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Kurzgeschichtenwettbewerb "Schlüsselerlebnis"

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Lass Taten sprechen

© Barbara Gold


"Guten Morgen, heute ist der 1. April 1968, es ist 9.30 Uhr"
Verschlafen reibe ich mir die Augen, gestern Abend hatten wir mal wieder viel zu lange diskutiert. Mein Kopf dröhnt, unfähig einen klaren Gedanken zu fassen gehe ich ins Bad, lasse mir eiskaltes Wasser übers Gesicht laufen.
Blicke in den Spiegel, schaue mir fragend in meine eigenen Augen ....- Genug
- schließlich habe ich heute noch einiges zu organisieren ...
Morgen ist es endlich soweit, seit Wochen planen wir schon den Brandanschlag auf Kaufhof.
"Wenn niemand gegen Napalm in Vietnam protestiert, müssen wir den Menschen wohl mal zeigen, wie sich Feuer anfühlt, und wenn wir dabei auch noch den Kapitalismus treffen, umso besser ...", hatte meine Bekannte Gudrun vor ein paar Tagen erklärt, unsere Idee war geboren gewesen ...
Schnell, Jacke an, Schal um und dann auf zur "Inspektion". Muss zum Kaufhof, Lage peilen.
Heilloses Gewühl, dicke Hausfrauen schieben sich mit noch dickeren Einkaufstüten durch die Geschäfte, immer auf der Suche nach den tollsten Produkten der Welt. Pärchen schlendern glücklich Arm in Arm, er hat ihr gerade etwas gekauft, einen Ring vielleicht - schön - ... "Uhren in Schweizerqualität, natürlich nur zum besten Preis, kommen sie, schauen sie!"
- auch schön - eine einzige Idylle, perfekt, heile Welt ...
Es lädt gerade dazu ein, sie kaputt zu machen, zu zerbomben; zerstören will ich es, dieses Ignorante, Egoistische; auslöschen; balle meine Fäuste, spüre eine unglaubliche Aggressivität in mir ... Morgen werden wir es diesen gesamten Kapitalistenschweinen zeigen, "Lasst Taten sprechen! " - und genau das werden wir tun. Ich sehe es förmlich vor mir, der brennende Kaufhof als ein Zeichen des Protests ...
"Aaaah", vor lauter Gedanken habe ich nicht mehr auf meinen Weg geachtet, bin in einen Kinderwagen gelaufen, habe ihn umgeschmissen, das Kind liegt am Boden, brüllt, eine Mutter ist nicht zu sehn, "Mist", ich fluche ...
Mit dem Baby am Arm stehe ich etwas planlos in der Menge, es hat aufgehört zu weinen, beginnt interessiert an meinen Haaren zu zupfen ...
Große blaue Augen schauen mich fragend an, so wie ich mich selbst heute früh im Spiegel ...
Unschuldig, unwissend ....
Was wäre, schießt es mir durch den Kopf, was wäre, wenn morgen schon heute wäre???
Wäre dieses warme Bündel Leben dann verletzt, oder vielleicht sogar tot - von unserer Bombe???
Ist es nicht sinnlos, bin ich nicht genauso blind, wenn ich durch meinen Protest Unschuldige schädige, hätten diese Menschen dann nicht auch das Recht sich an mir zu rächen???
"Gewalt erzeugt Gegengewalt", will ich nicht genau das Gegenteil - Gerechtigkeit, Frieden???
Ich höre ein leises Klicken in meinem Kopf, lege das Kind vorsichtig zurück in seinen Wagen und gehe ...
"Lass Taten sprechen! " - und das erste was ich draußen in der nächsten Telefonzelle mache:
Ich wähle Gudruns Nummer, sage: "Ich steige aus, für immer ..."



Eingereicht am 20. Februar 2005.
Herzlichen Dank an den Autor / die Autorin.
Nachdruck und Vervielfältigungen, auch auszugsweise, bedürfen der schriftlichen Zustimmung des Autors / der Autorin.


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