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Kurzgeschichtenwettbewerb "Schlüsselerlebnis"
Die Geschichte vom Pferd und den drei Wissenschaftlern
© Berhard Ost
Drei Forscher, wollten die Natur des Pferdes wissenschaftlich erkunden, aber jeder von ihnen hatte eine sehr unterschiedliche Auffassung darüber, wie er es am besten anstelle, um die wirklich wesentlichen Strukturen und Besonderheiten in der Natur des Pferdes zu Tage bringen zu können.
Der Erste, ein emotionsloser Psychoanalytiker, stellte einen umfassenden Fragenkatalog auf und überlegte sich, wie er diese Fragen aus dem Pferd herausarbeiten könne, da das Pferd naturgemäß nicht in seiner Sprache antworten wird.
Der Zweite war ein erfahrener Verhaltensforscher, der sich ebenfalls einen Katalog erstellte, wie er das Pferd mit gewissen artgerechten Lockmitteln auf der Basis allgemein bekannter Verhaltensmuster konfrontiert und dann dessen Reaktionen studiert.
Der Dritte war ein Meditationswissenschaftler, der ohne irgendein Konzept auf das Pferd zugehen wollte, keine Fragen hatte, sondern der Ansicht war, dass das Pferd diese Fragen aufwirft und er am meisten von dem Pferd erfahre, wenn das Pferd spüre, dass er es liebt und für das Pferd da ist.
Jeder der drei Wissenschaftler verbrachte mit ein und demselben Pferd hintereinander mehrere Monate alleine. Der Psychoanalytiker schloss das Pferd an verschiedene elektronische Messgeräte an, um jede Reaktion des Tieres auf Futter, Liebkosung und Forderungen als entsprechendes Diagramm zu sehen und in einer Statistik einzubringen. Seine Arbeit war die umfassendste, aber sie war so lebensfremd, dass sie niemanden interessierte.
Der Verhaltens-forscher lebte mit dem Pferd und versuchte sich in einer Art Rollenspiel dem Pferd als Partner anzubieten und registrierte jede Reaktion auf diverse Vorgaben so genau, dass man aus seiner Arbeit fast eine Gebrauchsanweisung für das Pferd hätte machen können.
Seine Arbeit wurde von vielen Leuten gelesen und sie trug wesentlich zur Weiterbildung der Leute bei.
Die Leute glaubten nun genau zu wissen, wie man mit Pferden umgeht, was diese empfinden, was sie denken und was sie wollen und brauchen und glaubten somit ein brauchbares Rezept im Umgang mit dem Pferd für alle bekannten Standartsituationen des Lebens zu haben.
Der Meditationswissenschaftler lebte mit dem Pferd, schaute ihm täglich liebevoll in die Augen, liebkoste es und versuchte die Gedanken des Pferdes zu lesen.
Er induzierte damit bei dem Pferd ein solch tiefes Vertrauen, dass dieses sich selber die größte Mühe gab, die Wünsche des Wissenschaftlers zu erspüren. Es wusste recht bald immer was der Mann vorhatte und erspürte auch die jeweilige Gemütslage des Mannes. Zog er die Stiefel an, knabberte das Pferd am Sattel an der Wand, - stand er auf der Wiese und genoss die frische Luft und die Sonne, kam das Pferd und stieß in liebevoll mit der Schnauze und liebkoste seinen Nacken und seine Schultern mit seinen kräftigen
Lippen. Eigene Wünsche äußerte das Pferd ohne sprechen zu können durch seine Körpersprache mit Augen, Ohren, Lippen und manchmal auch, um den Wünschen Nachdruck zu verleihen, durch Zwicken mit den Zähnen. Das wissenschaftliche Ergebnis dieser Arbeit wurde von allen Leuten schallend belacht, denn das komplette Resumè seiner Arbeit bestand nur aus einem einzigen Satz:
"Wir haben uns verstanden".
Eingereicht am 27. Februar 2005.
Herzlichen Dank an den Autor / die Autorin.
Nachdruck und Vervielfältigungen, auch auszugsweise,
bedürfen der schriftlichen Zustimmung des Autors / der Autorin.