Lange schon sitze ich hier und betrachte dich. Präge mir dein Gesicht ein, jede Falte deiner runzligen Haut, die mich so viele Jahre begleitet hat, die Lachfältchen, die ich so lieb gewonnen habe, weil sie deine Augen zum Strahlen bringen. Du liegst dort, die Augen geschlossen und das sanfte Lächeln hat deine schmerzverzerrten Züge geglättet.

Ich muss an das spitzbübische Lächeln denken, das mich vor so vielen Jahren bezauberte. Die jugendliche, fordernde Art von damals ist einer gesetzten, oftmals schon weise wirkenden Ruhe gewichen, die einem mitunter das Gefühl gibt, du habest ein tiefer gehendes Verständnis für die Welt, die dich umgibt, als irgendjemand sonst.

Dein Lächeln jedoch ist immer gleich geblieben. Manchmal denke ich, du hast es über all die Jahre für mich aufbewahrt, eine Erinnerung an den Anfang unserer Liebe. Es hat mich viele Jahre begleitet und ich werde unsere vielen gemeinsamen Momente immer in Erinnerung behalten.

Ich werde jedes Frühjahr daran denken, mit welcher Freude du Jahr für Jahr durch den Garten gegangen bist, wenn der Schnee endlich geschmolzen war, und jede einzelne Blüte begrüßtest.

Jeden Sommer werde ich mich daran erinnern, wie du stundenlang auf einer Decke in unserer Wiese liegen und in den Himmel blicken konntest, völlig versunken in weit entfernten Gedanken, während um dich herum Insekten durch die warme, duftende Sommerluft schwirrten.

Von jetzt an werde ich auf dieser Decke liegen und in den Wolken dein Gesicht finden.

Im Herbst dann werde ich all die schönen Blätter finden und pressen, die du immer gesammelt hast und ich werde alleine früh am Morgen aufstehen, um in den dichten Nebelschwaden den Sonnenaufgang zu suchen, und in der nebligen Stille werde ich dich glücklich lachen hören.

Im Winter jedoch, im Winter werde ich an die Schmerzen denken, die dich durch deine, durch unsere letzten Ofenabende begleiteten. Die Schmerzen, die verhinderten, dass du ein letztes Mal den Schnee auf deiner Haut spüren, ein letztes Mal mit roten Wangen Muster in eine unberührte Schneedecke treten konntest.

Dabei werde ich mich auch an die Tapferkeit erinnern, mit der du die Schmerzen klaglos ertragen hast und mit der du wortlos akzeptiertest, dass dir kein letzter Winter vergönnt sein sollte, den du dir doch so sehnlichst wünschtest.

Immer aber werde ich mich an diese letzte Nacht erinnern, in der ich im Kerzenschein noch einmal die Jahre mit dir leben durfte, bevor du am nächsten Morgen nicht wieder erwachen würdest.