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Kurzgeschichtenwettbewerb "Schlüsselerlebnis"

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A. und S.

© Stefan Bilgeri


Es war einmal ein Donnerstagabend. Wobei genau genommen der Abend sich mittlerweile bereits zur Nacht gewandelt hatte. Abseits der Straße war die Landschaft von einem weißen Gewand eingehüllt. Schnee hat sich, zumindest dort wo die vorherrschende Lebensform Mensch nichts dagegen hatte, genüsslich zu Ruhe gebettet. Der Wetterbericht lässt allerdings ahnen, dass sich der Schnee nicht allzu lange ausruhen kann, vielmehr liegt der Verdacht nahe das die feinen Schneekristalle, die da in Massen daliegen, sich bald eine andere physikalische Form zulegen müssen und in weiterer Folge den Rest ihres vielleicht nur kurzen Lebens als Wasser verbringen werden. Ungeachtet dessen fährt auf der Straße, die durch Salz gegen die weiße Pracht vollauf resistent gemacht wurde, derzeit ein Auto. Gesteuert wird es von einem Individuum, welches wir hier der Einfachheit willen nur kurz als A. bezeichnen wollen. A. war ein Mensch und gehört somit wie vorher kurz angedeutet zu jener Lebensform die hier auf der Erde in bedenklich uneingeschränkter Weise das Sagen hat. Ergänzend wird der der Ausführung nach als männlich bezeichnet. Somit können wir seine Wenigkeit der Richtigkeit halber auch mittels der Bezeichnung "er" in unserer kleinen aber doch hoffentlich feinen Geschichte betiteln.
Er saß nun also ganz alleine in diesem Auto, das sich elegant über die Straße hinweg fortbewegte. Aber alleine war A. trotzdem nicht, unzählige Gedanken umschwirrten ihn wie ein Schwarm lästiger Mücken. Derzeit können wir allerdings noch nicht darüber urteilen ob sie ihn störten oder beflügelten. Aber wir können ja nichtsdestotrotz eine der typischen Gewohnheiten dieser Spezies Mensch übernehmen und so tun als ob, bzw. anders ausgedrückt einfach mal annehmen das ihn dieser Schwarm Gedanken beflügelte. Natürlich könnte diese Annehmung falsch sein, jedoch um weiterzukommen und eine Lösung zu finden ist es, wie auch beispielsweise in der Mathematik, nun einfach mal nötig irgend ein Fixum aufzustellen und anzunehmen das es so ist. Dies ist ja gar nicht mal so verwerflich, das "so tun als ob" allerdings ist gefährlich und eben leider eine spezielle Eigenschaft der Menschen.
A. fuhr dahin, beflügelt von seinen Gedanken. Aber wovon handelten seine Gedanken? Drei mal dürfen sie raten! Er dachte an ein Mädchen. An seine Angebetete, wenn ich mal eine übertriebene aber eine umso gefühlsmäßigere Form verwenden darf. Sie, die Angebetete werden wir nunmehr kurz als S. bezeichnen. Und wie Sie wohl schon neunmalklug bemerkt haben ist sie passenderweise die weibliche Ausführung der Kreatur Mensch. Und würde das nicht schon genug sein, ist S. sogar als besondere Ausführung dieser Gattung zu bezeichnen. Zumindest wenn man ebenso wie A. ein Faible für Formen und Kurven und nicht zuletzt auch für feine Züge hat. Da es sich um Menschen handelt wollen wir optional zusätzlich annehmen, dass auch ihre Seele weiß glänzt. Wie wir ja bereits gelernt haben wäre es tendenziell negativ nur so zu tun als ob. Wobei eigentlich auch selbst dunkel eine gewisse Anziehungskraft ausübt. Zurückzuführen ist dies wohl damit, dass Anziehungskraft stark geprägt ist von individueller Ausstrahlung des Wesens. Und dunkle Seelen haben leider eine aufregend gefährliche Ausstrahlung die auf manche wiederum eine aphrodisierende Wirkung hat. Allerdings ist die Psyche dieser interessanten Spezies Mensch doch viel zu kompliziert und zu verschachtelt um näher auf dieses mysteriöse Phänomen einzugehen.
