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Kurzgeschichtenwettbewerb "Schlüsselerlebnis"
Das Manöver
©Karla Montasser
Sie schloss die Autotür auf und warf die Schlüssel auf den Sitz und verriegelte die Tür von innen und schlug sie zu. Sollten die anderen sehen, wie sie jetzt Mostar zerstören konnten. Rattatatatttaaat. Rattatatatttaaat. Dann knallte sie auch die Tür zu ihrem Zimmer zu, da gab es keinen Schlüssel, stellte den geretteten Großvaterstuhl unter die Klinke und ließ sich aufs Bett fallen, dass die Katze erschreckt aufsprang. Sie schrie und schlug mit Fäusten und Füßen auf die weiche Unterlage, als habe man sie, die
Nichtschwimmerin, am Genick gepackt, um mit ihr zur Brücke zu fahren. Ersäufen wie das Kätzchen. Das Auto. Tabletten. Besser gleich.
Die Stimmen vor der Tür: oh man, diese irre Jugoschlampe. Das macht die doch nur, um Aufmerksamkeit zu kriegen. Und die ihres Mannes: Sascha. Wie oft habe ich Dir gesagt, Du sollst mehr Verständnis haben. Deine Mutter hat viel gesehen.
Sie rütteln an der Tür. Rütteln. Wo sind die Tabletten. Die kann man auch rütteln. Der Truck mit dem Sprengstoff an der Brücke. Aber jetzt können sie nicht die Brücke rütteln, ich hab ja den Schlüssel rausgezogen. Ha. Und Sarah muss gar nicht die Tabletten... Leer gerüttelt. Alle in der Hand. Sascha, der an der Tür hämmert: Mama, lass sofort die Katze raus. Ich meine es ernst! Sonst werfe ich das Fenster ein. Hämmern. Rattatatatttaaat. Dann, leiser, ihr Mann: wo ist der verdammte Ersatzschlüssel? Und sag Sarah,
dass wir kommen und ihr die Katze bringen. Gleich.
Und dann, und das ist schon wie ein Flehen und tut noch mehr weh: Ljuba, Liebes, Liebste, es ist alles gut. Sie machen nur ein Manöver im Wald. Hörst Du?
Das Fenster ist eine Brücke. Die Tabletten in den Mund gerüttelt. Diese zu weiche Unterlage in ihrem deutschen Bett. Das Schnurren der Katze. Sanft. Wie der Motor eines Trucks.
Eingereicht am 17. Januar 2005.
Herzlichen Dank an den Autor / die Autorin.
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