ich nicht ganz so fröhlich gestimmt, los zur S-Bahn. Für diesen normalerweise 10-minütigen Weg hatte
ich etwa 20 Minuten eingeplant, um in möglichst üblicher Bummelmanier zum Bahnhof zu wandern. Hoffentlich ahnte Mato dann nicht so rasch, welche Richtung wir nahmen. Denkste!! Hunde kann man nicht so leicht an der Nase herumführen. Sie spüren, was der ihnen anvertraute Zweibeiner da im Schilde führt. Bevor wir in Hellerhof die Bahn erreichten, überquerten wir den großen Parkplatz vor unserem kleinen Einkaufszentrum. Prompt dämmerte Mato etwas. Zwar noch sehr diffus, aber immerhin. Nie im Leben war das ein normaler
Spaziergang. Vorsicht ist bekanntlich die Mutter der Porzellankiste! Auch mir drängte sich in diesem Moment genau dieser Gedanke auf. Deshalb hielt ich meinem Wauwau schon ´mal mit süßen Worten das knisternde Tütchen zum Anschnuppern vor die Nase. Ich hoffte, seine Gedächtnisarbeit dadurch verlangsamen zu können. Vergeblich! Mein Hund fand zwar die Tüte klasse, aber ablenken von den bei ihm plötzlich eingesetzten Überlegungen konnte sie ihn nicht mehr. Die hätte da sogar nach Pansen riechen können. Vielleicht
hätte selbst das nichts mehr geholfen! Wenigstens blieb er, vielleicht mir zuliebe, nicht bereits vor der Ankunft am Bahnhof schon stehen, sondern trappste brav neben mir her. Doch schon deutlich bedächtiger! Auf dem Bahnsteig änderte sich Hundchens Verhalten. Mato fing an zu nerven. Leise vor sich hin fiepsend, trippelte er nervös von einer Pfote auf die andere und schaute mich wieder und wieder vorwurfsvoll-klagend an. Prompt erntete er liebe Worte und Streicheleinheiten. Auch ich war ein wenig unruhig bei
dem nicht ganz abwegigen Gedanken, was mich wohl von seiner Seite her bei der Ankunft in Langenfeld erwarten könnte. Das würde spannend! Ohne Zögern stieg er in den Zug. Geschafft! Aufatmend sank ich auf den nächstbesten Platz, befahl "Sitz!" Mato gehorchte sofort; blieb auch lieb für ein paar Sekunden sitzen. Jedoch ziemlich verunsichert, erhob er sich dann aber mehrmals, piepste los und sah ängstlich zu mir. Der wusste Bescheid. Den konnte ich jetzt nicht mehr täuschen. Die bewundernden lieben Worte
der Mitreisenden, an meinen Hund selbst gerichtet, brachten auch nichts. Ihm war klar: "Es geht zum Tierarzt. Soo ein Mist!" -- Langenfeld-Mitte stiegen wir aus. Der Rest: Ein einziger Kampf! Mato stand stur auf einem Fl.eck. Ich zog wie verrückt, denn es wartete ein fester Termin auf uns. Den wollte ich pünktlich wahrnehmen. Weil es ja nicht anders ging, gab Hund nach und ließ sich einige Schritte vorwärts ziehen. Aber nur wegen der besagten Tüte vor seiner Nase. Die verlor auffallend schnell ihren
Inhalt. Diese Leckerchen hinderten ihn nicht daran, sich noch weitere Trotzvarianten einfallen zu lassen. An der nächsten Straßenecke blieb er nicht einfach nur stehen. Nein, dieses Angstpaket setzte sich mit einem lautem Plumps ostentativ auf seinen Po und verweigerte jeden weiteren Schritt. Super, mein Hund! Auf diese Weise kämen wir nie rechtzeitig zum Tierarzt, was ja auch Sinn und Zweck dieser Übung war! Ich war´s leid. Ich platzte! Rabiat herrschte ich meinen Kameraden an, was ihn doch ein wenig verunsicherte.
Ganz, ganz langsam erhob er sich zögernd, um die nächsten Meter, weil es ja auch gar nicht anders ging, im Schneckentempo neben mir her zu schlurfen. Pfote vor Pfote schiebend, aber um Gotteswillen bloß nicht zu schnell! Es dauerte zwar entsprechend länger, aber dann erreichten wir die Straßenecke Nr. 2. Schade, dass ein Hundegedächtnis erstaunlich gut funktioniert. So erinnerte sich Mato blitzartig der an der vorigen Kurve ja ziemlich erfolgreich angewandten Methode, die Annäherung an die dämliche Praxis ein
wenig hinaus zögern zu können. Das schrie nach Wiederholung! Und ein bisschen Abwechslung in jenem schönen Spiel konnte auch nicht schaden. Also los! Kurz entschlossen verhielt Mato auf ein und demselben Fleck und stemmte sich im Stehen vehement gegen die Laufrichtung. Ruckte alle paar Sekunden heftig nach hinten, um letztendlich doch noch sein doofes Halsband abzustreifen. immer wieder überraschend rückwärts, um vielleicht letztendlich doch noch das doofe Halsband abzustreifen. Leider saß das hinderliche Ding
zu fest. Weil ich ja Matos Tricks kannte, hatte ich es sicherheitshalber ein Loch enger geschnallt. Hund konnte sich also diese Anstrengung sparen. Die brächte nichts. "Ja, Knödelchen, glaubst du denn im Ernst, Frauchen kennt dich so wenig?" meinte ich. Wir setzten das nervtötende Spiel die ganze Reststrecke lang fort. Für das zu erwartende Theater in der Arztpraxis rettete ich so gerade noch einen minimalen Rest der Knisterschluckereien. Endlich standen wir vor dem gefürchteten Eingang. Hochleistungssport!
Ins Halsband gegriffen und Hund halb durch die Luft ins Innere der Praxis getragen. Uff, geschafft! Groggy von dem ganzen Zirkus schloss ich aufatmend die Tür hinter ihm. Angekommen, in der Höhle des Löwen!
Galgenfrist
Leider waren wir nicht die Einzigen, die den Tierarzt in Anspruch nahmen. Das Wartezimmer platzte aus allen Nähten. Mir kam der passende Gedanke: Theaterstück 2. Akt! Da ich ja nicht voraussehen konnte, auf welches Gegenüber mein Hund hinter der Türe stieße, nahm ich lieber die Leine ganz kurz. Denn mit fremden Rüden hätte es auf diesem engen Raume vielleicht kompliziert werden. Welch ein Glück! Da saßen, um die Wette zitternd, nur kleinere Ausgaben, so etwa von Dackelhöhe. Die wagten es hier sowieso nicht, sich
aufzuspielen. Sie hatten genug mit ihrer eigenen Angst zu kämpfen. Die Gesichter mancher zugehörigen Besitzer sprachen ebenfalls Bände. Denn nicht alle vierbeinigen Patienten waren nur einer Impfung wegen erschienen wie mein Mato. Die anwesenden Herrchen und Frauchen versuchten gleich mir, gelassen zu bleiben und diese Stimmung auf ihre Tiere zu übertragen. Doch die kleinen oder auch etwas größeren Patienten rochen gegenseitig ihre Furcht, weswegen unsere menschlichen Bemühungen zu keinerlei Erfolg führten. Vergebliche
Liebesmühe! Darin waren sich in einem solchen Raum alle tierischen Wesen, ob Vogel, Maus, Kaninchen, Katze oder Klein-Hund bzw. Groß-Hund erstaunlich einig. Ja, beim Tierarzt hielten sie alle zusammen. Aggressionen gegen irgendwelche unsympathischen Artgenossen wurden in den meisten Fällen erfolgreich verdrängt; so nach dem Motto: Wenn das hier alles überstanden wäre, könnte man sich ja gerne vor der Scheiss- Praxistür ein wenig raufen! Als anständiger Hund fiepste man kräftig die ganze Zeit vor sich hin, versteckte
sich, war man dafür nicht zu riesig ausgefallen, möglichst weit hinten unter dem Stuhl seines Besitzers. Dort forschten dann die Vierbeiner verzweifelt nach Mauselöchern, in die sie dann zu gerne verschwunden wären. Oder sie bibberten sich pflichtgemäß fast zu Tode. Eins gestand ich meinem Liebling zu. Er verhielt sich seinen Artgenossen gegenüber sehr solidarisch und schloss sich, was Zittern und Jaulen anging, äußerst willig an. Er hatte absolut kein Interesse an irgendeiner vierbeinigen Auseinandersetzung.
Im Gegenteil: Mato wollte da schnellstens wieder weg. Die blöde Impfung konnte ihm gerne gestohlen bleiben. Wahrscheinlich dachte er, dass ich mich ja gerne pieksen lassen könnte; er jedenfalls nicht! Am liebsten hätte er Reißaus genommen. Und wäre im Galopp nach Hause gedüst. Ich konnte jene Pläne nicht gutheißen und hielt ihn eisern fest. In seiner Panik riss er wild an seiner Leine. Verzweifelt wechselte er dabei von einer Stuhlseite zur anderen. Mein Riesenstofftier zählte natürlich wieder einmal zu denjenigen,
die am lautesten vor sich hin jaulten und/oder sich bellend die Aufregung von der Seele redeten. Ich beschäftigte mich mit wachsender "Begeisterung" ununterbrochen damit, ihn durch Zureden und Schmusen plus Spenden aus der fast geleerten Tüte einigermaßen im Zaum zu halten. Neben mir trug eine Frau ein Katzenkörbchen auf dem Schoß, aus dem es kläglich miaute. Draußen vertrat Mato immer die Ansicht, diese miauenden Ungeheuer gehörten sofort in den Römertopf. Hier kümmerte ihn das Biest (wie merkwürdig!?)
gar nicht. Es durfte sogar die ganze Zeit miauen. Er hatte mit sich selbst genug zu tun! Ebenfalls in einem hübschen Weidekörbchen uns gegenüber, hockte ein kleiner Hase, dessen Näschen vor Aufregung hin und her zitterte. Mato stieg dessen verlockender Gerüch (Lieblingbeute Nr. 2) in die Nase. Doch er hatte wirklich andere Sorgen. Trotzdem achtete ich auf einen gehörigen Abstand. Was, wenn trotz seiner Angst hier in der Praxis der Jagdtrieb wider Erwarten doch Oberhand gewänne? Das Risiko war mir zu groß! In
den nächsten Minuten gab Mato endlich seine vergeblichen Fluchtversuche deprimiert auf und kroch in höchster Panik unter meinen Stuhl. Er robbte soweit als möglich mit der Schnute voran zur Wand, wohl in dem Glauben, da fände ihn kein Tierarzt der ganzen Welt jemals. Doch da täuschte er sich. Ihm war nur ein Teilerfolg vergönnt. Mato war nun ´mal ein relativ großer Hund. So lugte sein Schwanz deutlich sichtbar zwischen meinen Beinen hervor. Zum Glück leerte sich mit der Zeit das Wartezimmer. Und unser Termin
rückte näher!
