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Der Plan

Von Verena Jansen


Kerzengerade und schweißgebadet saß sie in ihrem Bett. Irgendetwas hatte sie so sehr erschreckt, dass sie am ganzen Leib zitterte. War es nur ein böser Alptraum gewesen? Sie war sich nicht sicher.
Langsam stieg sie im Dunkeln aus dem Bett und zog sich den Morgenmantel, der am Kleiderschrank hing, über. Sie war nicht ganz an der Tür angekommen, da hörte sie es wieder. Es war kein Traum gewesen. Reglos blieb sie in der Dunkelheit stehen. Ihr Atem wurde schwerer und sie lauschte in die Stille. War es die Katze, die mal wieder nachts durch die Wohnung streifte? Oder hatte vielleicht das Baby geschrien? Wer verursachte dieses Geräusch?
Ihr lief ein kalter Schauer über den Rücken. Sie traute sich nicht zu bewegen. Eine halbe Ewigkeit stand sie so da. Die herzzerreißende Stille schien immer schlimmer zu werden.
Plötzlich kam ihr der unheimliche Gedanke: Könnte jemand im Appartement sein? Bewegte sich jemand gerade durch die einzelnen Räume und suchte nach ihr?
Doch sie verwarf den Gedanken wider. Es war unmöglich, denn die Tür war fest verriegelt.
Immer noch konnte sie sich nicht bewegen. Die Dunkelheit schien ihre Augen förmlich zu zerdrücken, die sie so weit aufgerissen hatte und darauf wartete dass sie sich an die Dunkelheit gewöhnten. Nachdem sie das fremde Geräusch nicht mehr hörte, fasste sie ihren ganzen Mut zusammen und beschloss noch einmal das Schloss an der Vordertür zu kontrollieren. Knarrend öffnete sie die alte Holztür ihres Schlafzimmers und spähte auf den Flur. Nichts war zu erkennen, es war einfach zu dunkel.
Auf leisen Sohlen schlich sie zur Tür. Dort angekommen schaute sie durch den Türspion, obwohl das ebenfalls vergeblich war, im Treppenhaus brannte um diese Uhrzeit kein Licht mehr.
Ruckartig drehte sie sich plötzlich um. Hatte sie sich nur eingebildet, dass jemand auf sie zukam? Ein unkontrollierter Seufzer, der wie ein erstickender Laut klang, drang aus ihrem Mund, als sie bemerkte wie übel ihre Fantasie ihr mitspielte.
Sie drehte sich wider zur Tür um und kontrollierte die Kette und das Schloss.
"Die Tür ist sicher, wie eine dieser Gefängnistüren in den sichersten Verwahrungsanstalten ...", sagte sie sich und wollte sich umdrehen um die restlichen paar Stunden bis zum Morgengrauen in ihrem warmen gemütlichen Bett zu verbringen.
Doch ihr stockte der Atem, als sie nur wenige Schritte von der Tür entfernt war. Das Geräusch, das sie jetzt vernahm war lauter und deutlicher zu hören, als zuvor. Es kam von der Tür. Ein leises Kratzen, das sich unterhalb der Türklinke befand. Und dann bewegte sich etwas im Türschloss.
Plötzlich wurde es ihr klar, es fiel ihr wie Schuppen von Augen: Jemand stand vor ihrer Tür und wollte rein. Es passte auf einmal alles zueinander. Wie ein Puzzle setzten sich die einzelnen Teile in ihrem Kopf zusammen.
Ihr wurde bewusst sie befand sich in höchster Lebensgefahr.
Wie um Gotteswillen, hatte man sie gefunden? War ihr Plan, den sie noch vor drei Wochen verfasste hatte, nicht ineinander schlüssig gewesen?
Wenn sie sie gefunden hatten, was war dann mit den anderen geschehen? Hatte man sie ebenfalls schon entdeckt?
Aber das spielte jetzt alles keine Rolle mehr. Sie hatte schnell zu handeln. Sie durfte keine Zeit verlieren, ihr Leben und das Leben ihres Babys hing davon ab. Schnell, aber sehr leise lief sie über den Flur zurück ins Schlafzimmer. Unter dem großen Doppelbett zog sie einen kleinen Schuhkarton hervor, in dem sich eine Magnum 757 befand, die sie von ihrem Vater geschenkt bekam, als er starb. Die Waffe steckte sie in ihren Hosenbund. Kaltes Metall presste sich an ihren Körper.
Lautlos streifte sie den Morgenmantel ab und zog ihre schwarze Lederjacke an.
Schnell, schnell, schnell,... sie dürfte nicht eine Sekunde verlieren. Gegenüber ihres Schlafzimmers befand sich das Zimmer des Babys. Blitzartig wechselte sie die Räume.
Das kleine Kind schlief tief und fest. Sie blickte auf es hinab. Wie ein kleiner Engel, schlief es dort in seinem Gitterbettchen. Es hatte von alle dem nichts mitbekommen. In eine Decke gewickelt nahm sie es auf den Arm und rannte ins Badezimmer. Hinter sich schloss sie die Tür ab. Das Bad war sehr klein. Die Toilette stand genau vor dem kleinen Fenster, das man aufschieben konnte, es klemmte sehr oft.
Von ihrem Bad aus ging eine Feuerleiter auf die dunklen Straßen. Mit ihrer ganzen Kraft öffnete sie das Fenster. Sie hörte die Haustür aufschnappen. Sie hatten es also geschafft. Jetzt wurde die Zeit knapp. Sie musste sich beeilen.
Sie würden kommen und sie umbringen, und das Baby, das konnte sie nicht zulassen, so viele Jahre hatte sie friedlich gelebt. Sie hatte das Ereignis, das vor fünf Jahren geschah, schon gut verdrängt, doch jetzt kam alles wieder in ihr hoch. Schreckliche Bilder suchten sie heim und versetzen sie in Angst. Eine Angst, die sehr gefährlich, lebensgefährlich, war und sie schwach machte.
Sie war schon auf halben Weg auf der Feuerleiter, als sie hörte, wie die fremden Eindringlinge fluchend gegen die Badezimmertür schlugen.
Schlüsse lösten sich. Ein Adrenalinstoß durchschoss ihren Körper. Unten angekommen, nahm sie das Kleine fester in den Arm und rannte los. Ohne sich noch einmal umzudrehen und ohne zu wissen wohin rannte sie.
Sie rannte in die Dunkelheit.
Sie rannte um ihr Leben.



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