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Kurzgeschichtenwettbewerb "Schlüsselerlebnis"

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Gebraucht

© Isabel Otzowsky


Sindy hatte ihre Freundin vorgewarnt, dennoch machte sich Jascha auf den Weg, bei dem Umzug zu helfen.
Zwar kam sie eine halbe Stunde später, doch nahm Sindy sie mit in ihre nun bald alte Wohnung und zeigte ihr, was noch runter musste. Und gleich waren wider zwei der sieben Herren da und brachten das nächst größere Möbelstück runter. Insgesamt hatten sich dreizehn Helfer eingefunden.
Nachdem Jascha ihre Jacke und Tasche in der Küche bei den anderen abgelegt hatte, schnappte sie sich etwas Mittelgroßes aus Holz, schwarz lackiert und mit zwei versiegelten Schubladen. Als sie aus der Wohnungstür raus kam, stand ihr schon ein junger Mann gegenüber, nahm es ihr aus den Armen und ging die Treppe hinunter. Sie stand mit leeren Händen da und wand sich der entleerenden Wohnung zu.
Pflanzen, Gardinen, technischer Kram, der Kühlschrank, die Couch und das Bett waren die Überreste ihrer bisherigen Existenz in diesen Räumen. Alle anderen Sachen waren unten schon zum Abtransport angetreten. Eine der jungen Frauen kam mit Kartons herein, wo die kleineren Pflanzen Platz fanden. Die Großen mussten einzeln abwärts gebracht werden.
Die Herren trafen oben wider ein, nahmen sich der Couch an. Mit eins, zwei Handgriffen war diese in zwei Teile gestückelt und das Erste war schnell auf dem Weg zur Zwischenverwahrung im Hauseingang zur Strasse.
Nachdem Jascha nun einige Minuten da so stand und den anderen beim Arbeiten zu sah, nahm sie die Gardinen in Angriff und holte sie von ihrer Halterung runter, indem sie gleichzeitig versuchte, auf einer Holzleiter zu balancieren. Verpackt in eine Einkaufstüte stellte Jascha sie neben die Haustür, auf das einer der anderen es mitnahm.
Dann rief jemand nach Hilfe. Das Bett wollte wohl nicht so wie Caro es wollte, eine Studienfreundin der Ausziehenden. Mit dem Schraubenzieher war aber auch dieses Gestell schnell in seine Einzelteile dividiert. Es wurde den Herren überlassen, diese die Treppen bergab zu tragen. Nun verbrachte noch der Kleingram die letzte Zeit in den Räumen.
Und schon kam das Auto. Man wand sich dem Einreischen der Sachen zu, die unten warteten. Eine Kette war schnell gebildet, hielt jedoch aufgrund der größeren und schwereren Stücke nicht lang. Einer der Fahrer befasste sich mit dem Einschichten der Gegenstände, das zum einen der Raum genutzt und zum anderen nicht so oft gefahren werden musste. Alle anderen standen ihm mit gut gemeinten Ratschlägen zur Seite.
Der Wagen machte sich auf den Weg und eine Hälfte der Truppe blieb bei den zwischengelagerten Sachen, auf das diese nicht mitgenommen werde. Die andere Hälfte der sich zusammen Gefunden eilten den drei Vorausgefahrenen nach, um ihnen beim Verfrachten in die neue Wohnung zu helfen. Jascha hatte das große Los gezogen, im kalten Eingang mit den Verbliebenen zu wachen.
Die Zeit wollte nicht vergehen. Aus guter Langeweile gingen die zwei zurück gebliebenen Jungs hoch und taten sich daran, die restlichen Sache zu holen.
Die vier Mädels machten es sich auf der geteilten Couch gemütlich und klatschten Beifall, sobald die jungen Männer samt vollgepackter Arme um die Treppenecke bogen und die Sachen zu deren Füssen ablegten. Mit einem Lächeln gesellten sie sich zu den Damen.
Schnell hatte sich auch ein Gesprächsthema gefunden, wo alle aufgrund unserer Studienfächer sich einbringen konnten: Arbeitslose als fast kostenlose Möbelpacker und als ihre Vermittler Geld einstreichen von den Buchenden. Andernorts war gemeinnütziges Arbeiten von Erwerbslosen als Beschäftigungstherapie schon erfolgreich angelaufen. So zum Beispiel für das Schulbusfahren oder bei der Hilfe für Senioren, die Möglichkeit zum Einbringen, wenn die menschlichen Kräfte bei anderen Arbeiten nicht gebraucht wurden. Bei der derzeitigen Fernsehlandschaft zog es viele Beschäftigungslose doch mehr hinaus, zum Treffen anderer und einander helfen.