Ans Messer geliefert
Nach geschlagenen 1 ½ Stunden Wartezeit waren wir endlich an der Reihe. Ein Griff ins Halsband und nochmals die Schlepperei von vorne. Leckerchen halfen nicht mehr. Ich schleifte Mato einfach über den Boden, sonst hätte ihn der Behandlungsraum wohl nie zu Gesicht bekommen. Dieses Zimmer kam meinem Hund bekannt vor. Er schielte zu der großen Fensterfront, deren Fenster der Wärme wegen auf Kippe standen. In der irrigen Annahme, er könnte durch die Lücke entfleuchen, machte Hund Männchen und landete mit seinen Vorderpfoten
auf der Fensterbank. Ein paar darauf abgelegte Zettel glaubten dran und segelten zu Boden. "Mato! Kommst du da wohl runter. Das geht nicht!" wies ich meinen Hund zurecht. Energisch lotste ich ihn auf den Boden zurück. Gottseidank! Die Ärztin trat ein. Mato konnte sie sehr gut leiden, so daß er sich trotz seiner Panik gerne von ihr streicheln ließ. Auch die herbei zitierten Hilfskräfte (irgendwer sollte ihn ja festhalten!) durften das. Normalerweise hatte diese Ärztin vor chowchow-ähnlichen Hunden Respekt,
aber über Mato sagte sie mir: "Vor Mato habe ich keine Scheu; der ist lieb!" Solch ein Kompliment zogen Mato und erst recht ich uns gerne an Land. Ich war sehr stolz, wie brav er sich den von mir erbetenen Maulkorb überstreifen ließ. Ohne auch nur den geringsten Versuch einer Gegenwehr! Doch meiner eigenen Nervösität wegen landete das Ding dummerweise falsch herum auf seiner Schnute. "Ach entschuldige, Knödelchen," bekannte ich meinem immer noch gehorsam vor mir sitzendem Tier meinen Fehler.
Ein fixer Griff, und der Maulkorb saß richtig. Es sollte losgehen. Das blöde Ding auf seiner Schnute fand mein Hund äußerst lästig. Natürlich hatte er sofort mitgekriegt, dass ich das aus zu großer Vorsicht heraus, ihm ja nicht weh zu tun, zu locker umgeschnallt hatte. Ein paar Male mit der Pfote an der Schnute herumgestrichen, und der Korb hing unter derselben. Bevor Knödelchen aber diesen kleinen Triumph uns gegenüber so richtig auskosten konnte, griff ich nochmals blitzschnell zu und befestigte dieses Ärgernis
ein wenig enger. Verflixt, zu dumm für ihn! -- Ausgerechnet an diesem Tag wurden fast alle Praxisangestellten von Bandscheibenvorfall oder wenigstens Hexenschuß geplagt, den ich gerade glücklich überstanden hatte. Die behandelnde Ärztin erzählte mir, sie hätte wochenlang Ärger mit einem massiven Bandscheibenvorfall gehabt. Deshalb konnte sie Mato nicht auf den Behandlungstisch heben. Ich aber auch nicht, denn mein Hund war nicht gerade leicht. Außerdem, wie der vor Angst herum strampelte, wäre er mir wohlmöglich
noch vom Arm geplumpst. Nein, das sollte lieber jemand machen, der da Erfahrung hatte. Tricks kannte, ein solch hampeliges Etwas zu bändigen. Gottlob fand sich eine Assistentin, die von Rückenbeschwerden jeglicher Art verschont geblieben war. Und die geschickt genug war, um einen wild zappelnden Teddy sicher fest zu halten Mit geübtem Griff schnappte sie sich meinen Mato, der dann total unglücklicher Miene wehrlos auf ihrem Arm hing. Wie ein nasser Sack, der so komisch klägliche Laute hervorstieß und versuchte,
mit seinen Pfoten ein wenig zu trampeln. Jedoch verunsicherte das das junge Mädchen überhaupt nicht. Stattdessen ward Mato, ehe er sich versah, hoch in die Luft gehievt und auf den zudem dann noch wackeligen Tisch gestellt. Da fühlte mein Hund sich sichtlich unwohl. Die Höhe war ja nicht das Schlimmste. Aber das komische Ding unter ihm verschob sich dauernd seitlich, oh weh! Es schien mir so, als ob meinem Mato schwindlig war. Diese Bangebuxe ähnelte so gar nicht dem kleinen Macho, mit dem ich von daheim losgezogen
war. In seinem Innern hatte der sich zunächst erst einmal in eine Maus verwandelt, dann vorsichtshalber auf Flohgröße geschrumpft.. Das Stadium einer Microbe war ihm verwehrt geblieben. (In der Hundeschule hatte der den entsprechenden Lehrstoff wahrscheinlich ignoriert und sich lieber mit wahrer Begeisterung dem Fach "Fasanenjagd" gewidmet). Das reute ihn jetzt. Was ihm aber nicht weiter half! Schlie0lich versuchte er verzweifelt, dieser Freiheitsberaubung durch dreifachen Klammergriff von vorne, seitlich
und hinten zu entkommen, indem er ganz allmählich Stückchen für Stückchen rückwärts auf das hintere Ende des Tisches zu rutschte. (Bestimmt glaubte er, das merkte niemand!). Dass dahinter aber keine Balken zum Auffangen parat standen, und er höchstens mit einem Plumps recht unsanft auf dem Boden landen würde, hatte er sich nicht klarmachen können. Selbst einem Prinz v. Emsdahl fehlte dazu die nötige Einsicht! Doch die Gefahr des Fallens bestand ja gar nicht, denn ich erahnte seine Absicht und schubste ihn zurück
zur Mitte des Tisches. "Nix da, mein Kleiner! Ist doch gleich vorbei. Du bleibst hier oben!" Im Stillen dachte ich: "Meine Güte; dieses Zinnober nur einer Impfung wegen. Das dauert ja länger als der eigentliche Dreiviertelsekundenpieks. Welch ein Schwachsinn!" Das nächste Mal bäte ich darum, ob Mato nach Möglichkeit unten auf dem Boden verarztet werden könnte. Das wäre für alle Beteiligten eine Mordserleichterung, vor allem für meinen kleinen Angsthasen. -- Doch jetzt hieß es: "Festhalten!".
Denn es näherte sich bereits die böse, böse Spritze. Mato ruckte entsetzt zur Seite, ohne Erfolg! Weinerlich schielte er erst zu mir und dann auf das spitze Ungetüm. Dessen Länge: etwa 7 cm. Oh nein, das brannte gleich! Garantiert quiekte der im entscheidenden Moment los wie ein Schweinchen! Aber die Spritze war schneller, mein Kleiner quiekte kein bisschen und schaute nur sehr überrascht drein. Doch da waren ja meine Hände, die ihn liebevollst abknuddelten, da er sich eines dicken Lobes wegen ausgesprochener
Tapferkeit mehr als würdig erwiesen hatte. So, wie ich meinen Racker kannte, nahm er das nach Hundeart alles fein für wahre Münze! Der Hauptakt lag hinter uns. Bärchen sollte wieder runter. Doch vor dieser erneuten Kraftanstrengung kurz für einen Moment verschnaufen! Wir alle waren klitschnass geschwitzt bis auf die Haut. Ein geübter Griff. Mato landete zum zweiten Male auf dem Arm des jungen Mädchens. Völlig kleinlaut, wehrte er sich gar nicht mehr, ließ die Pfoten kraftlos in der Luft baumeln und mit sich alles
Weitere frustriert geschehen. "Noch schlimmer würde es doch jetzt hoffentlich nicht mehr werden?" fragten seine Augen bange. Nein, er spürte endlich festen Untergrund unter seinen Beinen, wuchs vom Floh über die Maus wieder zu einem Prachtexemplar von Eurasier. Nun erkannte ich ihn auch wieder. Da stand ja tatsächlich mein Hund vor mir und versuchte fix, da die Behandlung beendet war, eine hochnäsige Miene aufzusetzen! Erleichtert ließ er sich vom Maulkorb befreien, (endlich war das lästige Ding weg),
von allen streicheln und schnupperte dann prüfend nochmals den Boden ab. Nicht, dass da irgendwo noch eine nachträgliche Gemeinheit auf ihn wartete. Tja nun, so ganz gutgläubig war mein Mato ja nicht. Eher der sehr kritische Typ! Nach dieser gründlichen Überprüfung atmete er auf. Es war anscheinend alles wieder in bester Ordnun. Seine vier Beine waren noch dran. Und er lebte noch! Die Ärztin war begeistert von ihm, weil er trotz seiner Panik soo brav gewesen war. Ja, für meinen Liebling kam selbst in solchen
Situationen Knurren oder gar Schnappen keinesfalls in Betracht. Er achtete sozusagen peinlichst auf gutes Benehmen. Schließlich wollten die alle ihm nur helfen, und ich war ja bei ihm. Doch glaubte die Ärztin, er nähme nach der ausgestandenen Angst trotz anschließender Loberei noch im Behandlungszimmer gnädigst Leckerchen entgegen, so hatte sie sich getäuscht. So toll war das Ganze nun doch nicht gewesen! Er spielte also sehr routiniert den gequälten, beleidigten Patienten. Selbst "Frolic" futterte
er doch hier nicht! Draußen vor der Praxis würde mein Hund mir wegen " Frolic" garantiert fast die Finger abbeißen. Da gäbe es kein Vertun. So etwas nennt man Wiedergeburt eines süßen Machos! Zum Abschluß seines Besuches beim Tierarzt nahm Matochen noch hoheitsvoll seine Belohnungsmedaille in Empfang. "Tollwut geimpft!" Stand auf dem Orden. Kaum hatten wir dann beim Verlassen der Praxis die Eingangstür hinter uns zufallen lassen, setzte sich Knödelchen mit Bettelblick vor mich hin, so richtig
a` la Dackel, hob seine Pfote und forderte mit einem eher kecken "Wuwuuh-Wau!" sein "Frolic"! Frau Dr. D. schaute zu und lachte sich kaputt. Das erlebte sie auch nicht jeden Tag. Eine halbe Stunde später, als wir dann zuhause ankamen, war Mato wieder ganz der Alte und hatte dann nichts Besseres zu tun, als seinem Quinny die Ohren voll zu bellen, um sich die Restaufregung von der Hundeseele zu reden. Er war in seinem eigenen Reich und hatte wieder Oberwasser.
