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Kurzgeschichtenwettbewerb "Schlüsselerlebnis"
Nichts ist wie es scheint
© Lydia Gaukler
"Wow!", dachte ich nur, als mir ein gut aussehender junger Mann die Tür öffnete und mich freundlich bat, einzutreten. Mit einem Mal war ich schrecklich nervös. Dass ich so einem Traumkerl gegenüberstehen sollte, damit hatte ich absolut nicht gerechnet. Ich war total überwältigt. Auf wackeligen Knien tapste ich wie ein Kleinkind, das gerade das Laufen gelernt hatte, unsicher hinter Mr. Perfect her. "Ich bin übrigens Timo!", stellte sich dieser lachend vor. Timo! Was für ein wunderschöner Name!
Tiiiiii-moooooo. Timotimotimo.
Wir gingen durch den Flur, der relativ schmal war. "So, hier entlang, bitte." Und erst diese Stimme! Sanft und weich und angenehm tief. Ein eiskalter Schauer lief mir den Rücken herunter. Timo!!!! "Also, das hier ist die Küche. Es ist etwas eng, aber ich denke, wir können uns da schon irgendwie arrangieren..." Oh, ja, gewiss, je enger, desto besser. Ich war schon längst in den Wolken angelangt und wandelte mit Timo im Siebten Himmel. "So, das wäre dann dein Zimmer. Die Schräge ist vielleicht
ein bisschen störend, aber man könnte zum Beispiel den Schrank hierher stellen und..." Ich hörte schon längst nicht mehr zu. Timo und ich, ich und Timo: Was für ein schönes Paar. Perfekt. Genauso perfekt wie er. Ich schaute ihn unauffällig von der Seite an. Er hatte war etwa 1,85 Meter groß und hatte dunkles Haar, und immer, wenn er den Kopf bewegte, fiel ihm eine Strähne in die Stirn, die er sich mit einer eleganten Bewegung sofort wieder aus dem Gesicht strich. Er war sportlich und ein wenig muskulös,
aber nicht zu sehr, sondern genau richtig für meinen Geschmack.
"... das hier ist mein Reich." Sofort erwachte ich aus meinem Halbschlaf und sah mich neugierig um. In der Mitte, zum Fenster hin, stand ein großer Schreibtisch mit allerlei Ordnern und Büchern. Und intelligent ist er auch! Mein Blick fiel auf ein gerahmtes Foto auf dem Nachtisch, und mein Herz sank augenblicklich in die Hose: Eine schöne, lächelnde Frau blickte mir entgegen. "Deine Freundin?", fragte ich zaghaft. "Das, oh nein! Das ist meine große Schwester. Sie studiert Medizin im
München!" Ein Steil fiel mir vom Herzen, und von den Hosen sprang mein Herz gleich bis zum Hals vor lauter Freude. Es war wohl einer der glücklichsten Momente meines Lebens, und am liebsten wäre ich Timo um den Hals gefallen und hätte laut gerufen: "Gott sei Dank!"
Die Wohnung war sehr schön und sauber, und ich fühlte mich sofort wie zu Hause. Klar, bei dem WG-Mitbewohner! Timo zeigte mir das Bad und das Wohnzimmer, doch ich hörte wieder nur mit halbem Ohr hin und war in Gedanken schon dabei, meinen Eltern meinen neuen Freund vorzustellen.
"Und, wie gefällt es dir?!"
"Wunderbar. Einfach traumhaft!"
"Sehr schön. Wenn Du magst, kannst du zum nächsten Monat einziehen."
Mr. Perfect begleitete mich zur Tür.
"Vielen, vielen Dank!", stammelte ich unbeholfen.
"Nichts zu danken, Stefan. Ich freu mich! Bis dann!"
Hinter mir fiel die Tür ins Schloss.
Eingereicht am 08. Februar 2005.
Herzlichen Dank an den Autor / die Autorin.
Nachdruck und Vervielfältigungen, auch auszugsweise,
bedürfen der schriftlichen Zustimmung des Autors / der Autorin.