Viele Ideen trugen sich zusammen, die als umsetzbar sich entpuppen könnten.
An jeden Aspekt einer unternehmerischen Ausgestaltung und der vielseitigen Einsetzbarkeit von Mann wie Frau dachten die Kommunizierenden. Doch das Hirngespinst wollt nicht lange gehalten werden, denn als Studenten hat man nicht viel Zeit für solche zeitaufreibenden Unternehmungen. Und auch wenn viele Erwerbslose daran Gefallen finden würden, könnten andere Unternehmen, denen damit Konkurrenz geboten wird, ihre Arbeitskräfte an die Luft setzten, und gegen die neu gegründete Firma durch Arbeitnehmerverbände der Gar-Aus gemacht werden. So zerplatzte es wie eine Luftblase. Allein das Bild der Idee blieb haften. Bald wurde ein allgemeineres Thema gefunden.
Als das Auto wider kam, ging es an das Einpacken und Fahren der verbliebenen Gegenstände. Dabei gesellte Jascha sich in das enge Transportgefäß, zu dem auch noch ein wackeliger Boden hinzutrat, sobald etwas an den Anfang der Ladefläche gestellt wurde. Eigentlich wankte der ganze Wagen. Sie hielt die Matratze fest, während die anderen Sachen hineingaben, womit das Feststehen gewährleistet werden konnte. Alsbald fand sie ihr Glück, das wackelige Gefährt verlassen zu dürfen.
Der Einstapelvorgang ging nur schleppend voran, da die kleinen Sachen sich nicht gegenseitig festhalten konnten. Mit verschiedenen Möglichkeiten wurden diese aneinander gefesselt. Sindy durchquerte ein letztes Mal ihre alte Wohnung, bevor sie die Truppe zur neuen Wohnung verfrachtete.
Einige kleinere Pflanzen blieben übrig und wurden von den mit der S-Bahn Fahrenden mitgenommen. Angekommen, wurde schon ersichtlich, wie voll ihr Zimmer nun werde aufgrund der großen Anzahl an Gegenständen, die vorher in einer Zwei-Zimmer-Wohnung mit Küche verteilt waren. In der Küche ihres neuen Domizils, das von der Größe eines Wohnraums glich, war kalte Platte angerichtet. Nur von den neuen Mitbewohnern war nichts zu sehen.
Das Ausladen der zweiten Fuhre ging schneller voran, als das Einräumen. Und auch hier waren wider so viele Hände am helfen, das Jascha zu meist im Weg stand oder irgendetwas mitten auf der Treppe abnahm, das ihr entgegen gehalten wurde.
Zum Schluss standen oder saßen alle in der Küche und beglückwünschten sich gegenseitig für die Arbeit und Sindy für ihr neues Heim. Gleich wurden auch Party-Pläne geschmiedet, bei dem die ganze Wohnung begutachtet werden wollte. Sindy lächelte zufrieden in die Truppe.
Jascha verzog sich nach nur vier Stunden wider. Es war alles getan.
Nachdem sie in der Zwei-Raum-Wohnung ankam, hörte sie, wie Anja, ihre Mitbewohnerin, über die Tastatur ihres Computers Worte schrieb und ihren Artikel fortsetzte, trotz derzeitiger Schreibblockade. Beide waren zusammen gezogen, um Geld zu sparen und ihre Freundschaft war das Gerüst ihres Zusammenlebens. Doch es half nicht gegen das immer mehr sich breit machende Gefühl der Nutzlosigkeit der Arbeit bei Anja. Selbst Jascha konnte sie nicht antreiben.
Den restlichen Nachmittag des Samstages verbrachte Jascha mit dem Fortsetzen ihrer Hausarbeit, ohne auszugehen. Das hatte sie am Vorabend schon getan, die Arbeit konnte nicht länger warten, auch wenn sie in der Zukunft nur wenig Aussichten hatte, gebraucht zu werden.



Eingereicht am 28. Februar 2005.
Herzlichen Dank an den Autor / die Autorin.
Nachdruck und Vervielfältigungen, auch auszugsweise, bedürfen der schriftlichen Zustimmung des Autors / der Autorin.



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