Krankenpfleger
Im Gegensatz zu meinen beiden Rüden war Fee dauernd krank. Und in gesunden Tagen zog sie sich unter Garantie Verletzungen zu. Meistens Schnittwunden durch irgendwelche Splitter. Sie war nun ´mal ein typischer Elefant im Porzellanladen und ließ keine Gelegenheit aus, in etwas Scharfes zu treten. Oft war ich der Verzweiflung nahe. Sechs Jahre alt geworden, steckte sie sich in einer Pfütze mit einem Erreger an, der nie genau diagnostiziert werden konnte. Ihre Krallen lösten sich nacheinander und fielen ab. An den
Wundstellen strich ich entsprechende Salben auf. Oft musste sie wochenlang voluminöse Schutzverbände tragen. Das Wickeln war teilweise sehr kompliziert. So nahm ich es in Kauf, alle paar Tage wegen des notwendigen Verbandwechsels zum Tierarzt zu fahren. Über die manchmal riesigen Binden stülpte ich bei Regenwetter zusätzlich ausrangierte Kinderstrümpfe und Gefrierbeutel. Die Wundstellen mussten trocken bleiben. -- Einmal hatte ich sie in die Klinik gebracht, weil eine der Krallen sich nicht von allein gelöst
hatte. Sie sollte mit einem kleinen Eingriff entfernt werden. Nachmittags erlebte ich einen Schock. Der Arzt eröffnete mir, dass nicht nur die eine, sondern ebenfalls die neun restlichen Krallen hatten gezogen werden müssen. Als ich Fee abholte, waren ihre Beine in den riesigen Verbänden kaum noch auszumachen. Meine Töchter daheim guckten entsetzt, als sie ihre vierbeinige Freundin so wiedersahen. Mato und auch Quinny merkten sofort, dass es ihrer Freundin schlecht ging. Sie sahen mich hilflos an. Es war einfach
rührend zu sehen, wie zärtlich Mato sie beschnupperte, um sie zu trösten. Immer wieder schaute er mich flehend an: "Hilf ihr doch, bitte!" "Ihr fehlt nichts Schlimmes!" versuchte ich meinen Tieren klarzumachen. Die verstanden das natürlich nicht, aber ich hatte durch diese Worte mir selbst wieder zu innerer Ruhe verholfen und blieb gelassener. Mato und Quinny wetteiferten miteinander, ihr Weibchen zu liebkosen; mit Nasenküsschen noch und noch. Sie legten sich dicht zu ihr. Selbst mein Mato,
der sonst immer gerne Abstand hielt. Sein Blick sagte deutlichst: "Frauchen, du wenigstens musst doch Rat wissen!" Doch, was diese komische Pfotengeschichte betraf, war auch ich machtlos. Fee durchlitt dieser periodisch wiederkehrenden Krankheit wegen arge Schmerzen. Mato und Quinny litten mit. Süße Kameraden!
Westerwald: Ferienhaus
Wie schön! Voraussichtlich könnte Feechen für die Dauer eines halben Jahres ihr Leben wieder genießen. Zum x-ten Male war die Pfotenerkrankung zum Stillstand gekommen. Mein damaliger Freund Otmar und ich nutzten diese Zeit, um mit meinen drei Vierbeinern ein Wochenende in einem gemieteten Ferienhaus des Westerwaldtreffs bei Oberlahr zu verbringen. Das Haus stand auf einem riesigen, wunderschönen Grundstück mit einigen Tannen, um die herum meine Hunde toll toben konnten. Auch das Haus selbst war für einen Urlaub
mit Tieren ideal. Ein sehr großer, zweigeteilter Wohnraum; in der einen Hälfte Küchenzeile mit Esstisch, in der anderen eine durch eine bodenlange Portiere abgeteilte Schlafecke. Vor der Fensterfront zum Garten stand noch eine größere Sitzgarnitur. Der Mittelpunkt des Zimmers aber war ein gemauerter offener Kamin: Genau mittig vor die beiden Fensterfronten platziert, sorgte er abends für eine ausgesprochen anheimelnde Atmosphäre. -- Mit Decken baute ich meinen Vierbeinern ein eigenes Schlafzimmer. Mato als Rudelführer
hätte dieses Komfortbett am liebsten für sich ganz alleine genutzt. Doch da waren ja noch seine beiden Kumpanen. Die hatten gleiche Rechte. Ich wies ihn zurecht. Notgedrungen teilte er sich dann dieses kuschelige Lager mit Fee. Immerhin, stellte Mato getröstet fest, dass er von dort aus prima die "Küche" unter Aufsicht hatte. Quinny legte keinen gesteigerten Wert auf das große "französische" Bett. Er wollte seine Schlafstatt unter dem Esstisch eingerichtet wissen. Das war fast wie in einer
Höhle. Beinahe so gemütlich wie daheim unter meinem Schreibtisch. Mit einem Dach über dem Kopf. Außerdem konnte er bei Zwistigkeiten mit seinen doch viel größeren Kameraden sich dort bestens in Sicherheit bringen. Da kamen die nicht drunter. Manchmal war es ein Vorteil, klein zu sein!
Tischsitten
Meine Drei erinnerten sich der Gepflogenheiten von daheim und leisteten uns mit vielen flehenden Blicken während des Frühstücks Gesellschaft. Es gehörte sich so, dass Zweibeiner ihr Frühstück keinesfalls selber aßen; höchstens einen Teil! Dackelblick hoch drei brachte eine Menge mehr als Betteln mit nur zwei Kulleraugen. Meine Tiere darbten wirklich nicht! Otmar verwöhnte seine vierbeinigen Freunde auf noch verrücktere Art als ich. Die bekamen doch tatsächlich echten Lachs! Für Hundemägen ist solche Ernährung
nicht so toll (viel zu fett!). Darum versuchte ich diese Leckerei von Speiseplan zu verbannen. Doch ich hatte die Rechnung ohne die Wirte gemacht. Mein zweibeiniger plus meine vierbeinigen Kameraden verbündeten sich gegen mich. Ich hatte mir schlimme Vorwürfe und klagende Hundelaute anzuhören. Natürlich setzten die Drei bzw. Vier sich durch. Mit: "Dann verderbt euch doch den Magen! Von mir kriegt ihr aber hinterher keine Kompensantabletten!" gab ich klein bei. Jeden Morgen gab es ein Stückchen Lachs.
Den Magen verdarben sie sich dann an ganz anderen Dingen!
Schlafgewohnheiten
Für die Nacht stellte ich im Ferienhaus für meine Tiere strenge Regeln auf. Meinem Knödelchen machte ich als Erstes klar, die Schlafecke hinter der Portiere bliebe ausschließlich uns Zweibeinern vorbehalten. Vierbeiner hätten dort absolut nichts verloren. Daraufhin beratschlagten meine Tiere, wie sich dieses "Nein" eventuell umgehen ließe. Vor allem Fee war schwer beleidigt. Denn zu Hause schlief sie ja auch jede Nacht auf meinem Bett. Wieso dann hier nicht? Absolut nicht mit dieser meiner Vorschrift
einverstanden, entschied sie, es wäre trotzdem auf jeden Fall einen Versuch wert. Also hopste sie auf ein als zusätzliche Sperre quer ans Fußende des Bettes gestelltes Sofa und sprang mit einem besonders knuffig-lieben Blick in meine Richtung auf unsere Schlafstätte. Pech, Otmar kam hinzu, sah und siegte! Mit anderen Worten: Fee, die im Traum nicht daran dachte, diesen kleinen Triumph nicht wenigstens noch für ein paar Minuten auszukosten, indem sie einfach an meinem Bauch zusammen gekringelt liegen blieb, sah
sich am Nackenfell gepackt und mit sanfter Gewalt, aber dennoch ohne Verbleibchance vom Bett verbannt. Ein wenig Schimpfe gab es obendrein plus der Aufforderung, sich gefälligst schleunigst zu Mato auf die große Decke zu verkrümeln. Na, der Versuch war ja wohl schiefgegangen! -- Aber Hunde mit den Namen Mato, Quinny, Fee gaben nicht so schnell auf. Am nächsten Morgen übernahm Mato das Kommando bei einem ähnlich gearteten Manöver. Ihrer Meinung nach hatte Otmar ihnen gar nichts vorzuschreiben. Nicht er war ihr
Frauchen, sondern ich! Frauchen, sondern ich. Und mich konnte er bestimmt irgendwie erweichen, wie ihn seine gesammelten Erfahrungen aus der gemeinsamen Vergangenheit gelehrt hatten! Also standen meine drei Racker pünktlich um halb acht vor dem Sofa. Als ich mich rührte, juchzte Mato laut vor Freude, Quinny guckte selig mit großen Kulleraugen, und Fee spielte Eule (Kopfschieflegen bis zu 130 Grad war ihre Spezialität). Dann erinnerte sich Mato seines Planes. So rasch, wie er die Lücke zwischen Sofa und Bett nutzte,
um durch zu flutschen, konnten wir, seine geliebten Zweibeiner, gar nicht reagieren. Wir guckten nur völlig verdutzt aus der Wäsche. "Häh? Ähem!" Ob dieses pfiffigen Einfalls stand mein Hund eine Sekunde lang stolz vor meinem Bett. Dann zog er es vorsichtshalber vor, drunter zu kriechen. Seiner Meinung nach sah man dann nichts mehr von ihm. Wir würden gar nicht registrieren, dass ein gewisses Wollknäuel Platz genommen hatte, das der Ordnung und des lieben Knigges wegen da eigentlich nicht dahin gehörte.
Schade für ihn: Er war nun einmal eine sehr große Ausgabe Hund. Folge: Seitlich des Bettes lugte sein Schwanz in seiner ganzen Pracht gut sichtbar hervor. Ein zu drolliger Anblick. Entsetztes Schimpfen gelang mir da einfach nicht! Ich: "Hallo, Matochen!" Sofort wedelte dieser Schwanz heftig hin und her. Grund: Ich schenkte jetzt ihm und nicht dem Otmar meine Aufmerksamkeit. Ätsch! Da mir klar war, Mato hatte diese Aktion auch aus leichter Eifersucht heraus gestartet, redete ich betont zärtlich mit
ihm. Mein Hund sollte annehmen, dass er das für mich wichtigere männliche Wesen war. Sonst hätte es nämlich vielleicht auch ´mal brenzlig werden können. Wegen meines zärtlichen Tones ihm gegenüber wirbelte aber stattdessen nur sein Schwanz wie verrückt ohne Unterlass durch die Luft. Eine einzige Liebeserklärung auf vier Beinen! Er freute sich eben, triumphierte Otmar gegenüber, und freute sich ohne Ende. "Süß?" fragte ich selig meinen Freund. Diese Frage war völlig überflüssig. Der guckte den Propeller
da unterm Bett genauso verklärt an wie ich. Da war mir klar: Ich hatte zweifelsohne in meinem von Mato zur Verfügung gestellten Pantöffelchen Gesellschaft bekommen. Dieser Hund wusste eben, wie...! -- Fee und Quinny standen noch immer unschlüssig vor dem Sofa. Augenscheinlich trauten sie sich nicht, es Mato nachzutun. Denn es war ja geschimpft worden! Außerdem wäre es für drei so große Vierbeiner unterm Bett so gemütlich geworden wie in einer Sardinenbüchse. Diese letzte Überlegung stammte allerdings von mir.
Meine Vierbeiner verwarfen natürlich der Schelte wegen ihren ach so schönen Plan!
