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Kurzgeschichtenwettbewerb "Schlüsselerlebnis"
Nur ein Traum
©Sabine Eilmsteiner
Meine Geschichte beginnt, als ich ungefähr 10 Jahre alt war. Ich war nie ein "normales" Kind im herkömmlichen Sinn. In der Schule der belächelte Außenseiter mit einem Hang zur Melancholie und dann war da noch meine etwas übersinnliche Seite, die meinen Eltern teilweise Angst machte. Hellseherische Träume waren nur ein Teil davon und mit ihnen hat wohl auch meine folgende Geschichte zu tun.
Ich kann mich noch gut an diesen Tag erinnern, für immer eingebrannt in mein Gedächtnis. Meine Eltern erlaubten mir in den Sommerferien im Wohnzimmer zu übernachten. Eingehüllt in einem Schlafsack lag ich auf dem Teppichboden. Für ein Kind ein kleines Abenteuer, doch vergessen werde ich diese Nacht nie wieder.
Ein Traum - so eindrucksvoll und klar, wie nur meine zuvor hellseherischen Träume. Es war Herbst, die Sonne stand tief und tauchte alles in ihr mildes Licht. Ich befand mich bei meinen Großeltern, gleich neben meinem Elternhaus. Gemeinsam mit meiner Mutter stand ich zwischen den beiden Gebäuden, als am östlichen Himmel eine rotorange Kugel entflammte. Ein einzelner Mohn blühte am Straßenrand und ich wusste, was weiter geschehen würde. Wusste es mit unumstößlicher Gewissheit! Eine Tragödie bahnte sich an, vielleicht
das Ende dieser Welt, so wie wir sie kennen. Wir flohen ins Haus, mit uns ein Teil der Nachbarn. Ich wusste, dass es unglaublich heiß werden würde - zu heiß um zu atmen, zu heiß um zu überleben. Wir drängten uns alle ängstlich zusammen. Mein Vater hatte ein Funkgerät in den Händen und versuchte damit Hilfe anzufordern - vergebens. Einer der Nachbarn wollte schließlich hinaus, hielt es einfach nicht mehr aus. Wir versuchten ihn zu hindern, ihn von dieser wahnsinnigen Tat abzuhalten. Er verließ das Haus und starb
qualvoll!
Schweißgebadet wachte ich auf. Erinnerte mich mit Schaudern an den Traum und seine Einzelheiten. Schließlich konnte ich doch wieder einschlafen und träumte dieselbe Begebenheit ein zweites Mal. Die rote Sonne am östlichen Himmel, die Mohnblume an der Straße und die glühende Hitze. Ein zweites Mal, so real und klar. Ich werde den Traum nie vergessen, zumal mein Vater ein Jahr später unter die Funkamateure ging und somit ein Funkgerät besaß. Zum Zeitpunkt meines Traumes KONNTE ich das nicht wissen.
Das war ein einschneidendes Erlebnis in meinem Leben. Seither genieße jedes Jahr, bangend auf den Herbst. Genieße jede Stunde meines Lebens, koste sie aus - weil ich ahne wie schnell es enden könnte.
Eingereicht am 17. Januar 2005.
Herzlichen Dank an den Autor / die Autorin.
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