Kennen gelernt haben sich A. und S. in einem berüchtigten Szeneklub. Bezeichnenderweise sind sie sich auf der Tanzfläche nähergekommen. Eingefangen von der Aura von S. verfiel A. damals, als er sich ganz unverhofft plötzlich neben S. befand, alsbald in ihren Rhythmus. Da die sphärische Anziehungskraft beidseitig vorhanden war, wechselten ihre Körper schicksalsergeben, langsam aber sicher ihre anfängliche Startposition zueinander, von Breitseite zu Frontseite. Bewegungstechnisch aufeinander abgestimmt dezimierte sich nun ergänzend simultan der Abstand dieser jugendlichen Körper zueinander. Und so kam es unweigerlich irgendwann zu der ersten physischen Berührung, die so mutmaßen wir, in ihrer beider Körper bereits ein erstes Feuerwerk entzündete. Die Blicke der beiden hatten sich ja ohnehin bereits längst ineinander verklinkt, nur hin und wieder bewegten sich ihre Blicke wie am Laufband auf und ab und musterten dabei gegenseitig ihre Körper. Dies allerdings schürte lediglich das aufkeimende Feuer. Es knisterte nun bereits unübersehbar. Während der Hörsinn stark von den aus Boxen entströmenden Geräuschen beansprucht wurde hatten die anderen Sinne von A. nur noch S. und die von S. nur noch A. im Sinn.
Sinnvollerweise empfanden ihre Körper sich gegenseitig recht anschmiegsam. Und als wäre der jetzige Zustand noch nicht befriedigend genug entdeckten die Köpfe von A. und S. das die berührungstechnischen Körperkonstellation durchaus noch an Intensität ausbaubar waren. Diese neue Erkenntnis führte dazu, dass sich nun auch ihre Köpfe langsam aufeinander zubewegten. Doch was passiert den jetzt da, was hat dies zu bedeuten? Die Köpf hängen ja nun schon recht widersinnig in Schräglage zu einander! Ah, jetzt ist alles klar, die Lippen sind diejenigen die es ganz scharf aufeinander abgesehen haben. Tja, dann mal Bon Appetit!
Ach wie schön, haben sich da jetzt zwei gefunden?
Wir werden sehen, das Ende steht ja schließlich bereits in den Startlöchern. Schlüssig wäre ja nun das sich folgendes ereignet. A. und S. erlebten ne schöne aufregende Nacht die allerdings irgendwann zu Ende ging, somit wechselten sie wohl ihre Handynummern, die heutige Technik macht es möglich. Das erste richtige Date steht an und A. sitzt nun in seinem Auto und fiebert einer neuerlichen befriedigenden Begegnung entgegen. Diese findet, dann in einem Lokal statt, sie werden sich super verstehen. Vielleicht heben sie ihre noch so jungfräuliche Beziehung sogar bereits in dieser jungen Nacht auf eine höhere Ebene? Friede, Freude, Eierkuchen, ENDE.
Nicht überzeugend? Sie haben Recht, es ereignet sich doch alles immer anders. Verschiedene Faktoren verhinderten den auf technischen Krimskrams gestützten Nummernaustausch. Da wäre einerseits das vergessene Technik Dingsbums, andererseits das Ding mit technischem Versagen. Ein schlicht und einfach leer gewordener Akku trägt hier die schändliche Schuld. Visitenkarten? Nun, die sind doch einfach nur noch altmodisch! Ach und dann gibt's ja auch noch die dämonischen Auswirkungen, die von alkoholischen Getränken herrühren. Eventuell sogar von einer geheimnisvollen Flüssigkeit namens Absynth? Und in jenen Augenblicken in denen sich die Lippen ausnahmsweise mal im naturellem Betätigungsfeld auslebten, kam wohl auf die Schnelle auch nicht wirklich alles ans Tageslicht. Jene hirnbasierenden Gedächtnisapparate, die ohnehin in ihrem momentan etwas lädierten Zustand bereits genug strapaziert wurden, konnten leider ohnehin nicht mehr groß aushelfen. Allerdings schafften es trotz alledem die Lippen relativ flott den wahrscheinlichen Aufeinandertreff in der Donnerstagnacht als Lösung zu finden. Ansonsten gäbe es ja noch immer die "7 Tage später auf gleichem Boden" Variante.
Falls Sie den Anfangssatz nicht verschlafen haben, wer weiß vielleicht hatten sie ja noch schnell das Bedürfnis nach Popcorn und Cola, so haben sie wohl bereits die gerade eben geschlagene Parallele entdeckt. Donnerstagnacht, das hier und jetzt in dieser Geschichte.