Wanderung
Da wir nicht vorhatten, den lieben langen Tag im Bett zu verbringen, fischte ich meinen Hund unter demselbigen hervor. Das fand Mato gar nicht so toll: "Nur, wenn du auch aufstehst!" gab er mir trotzig zu verstehen. Ich gehorchte aufs Wort. Wir hatten eine mehrere Stunden lange Tour mit den Tieren geplant. Da war es angebracht, möglichst frühzeitig aufzubrechen. Das Wetter: Blauer, wolkenloser Himmel und strahlender Sonnenschein. Mittags sollte es recht heiß werden. Tags zuvor hatte es wie aus Eimern
gegossen. Auf der Waldwanderung trügen wir also besser Regenstiefel. Nur ein paar Meter vom Haus entfernt führten die Wege in das weit ausgedehnte Naturschutzgebiet. Die Vierbeiner schnupperten selig die klare und mordsmäßig interessante Waldluft. Hach, wie herrlich! Herrlich war auch das Temperament, mit dem Quinny voran flitzte. Knutschiboy wollte anscheinend unbedingt seine tolle Kondition beweisen. Es ging bergan. Der Weg verwandelte sich mehr und mehr in eine tiefe Schlammspur. Ohne sich auch nur die geringste
Ermüdung anmerken zu lassen, stapfte mein kleiner Hund stundenlang putzmunter durch den für seine doch kürzeren Beine fast knietiefen Dreck. Ihm doch egal! Mato genoss diesen Spaziergang ebenfalls. Aber...wir waren im Wald: Wo versteckten sich bloß "seine" Häschen? Wäre ein solches Hoppelwesen da aufgetaucht, hätte mein Vierbeiner Freund Otmar voller Begeisterung bewiesen, was ein "Hund ohne jeglichen Jagdtrieb" so zustande brachte. -- Wie angekündigt, erwärmte es sich rasch an diesem Tag.
Wir Fünf, zwei zwei- und drei vierbeinige, gerieten sehr bald ins Schwitzen. Der Spaziergang wurde bei der zunehmenden Hitze zusehends strapaziöser. Mato war nicht der Typ Hochleistungssportler. Ihm machte die anhaltende Kraxelei sichtlich zu schaffen. Fee bemühte sich angestrengt, nicht durch Schlappmachen dem Image Schäferhund zu schaden. Nur Quinnilein behielt sein enormes Renntempo selbst nach Stunden noch bei. Mato schien sich zu fragen, ob sein kleiner Untertan wohlmöglich gar kein normaler Hund war. Auch
ich dachte: "Wie kann er nur nach vier Stunden Wanderung ohne Pause bei der Hitze noch immer in solch einem Tempo flitzen?" Ergebnis meiner Überlegungen: "Der ist ´ne Mischung aus Düsenjet plus Wüstenrennmaus mit ´nem bisschen Alarmanlage dran!" So wie ich es einschätzte, hätte mein ältester Wauwau mir da sofort zugestimmt. Mato keuchte vor sich hin, schaute auf Quinny. Sein Blick sprach Bände: "Uff! Wird der eigentlich nie müde? Puh, ich kann bald nicht mehr! Quinny nennt garantiert
einen eineiigen Zwillingsbruder sein Eigen, der ihn streckenweise auf dieser Marathontour vertritt. Hiiiilfe! Der hat ja eine Kondition wie vier Artgenossen auf einmal !!" Beim Anblick seines kleinen dahin rasenden Freundes hätte der Gedanken an einen möglichen Quinny-Zwillingsbruder Matos angeknackstes Selbstbewusstsein etwas heben können. Doch noch blieben solch komplizierteren Überlegungen uns Menschen vorbehalten. Armer Mato! Er tat mir richtig leid. Knödelchen schleppte sich sichtlich mit letzter Kraft
dahin. Trotzdem, er als Rudelführer hatte sich am Riemen zu reißen und konnte unmöglich eher aufgeben als sein kleiner ,kreger Quinny. -- Die letzten hundert Meter zum Haus liefen vier Wesen wie in Trance. Das fünfte war nicht kaputt zu kriegen und raste weiterhin in einem Affentempo voran. Zu den vier ausrangierten Spaziergängern zählten natürlich auch Otmar und ich. Beruhigt sah ich, dass meine Beine noch an derselben Stelle saßen. Ich fühlte sie nämlich nicht mehr. So groggy! Fee schien ein Stoßgebet gen Himmel
zu schicken: "Lieber Gott, du liebst auch uns Tiere. Bitte, lass uns gleich da sein!" Mato übte sich offensichtlich in Selbsthypnose: "Du machst nicht schlapp, die müssen dich nicht tragen, du bist noch ganz frisch...!" So erreichte er, eine Pfote vor die andere schiebend, endlich die Haustür. Ich glaube, selten nur waren Lebewesen dermaßen glücklich beim Anblick eines solchen Bauelementes. Kaum drinnen, rasten meine Hunde zum Wassernapf und leerten ihn binnen Sekunden. Dann hörten wir einen
beachtenswert lauten Plumps. Mato knallte sich einfach auf den Teppich und entschwand ins Traumland des Südens. Fee sah das, hielt das offensichtlich für eine überaus kluge und zudem die einzige noch im Rahmen des Möglichen umsetzbare Idee und legte sich aufseufzend zur Ruhe. Flugs war sie eingeschlafen. Damit waren zwei meiner Tiere bestens aufgehoben. -- Aber da war ja noch das dritte Adoptivkind. Ja, ja! Das war leider aus einem ganz anderen Holz geschnitzt. Das wunderte sich sichtlich, was denn mit seinen
beiden Kameraden so plötzlich los war. Empört registrierte er: "Eingeschlafen, einfach eingedöst...!?" Die würde er wieder auf Vordermann bringen! Kritisch betrachtete er erst Mato und dann seine Freundin. Hm, das wäre aussichtslos! Die waren ja total hinüber! Aber, da saßen doch noch Otmar und ich. Mal gucken! Natürlich hatte Quinny bemerkt, dass wenigstens wir noch nicht eingeschlafen waren. Der hatte sich ganz offensichtlich vorgenommen, das auch tunlichst zu verhindern. Fix holte er sein Lieblingsspielzeug,
schmalzte mich aus großen Bettelaugen an. "Quinnylein, soll das jetzt ein Witz sein? Nee, Frauchen ist k.o.!" Und da Quinny auf meine Absage hin drollig flehend zu Otmar geschielt hatte: "Der übrigens auch!" Hundchen´s fröhlicher Augenausdruck wich von einer Sekunde zur nächsten einem todtraurigen Dackelblick. Selbst mit dem richtete er aber bei uns nichts mehr aus. Auch wir Zweibeiner waren fertig mit der Welt! Enttäuscht sah Quinny das endlich ein, legte sich seufzend hin und entschloss
sich zu einem Höflichkeitsnickerchen. Wenn der geahnt hätte, wie dankbar ich ihm dafür war! Auch wir streckten unsere Beine aus und verdösten den restlichen Nachmittag.
Von Kühen und Bullen
Wohnte man wie ich am Stadtrand, bot sich einem die Chance, Kühe sogar nicht nur als Rindersteaks, sondern in lebendigem Zustand zu bewundern. Der Bauer in Hellerhof hielt mehrere von ihnen. Sie gehörten noch zu denen, die eine schöne große, sogar mit Bäumen bewachsene Weide ihr Eigen nannten. Dort grasten sie friedlich und unterzogen vorbeigehende Spaziergänger neugierig einer optischen Prüfung. Meistens bestanden wir Zweibeiner den Test mit einer annehmbaren Note. Wir wurden als freundliche Wesen angesehen.
In Hellerhof hatten die Kühe noch eine solch hohe Meinung von uns Menschen! -- Doch auch anderswo kennt man diese Tierart. So auch im Westerwald. Allerdings hielten da die Bauern wohl nicht soviel von den Weibern auf vier Beinen, sondern hatten sich auf deren männliche Artgenossen spezialisiert, die Bullen. Das bot sich auch an, denn in dieser waldreichen Gegend gab es viele einsam gelegenen Weiden, auf denen sich diese Tierchen dann durch den lieben Tag hindurch langweilten. Nicht nur in der Tierwelt sind Männer
manchmal gefährlicher als Frauen. (Nein, in der Menschenwelt ist Ähnliches zu beobachten!). Also, die Mehrheit der Menschen ist von der Gefährlichkeit der männlichen Rindviecher überzeugt. Auch ich hing mit mulmigem Gefühl dieser Auffassung der Allgemeinheit an. Waren diese Tiere gereizt, wurden sie sehr aggressiv. -- Diese Bullen waren ausgesprochene Machos. Von sich sehr überzeugt und mit hochmütigem Blick für alle anderen Lebewesen. Bald sollte ich ein Machotreffen sehr ungleicher Art miterleben. Eine Frau
wie ich erwischte immer Machos. Mein süßer Mato war der beste Beweis dafür. Er gab sich allerdings nicht damit zufrieden, als "normaler" Macho durch die Welt zu laufen, sondern bevorzugte die interessantere Kombination "Machopascha". Zum Glück einer der extrem sanften Sorte! Was resultiert eigentlich aus der Begegnung zweier Machos? Schwere Frage? Nein, da gibt es nur die eine richtige Schlussfolgerung: Voller Selbstwertüberschätzung blähen sie sich voreinander auf wie Pfaue. Der echte Macho
gibt vor, diese Charakterisierung noch nicht einmal zu kennen. Genau dadurch ist er als der Macho der Güteklasse1 zu entlarven! (Klassifizierung wie bei Eiern!). Eine ziemlich lange, umständliche Vorrede zu folgendem kleinen Abenteuer! --Wieder einmal wanderten wir mit den Tieren durch Berg und Tal. Um uns herum herrschte inzwischen Stille und Einsamkeit. Nur vereinzelt hörten wir entfernt Vögel zwitschern. Ansonsten rührte sich außer unserer eigenen fünfköpfigen Mannschaft überhaupt nichts. Das waren die bestgeeigneten
Gebiete für die sog. Bullenweiden. Schön abgelegen, damit der menschliche Bestand bei aufkeimender Aggression dieser Tiere nicht zu gravierend dezimiert wurde. Nichtsahnend zogen wir fröhlich unseres Weges. Zu unbefangen, wie wir dann sehr rasch einsehen mussten. Nach einer Linkskurve verbreiterte sich unser Pfad stark bis hin zu einer weiten Lichtung. Und da sahen wir es! Ich nahm einen dünnen gespannten Draht wahr, der uns augenscheinlich von einer großen Weide trennen sollte. Der war aber in nur höchstens
50 cm Höhe angebracht. Mich beschlich ein äußerst mulmiges Gefühl in der Magengegend. Genau dort, wo solche Gefühle gerne auftreten. Prompt fing der schon vorsichtshalber an zu rumoren. Denn hinter diesem entzückendem Draht standen vier noch viel entzückendere riesige Bullen, die uns auffallend aufmerksam beäugten. Die waren mit Sicherheit etwas sauer, in ihrer Idylle gestört zu werden. Wir beiden Menschen waren ja noch klug genug, uns möglichst still zu verhalten. Diese Tiere wollten wir besser nicht aufregen!
