Es war schon halb zwölf als ich zum wiederholten Male in Köln falsch abbog.

Verzweifelt sah ich mich um, nein dachte ich, ich komme nicht zu spät.

Schon vor Tagen hatte ich mir die Wegbeschreibung aus dem Internet geholt und dann war ich einfach nur von der A 57 aus falsch abgebogen. Jetzt setzte ich alles auf eine Karte und fuhr nach Gefühl. Irgendwo links von mir musste es die Brücken geben, verdeckt von Bäumen entdeckte ich fast zu spät das Schild mit der Zoobrücke.

Nicht schlecht, dachte ich. Ohne auf den Stadtplan zu achten, war ich auf einmal in Mühlheim gelandet. Endlich. Jetzt nur noch links und die nächste rechts, dachte ich so bei mir. Aufgeregt stand ich auf der richtigen Straße und fand die Hausnummer nicht. Kurz entschlossen fuhr ich in die nächste Toreinfahrt rein und atmete tief durch, denn alles war voller Stahlträger, Männer in Arbeitsanzügen und Schweißhelmen.

Der Lärm machte es mir unmöglich einen klaren Gedanken zu fassen und so fuhr ich vorsichtig über holprige Wege, die gepflastert waren mit Warnhinweisen.

Angst schnürte mir nun die Kehle zu und das Vorstellungsgespräch war mit einem Mal ganz weit weg, während ich nur noch aus diesem Labyrinth hinaus wollte. Eiserne Tore versperrten mir die Ausfahrt und mittlerweile merkte ich, wie es in meiner Armbeuge unangenehm nass wurde.

Noch zehn Minuten, dachte ich jetzt, während ich hektisch versuchte den Weg wieder zurück zu fahren. Das Gelände sah überall gleich aus und ich sah jetzt keinen mehr, den ich hätte fragen können. Die Gassen wurden immer enger, die Panik schnürte mir den Magen zu und ich konnte nur noch daran denken, dass ich versagen würde. Pochend schnürte sich meine Brust immer mehr zusammen und Übelkeit stieg in mir hoch. Seit Tagen hatte ich nicht mehr richtig geschlafen, weil ich mir Sorgen machte. Bevor ich es bemerkt hatte, war ich in einer Sackgasse gelandet, um mich herum verlassene Lagerhallen aus denen grässlicher Lärm ertönte, dennoch sah ich keinen Menschen.

Als ich zurücksetzten wollte, konnte ich den Weg nicht mehr sehen. Die Lagerhallen schienen nahtlos in einander überzugehen und die Uhr stand auf

5 vor 12. Laut schluchzte ich auf, als mir mein Versagen klar wurde, ich schaffte es noch nicht mal pünktlich zu kommen, wieder war ich ein Verlierer auf der ganzen Linie.

Laut schrie ich im Auto meine Wut heraus. "Ich kann das nicht, ich schaffe es nicht, ich ..."

Abrupt hörte der Lärm auf und schweißgebadet atmete ich aus. Im Auto sitzend schloss ich für einen Moment meine Augen um an nichts zu denken. Mit einem Mal schien mich die Ruhe zu befreien, ich atmete tief ein und spürte einen unerwarteten Frieden mit mir selbst. Wovor hatte ich so eine Angst bekommen, fragte ich mich jetzt. Denn egal wie das Gespräch verlaufen würde, mein Leben hatte nur ich in der Hand. Eine weitere Absage würde ich einfach zu den anderen heften. Ruhig zählte ich bis zehn und startete den Motor wieder.

Als ich mich umsah, entdeckte ich einen schmalen Weg und dahinter leuchtete auch schon das Emblem der Firma. Es war eine Minute nach zwölf.