Vorsichtig hob sie ihren Blick und sah in die Menge. Das Bewusstsein angeschaut zu werden, traf sie wie ein Hieb in den Magen. Schon bildeten sich die ersten Schweißtropfen auf ihrer Oberlippe. Sie wusste, dass ihre Stimme versagen würde, bei dem bloßen Versuch zu ertönen. Die Tür schien so nah und erneut wegzulaufen würde so einfach sein. Sie trat einen Schritt nach vorn.

Alle Augen blickten sie erwartungsvoll an. Das Mikrofon war viel zu hoch eingestellt, sie musste sich auf die Zehenspitzen stellen um hineinsprechen zu können. Ihre Kehle fühlte sich trocken an. Sie räusperte sich. Dann begann sie zu lesen. Ihre Stimme klang holprig. Sie konnte die Buchstaben auf den Seiten kaum entziffern. Mit jedem weiteren Wort das aus ihrem Mund floss wurde sie sicherer, die Stimme geschmeidiger. Sie fing an ihre Umgebung zu vergessen. Sie las und las, die Geschichte die sie erzählte wurde zur Wirklichkeit. Sie sah die Menschen, die Tiere, die Häuser und sogar die Gefühle von denen sie sprach. Ihre Stimme wurde lauter und ihr Körper vibrierte unter diesen Schwingungen. Ihre Hände gestikulierten wild auch damit beschrieb sie ihre Erzählung. Die Blätter mit den beschriebenen Seiten waren ihr schon lange aus den Händen gefallen, aber die Sätze waren in ihrem Kopf und sie folgte nur noch ihrem Herzen. Ihre Stimme schwoll weiter an, die Muskeln spannten sich wie bei dem Sprung eines Raubtieres auf sein Opfer. Sie war stolz, auf was hatte sie bereits vergessen. Ein dünner, hoher Ton. Etwas von der Außenwelt drang auf sie ein. Ein zersplitterndes Glas. Sie öffnete die Augen. Der Raum war leer.