Doch ich hatte meine vierbeinigen Freunde bei mir. Nicht ganz so klug und nicht ganz so vorausschauend denkend wie wir! Daraus resultierte in den nächsten Minuten ,dass Mato nicht etwa schüchtern seine Klappe hielt, sondern bei deren Anblick empört los bellte. Garantiert aus Angst. Aber das durchblicken zu lassen, wäre gegen seine Machoehre gegangen. Er stand schließlich nicht mutterseelenallein diesen "Winzlingen" gegenüber, sondern wusste seine Leittiere und auch noch seine vierbeinigen Kumpane um
sich. Also meckerte er munter vor sich hin, eifrigst von Fee und Quinny unterstützt. In der Erinnerung an dieses Abenteuer glaube ich, Quinny sich da eher vor Angst in das nicht vorhandene Höschen. Doch selbstverständlich spielte er den tapferen Mann auf vier Beinen. Auch Fee beteiligte sich emsig an der Schimpferei: Sie war Schäferhündin und hatte uns in dieser brenzligen Lage zu beschützen. Egal, wie es ihr dabei zumute war. Die Drei machten einen Höllenlärm, der nicht gerade zur Beruhigung ihrer Zweibeiner
und erst recht nicht zur Besänftigung der mittlerweile arg nervösen Bullen beitrug. Das jedes sensibel veranlagte Lebewesen auf die Palme treibende Gebell ging auch den Bullen mächtig auf den Keks. Stellen Sie sich das Orchester aus Alarmanlage=Quinny, wild gewordenem Handfeger=Fee und wutschnaubendem Rudelführer=Mato vor. Oder lassen Sie das besser. Ich kenne Ihr Nervenkostüm ja nicht! Das der Bullen kannte ich übrigens ebenfalls nicht! Doch allzu gute Nerven behielten die garantiert nicht mehr allzu lange.
Ich herrschte Mato und Kumpanen energisch an: "Um Himmelswillen, haltet endlich die Schnauze! Was glaubt ihr, wenn die da in Rage geraten. Dann sehen wir hier aber alt aus. Still, verdammt noch ´mal!" Diese Brüllerei hätte ich mir sparen können. Mato war außer sich. Zumal er meine wachsende Angst mehr als deutlich spürte. Den konnte ich da nicht bremsen. Der sah es als seine Pflicht an, mich und den Rest seiner Mannschaft zu beschützen! -- Doch nicht nur in mir kroch Panik hoch. Otmars Nasenspitze sah
farblich irgendwie verändert aus, nämlich eher weißlich. Trotzdem versuchte er noch, mir meine Angst auszureden, vergebens! Eines der Tiere hinter dem Zaun, wahrscheinlich der Oberbulle, geriet wegen der unverschämten Anmacherei durch Mato arg in Wut. Besonders sauer, da das auch noch in seinem eigenen Revier passierte! Dieses in seinem Zorn ach so sympathische Kerlchen hatte sich anscheinend zum Rachefeldzug entschlossen. Er scharrte mit den Hufen, senkte den mächtigen Kopf und brachte seine Freunde, die auch
Bullen hießen, dadurch ebenfalls auf Trab. Das bedeutete: Hilflos sahen wir zu, wie die lieben Tiere langsam, aber sicher sich stetig dem Grenzdraht näherten. "Ach, du Scheiße!" Zwecks Lebensrettung sollten wir schleunigst den Rückzug antreten. So, wie die ausssahen, brächten sie es mit Leichtigkeit, ihr Zäunchen zu überspringen. Dann viel Spaß! Meine Vierbeiner führten sich auf wie die Irren. Mato legte sich in seine Leine und gebärdete sich wie ein Bekloppter. Der schien tatsächlich der Meinung zu
sein, er könnte gegen diese Fleischkolosse wirklich etwas ausrichten. Hätte ich ihn nicht krampfhaft festgehalten, wäre Knödelchen in seiner Wut so dämlich gewesen, über den Zaun zu springen und einen der Bullen ins Bein zu beißen. Dann hätte er sich aber sehr gewundert. Diese Tiere besaßen unheimliche Kräfte. Bei Gefahr traten sie sehr gerne auf allem, was sich ihnen in den Weg stellte, mit geballter Wucht herum. Mato wäre dann auf deren Weide als Pfannkuchen geendet. Damit mein Hund nicht uns allen durch sein
wahnsinniges Benehmen zu einem solchen Outfit verhalf, kamen Otmar und ich überein, schnellstens mit unseren Wüterichen das Weite zu suchen. Auch mein Freund hatte mittlerweile Panik, denn die Bullen hatten eine schnellere Gangart angeschlagen. In unserer Phantasie hechteten sie schon über ihr Zäunchen, um uns wehrlose Geschöpfe in dann sehr absehbarer Zeit zu Mus zu zerstampfen. Da wir aber nicht so gerne als Brei enden wollten, rafften wir die Hundeleinen noch kürzer als ohnehin schon und rannten in Richtung
des sichereren Waldes. Vorsichtshalber ersparten wir uns den Blick zurück zu den Ungetümen. Wir bildeten uns doch wahrlich ein, sie kämen hinterher. Erst, als wir am Waldesrand eine Sekunde verschnauften, drehte ich mich ängstlich um. Gott sei Dank! Die hatten offensichtlich vor dem elektrisch geladenen Zaun höllisch Respekt. Sie standen zwar dicht davor, hatten aber zu unserem Glück das Drüberspringen nicht gewagt. Wieder in Sicherheit, galt es, unsere aufgebrachten Vierbeiner wieder zu besänftigen. Mato als
echter Macho dachte anscheinend gar nicht daran, zuzugeben, dass er bei dieser kräftemäßig ungleichen Auseinandersetzung den Kürzeren gezogen hatte. Also schickte er aus respektvoller Entfernung dem Leitbullen noch ein wütendes "Wau" rüber. So, wie das klang, hieß das: "Scheißkerl!" Von drüben jenseits des Zaunes kam ein besonders "liebevoll-furchterregendes" Brummen. Das bedeutete: "Dreckskerl!" Nach diesem überaus freundlichen Abschied voneinander wurde Mato endlich friedlich.
Das wirkte sich sofort positiv auf Fee und Quinny aus. Die wahrscheinlich heilsfroh waren, mit dem Leben davongekommen zu sein. -- Nie während unseres Urlaubs kehrten wir dermaßen erleichtert wie an diesem Tage in unser Ferienhaus zurück. Besser, wir mieden in Zukunft mit den Vierbeinern dermaßen einsame Bergpfade. Es reichte uns!
Hühnerhof
Mato liebte Federvieh. Vor allem Fasane! Leider waren die nicht überall zu finden. So gab er sich notgedrungen mit Hühnern zufrieden. Die hatten ja auch Federn! In seiner Nase avancierten sie dann zu " Ersatzfasanen". -- Wir planten die Heimfahrt. Zwei Hunde und auch die Koffer waren schon im Auto. Nur Mato fehlte noch. Beim Abschiednehmen vom Westerwald lauschten wir Zweibeiner und erst recht interessiert die Vierbeiner dem lauten Gegacker von einer in der Nähe gelegenen Hühnerwiese. Zwischenzeitlich
war auch Gänsegeschnatter auszumachen. Das weckte Matos Neugierde. Zu blöd, dass es ausgerechnet da nach Hause gehen sollte. Knödelchen sträubte sich, ins Auto zu springen. Das Gekrächze klang viel zu anregend. Nein, der wollte noch nicht, nicht bei diesen lockenden Vogellauten! Anstatt sich brav in den Wagen zu setzen, ruckte er rückwärts, streifte sich dabei erfolgreich das Halsband ab und düste fröhlichst zum Hühnerhof. Entsetzt sah ich auf die leere Leine in meiner Hand. Was sollte ich denn bloß machen? Und
den Weg zum Federvieh kannte ich dummerweise nur so vage. Den Gedanken, Mato könnte wohlmöglich nach dem Besuch dort hier in der Fremde endgültig davonlaufen, verdrängte ich schnell. Er kannte sich doch überhaupt nicht aus. Dann sähe ich mein Tier nie wieder. Nicht daran denken! -- Vom Hundefraucheninstinkt geleitet, spurtete ich gottlob in der richtigen Richtung zum Federvieh. Dort ertappte ich meinen Hund, wie er sich gerade etwas eingehender mit diesen Tierchen beschäftigte. Ich rief den Schlingel zu mir,
der doch tatsächlich sofort mit Unschuldsmiene auf mich zukam. Sogar gegen "Anleinen" wandte er (koomisch!!) nichts ein. Da ein solcher Gehorsam untypisch für meinen Liebling war, dachte ich mir im Stillen: "Hat der etwa Bekanntschaft mit einem der überaus zärtlich zupickenden Schnäbelchen gemacht?" Egal! Hauptsache, ich hatte ihn zurück! Brav hopste er dann ins Auto. -- Wir starteten. Ein paar Minuten brauchte ich aber doch, um mich von dem Schrecken zu erholen. Es war ja noch einmal gut
ausgegangen! -- Zuhause begrüßten die Hunde als Erstes mit ohrenbetäubendem Lärm ihre Ersatzgeschwister. Fee brachte meine Tochter Tina fast um vor Freude. Endlich, endlich hatte sie ihre so lang entbehrte Freundin wieder! Zufrieden fanden die Drei ihre Körbchen noch am alten Platz, kringelten sich jeder in seinem eigenen Bett zusammen und schliefen dem gewohnten Alltag entgegen.
Wettergespenster
Gespenster zu sehen, war wohl mehr der menschlichen Phantasie zuzugestehen. Vierbeiner Hatten den Vorteil, sich nicht auch noch damit herum plagen zu müssen. Schließlich hielt ein Hundeleben auch so schon genug Probleme parat! --Bevor ich Mato mein Eigen nannte, war ich dieser Auffassung. Doch, wie ich feststellen sollte, war er in der Hinsicht die absolute Ausnahme auf vier Beinen. Es erschien ihm zwar nicht das Gespenst von Canterville, aber, wie jeder wusste, gab es noch ein paar andere Geister. Und die waren
bekanntlich an kein bestimmtes Erscheinungsbild gebunden. Im Gegenteil traten sie nur allzu gern in unterschiedlichster Gestalt auf. Um Mensch und ganz selten auch mal Tier zu verwirren und ihnen nach Herzenslust Albträume zu bescheren. Genau das machte ihnen ihr Jahrhunderte- bzw. Jahrtausende langes Spuken wahrscheinlich erträglich. Doch für ihr spaßiges Dasein zahlten sie einen hohen Preis. Sie hatten nämlich in Kauf zu nehmen, nur des Nachts von Mitternacht bis 1Uhr ihr Unwesen treiben zu dürfen. Im Gegensatz
zu so manchem menschlichen Nachwuchs, der mit Vorliebe gerne die halbe Nacht das Haus und, besonders einfühlsam, das Elternschlafzimmer unsicher machte. Zum Leidwesen von Papa und Mama verschwanden dann die lieben Kinderchen häufig längst nicht so schnell wieder im eigenen Bett wie die besagten Geister in ihrem Gespensterverlies.
