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Kurzgeschichtenwettbewerb "Schlüsselerlebnis"

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Die Welt eine Weile anders sehen

© Sandra Baggeler


Die Welt eine Weile mal anders zu sehen, kennen wir wohl am besten, wenn wir frisch verliebt sind. Schwebend auf rosaroten Wolken erleben wir unseren Alltag, der noch zu einem ganz anderen Zeitpunkt ganz anders ausgesehen hat, mit viel Leichtigkeit und fühlen uns bärenstark, sozusagen für alles gerüstet, was da kommen mag. Sicherlich kennen Sie auch das Gefühl, wenn für eine Weile auch Ihre Welt anders aussieht. Plötzlich verändert sich durch ein Erlebnis Ihr Blickwinkel, so als wenn das Erlebnis der Schlüssel für die Seele ist.
Der Sonnenuntergang bleibt so einzigartig wie die unzähligen Sterne am Himmel. Der neue Tag beginnt mit seinem Sonnenaufgang und die Sonne lässt sich durch nichts und niemanden davon beeinflussen und auch nicht beirren ihre Tagesposition zu wechseln. So wie sich der Sonnenbogen in seinem Rhythmus verändert und zu jeder Stunde anders aussieht, so nehmen wir die Welt aus dem Augenblick unser Stimmung heraus wahr, wie wir uns fühlen. Und dann gibt es da sie - die Schlüssel-Erlebnisse, die jeder von uns verschiedenartig für sich erlebt. Diese Erlebnisse verbindet eine Gemeinsamkeit, sie lassen uns die Welt für eine Weile mit anderen Augen sehen. Öffnen uns und laden uns ein unseren Blickwinkel zu verlassen, damit wir eine neue Position einnehmen und die Welt wieder anders entdecken. Die Schlüssel sind die kleinen und die großen Erlebnisse, die schon beim Ausschließen ihr "aha" verlauten lassen, bewegen uns tief in der Seele und ehe wir uns versehen, sehen wir, was wir vorher nicht gesehen haben. So erinnere ich mich an einen Abend, der eigentlich schien, als wenn er so normal werden würde, wie halt ein Abend so sein kann. Stellen Sie sich mal vor, Sie sitzen mit einer Freundin in einem Restaurant, um sich nach einiger Zeit mal wieder auszutauschen. Die Runde ist etwas größer geworden als abzusehen war, statt der Austauschgespräche mit der Freundin erwartet Sie nun eine Fülle von verschiedener neuer Menschen samt ihrer Geschichten.
Genauso geschah es an diesem Abend, als ich inmitten einer neuen Gruppe saß, die einen Lehrgang besuchte, den ich im vergangenen Jahr belegt hatte. So ergaben sich zwar nicht die verabredeten Gespräche mit jener Freundin, sondern es entwickelten sich schnell interessante Gespräche über die Inhalte der Lehrgänge und über das, was jeder erlebt hatte. Vieles davon gipfelte mit einem schallenden Lachen in die Runde. Die Tiefe der Gespräche kam dann zur vorgerückten Stunde. Mein Gesprächspartner und ich steckten schon seit einiger Zeit in unseren Themen, sodass die restlichen Unterhaltungen in der umgebenen Geräuschkulisse verschwanden. Er erzählte mir von seinem Beruf, seinen Vorstellungen, mit denen er einst gestartet hatte und was davon eingetreten und noch übrig geblieben ist. Bis hierhin nichts Ungewöhnliches, da jeder von uns seinen Weg gegangen war und es vielleicht auch die ein und andere Parallele gegeben hatte. Doch an einem Punkt angekommen, nämlich seiner Frage, die er nicht nur sich selbst, sondern auch gleichzeitig mir stellte: "Welche Tätigkeit hat Sinn?"
Ich wiederholte seine Frage, um ein wenig Zeit zu gewinnen und bemerkte wie schnell Worte unsere Gedanken in Gang setzen können. Welche Macht Worte haben und wie sie über sämtliche Verknüpfungen mit unserem Unterbewusstsein verbunden sind, um dort auszulösen, was es auszulösen gibt. Da saßen wir und jeder dachte für sich über den Sinn der täglichen Tätigkeit nach, um eine Antwort auf die Frage zu finden. Sinnvoll - was genau ist wohl sinnvoll?
Ich höre heute immer noch seine Worte in meinem Ohr: "Ich kenne wirklich nicht viele Tätigkeiten, die einen Sinn ergeben, aber wenn du zum Beispiel dein Buch schreibst, dann macht das Sinn." Damals stockte mir für einen Moment der Atem. Noch nie hatte ich mir Gedanken über den Sinn des Schreibens gemacht. Mal abgesehen von der Freude und dem Spaß, die ich dabei empfinde. Natürlich ist es auch ein erfülltes Gefühl endlich das fertige Buch in meinen Händen zu halten. Seine Worte rissen mich förmlich aus meinem Gedankenkonstrukt:" Stelle Dir mal vor, in hundert Jahren möchte ein Kind genau dein Buch haben, weil es schon seine Mutter als Kind gelesen hatte, also hat doch dein Schreiben als Tätigkeit seinen Sinn".
Ich weiß nicht, wie es Ihnen ergehen würde, doch mir war es, als wenn ich für diesen Tag meinen Schlüssel gefunden hatte, um meine Gedanken und Vorstellungen über das was wir in unserem Alltag tun und erschaffen aus einem anderen Blickwinkel zu sehen. Wissen Sie, der Schreibenzunft zugehörig, ist es manchmal so, als wenn Raum und Zeit sich auflösen und man sich schreibend in dieser Atmosphäre erlebt und bewegt. Doch seit jenem Abend hat sich für mich was Sinnvolles verändert. Es ist, als wenn ich meinem Sinn einen Sinn geben habe. Dieser Abend, ist jetzt schon einige Zeit her, doch seither habe ich viel Sinn in Tätigkeiten gefunden ... sicherlich kennen Sie auch das Gefühl, wenn für eine Weile auch Ihre Welt anders aussieht. Plötzlich verändert sich durch ein Erlebnis Ihr Blickwinkel, so als wenn das Erlebnis der Schlüssel für die Seele ist.



Eingereicht am 19. Februar 2005.
Herzlichen Dank an den Autor / die Autorin.
Nachdruck und Vervielfältigungen, auch auszugsweise, bedürfen der schriftlichen Zustimmung des Autors / der Autorin.


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