"Hallo, ich bin Katy! Ich wohne in Berlin und bin vierzehn Jahre alt. Ich habe einen kleinen Bruder - Kevin - er ist fünf Jahre jünger als ich. Deshalb nervt er ziemlich oft. Meine Eltern sind meistens ganz gut drauf, außer wenn sie von der Arbeit kommen. Ich gehe hier auf ein Gymnasium, dort habe ich viele Freunde. Meine beste Freundin ist Julia, sie kommt an diesem Tag zu mir, weil wir für eine Englischarbeit lernen wollen.

Wir waren schon richtig in die Arbeit vertieft, als es plötzlich an meiner Zimmertür klopfte. Es ist mein Vater, er sagt, er wolle nachher mal mit mir reden ...

Was weiß ich, was das zu bedeuten hat. Jedenfalls ging Julia etwa um 19.00 Uhr und Kevin und ich wurden zum Abendessen gerufen. Meine Eltern sahen ziemlich ernst aus. Ich machte mir schon die schlimmsten Gedanken, wie zum Beispiel: Sie lassen sich scheiden oder wir sind nur adoptiert! Aber das, was sie uns dann mitteilten, war etwas ganz anderes! Mein Vater fing an: "Als ich heute auf der Arbeit war, wurde mir mitgeteilt, dass wir wegen einem Auftrag umziehen müssen!" Trotz dem Schock freute ich mich anfangs, denn ich dachte, wir ziehen in einen Ort im Umkreis von ein paar Kilometern; um sicher zu gehen stellte ich die Frage: "Wohin denn?" Doch mein Vater nannte nicht etwa ein kleines Kaff oder einen Vorort Berlins! Nein, über seine Lippen kam ein ganz anderes Land: "Amerika", um genauer zu sein der Staat "Florida"! Mein Bruder und ich waren platt, meine Mutter wusste es schon. Obwohl es nicht die Schuld meines Vaters war, war ich sauer auf ihn. Aus dem gemeinsamen Abendessen wurde nichts mehr, denn ich rannte in mein Zimmer und schlug vor Frust die Tür hinter mir zu. Ich wusste nicht mal, gegen wen sich mein Frust richtete. Den Rest des Tages lag ich in meinem Bett und schmollte.

Am nächsten Morgen weckte mich meine Mutter und obwohl sie sehr nett zu mir war, hatte sich meine Stimmung kein bisschen verändert!

Ich ging also lustlos in die Schule. Ich redete mit meinen Freunden über die neue Situation, viele hatten Mitleid, einige fragten: "Wann müsst ihr denn wegziehen?"