Regenfritze
Nein, Hund machte die Bekanntschaft ganz anders gearteter Gespenster, die ihm aber mindestens ebensoviel Angst einjagten. Eines davon sorgte dafür, dass er nach jedem "Rendevous" patschnass nach Hause trottete. Deshalb nannte ich es "Regenfritze". Die Beiden verabredeten sich meistens bei verhangenem Himmel mit schweren dunklen Wolken, eben einem sehr ungemütlichen Wetter. Sein nasser, von ihm gänzlich ungeliebter Freund tauchte dann urplötzlich auf, begrüßte ihn je nach Wolkenausprägung tröpfelnd
oder platschend aufs Herzlichste. Matos Reaktion nach zu urteilen, teilte er dessen übergroße Freude überhaupt nicht. Das war ja wohl eine Unverschämtheit, ohne seine Erlaubnis einfach auf ihn nieder zu regnen und sein armes Fell total zu durchnässen! Mein derart schrecklich gequälter Hund war doch danach tatsächlich gezwungen, zitternd vor Kälte eine Zeitlang durch die Gegend laufen zu traben, bevor er endlich in seinem warmen Zuhause ankam. Und ich gemeines Frauchen war noch nicht einmal dazu bereit, ihm bei
der Vermeidung eines solchen Treffens zu helfen. Obwohl das eine Kleinigkeit für mich gewesen wäre. Ich hätte nur bei solch ungemütlichem Wetter den Spaziergang mit meiner kleinen Mimose ausfallen lassen zu brauchen. Unerbittlich marschierte ich herzloser Mensch trotz Sauwetters mit meinem vierbeinigen Liebling, ihm zum Ärger obendrein noch gutgelaunt, durch die Pfützen. Für mich kein Problem. Mich schützten Regenstiefel! Wie gut, dass ich während dieser Ausflüge Matos Mimik weitgehendst ignorierte. Aber keinesfalls
hätte mich sein mehr als aussagekräftiger Blick in einem dieser verrückten Geschäfte landen lassen, in denen es angefangen von Trainingsanzügen bis hin zum Frack für Hunde alles gab, was das Herz von allerdings meiner Meinung nach total schwachsinnigen Leuten höher schlagen ließ. Um dort dann wohlmöglich aus schlechtem Gewissen meinem Liebling gegenüber Hunderegenstiefel zu erstehen! Mein Liebling Mato hätte mich eines solchen Einkaufs wegen garantiert keineswegs gelobt, sondern, wäre es ihm möglich gewesen,
am liebsten beim Anblick dieser Dinger, direkt ins nächste Irrenhaus verfrachtet. Hatte ich denn kein Gefühl dafür, dass dieser Mist Tierquälerei bedeutete?? -- Auf dermaßen abartige Ideen kam ich einfach nicht. Ich war kein entsprechend durchgedrehtes Frauchen. Meiner Ansicht nach zum Glück für meine Vierbeiner. So lieb ich sie hatte, aber sie waren trotzdem Hunde! Trafen mein schwer beleidigter Hund und ich nach einem "nassen" Spaziergang wieder daheim ein, vertrieb ich pflichtbewusst die Reste von
"Regenfritze". Tina flitzte ins Badezimmer und kehrte mit einem Frotteetuch bewaffnet zurück. Dann wurde Pascha minutenlang abgerubbelt, bis auch wirklich jedes einzelne Haar trocken war. Danach war endlich dieser lästige nasse "Freund" futsch. Und Matos Stimmung war gerettet! -- Quinny war Regen piepegal. Hauptsache, draußen rumrennen! -- Fee war ausgesprochen begeistert vom Regen. Sie liebte Wasser über alles und juchzte vor Freude in den höchsten Tönen los, sah sie an manchen Tagen, dass
Hellerhof beinahe zu einem schwimmenden Stadtteil geworden war. Dann hielt sie nichts mehr im Haus.
Schneeflöckchen
"Regenfritze" und "Schneeflöckchen" waren enge Verwandte. Das stellte Mato eines Tages entsetzt fest. Es war klirrend kalt geworden. Man sah den Atem vor Augen. Der Himmel war grau in grau und verhieß nichts Gutes. Der Kälte wegen gäbe es keinen Regen, sondern Schnee. Für Mato, dem damals sehr jungen Hund, war Schnee noch etwas Unbekanntes. Na, wie reagierte er wohl auf diese Überraschung? Mein Gefühl trog mich nicht. Gegen Mittag roch ich förmlich die Schneeluft. Kurz darauf segelten die
ersten feinen Flocken zur Erde. Vereinzelt, sozusagen noch relativ schüchtern. Doch bald bildeten sie eine Armee gleich gearteter weißer Bällchen, wurden kesser, blieben also selbstbewusst liegen, anstatt wie vorher verlegen wieder dahin zu schmelzen. Mato stand verdattert vor der Fensterscheibe und starrte ungläubig nach draußen. Er fragte sich bestimmt: "Was ist das denn? So viele neue Bällchen fallen da vom Himmel, und alle weiiiß? Hoffentlich erwartete ich nicht nachher von ihm, dass er sie der Ordnung
im Garten wegen alle wieder einsammelte!?" Hund stand da und staunte. Der Bällchensegen fand kein Ende! Komisch nur: Die lagen, sobald sie auf dem Boden aufgetroffen waren, sofort unbeweglich da: Kullerten noch nicht einmal für noch wenige Sekunden umher, wie es sich Hund´s Meinung nach aber eigentlich für anständige Bälle gehört hätte! Garantiert kontrollierte mein Hund nachher während eines Kurzbesuches in seinem Garten, was mit denen los war. Matos verdatterten Blick beobachtend, amüsierte ich mich königlich
über diesen verunsicherten Vierbeiner. Wie der sich wohl nachher im Garten aufführte...? - - Nachmittags war es dann soweit: Mato und Kumpanen sollten die weiße Pracht, die mittlerweile alles in eine Märchenlandschaft verwandelt hatte, im Garten ausgiebigst genießen dürfen. Fee und Quinny stürmten nach einer Minute des Zögerns außer Rand und Band in das kalte weiße Zeug, fanden das klasse und freuten sich dann wie toll. Quinny vollführte mehrmals Rollen links- sowie auch rechts herum und tobte mit Fee im köstlichen
Matsch. Meine beiden Wildfänge erfanden lustige Spiele. Wer fing mehr von den selbst hoch gewirbelten weißen Flöckchen rechtzeitig wieder auf, bevor diese auf den Boden zurückfallen konnten? Da war ganz eindeutig Quinny der viel geschicktere Hund. Nach jedem geglücktem Versuch steigerte sich seine Begeisterung für dieses weiße Zeug. Schließlich ließ er sich in den Schnee plumpsen und fabrizierte strampelnd tolle Kapriolen. Fee spielte mit meinen Töchtern Schneeballfangen. Allerdings verwirrte es sie, wieso sich
die kalten Bällchen beim Zuschnappen einfach auflösten. Mit Wonne ließ sie sich mit Schnee bewerfen. Beide Tiere hatten eine Mordsgaudi! - - Wie aber verhielt sich aber mein ältester Wauwau? Im Garten war der jedenfalls nicht. Nein, dieser Fastpolarhund stand neben mir in der geöffneten Terrassentür und schaute fassungslos dem verrückten Treiben seiner vierbeinigen Freunde zu. Sichtlich zweifelte er an deren psychischem Zustande: "Was ist denn mit denen so plötzlich los? Haben die etwa Frauchens Barfach
einen heimlichen Besuch abgestattet?" Fragend schaute er mich an. "Matochen, das macht doch Spaß da draußen im Schnee! Geh du doch auch in den Garten. Sieh mal, wie Feechen und Quinnylein sich freuen!" Mit diesen Worten versuchte ich Knödelchen den weißen Spaß schmackhaft zu machen. Umsonst! Er hegte große Zweifel und zog es vor, von der sicheren Türe aus nur zuzusehen. Ich redete ihm noch eine Zeitlang gut zu. Endlich, endlich hatte ich Erfolg. Er ließ sich überzeugen und startete wider Erwarten
doch einen zögerlichen Versuch, sich mit dem kalten Matsch anzufreunden. Knödelchen setzte die rechte Vorderpfote, immer noch misstrauisch, vorsichtig in das weiße Zeug, um sie aber dann entsetzt blitzschnell sowie höchst beleidigt wieder ins Warme zu ziehen. Das war ja nicht nur unmöglich kalt, sondern zudem noch nassss!! Seine arme Pfote tropfte ja richtig! Mato hatte urplötzlich eine frappierende Ähnlichkeit mit einer extrasauren Zitrone. Stinksauer auf mich, denn schließlich trug ich die Verantwortung für
das Grausen, dass sich seiner bemächtigt hatte. Wie hatte ich so herzlos sein können. Die, die ich ja wohl genau gewusst hatte, was ihn erwartete. Eins war klar: An diesem Nachmittag kriegte ich den nicht mehr nach draußen! Mato verzog sich ins Wohnzimmer unter den Couchtisch, um ja einem nochmaligen Vorschlag solcher Art meinerseits zu entgehen. Seine Einstellung zu jener weißen Patsche stand felsenfest. Da wäre nichts mehr dran zu rütteln: Sollten sich seine beiden vierbeinigen Kameraden doch die Pfoten "gerne"
abfrieren, wenn sie das unbedingt wollten! Mato würde sich daran unter Garantie nicht beteiligen. Nee, nicht mit ihm! So, wie ich das einschätzte, übernähme der für den Leichtsinn seiner zwei Untertanen mit Sicherheit keine Verantwortung! - - Die Kaltfront hielt sich auch am nächsten Tag. Wir durften tatsächlich weiterhin den Anblick schneebedeckter Blumen und Bäume genießen. Alles wirkte wie verzaubert! Nach den Erfahrungen des vorherigen Tages warteten Fee und Quinny ungeduldig auf meine Erlaubnis, dass sie
in den Garten durften. Freudequietschend rasten die Zwei dann in den Schnee. Sie tobten mit einer fast noch größeren Begeisterung herum als am Vortage. Hach, war das schöön! Auch meine Töchter waren selig. So spielten meine zweibeinigen- und zwei meiner vierbeinigen Kinder stundenlang in dem weißen Matsch. Nicki, Tina und Katja bauten einen Schneemann. Als Nase verpassten sie dem die dafür berühmte Möhre. Fee setzte sich natürlich sofort davor und überlegte ganz offensichtlich, ob sie diese Leckerei nicht klauen
sollte. Aber beleidigte Ersatzschwestern fand sie nicht so toll. Die hätten dann bestimmt nicht länger mit ihr so schöne Schneespiele veranstaltet. Darum verzichtete sie lieber. - - Wer glaubt, Mato hätte dann wenigstens im Garten Zuschauer gespielt, der irrte! In diesen nassen Spaß kriegten ihn keine zehn Pferde. Das hatte mein Hund sich zumindest fest vorgenommen. Doch vom Fenster aus beobachtete er, mit welcher Freude seine vierbeinigen Kameraden mit meinen Kindern sich draußen vergnügten. Gegen seine Absicht
schmolz sein Trotz etwas dahin. Ich, sein Frauchen, traute meinen Augen ja kaum: Hund stolzierte doch tatsächlich, allerdings mit heuchlerisch-souveräner Miene, an Fee und Quinny vorbei vorbei ins kalte Vergnügen. Das er doch hasste wie die Pest, setzte sich an einer bevorzugten Stelle in den Schnee. Verharrte dort und ließ sich voll schneien, bis er fast wie ein kleiner Eisbär aussah. Etwa eine halbe Stunde hockte er auf jenem Fleck. Keiner sollte behaupten können, er hätte Scheu vor dem weißen Matsch gezeigt!
