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Kurzgeschichtenwettbewerb "Schlüsselerlebnis"
Schuld
©Maria Zocchetti
Den kannte ich doch? Klar! Ich fuhr rechts ran und drehte die Scheibe runter. "Hey, Becker! Lange nicht gesehen."
"Katrinchen! Echt geil, Dich zu sehen. Stimmt, Du wohnst ja jetzt wieder hier in unserer Straße."
"Mann, Becker, Du siehst scheiße aus. Geht Dir wohl nicht so gut?", stellte ich ohne Zurückhaltung fest.
"Nee, nich so besonders."
"Erzähl! Was ist los?"
Er schaute sich um, verstohlen, niemand sollte sehen, dass er fast weinte. "Ach, alles Scheiße. Ist 'ne lange Geschichte."
"Dann erzähl sie mir. Vielleicht geht's Dir dann besser." Ich fühlte, keine Jahre die zwischen uns standen.
"Ich ... nicht hier."
"Dann komm mit zu mir nach Hause. Ich parke eben das Auto. Komm einfach rüber, das Eckhaus Nummer 37."
"Kann jetzt nich. Muss noch was erledigen."
Er zögerte, brauchte nur noch eine kleine Entscheidungshilfe, aber eigentlich passte es mir heute auch nicht so gut und auf einen Tag Weltschmerz mehr oder weniger würde es schon nicht ankommen. "Na dann morgen, ab halb acht bin ich zu Hause."
"Okay, morgen halb acht, bei Dir. Ich klingle dann einfach."
"Ja, ist echt von Vorteil, wenn Du klingelst", grinste ich, doch er erwiderte mein Grinsen nicht, er lächelte nur traurig, hielt den Kopf schief, legte mir seine Pranke kurz auf die Schulter und sagte "Bis dann!", drehte sich um und ging.
Er kam nicht am nächsten Tag und nicht am Tag darauf. Er kam nie mehr. Sie hatten ihn einen Tag später gefunden, im Gartenhaus seiner Eltern, mit dem Strick. Er war schon kalt, erzählte man.
Eingereicht am 09. Januar 2005.
Herzlichen Dank an den Autor / die Autorin.
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