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Die Hoffnung und die Zukunft

©Eva F. von Maltitz

So häufig hatte sie schon an der Bahnbrücke gestanden, tränenüberströmt, verzweifelt, ohne Lebenslust. Doch immer hatte die Hoffnung, dass alles wieder besser werden würde, sie zurück nach Hause geschickt, sie ins Bett gelegt, sie zugedeckt und ihr schöne Träume bis zum Morgen geschenkt. Vier Jahre lang hatte sie nun schon auf die Hoffnung gehört, doch jetzt war es genug. Wieder stand sie an der Bahnbrücke, tränenüberströmt, verzweifelt, ohne Lebenslust.
Und diesmal konnte die Hoffnung sie nicht zurückhalten. Sie ging einen Schritt vorwärts. Der Kies knirschte unter ihren Füßen. Die Bahngleise zirpten gefährlich. "Gleich ist es vorbei", dachte sie. Am Horizont konnte sie langsam Zug erkennen, der auf sie zukam, der Zug, der sie töten würde. Sie sah das entsetzte Gesicht des Lokführers, hörte das Fluchen der Fahrgäste, weil sie verspätet nach Hause kamen. Wer würde zu ihrer Beerdigung kommen? Wahrscheinlich niemand. Wahrscheinlich waren alle froh, dass sie nicht mehr lebte. Wer brauchte sie schon? "Denk nicht dran", befahl sie sich. "Von all dem merkst du nichts mehr, wenn erst einmal alles vorbei ist."
Sie wartete und der Zug kam näher. Er wurde größer, gefährlicher. Sie ging ein paar Schritte zurück.
"Bleib stehen!", befahl die Seele.
"Renn weg!", befahl die Angst.
Sie atmete laut. Nur noch ganz kurz, dann war der Zug da. Dann war es vorbei. Vorbei, vorbei, vorbei.
Der Zug stieß ein entsetzliches Hupen aus, so als würde er schreien. Da packte sie eine Hand, riss sie zurück und der Zug donnerte vorbei.
"Was zum...?", stammelte sie.
Vor ihr stand eine hübsche Frau und lächelte sie an. "Gehe nach Hause", sagte die Frau. "Denn wenn es dich nicht mehr gibt, dann gibt es auch mich nicht mehr."
"Wer bist du?", fragte sie.
"Ich?", antwortete die Frau. "Ich bin die Zukunft."
Dann drehte die Frau sich um und war hinter der Bahnbrücke verschwunden.


Eingereicht am 16. Januar 2005.
Herzlichen Dank an den Autor / die Autorin.
Nachdruck und Vervielfältigungen, auch auszugsweise, bedürfen der schriftlichen Zustimmung des Autors / der Autorin.


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