class="story">
Gewitter
Schwüle Tage sind für Mensch und Tier gleichermaßen strapaziös. Mit lief der Schweiß. Meine Vierbeiner litten ebenfalls unter der hohen Luftfeuchtigkeit. Zumal sie sich nur durch starkes Hecheln Erleichterung verschaffen konnten. In den Mittagsstunden lagen sie völlig apathisch im Erdgeschoss auf den kühlenden Fliesen. In meinem Kühlschrank war leider zu wenig Platz! "Spaziergang" konnte ich ausschließlich noch Quinny vorschlagen, dem trotz der damit verbundenen vermehrten Anstrengung die Hitze völlig
egal war. Hauptsache, raus! Fee und vor allen Dingen Mato dagegen flehten mich mit einem erbarmungswürdigen Blick um Gnade an: "Ach nein, bitte nicht! Frauchen, dreh`du allein deine Runde. Wir stellen auch bestimmt nix an und warten ganz brav auf dich!" Damit kamen sie aber bei mir nicht durch. Die mussten schließlich auch ´mal Pipi. Also setzte ich mich durch. Fee resignierte und lief gehorsam mit. Doch Matos Meinung dieses meiner Entscheidung wegen war ihm deutlichst anzusehen. Er wähnte, ich wäre
wahrscheinlich dem gefürchteten Sonnenstich bereits zum Opfer gefallen.. Wie könnte ich sonst bei der stickigen Luft da draußen auf eine so abwegige Idee kommen? Stöhnend erhob Herr Hund sich und ließ sich gottergeben sogar anleinen. Aber...dann: Wauwau stellte sich vor die Haustüre, schnupperte kurz und machte, bedient vom Schnüffelergebnis, alle Anstalten, in Richtung des kühlen Hauses wieder umzukehren. Mir fiel es verdammt schwer, ihn trotz der Hitze deswegen ordentlich anzuherrschen: "Verflixt noch
´mal, Knödelchen! Glaubst du denn, mich mich ist das ein Vergnügen bei dem(!) Wetter?? Also, sei ein lieber Hund und mach mir das Ganze nicht noch schwerer. Komm endlich!" Der liebe Hund setzte daraufhin frustriert folgsam Pfote vor Pfote. Seine Mimik dabei war zum Schreien: "Hund, wann kehren wir bloß wieder um? Ich verkrabbel mich im Keller! Ist ja die reinste Viecherei!!" Für Sekunden schien er sogar an meiner Zuneigung zu zweifeln: "Verhält sich so ein liebendes Frauchen? Das schickt doch
seinen Vierbeiner bei dieser Hitze nicht vor die Türe, ooder??" - - 10 Minuten später streikte er endgültig. Es war immer drückender geworden. Die Luft war zum Schneiden. Jeder Schritt eine Überwindung! Mitten auf dem Weg blieb Mato stehen. Er streckte trotzig seine Schnute nach oben und teilte mir per Mimik plus Körperhaltung: "Jetzt ist Schluss. Mich kriegst du keinen Zentimeter mehr weiter in die falsche Richtung. Ich will zurück!" Merkte ich denn nicht, dass etwas Unangenehmes und Angsteinflößendes
auf uns zukam? - - Der tolle blaue Himmel war inzwischen alles andere als blau. Aus der Quellwolken hatten sich schwer hängende Regenwolken gebildet. Verdächtigerweise waren selbst die Vögel verstummt. Da wäre ein kräftiges Gewitter im Anzuge. Diese eigenartige Spannung, die in der Luft lag, sprach Bände. Meinem Hund sagte seine Erfahrung, wenn "Gewitter" käme, würde er gegen seinen Willen höchstwahrscheinlich pudelnass. Und, wie Sie ja wissen, konnte er es einfach nicht ausstehen, gegen seinen Willen
und ohne sein Zutun mit Wasser in Berührung zu kommen. Schon gar nicht von oben und wie aus Eimern! Mein Hund war ja schon beleidigt, besaß Pfützenwasser die Frechheit, seine hochadligen Pfoten ohne seine ausdrückliche Zustimmung zu benetzen. Verstimmt versuchte er dann, diesen Wasserlachen seitlich auszuweichen und sein armes Bein vor einem solchen Überfall zu schützen. Klappte das nicht, war Herr Hund jedes Mal schwer sauer! - - Mato drängte also vehement auf Umkehr. Ich war einverstanden, denn der Himmel war
stellenweise schon fast nachtschwarz. Das würde ein heftiges Unwetter! Bei Gewitter draußen herumlaufen - nein, lieber nicht! Vor Blitzen hatte ich einen gehörigen Respekt. Schließlich waren sämtliche Wege von Bäumen eingerahmt. Zu oft hatte es Leuten unter Bäumen schon erwischt. - - Gerade hatte wir die Haustüre hinter uns ins Schloss fallen lassen, da krachte es auch schon. Gottlob waren wir gerade noch rechtzeitig zu Hause eingetroffen. Ein Blitz jagte den anderen und ließ das Innere meines Hauses für Sekundenbruchteile
gespenstisch hell werden. Jeden Blitz begleitete gewaltiges Donnergrollen. Doch im sicheren Haus kümmerte es Mato herzlich wenig, ob draußen die Welt zu Bruch ginge. Seines Wissens nach dränge dieser riesige, brüllende Hund mit seinen aufblinkenden Augen da draußen ja nicht in sein Revier ein. So war es ihm gleichgültig, was dieses Ungetüm mit dem restlichen Hellerhof anstellte. Nur ihn und sein geliebtes Rudel hatte der gefälligst in Ruhe zu lassen. Da legte Hund allergrößten Wert drauf. Ansonsten konnte der
wüten bis zum Gehtnichtmehr! - - Während draußen das Unwetter tobte, legte Mato sich drinnen pflichtbewusst vor meine Zimmertür, um vor allem mich, aber auch Fee und seinen Quinny, diese beiden um die Wette zitternden Angsthasen, zu beschützen. Doch war er von der Schwüle total groggy. Da trotz des tosenden Gewitters da draußen die Ruhe selbst, stand er vor Erschöpfung das Bewachen nicht mehr lange durch und schlummerte doch wirklich bei jenem unmenschlichen Lärm friedlich ein. Amüsiert beobachtete ich das. So
ganz konnte ich das nicht nachvollziehen, wie ein Lebewesen bei dem Getöse schlafen konnte. Typisch für meinen Knödel. Der brachte das fertig. Mato war schon ein ungewöhnlicher Kerl! - - Dass er da so entspannt vor sich hin schlummerte, brachte mir in der nachfolgenden Stunde einen nicht zu verachtenden, großen Vorteil. Da hieß es für mich nur noch, mich um meine beiden Zitterespen Fee und Quinny zu bemühen. Also immerhin nur noch zwei Tiere, die ich trösten musste. "Nur noch" war allerdings ein Witz!
Quinny hopste in totaler Panik auf mein Bett und suchte Schutz bei mir. Er zitterte wirklich wie Espenlaub. Mit Engelszungen versuchte ich, Klein-Smartie zu beruhigen. In seiner Hilflosigkeit wirkte er ach so besonders niedlich. Mir wurde ganz weich ums Herz. Sein linkes Vorderpfötchen lag auf meinem Unterarm. Wie, um mich fest zu halten, damit ich ihn auch auf keinen Fall alleine ließe. Ich streichelte und kraulte mir die Arme lahm. Doch die Panik war zu groß. Er bebte sich halbtot. Da kam mir die Idee, ihm
leise den Kaiserwalzer vorzusingen. Wie oft hatte ich doch Mato mit jenen sanften Tönen in Stresssituationen faszinieren, dadurch ablenken und dann beruhigen können. Vielleicht konnte ich ja damit auch Fee und Quinny die Angst nehmen! half das ja auch Fee und Quinny. Ich fing an zu trällern. Bis sich aber ein merkbarer Erfolg einstellte, durfte ich meine Stimmbänder eine ganze Zeitlang strapazieren. Doch die Mühe lohnte sich! Quinny entspannte sich. Das aufgeregte Hecheln ließ etwas nach. Nach Ende des Gewitters
hopste er erleichtert vom Bett und verschwand auf seinen Lieblingsplatz unter diesem. Ich ahnte, was das heißen sollte: "Frauchen, jetzt schalte fix den Fernseher an. Heute kommt `Tiere suchen ein Zuhause!" Quinny kannte mit Sicherheit mittlerweile alle Tiersendungen wie auch Tatorte auswendig. - - Während so mancher Gewitter leistete mir auf meinem Bett ein enorm viel größeres Angstpaket Gesellschaft. Schäferhunde gelten ja als ausgesprochen mutige, tapfere Tiere, die selbst in Gefahrensituationen
starke Nerven beweisen. Im Gedanken daran hätte ich fast Fees Abstammung bezweifelt. Dieser Winzling mit seinen 61 cm Schulterhöhe und 34 kg Gewicht landete nämlich beim ersten Donnerschlag mit einem resoluten Satz auf meinem Schoß: "Frauchen, Hiiilfe, ich hab´ eine sooolche Angst!" Ich, ihr Frauchen, versuchte dann an dem Koloss auf meinem Schoß vorbei durchs Fenster zu schielen, ob die Blitze tatsächlich so heftig waren, dass mein Fledermäuschen mich deshalb platt saß? Das hätte sie übrigens keine
große Mühe gekostet. Platt war ich von Natur aus sowieso! Wenn 34 kg fleißig bibbern, wackelt der Untergrund gerne mit. So tat auch mein Bett; es vibrierte regelrecht. Für mich bedeutete Fees Hilfeschrei schmusen, schmusen und nochmals knuddeln! Als sich endlich die Welt draußen wieder beruhigt hatte, war dann ich diejenige, die völlig geschafft von dieser Streichelhöchstleistung erschöpft einschlief. Gottlob wurde es doch noch eine erholsame Restnacht für uns Vier. Meine Tiere schliefen durch bis zum nächsten
Morgen um halb sieben Uhr. Dann jedoch kommandierten sie: "Aufwachen, Frauchen!"
