Wir sahen uns fast jeden Tag. Es war eine fröhliche Zeit für uns. "Ein hübsches Paar", hieß es oft, und ich war stolz auf diese Kommentare. War so glücklich zu wissen, dass ich dir das Liebste war.

Ich erinnere mich an lange Spaziergänge. Bei Sonnenschein und Wind und Wetter. Und immer hielt deine Hand die meine und wärmte meine meist kalten Finger.

Wie oft saßen wir auf jener Bank! Und jedes Mal saß ich auf deinem Schoß, du legtest deinen Arm zärtlich um mich und flüstertest mir Geheimnisse ins Ohr. An dich gelehnt flüsterte ich zurück.

Wenn andere über uns lachten oder gar spöttische Bemerkungen machten, dann war uns das egal. Was gingen die uns an? Wir hatten uns - das genügte zum Glücklichsein.

Manchmal holten wir die große weiße Muschel aus dem Regal und lauschten. Dann träumten wir von gemeinsamem Urlaub, von langen Spaziergängen an der Ostsee. Wir träumten und planten unsere Zukunft, eine gemeinsame Zukunft, und du versprachst, mich zu heiraten.

Plötzlich, viel schneller als wir beide es erwartet hatten, kam der Tag, an dem du eingeschult wurdest. Und ich, genau ein Jahr und einen Tag jünger als du, ich blieb noch für ein weiteres Jahr im Kindergarten. Seitdem ist unser Kontakt abgebrochen.

Damals, mit knapp sechs Jahren, lernte ich, dass selbst blond gelockte Jünglinge mit blauen Strahleaugen und Unschuldsblick lügen können.