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Kurzgeschichtenwettbewerb "Schlüsselerlebnis"

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Im Treppenhaus

©Katja Hennig

"Nun lass es mich doch endlich machen."
Sie blickt ihren Mann erregt an, als sie das sagt. "Nein, ich mache es diesmal."
"Du kriegst es doch sowieso nicht hin, also lass mich jetzt endlich."
Er schaut sie wütend an und geht einen Schritt zur Seite "Bitte. Wie Madam befiehlt. Komm aber nicht hinterher an und sag ich hätte es nicht versucht."
Ihre Lippen umspielt ein boshaftes Lächeln als sie sagt: "Du hast es ja auch gar nicht wirklich versucht. Wie immer. Der Herr tut so als ob er etwas unternehmen würde und ich darf es dann wieder ausbaden"
"Was soll das denn jetzt schon wieder heißen?"
"Was das heißen soll? Das wagst Du mich zu fragen? Du bist doch derjenige der immer alles weiß und kann und macht. Genau wie letztens bei der Neuen"
"Was für eine Neue?. Könntest Du dich bitte etwas klarer ausdrücken, so dass es jeder versteht?"
Sie richtet sich auf und blickt ihm direkt in die Augen "Als ob Du nicht wüsstest wovon ich rede. Aber ich werde es dir gerne verdeutlichen. Die kleine Blonde, die seit zwei Wochen in der Buchhaltung arbeitet. Warst es nicht Du, der ihr beim Kopieren zur Seite stehen musste? Obwohl Du noch nicht einmal weißt wie man Papier nachlegt, geschweige denn den Toner erneuert. Erst als ich zufällig vorbeikam, hast Du aufgehört sie mit deinen Blicken zu verschlingen. Das arme Ding ist ja regelrecht vor dir geflüchtet."
"Ha! Dass ich nicht lache. Erstens bist Du nicht zufällig vorbeigekommen, sondern hast mir wie immer hinterher spioniert. Zweitens kann ich wohl kaum zum Chef sagen ich kann Fräulein Ursula nicht den Kopierer erklären weil meine Frau etwas dagegen haben könnte. Und drittens habe ich sie nicht mit meinen Blicken verschlungen, wie du das sagen würdest. Sondern bin lediglich freundlich zu ihr gewesen und habe ihr erklärt wie der alte Klapperkasten von einem Kopierer funktioniert. Wozu ich sehr wohl in der Lage bin. So und jetzt lass mich das endlich machen, bevor die Nachbarn aufwachen und uns hier sehen."
Genau in diesem Moment öffnet sich die Tür der Nachbarn und ein grauweißer Wuschelkopf blickt die beiden entrüstet an, ohne einen guten Morgen zu wünschen. "Können Sie sich nicht wo anders streiten? Es gibt auch Leute die noch schlafen wollen" Und schon schließt sich die Tür wieder mit lautem Krachen.
Sie zischelt ihn an "Da siehst du was du schon wieder angerichtet hast. Brüllst hier das ganze Haus zusammen. Als ob es nicht schon peinlich genug wäre. Und die Kleine heißt also Fräulein Ursula, schön zu wissen. Dann weiß ich zumindest wessen Namen du in der Nacht stöhnst"
"Ich stöhne überhaupt keine Namen. Und hör auf jedes Mal hier draußen mit mir zu streiten. Außerdem ist es deine Schuld, dass uns das andauernd passiert. Ich wollte lediglich schnell Zigaretten holen. Und jetzt lass mich da endlich ran, es kommt nämlich schon wieder jemand"
Leise ist das Aufschließen der Haustür zu vernehmen. Schritte auf der Treppe nähern sich. Und lautes Lachen erschallt im Treppenhaus als der Student aus der dritten Etage vor den beiden steht.
"Find ich echt toll. Hätte ich ihnen gar nicht zugetraut, dass sie beide auf solche Spielchen stehen. Wenn sie jemanden zum Mitmachen brauchen, sagen sie mir ruhig Bescheid. Sie wissen ja wo ich wohne." Sich vor Lachen schüttelnd lässt er die beiden stehen. Jedoch nicht ohne sich noch einige Male auf der Treppe umzusehen und erneut zu lachen.
"Das ist jetzt das dritte Mal in diesem Monat. Dieser Knilch kann sich ruhig mal einen neuen Spruch ausdenken. Sag, Schatz, ist dir sehr kalt? Deine Brüste schimmern so durchgefroren durch das Nachthemd"
Sie schaut ihn von oben bis unten an und fängt laut prustend an zu lachen. "Nein Liebling, mir ist nicht kalt. Wenn ich dich in dem dünnen Pyjama sehe wird mir gleich warm ums Herz, komm drück mich und dann lass uns das endlich erledigen"
Er fängt ebenfalls an zu lachen und nimmt sie in den Arm, als sich dir Tür der Nachbarwohnung erneut öffnet und der grauweiße, mittlerweile gekämmte Kopf brummt "Also in aller Öffentlichkeit brauchen sie es aber nun auch nicht zu treiben, haben sie kein Bett zu Hause? Hier haben sie meine alte Scheckkarte, machen Sie schon. In den Krimis machen die das auch immer damit"
Er schaut verdutzt auf die Plastikkarte und beginnt sich vor Lachen zu Krümmen. "Schatz, greif doch bitte mal durch den Briefkastenschlitz. Da habe ich letztes Mal den Ersatzschlüssen an einem Bindfaden befestigt. Und vielen Dank Frau Nachbarin, wir brauchen die Karte nicht. Aber wenn Sie uns mit etwas Kleingeld für den Zigarettenautomaten aushelfen könnten ..."


Eingereicht am 05. Januar 2005.
Herzlichen Dank an den Autor / die Autorin.
Nachdruck und Vervielfältigungen, auch auszugsweise, bedürfen der schriftlichen Zustimmung des Autors / der Autorin.


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