Silvester
< div class="story">
Manchmal haben Menschen den für Vierbeiner unverständlichen Ehrgeiz, Naturgewalten imitieren zu wollen. Einmal im Jahr schnappten wir Zweibeiner in dieser Hinsicht echt über. Anscheinend genügten uns die grauenhaften Gewitter nicht, die wir doch von Jahr zu Jahr in unterschiedlichsten Versionen genießen durften. Tja, Vierbeiner haben kein Verständnis für den von herausragenden Zweibeinern eingeführten Kalender. Wir dummen Menschen ließen uns nach Kräften von diesem blöden Ding dirigieren. Doch gestanden uns unsere
Tiere in der Beziehung mildernde Umstände zu. Denn an manchen Tagen, hatten ihre Besitzer auf diese Blätter geschaut, machte sich urplötzlich eine auffallend fröhliche Stimmung breit Vor allem während der warmen Jahreszeit konnten meine Hunde dieses Phänomen beobachten. Ganz extrem zeigte sich das beim menschlichen Nachwuchs, wenn das Wort "Ferien" fiel. Mato schätzte "Ferien" sehr. Denn dann blieb wenigstens ein Teil seiner Ersatzschwestern auch morgens daheim. Sonst verließen die ja immer
frühmorgens das Haus, um zu dieser komischen "Schule" zu gehen. Kamen sie mittags zurück, hatten sie meistens schlechte Laune, massenhaft Hausaufgaben und keine Zeit für ihn. Für Hunde jedoch bedeutete es das größte Glück, beschäftigten sich die menschlichen Rudelmitglieder ausgiebigst mit ihnen! --Doch wie sollten Lärm verabscheuende Hunde verstehen, dass ihre Zweibeiner bei dem Wort "Silvester" geradezu ausflippten. Mato hatte nun schon 13 Male dieses Theater ertragen. Besonders begeistert
hatte ihn das aber nie. Mitten in der Nacht riss meinen Hund die Knallerei aus den schönsten Träumen. Nicht nur für die Dauer eines Gewitters, sondern gleich für mehrere Stunden. Was sollte denn bloß diese alberne Störung? Und, dass ich dann auch noch bereit war, aufzustehen, obwohl doch Schlafenszeit war, konnte ich meinem Vierbeiner natürlich nicht erklären. Er mochte dazu denken: "Wieso zieht sie sich denn bloss an? Ich muss doch gar nicht aufs Klo?!" Jedoch blieben diese unausgesprochenen, dafür
umso deutlicher im Raume stehenden Fragen unbeantwortet. Seinetwegen brauchte ich mich in jenen Nächten nicht zu sorgen. Der war nur sauer, weil sein Schlaf gestört wurde. Umso mehr Einsatz erforderte es, Fee und Quinny zu trösten, deren Angst vor "Silvester" viel tiefer saß als die Furcht vor "Gewitter". Kein Wunder, denn Gewitter verebbten nach etwa höchstens einer Stunde. "Silvester" dauerte deutlich länger! -- Aus Mitleid mit den Tieren wanderte ich deshalb nur ganz kurz für
den obligatorischen Schluck Sekt nach unten. Und wirklich nur für einen winzigen Schluck! Bei "mehr" wurde ich sonst so komisch munter! Die Knallerei vor der Haustüre mied ich. Ich hatte viel zu sehr Manschetten vor den empor zischenden Raketen. Ostentativ hielt ich mich deswegen im Hintergrund in der Diele auf. Unabhängig von meiner eigenen, wohl übertriebenen Angst hielt ich das Ganze für einen sehr gefährlichen Unsinn. Lieber schaute ich mir die Farbenpracht am Himmel durchs sichere Fenster an. Nur
ab und zu gesellte ich mich meinem Nachwuchs zuliebe zu ihnen für ein paar Minuten an die Haustüre. Um jedes Mal festzustellen, dass die unmittelbare Nähe der Raketen für meine Nerven nicht das Wahre war. -- Schnellstens verschwand ich zurück zu den Tieren, um dieselbe Pflichtübung zu absolvieren, die ich schon ausführlich (s. das vorige Kapitel "Gewitter!") beschrieben habe. Nur dauerte diese Übung in der Silvesternacht nicht nur wenige Minuten, sondern zog sich gerne über 1½ Stunden hin. Erst dann
verglühten nämlich das letzte Feuerwerk am Himmel. Kehrte endlich Stille ein, verwandelten sich meine Angsthäschen wieder in Hunde, wanderten jeder in sein eigenes Körbchen, seufzten einmal erleichtert auf und dösten nach dem ausgestandenen wahnsinnigen Stress direkt ein. Froh überließen wir Vier uns erneut unseren Träumen und schliefen bis zum nächsten Morgen ungestört durch. -- Tags darauf ärgerte nicht nur ich mich beim frühen Spaziergang über den weit verteilten Dreck überall. Mato fand den Raketengestank
in der Luft für seine empfindliche Hundenase schlichtweg als ungeheure Zumutng. Sein Blick sprach Bände: Welche Schweinereien hatten die menschlichen Vorgesetzten da auf all seinen geliebten Wegen hinterlassen? Zerfetzte Raketenstummel, zugehörige Stockteile, jede Menge Papierkram. Und...dann obendrein noch dieser grauenhafte Gestank!!
Trauer auf vier Beinen
Inzwischen war Fee, mein jüngster Hund, bereits acht Jahre alt. Die Pfotenkrankheit hatte sich endgültig verabschiedet. Ich freute mich riesig für mein Tier. Endlich könnte Fee ein normales Leben führen. Die Spaziergänge fielen wieder länger aus. Wir tobten wie die Wilden durch Pfützen. Das war eindeutig ihr Lieblingsspiel. Eine regelrechte Sucht! Nach Spielende waren wir beide pitschnass und dreckig von unten bis oben. Fee konnte man nur noch mit zwei Fingerspitzen anfassen. Ein einziges Schlammknäuel! -- Doch
ein paar Monate später, es ging bereits wieder auf die wärmere Jahreszeit zu, veränderte sich ihr Verhalten. Sie trappste auf unseren Spaziergängen auffallend ruhig neben mir her. Da sie im Haus immer noch wie eine Wilde tobte, schob ich ihr verändertes Verhalten auf ihr Alter. Ich gönnte ihr vermehrt Ruhepausen. -- Ende April war dann Ende für meinen Seelenfrieden. Morgens nach dem Spaziergang hatte Fee meine Älteste oben in der Jugendetage begrüßen wollen, es aber nur mit größter Anstrengung geschafft, die
Treppe zu steigen. Alarmiert führ ich mit ihr zum Tierarzt. Nach gründlicher Untersuchung die Diagnose: Leberkrebs plus schlimmer Leberentzündung. Ein Keulenschlag aus heiterem Himmel! Sie direkt zum Einschläfern in der Klinik zu lassen, brachte ich nicht übers Herz. Stattdessen nahm ich sie nach Absprache mit dem behandelnden Arzt wieder mit heim, damit wir alle uns in Ruhe auf ihren nahenden Tod einstellen konnten. In dieser schlimmen Situation lernte ich meinen Mato von seiner sensibelsten Seite neu kennen.
Einfach zu rührend, wie er versuchte, seine ganz offensichtlich leidende Freundin zu trösten. Der Hund, der sonst immer gerne ein wenig Distanz hielt, strich die ganze Zeit um sie herum, gab Nasenküßchen, schleckte sie sogar ab und bat mich mit flehenden Blicken: "Frauchen, du mußt ihr doch helfen können!" Doch da war ich machtlos. Leberkrebs war nicht heilbar. In diesem Krankheitsstadium wurde auch nicht mehr operiert. Quinny tat es seinem großen Freund nach und versuchte, Fee durch Ohrenknabbern zum
Aufstehen zu bewegen. Im Nachhinein möchte ich ganz ausdrücklich sagen: Menschen könnten vom Verhalten dieser treuen Gefährten so Einiges lernen! In diesen letzten Lebenstagen Feechens war mein Mato nicht wieder zu erkennen. Er bot ein wunderbares Beispiel für Hilfsbereitschaft und Zuneigung auf vier Beinen! -- Da Fee so sehr litt, wartete ich nicht bis zum Anfang der nachfolgenden Woche ab, wie mit dem Tierarzt besprochen, sondern ließ sie bereits am Samstag, dem 1.Mai 1999, einschläfern. Sie hatte einen idealen
Tod. Liebevollst umsorgt und von der netten Ärztin in ihren letzten Lebensminuten noch mit vier Leckertütchen verwöhnt, die sie in alter Manier hastig verzehrte. Auf ihrem Hundeteppich dicht an mich gedrängt liegend, schlief sie sanft ein. Das erleichterte mir den endgültigen Abschied sehr! --Wieder daheim, erlebte ich dann vierbeinige Verzweiflung in schlimmer Form. Hunde wie Mato sind auch in dieser Hinsicht extrem veranlagt. Mit Fee war ich gegangen, ohne sie zurückgekehrt. Er spürte meine Stimmung und rastete
aus. Mein Gott, war mein Tier verzweifelt! Im letzten Moment konnte ich verhindern, dass er seinen Teddyplüschkorb zerfetzte. Anscheinend musste er sich abreagieren. Quinny suchte Fee im ganzen Haus, konnte sie nicht finden. Er brach vor lauter Aufregung. In den zwei Wochen danach fütterte ich die beiden Rüden mit der Hund, weil sie vor Trauer sonst eingegangen wären. Sie rührten nämlich von selbst ihr Fressen nicht an. Nach dieser Zeit allerdings normalisierte sich ihr Verhalten relativ fix. Sie fingen wieder
an zu spielen. Ihre alte Fröhlichkeit kehrte mehr und mehr zurück. Das tröstete mich. Allmählich konnte ich die lustigen Erlebnisse mit ihnen wieder aus vollem Herzen genießen.
Neue Rangordnung
Durch Fees Tod verschob sich die Rangordnung. Quinny rutschte automatisch vom dritten auf den zweiten Platz.. Zwar hätte er den strenggenommen schon zu Fees Lebzeiten inne haben müssen. Doch auf Grund ihrer Körpergröße war Fee ihm natürlich weit überlegen. Sie bewies ihm das, indem sie ihn ab und zu auch erfolgreich ärgerte. -- Dann, nach ihrem Tod, stellte Quinny fest, dass der Schmuseplatz auf meinem Bett frei geworden war. Da Mato lieber in seinem eigenen Körbchen oder auf meinem weichen Teppich schlief,
gab es keinen Artgenossen mehr, der ihm diesen Platz verwehrt hätte. Also stand er eines Abends mit riesengroßen Augen und Wackelschwänzchen vor meinem Bett. Selbstverständlich erreichte der kleine Charmeur auch sein Ziel. Von da an nächtigte er nur zu gerne zwischen Kuscheldecke und Oberbett. Nur die süße kleine Schnute und seine Kulleraugen lugten dann noch hervor. -- Mato hatte gegen diese neue Angewohnheit seines Untertan nichts einzuwenden. Wahrscheinlich fand er dessen Vorgehensweise für einen älteren Hund
zu albern. Im Übrigen: Gleichgültig, wie nah Quinny nachts bei mir läge, Mato war sich völlig sicher: Er bliebe in meinem Herzen der Hund Nr. 1!! -- Mittlerweile ist Feechen schon drei Jahre tot. Mato und Quinny, beide über 13 Jahre alt, toben noch immer gesund durchs Haus. Quinny ist etwas selbstsicherer geworden. Mato hat sich von dem Hundebaby, das Schmusen äußerst lästig fand, zu einem absoluten Stofftier entwickelt. Mein Hund knuddelt nur noch! Wehe, ich gehe mit Wäschekorb an ihm vorbei. Nein, ich habe
den abzusetzen, um ausgiebig mit ihm zu schmusen. Dann ertönt jedes Mal das von mir so ersehnte Wolfsgeheul, mit dem er mir seine überschäumende Freude zeigt. Wie froh erst ich dann bin, ich glaube, mein Hund spürt es! -- Über ein Leben ohne meine beiden Lieblinge mag ich lieber nicht nachdenken!!