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Kurzgeschichtenwettbewerb "Schlüsselerlebnis"

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Der Schlüssel

©Rosemai M. Schmidt

Sie kennen diese Autoschlüssel, mit denen man die Zentralverriegelung des Fahrzeugs aus einer Distanz von mehreren Metern öffnen kann? Der Besitzer drückt eine ihm bekannte Stelle des Schlüssels und - schwupp, oder eher zapp - die Blinklichter leuchten auf und die Verriegelung öffnet sich.
Das ist nicht nur äußerst bequem, sondern darüber hinaus sehr faszinierend. Selbst die ernstesten Leute können dem Drang mitunter nicht widerstehen, diesen Schlüsseltrick einfach um seiner selbst willen anzuwenden und die Verriegelung mehrere Male auf und zu zappen zu lassen.
So ging es auch dem freundlichen Mann aus dem siebten Stock. Er hatte sein neues Auto erst seit kurzem, und von dem Augenblick an, als er den Schlüssel zum ersten Mal benützt hatte, war er ihm verfallen.
Mindestens zehn Mal ließ er den Mechanismus auf und zu schnappen, bevor er den Wagen am Morgen bestieg, und abends konnte er sich fast nicht von ihm trennen, bevor er nicht einige Male dieses süchtig machende Klick-Geräusch gehört und die Blinklichter aufscheinen gesehen hatte.
Selbst im Fahrstuhl, auf dem Weg zu seiner Junggesellenwohnung, umklammerte er in der Manteltasche den Schlüssel und drückte wieder und wieder die geheimnisvolle Stelle am Schlüsselgriff, wobei er sich vorstellte, dass dabei jedes Mal in der Tiefgarage ein sattes Zapp hörbar würde. Diese Vorstellung versetzte ihn in heftige Erregung, ein Gefühl, das ihm bisher fremd gewesen war.
Eines Morgens fuhr der Mann wie üblich mit dem Lift zur Tiefgarage hinunter. Ganz in Gedanken, ungefähr auf der Höhe des fünften Stockwerkes - eine reizende junge Dame war eben zugestiegen - drückte er den Schlüssel.
Sein Schreckensruf fiel mit einem spitzen Schrei der Dame zusammen, die plötzlich ohne Kleid dastand. Ohne zu zögern legte er ihr seinen Mantel um die Schultern, fuhr mit ihr in das fünfte Stockwerk zurück, wo er ungeduldig vor ihrer Wohnungstür wartete, bis sie ihm seinen Mantel mit Dank heraus reichte.
Es war ihm nämlich ein aufregender Verdacht gekommen, und er wollte sehen, ob er zutraf.
Er fand seinen Verdacht bestätigt, als er den Schlüssel auf einen Gummibaum im Flur richtete und drückte: Plopp!
Der Mann konnte beim Anblick des völlig entblätterten, mit jämmerlich unnützen Zweigspitzen ins Leere stechenden Gewächses ein keuchendes Stöhnen nicht unterdrücken. Er geriet in unvorstellbare Aufregung und fuhr in seine Wohnung zurück, um unbeobachtet zu sein.
Als Erstes stellte er sich vor den Flurspiegel, richtete den Schlüssel auf sein Spiegelbild und drückte mit zitternden Händen.
Für den Bruchteil einer Sekunde waren in dem Spiegel zwei Männer zu sehen, einer von vorne, der andere von hinten. Dann verblasste das Bild und der Spiegel war leer. Außer einem Autoschlüssel vor dem Spiegel im Flur, fand man von dem Mann nie wieder eine Spur.


Eingereicht am 06. Januar 2005.
Herzlichen Dank an den Autor / die Autorin.
Nachdruck und Vervielfältigungen, auch auszugsweise, bedürfen der schriftlichen Zustimmung des Autors / der Autorin.


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