Wir wären nun also wieder hier bei A. im Auto. Das Auto bewegte sich ganz explizit in die Richtung der schicksalsträchtigen Stadt. Und da A. derzeit ganz andere Sachen, oder soll ich treffender sagen ein ganz anderes süßes Ding, im Kopf hat, so muss wohl ich auf das brave Auto hinweisen. Absolut störungsfrei und zuverlässig fährt es in diesem Moment entlang der etwas unwirtlichen Straße. Keine einzige Seele kümmert sich einen Dreck um es. Und doch ganz brav verrichtet das Auto seinen Dienst. Auf der anderen Straßenseite sind währenddessen interessante Beobachtungen zu machen. Die entgegenkommenden Autos sind nicht etwa einzeln unterwegs, nein sie begegnen uns nur Rudelweise. Was könnten da nur für Gründe dahinterstecken? Woher rührt diese Herdenverhalten der motorisierten Vehikel? Aufschluss darüber geben kann uns wohl die ergänzende Beobachtung das der mutmaßliche Anführer des Rudels ganz gemächlich und Gemütlichkeit demonstrierend daherkommt, während seine Anhänger einen wutschnaubenden ewig rasenden Eindruck hinterlassen. Aber A. bemerkt das ganze ja eh nicht, er drückt nur etwas grob und unbedacht die verschiedenen Pedale unter seinen Schuhsohlen, lässt seine Hände bereits bedeutend feinfühliger über das Lenkrad streichen und bewegt ergänzend hin und wieder den mittigen Hebel in eine andere Position. Das Auto jedoch erledigt die ganze wirkliche Arbeit und organisiert etliche Vorgänge im Personenkraftwagen. Dank diesem motorisiertem Engagement kam A. dann auch tatsächlich in kürzester Zeit in der City an.
Ein behaglicher Parkplatz für den fahrbaren Untersatz war zügig gefunden, die Kleidung wurde wieder zur rechten Form gezupft, dann ging es los. Ihn zog es sogleich herzklopfend in die Richtung der anvisierten Lokalität. Der Weg dorthin führte ihn noch kurz über den Marktplatz, welchen er gutgelaunt mit einem Lächeln im Gesicht und einem Pfeifansatz zwischen den Lippen überquerte. Die entgegenkommenden Passanten bereiteten ihm hierbei die größte Überraschung. Obwohl sie ihm komplett fremd waren grüßten, sie in dieser bereits dunklen Nacht, auf eine ziemlich freundliche Weise. In den entgegenkommenden Gesichtern las er im vorübergehen schlichte Freundlichkeit und teils sogar echte naturelle Ansätze zu einem herzlichem Lächeln. Was für ein schönes Gesicht die Erde doch im Rahmen des Phänomens Freundlichkeit offenbaren kann. Sie schlummert wohl in uns allen, und jeder sollte danach trachten in ihr zu erstrahlen. Aber ihn zog es weiter und endlich in den warmen Räumlichkeiten angelangt suchte sein herzlicher Blick sogleich die Schönheit von besagter Nacht. Und diese Arbeit die er nun verrichtete trug sogar Früchte. A. entdeckte S. gemütlich sitzend auf einem überraschend plüschigem Sofa. Doch ihre Wiedervereinigung konnte hier nicht vollendet werden, denn sie saß da nicht etwa mit Kolleginnen zusammen, und auch nicht allein. Nein, neben sich, um nicht zu sagen an sich, hatte sie eine männliche Ausführung menschlichen Lebens. Und für Aussenstehende war es eigentlich schlüssig und klar erkennbar das diese zwei Lebensformen ein glückliches Pärchen darstellen. Ihre Köper sowie ihre Augen waren lediglich auf einander abgerichtet. Als Kontrast dazu verloren in diesem Augenblick allerdings A.´s Augen ihre Herzlichkeit. Für ihn setzte es wieder einmal die schmerzhafte Erkenntnis einer grausamen Realität. Doch A. entschied sich dies als Schlüsselerlebnis zu benützen und sich daraus eine Lehre zu bilden für sein weiteres Leben.



Eingereicht am 24. Februar 2005.
Herzlichen Dank an den Autor / die Autorin.
Nachdruck und Vervielfältigungen, auch auszugsweise, bedürfen der schriftlichen Zustimmung des Autors / der Autorin.


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