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Kurzgeschichtenwettbewerb "Schlüsselerlebnis"
Der geheimnisvolle Schlüssel
© Inge Kutzner
Da ist ein Schlüssel versteckt! Suche ihn. Suuuuuuche! Ich höre diese Stimme, als wäre ich tief unter Wasser getaucht. Laut, verzerrt und doch weit weg, so sehr weit weg. Suuuche ihn!
Welchen Schlüssel soll ich suchen? Ich horche und warte auf weitere Informationen von dieser Stimme. Aber es bleibt still. Um mich herum ist alles dunkel. Warum höre ich nichts mehr? Irgendetwas hört man doch immer. Keine Straßengeräusche, kein Windsäuseln, einfach nur Stille. Ich will laufen, nein ich will rennen, weg aus dieser unsagbar beängstigenden Stille. Doch es ist, als ob meine Füße mit Sekundenkleber behaftet sind. Der Boden scheint mich wie ein Magnet anzuziehen. Ich kann mich nicht mehr bewegen. Warum
ist mein Körper nur so schwer? Ich brauche Hilfe. Ist denn keiner hier? Ich will schreien, ganz laut um Hilfe schreien. Mein Mund öffnet sich und meine Lippen formen das Wort HIIIIIIfe! Doch nichts passiert. Kein Ton kommt dabei heraus. Was ist los mit mir? Was ist geschehen? Wo bin ich überhaupt? Bin ich etwa tot?
Plötzlich höre ich Schritte. Sie kommen näher, immer näher. Es hört sich an, als käme eine ganze Elefantenhorde angestampft. Die Schritte werden lauter, unerträglich laut. Ich will mir die Ohren zuhalten, aber auch meine Arme kann ich nicht mehr bewegen. Nun laufen sie an mir vorbei. Eins zwei. Drei ...
Es sind 27 lauter fette, große, hässlich und düster ausschauende Menschen. Sie starren mich mit unförmigen Glubschaugen an. Wer ist das? Was machen diese fremden Menschen hier? Und warum sehen sie mich so entsetzt an, als wäre ich ein Monster. Ich habe Angst. Ich will hier weg, nur noch weg. Ich nehme all meine Kraft und ziehe den ersten Fuß vom Boden. Er bewegt sich. Schwer, als hätte ich Eisenstangen unter den Schuhen, kann ich mich langsam fortbewegen. Doch ich schwanke. Mir ist schwindelig. Was ist das nur.
Hat mir irgendwer etwas ins Essen gemischt? Und wieder höre ich diese unheimliche Stimme. Suuuuuuche den Schlüssel!
Eiseskälte überfährt meinen Körper. Mein Magen verkrampft sich zu einem harten Stein. Und plötzlich ...
Was ist das nun wieder für ein entsetzliches Geräusch. Es dröhnt, es schellt ganz grell. Ich sehe von der Seite ein rotes Licht. Langsam drehe ich meinen Kopf nach links. Zahlen springen mich an. 0735.
Ich schließe die Augen. Dann wage ich noch einmal einen Blick. 07:35. Ich reibe mir die Augen.
Mein Wecker. Das ist nur mein Wecker, Hurra! Ich habe geträumt, Gott sei dank!
Ich gehe in die Küche. Ein Kaffee wird mir nach diesem schrecklichen Traum wohl gut tun.
Verschlafen möchte ich mir Milch aus dem Kühlschrank holen. Doch da, was ist denn das? Es klebt ein Zettel am Kühlschrank. Neugierig lese ich die Zeilen, die mit rotem Filzstift darauf geschrieben stehen.
Hallo Liebling, wie versprochen, habe ich am Kühlschrank ein Schloss angebracht. Den Schlüssel trage ich bei mir. Für deinen ersten Termin bei den Weight Watchers wünsche ich Dir alles Gute.
Bis heute Abend, ihdl
Eingereicht am 02. Februar 2005.
Herzlichen Dank an den Autor / die Autorin.
Nachdruck und Vervielfältigungen, auch auszugsweise,
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