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"Deine Mutter stirbt sowieso!"

© Tatjana Fricke


Deine Mutter stirbt sowieso!
Tatjana Fricke
"Deine Mutter stirbt sowieso!" Diese Worte verstören die 7-Jährige Emelie sehr. Zumal sie von ihrer Tante kommen. Das versteht Emelie nicht. Warum sagt sie so etwas? Es stimmt, ihre Mutter liegt nach einem Autounfall im Krankenhaus. Aber sie kommt doch bald wieder. Dann kann Emelie wieder mit ihr spielen, Fahrrad fahren und lustige Dinge machen, oder etwa nicht? Nein, es ist gar nichts passiert. Mama ist nur in Urlaub. Sie durfte sie ja noch nicht einmal besuchen. Das zeigt doch, dass die Erwachsenen lügen. Mama geht es gut, basta.
"Wie geht es ihr?", fragt Papa seine Schwägerin. Emelie hat er gerade zu Bett gebracht.
"Unverändert. Sie liegt immer noch im Koma. So wie die letzten Wochen.", antwortet sie.
"Ich würde alles dafür geben, wenn ich es rückgängig machen könnte.", seufzt der Papa.
Heute ist der große Tag! Die Erwachsenen wollen ihr endlich die Wahrheit zeigen. Heute werden sie Mama an ihrem Urlaubsort (Hawaii? Oder Italien?) besuchen. Dann kann Emelie endlich beweisen, dass es Mama gut geht. Sie freute sich schon darauf. Hat aber auch ein wenig Angst. Was, wenn sie sich irrt und die Erwachsenen doch die Wahrheit sagen? Warum packt Papa nur so wenige Sachen ein? Warum ist die Fahrt nur so kurz? Und das Gebäude kennt sie doch. Ist das nicht tatsächlich ein Krankenhaus? Nein, Emelie will gar nicht mehr zur Mama. Soll sie doch zu Emelie kommen!
"Glauben Sie es ist richtig , das Kind schon damit zu konfrontieren? Immerhin sieht ihre Mutter nicht so aus wie sie sie kennt!", der Arzt runzelte die Stirn.
"Ja! Denn sie vermisst ihre Mutter sehr. Glauben Sie mir, es wird ihr helfen.", entgegnet Papa.
"Na gut, wie Sie meinen: Emelie!"
Später auf der Rückfahrt überlegt Emelie. Was war das für ein seltsamer Besuch? Wir wollten doch eigentlich Mama besuchen. Zuerst sind wir durch einen langen Gang gegangen. Da roch es so merkwürdig und sah überhaupt nicht nach Urlaub aus. Dann waren wir in einem Zimmer wo viele Apparate standen. Die haben gepiept und geblinkt. Und in einem Bett lag etwas Weißes. Der Papa hat erklärt, dass das die Mama wäre. Nur dass sie eben überall Verbände und Gips hätte und darum so komisch aussehen würde. Emelie war ganz dicht dran. Aber Mama? Nein, Mama hat sie nicht gesehen. Also hat sie doch Recht! Mama ist in Urlaub und die Erwachsenen lügen weiter. Aber diese Nasenspitze? War das vielleicht doch ihre Mama? Wieso, zum Beispiel, hat sie Emelie nicht mit in den Urlaub genommen? Und warum bekommt Emelie keine Ansichtskarte? Papa meint sie solle geduldig sein und warten.
"Heute kommt Mama nach Hause!"
"Wirklich? Ist ihr Urlaub denn zu Ende?"
"Ja, aber Du musst vorsichtig sein. Nicht so herumtoben und leise sein. Sie hat noch nicht so viel Kraft."
Und dann sieht Emelie sie. Nein, das kann nicht sein! Das ist diese Frau mit den weißen Verbänden. Aber diese Stimme? Mama? Mama! Ach bin ich froh, dass du wieder zu Hause bist! Jetzt können wir bestimmt bald wieder Fahrrad fahren oder spazieren gehen. Herumtoben oder schwimmen gehen!
"Weißt du, ganz gesund kann ich nicht mehr werden,", sagt Mama und nimmt Emelie ganz fest in die Arme, "in meinen Beinen ist etwas kaputt gegangen, das sich nicht mehr reparieren lässt."
"Hast du große Schmerzen?"
"Ja, manchmal. Aber die gehen wieder weg."
Emelie ist ganz verstört. Kein Fahrrad fahren? Kein Herumtoben mehr? Was fängt man mit einer Mama an die bei jeder Berührung "Aua" sagt? Emelie fragt sich, ob sie es Schuld ist das Mama Schmerzen hat? Der Papa ist zum Toben auch schon zu alt. Aber Fahrrad fahren! Das kann man mit ihm!
Nach ein paar Wochen sagt Mama, dass sie eine Überraschung hat. Emelie ist schon ganz gespannt. Sie soll vor der Tür warten. Ist denn mitten im Sommer schon Weihnachten? Ist es etwas für sie? Ein Pferd hat sie sich ja schon immer gewünscht. Ob es das ist?
"Sei vorsichtig! Aua. Danke es geht schon. Jetzt hol bitte unsere Tochter!"
Emelie geht ins Zimmer und sieht Mama in einem Stuhl sitzen. Der sieht lustig aus. Statt Stuhlbeine hat er Räder. Vier Stück! Damit kann sie spazieren fahren, sagt sie. Wirklich? Das wäre ja toll! Rollstuhl heißt der. "Rolli" wird er von Emelie genannt. Er gehört ab heute zur Familie.
"Zieh Dich warm an! Wir machen einen Ausflug.", sagt Mama zu Emelie und lächelt dabei.
Mama ist richtig schnell in ihrem Rolli. Manchmal überholt sie Papa und mich beim Radfahren! Morgen ist mein erster Schultag und Mama hat versprochen, dass sie dabei sein wird. Mit Rolli.



Eingereicht am 26. Januar 2005.
Herzlichen Dank an den Autor / die Autorin.
Nachdruck und Vervielfältigungen, auch auszugsweise, bedürfen der schriftlichen Zustimmung des Autors / der Autorin.


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