Aber darauf fiel mir keine Antwort ein. Das lag wohl daran, dass ich bei all dem Zorn völlig vergaß nachzufragen, wann es denn so weit wäre. Als ich dann von der Schule nach Hause kam, fragte ich sofort meine Mutter. Sie sagte, dass die Abreise bereits in zwei Wochen sei. Diese zwei Wochen waren natürlich viel zu schnell vorbei und es war nicht einmal annährend genügend Zeit um mich von meinen Freunden zu verabschieden. Am letzten Tag vor der Abreise kam Julia noch einmal zu Besuch. Als wir uns verabschiedeten, nahmen wir uns fest in den Arm und fingen beide an zu weinen. Meine Familie und ich fuhren zum Flughafen und warteten dort auf unseren Flieger. Beim Warten sah auch mein Bruder die ersten Nachteile dieses Umzugs. Denn er sah einen Polizisten, der mit einem Passagier Englisch redete. Mein Bruder konnte nicht viel mehr als "Yes" und "No"! Er fragte sich, wie er sich dort nur verständigen sollte. Für mich waren die Sprachen nicht das größte Problem, in der Schule hatte ich schon vier Jahre Englisch. Endlich kam unser Flugzeug. Es war 2.00 Uhr nachts (natürlich in unserer Zeitrechnung), als wir mitten über den Atlantischen Ozean glitten. Wegen der Zeitverschiebung kamen wir dann kurz vor 7.00 an. Ich war immer noch motzig und vermisste jetzt schon meine Freunde. Als wir dann aber in unser neues Haus durften, war doch nicht mehr alles so schwarz, wie es anfangs aussah. Das Haus befand sich an einer wunderschönen Küste, die nur selten Touristen besuchten. Außerdem war es fast doppelt so groß wie unser altes Haus und auch mein Zimmer war größer. Ich lebte mich dort zwar ganz gut ein, dennoch hatte ich sehr oft Heimweh. Mein Bruder fand sehr schnell neue Freunde, mit denen er spielen konnte und das Sprachproblem löste sich auch ganz von selbst. Nach fast einem Monat ohne Freunde hob weder das schöne Haus oder das große Zimmer, noch der fabelhafte Strand die Einsamkeit auf. An diesem Abend lag ich lange wach in meinem neuen Bett! Ich habe das alles einfach nicht mehr ausgehalten. Ich stieg aus diesem hinaus, schlich in die Küche und in der nächsten Sekunde war ich schon aus dem Haus! Ich rannte den Strand entlang, der in der Dunkelheit so endlos lang erschien. Auf einmal sah ich ein paar Bäume, die ich zuvor noch nie gesehen hatte. Dahinter war ein Felsen, man könnte fast sagen ein Berg. Ich kletterte auf diesen um etwas mehr Aussicht zu haben. Dort oben sah ich das Meer wieder, ich bückte mich nach einem Stein um ihn ins Wasser zu werfen. Doch dann ... Oh Schreck...! Plötzlich rutschte ich ab! Ich glitt einige Meter nach unten und landete schließlich auf rauen, aber zum Glück stumpfen Felsen. Sie standen mit ihrem Fuß im Wasser, aber ich wurde trotzdem nicht sehr nass! Als ich da so im Wasser lag, hörte ich ein Plätschern! Es war einige Meter entfernt. Ich schaute in die Weiten des Ozeans. Und plötzlich sah ich sie direkt vor meinen Augen! Delphine! Ich schaute ihnen noch eine ganze Weile beim Springen zu. Dann wollte ich sofort nach Hause um alles meiner Familie zu erzählen. Zuhause angekommen bemerkte ich, dass es mitten in der Nacht war und ich um diese Zeit unmöglich meine Eltern oder meinen Bruder wecken konnte. Deshalb ging ich so leise wie möglich wieder ins Haus und legte mich in mein Bett. Kurz darauf schlief ich auch schon ein und träumte von mir und den Delphinen! Als ich am nächsten Morgen aufwachte, erzählte ich jedoch nichts meinen Eltern. Es kam mir so vor, als wäre alles nur ein Traum gewesen und außerdem sollten sie auf keinen Fall glauben, es würde mir hier gefallen! Nach dem Frühstück ging ich dann noch mal an die gleiche Stelle um mich zu versichern, dass es kein Traum war. Ich lief und lief. Erst heute, bei Tageslicht merkte ich, dass es über eine Stunde dauerte, dorthin zu gelangen. Dort angekommen sah ich, dass es kein Traum war. Die Delphine waren nur etwas weiter draußen. Als ich so umherschaute, entdeckte ich noch etwas! Vielmehr jemanden. Es war ein Junge. Er hatte dunkelblondes, etwa ohrlanges Haar, und war auch in meinem Alter! Er schaute auch nach den Delphinen! Ich ging zu ihm. Es dauerte eine Weile, bis er mich sah, doch dann setzte ich mich einfach zu ihm. Ich sprach ihn an: "Ich heiße Katy!" Er drehte sich zu mir und sagte: "Die Delphine kommen oft hierher, weil sich die Wellen an den Felsen brechen. Das gefällt ihnen!" Mir gefiel diese Unterhaltung, auch wenn ich mehr zuhörte als redete. Dann sagte er noch: "Ich wohne in dem Haus, dort hinter den Bäumen! Wo ich jetzt auch wieder hin muss, denn es gibt Mittagessen." Mir war gar nicht aufgefallen, dass es schon so spät war! Der Junge verabschiedete sich und verschwand dann auch schon hinter den Bäumen. Ich ging auch nach Hause, weil es bei uns sicher auch Essen gab. Als ich zu Hause ankam, fragte mein Vater, wo ich denn gewesen wäre! Ich antwortete: "Am Strand!" Denn ich wollte ihnen immer noch nicht von den Delphinen erzählen, geschweige denn von dem Jungen, den ich gerade kennen gelernt hatte. Da fiel mir ein, dass ich gar nicht gefragt hatte, wie der Junge hieß! An diesem Abend ging ich früh ins Bett, denn am nächsten Tag musste ich in die neue Schule! Ich wachte auf und war wie zu Hause auch immer: Nicht ausgeschlafen! Ich trank schnell einen Kakao und ging dann los. Die Schule sah nicht anders aus als meine alte und dennoch war alles so ungewohnt! Ich ging hinein und meldete mich im Schulbüro, dort wurde ich dann meiner Klasse zugewiesen. Dieser Anfang ist recht gut über die Bühne gegangen und in den Pausen fand ich auch schon ein paar Freunde! Als wir in die Aula gingen, sah ich den Jungen vom Vortag wieder! Gestern noch dachte ich, ich würde ihn nie wieder sehen, doch er stand nun leibhaftig vor mir! Schnell fragte ich ein Mädchen aus meiner Klasse, ob sie ihn kennt. Darauf sagte sie: "Natürlich! Er ist in unserer Parallelklasse. Sein Name ist Nick." Selbstverständlich sagte sie das auf Amerikanisch und trotzdem verstand ich alles! Das freute mich, aber noch mehr freute ich mich darüber, dass der Junge auf meiner Schule ist! Die Pause war vorbei und wir gingen wieder in unsere Klassen. In der nächsten Stunde hatten wir Religion. Das Fach hatten die Klassen A und B zusammen, ich ging in den entsprechenden Klassenraum und suchte mir einen Platz. Als die Lehrerin reinkam, bemerkte ich, dass Nick auch in diesem Kurs war! Ich schrieb ihm einen Zettel! Darauf stand, natürlich auf Englisch:

Hallo! Ich bin das Mädchen von der Bucht.
Wollte fragen, ob wir heute etwas
unternehmen können!
Wie wäre es, wenn wir uns um 15.00 Uhr bei dir treffen?
Katy

Ich gab den Zettel durch die Klasse und nachdem Nick ihn gelesen hatte, nickte er!

Nach der Schule ging ich glücklich nach Hause, erledigte meine Hausaufgaben und richtete mein Zimmer noch etwas ein. Dann sagte ich meinen Eltern, dass ich noch mal weggehe und schon war ich verschwunden! An der Küste angekommen sah ich Nick schon! Diesmal waren keine Delphine zu sehen, deshalb spazierten wir barfuß am Strand entlang und redeten über unsere Lehrer!

Das ging dann fast vier Stunden so, bis wir wieder nach Hause mussten, denn wir durften beide nicht zu spät zum Essen kommen. Ich dachte mir: "Warum müssen wir eigentlich so oft essen?" Jedenfalls verabschiedeten wir uns und gingen. Am nächsten Tag in der Schule ist nichts Besonderes passiert, aber am Mittag sagte mein Vater: "Wir müssen mal wieder etwas unternehmen!" Und so einigten wir uns aufgrund Kevins Wunsch am Strand schwimmen zu gehen!

Erst hatte ich gar keine Lust dorthin zu gehen, weil ich über Nick nachdachte! Irgendwie fühlte ich mich zu ihm hingezogen und wollte mit ihm zusammen sein. Doch dann ging ich doch noch mit! Am Strand verging die Zeit ziemlich schnell und plötzlich geschah das, was ich mir in diesem Augenblick am meisten wünschte! Nick war auch am Strand! Er stand im Wasser und spielte mit einem kleinen Mädchen Wasserball. Ich ging zu ihm hin. Wir unterhielten uns eine Weile, dabei erfuhr ich, dass das kleine Mädchen seine Schwester war und noch vieles mehr!

So vergingen einige Monate oder zumindest so ähnlich! Ich traf mich immer öfter mit Nick. An einem wunderschönen Abend saßen wir am Strand, bei Sonnenuntergang. Die Delphine kamen wieder. Sie sprangen uns wie Wellen entgegen. Wir sahen ihnen zu und hörten auf das Rauschen der See. Es war ruhig und gleichmäßig. Nick legte seinen Arm um mich und schaute mir genau in die Augen. Mein Herz klopfte wie verrückt. Unsere Gesichter kamen sich immer näher, da berührten seine Lippen meine.

Er küsste mich ...