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Kurzgeschichtenwettbewerb "Schlüsselerlebnis"

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Einkauf mit Hindernissen und die Rache der Kundin

© Karin Rosenthal


Tja, da stand ich nun mitten in dem überlaufenen Lebensmittelgeschäft. In einer Hand die Babynahrung, mit der anderen schob ich den Kinderwagen vor mir her. Ich gebe zu, dieser Wagen lag außerhalb der Norm, aber er gefiel mir. Mein Baby hatte genügend Platz, um sich darin so richtig wohl zu fühlen. Mir war eigentlich gar nicht bewusst, dass dieser Kinderwagen so ungewöhnlich breit war. Das machte sich dann erst in dem besagten Geschäft bemerkbar.
Am Eingang musste ich schon feststellen, dass der Wagen nicht durch die Drehtür passte. Handwerklich schon immer sehr begabt, hob ich die Drehtür also an, um mit meinem Wagen ins Innere des Ladens zu gelangen. Super, alles Bestens. Ich holte also nur schnell die Babynahrung aus dem Regal und stürzte zur Kasse. Die Auswahl war auf den ersten Blick groß, es gab gleich fünf Stück von diesen Kassiermaschinen. Doch schnell verflog meine Euphorie darüber, wie schnell ich wieder zu Hause sein würde, als ich bemerkte, dass mein wunderbarer Kinderwagen gar nicht durch vier dieser Kassenplätze passte. Nun denn, so legte ich meine Ware auf das Laufband an der 5. Kasse, durch die mein extrabreiter Kinderwagen auch direkt durchpasste.
Schon schrie die Kassiererin mit lauter Stimme: "Ich mache Pause, nehmen sie bitte eine andere Kasse!"
Da ich ja nun wusste, dass alle anderen Kassendurchgänge für uns undurchdringbar waren, fragte ich sie freundlich: "Würden Sie bitte mein einzelnes Teil noch schnell kassieren, weil ich mit meinem Wagen durch keine andere Kasse durchpasse?"
Was soll ich sagen; sie lehnte es tatsächlich ab, mein Paket mit der Babynahrung abzukassieren. Ich konnte es wirklich nicht glauben, es war ihr voller Ernst. Immer noch recht freundlich erklärte ich ihr, warum sie doch bitte noch schnell kassieren soll. Leider hat sie es trotz meiner Bitten nicht eingesehen, ihre Pause um 20 Sekunden zu verschieben.
Auch ich wurde nun etwas ungehalten und meinte: "In dieser Zeit, die dieser Disput nun gedauert hat, hätte sie doch schon wenigstens 10 mal das Päckchen kassieren können!"
Sie meinte zu mir, ich solle eine andere Kasse benutzen, ohne Verständnis dafür, was ich ihr noch vor ein paar Sekunden versucht habe, klarzumachen.
Als sie mir dann aber auch noch mit der Bemerkung kam, ich hätte ja den Kinderwagen im Vorraum stehen lassen können, konnte ich leider nicht mehr an mich halten. Ich legte das Paket Babynahrung auf ihr Laufband und ließ es dort liegen, in der Hoffnung, dass die Kassiererin es nach ihrer Pause wieder zurück ins Regal bringen würde. Daraufhin verließ ich das Geschäft, allerdings nicht, ohne ihr noch mitzuteilen, wie leid es ihr noch tun würde, mich so behandelt zu haben. Nachdem ich dieses Geschäft verlassen hatte, bin ich schnurstracks in ein anderes Ladengeschäft gegangen, um meine so dringend benötigte Babynahrung zu besorgen. Nun hatte ich soweit alles erledigt und machte mich auf den Heimweg. Innerlich war ich natürlich stark erregt, um es gelinde auszudrücken. Ich kam also zu Hause an, machte den Kleinen fertig, legte ihn zum Mittagschlaf, und drückte dann in höchster Empörung meine Gefühle in einem Brief an die Geschäftsstelle dieses Ladens aus. Ich sage nur; er wurde sehr lang, dieser Brief.
Eigentlich hatte ich diese Geschichte schon fast vergessen, als es eines Tages an meiner Tür klingelte. Arglos öffnete ich, und vor mir stand ein Herr, der sich als Geschäftsstellenleiter der Firma Inkognito vorstellte. Er bat mich, ihn hereinzulassen. Ich tat das auch, denn ich war wirklich neugierig, wie er sich für das freche Verhalten einer seiner Angestellten rechtfertigen wollte. Na schön, er hat sich aufrichtig entschuldigt, mir einen Blumenstrauß und ein Paket Kaffee überreicht, und mich gebeten, doch bitte, bitte (zitiert) wieder in seinem Geschäft einzukaufen. Natürlich hatte ich in meinem Brief erwähnt, dass ich meine Einkäufe bis dato in seinem Laden getätigt hatte und eine nicht geringe Summe im Monat zu seinem Umsatz beitrug. Was ist da schon ein Blumenstrauß und ein Pfund Kaffee? Das war aber noch nicht alles; Ich sollte doch tatsächlich wieder in seinem Geschäft einkaufen und mich auch noch der besagten Kassiererin vorstellen, damit sie sich an mich erinnern und sich für ihr damaliges Verhalten bei mir entschuldigen kann. Lange Rede kurzer Sinn; diesen Vorschlag habe ich natürlich nicht umgesetzt, das wäre mir dann doch ein wenig zu überheblich gewesen, obwohl ich gestehen muss, gereizt hätte es mich schon, zu sehen, wie diese Schnepfe sich eine solche Blöße geben würde.
Ich versprach ihm, ich würde meine Einkäufe wieder wie gewohnt bei ihm tätigen. Das war gelogen. Ich suchte mir einen anderen Supermarkt und wurde dort Stammkundin. Irgendwann ist mir dann zu Ohren gekommen, dass diese ehemalige Mitarbeiterin in eben diesen Supermarkt gewechselt hat, da sie seinerzeit von ihrer Firmenleitung die Kündigung bekommen hat auf Grund dieses Vorfalls.
Ich erkannte sie sofort wieder, und sie mich wohl auch. Gesagt hat sie zwar nichts, aber ich merkte es an ihrem Verhalten. Sie war so zuvorkommend und freundlich, dass ich nicht anders konnte. Ich bedachte sie auch mit purer Freundlichkeit, jedoch auch mit etwas bissiger Ironie. Sie sollte wissen, dass ich jederzeit in der Lage war, sie in die Arbeitslosigkeit zu schicken.
Den Kinderwagen habe ich natürlich längst nicht mehr, denn mein Sohn ist mittlerweile schon ein großer Junge. Aber diese Geschichte fällt mir immer noch ein, wenn ich junge Mütter mit ihren Kinderwagen in einem Lebensmittelladen sehe.
Auch die Kassiererin gibt es nicht mehr. So möchte nun niemand denken, ich hätte da meine Finger im Spiel. Sie ist jetzt Rentnerin und sieht mich nicht mehr an, geschweige denn, mich zu grüßen. Ja, auch sie wird ein Gedächtnis haben, aber es ist sicher nicht so ausgeprägt, wie meines.
Letzte Woche beim Einkaufen habe ich ihre Tochter gesehen. Sie sitzt im Supermarkt an der Kasse.



Eingereicht am 09. Februar 2005.
Herzlichen Dank an den Autor / die Autorin.
Nachdruck und Vervielfältigungen, auch auszugsweise, bedürfen der schriftlichen Zustimmung des Autors / der Autorin.


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