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Kurzgeschichtenwettbewerb "Schlüsselerlebnis"
Crime Consulting
© Peter Bergschatz
7:00 Uhr
Wie jeden morgen weckten ihn die Jungs von den Stones und spielten so lang weiter, bis er die Fernsteuerung fand. Er drückte den Knopf, der die Anlage zum Schweigen brachte und stand auf. Die Rollläden waren schon hochgefahren, so dass er den See und den Park sehen konnte. Die ersten Jogger, Spaziergänger und wohl auch Drogendealer waren schon unterwegs und verrichteten fleißig, was zu verrichten war. Die Drogendealer waren ihm schon ein Dorn im Auge, seit sie vor etwa einem Monat ihren Hauptumschlagsplatz direkt
in den Park vor seinem Haus gelegt hatten. Letzte Woche hatte er ihnen Hilfe angeboten, die sie aber abgelehnt hatten. Sollten die Trottel ruhig hier noch ne Weile dealen, die Bullen würden's schon von selbst rauskriegen.
Er streckte sich, zog seinen Morgenmantel an und ging in die Küche. Wie die Rollläden war auch der Kaffeeautomat auf kurz vor sieben programmiert. Er goss sich eine Tasse ein und schlenderte in sein Wohn- Schrägstrich Arbeitszimmer und setzte sich an den Rechner. Als er ihn einschaltete, grinste ihm der Flachbildschirm ein "Guten Morgen" entgegen und wechselte dann direkt zu Outlook, um ihm die Mails zu zeigen, die sich seit gestern Nacht angesammelt hatten. Heute waren es nur sieben, es gab Nächte
in denen er über fünfzig Mails bekam, um die er sich noch vor neun zu kümmern hatte. Aber niemand hatte ihm gesagt, dass es leicht werden würde. Noch zwei Jahre, und er konnte aussteigen und einen entspannten und trotzdem gut bezahlten Job annehmen. Von den sieben Mails antwortete er dreien sofort, die anderen vier waren Anfragen, die er im Auto telefonisch beantworten konnte. Dazu legte er seinen MDA auf den Schreibtisch und aktivierte Bluetooth, um die Mails vom Computer auf das übergroße Handy zu übertragen.
Nachdem die Mails erledigt waren, hatte er noch eine gute halbe Stunde für die Recherche. Das war selten, meistens konnte er sie gar nicht machen. Er öffnete ein Forum der Polizei, das wohl der Abschreckung dienen sollte, und betrachtete die neuesten Fälle. Es gab nur zwei neue seit er das letzte Mal hier reingeschaut hatte. Ein kleinerer Drogentransport von zwei an sich ganz schön gerissenen Burschen, die den Stoff in einen Schwamm gesteckt hatten, den sie später in eine chemische Substanz getränkt (er würde
um sein Haus wetten, dass es sich um Chlor handelte) und anschließend in den Kopfstützen ihres Autos untergebracht hatten. Der Hund hatte nichts gerochen, aber die Polizisten. Die Nummer mit dem Chlor war eine gute, wenn auch nicht neue Idee, aber sie so zu vermasseln war wirklich schade. Wahrscheinlich hätte es gereicht, hätten die zwei Idioten ein paar nasse Badeutensilien auf die Rückbank gelegt. Dazu die eigenen Haare noch etwas nass machen, und die Bullen hätten im schlimmsten Fall noch gefragt, wo dieses
Schwimmbad ist, das so viel Chlor benutzt.
Der zweite neue Fall war ein dilettantisch durchgeführter Raubüberfall auf eine kleine Bankfiliale im Osten, bei dem sich die Täter, völlig verblödeter Weise, gegenseitig ins Bein schossen, um als verwundete Geiseln im Krankenwagen, mit der Beute, abtransportiert zu werden. Doch Dank "perfekter Polizeiarbeit" wurden die beiden schon in der Bank als Räuber identifiziert und im Krankenwagen verhaftet. Einer der Räuber starb, weil der andere ihm wohl eine Arterie zerschossen hatte, der jetzt wegen Raub,
Geiselnahme, Sachbeschädigung und fahrlässiger Tötung sitzt.
Die meisten der Geschichten auf der Seite handelten von übernatürlicher Dummheit, nur bei wenigen war tatsächlich gute Polizeiarbeit das, was zur Verhaftung führte. Wie bei diesen schlechten Fernsehmagazinen, in denen Polizisten von ihren kuriosesten Begegnungen mit Verbrechern erzählen, und die Storys dann schlecht nachgespielt werden. Meistens wird dann extra so gefilmt als wäre es eine Überwachungskamera, die sich aber komischerweise selbstständig bewegt und zoomt, wenn es die Bewegung der Akteure nötig macht.
Aber auch die schaute er sich hin und wieder an, um auf neue Ideen zu kommen. Tatsächlich kamen ihm einige seiner besten und lukrativsten Ideen während des Betrachtens dieser schlechten Fernsehunterhaltung, besser gesagt, während er sich über die Dummheit der Menschen aufregte.
Damit war die morgendliche Recherche angehakt und zwanzig Minuten später saß er hinter dem Steuer seines neuen Mercedes und lenkte ihn aus der Tiefgarage. Draußen angelangt wählte er sofort die erste Nummer der Anfragen, die per Mail gekommen waren. Zum Büro waren es etwa fünfundzwanzig Minuten zu dieser Tageszeit, das langte normalerweise für etwa neun bis zehn Gespräche, aber man konnte nie sicher sein, ob eine der Anfragen vielleicht einen ganzen Rattenschwanz hinter sich her ziehen würde.
Albert Loffler war der Erste auf seiner Liste. Mit ihm hatte er letzten Sommer schon mal ein Geschäft gemacht, was die Sache immens erleichterte. Keine Überprüfung, keine Missverständnisse.
Es läutete zweimal, dann
"Loffler"
"Albert, hier ist Lukas. Sie haben was für mich?"
Eine leise, gedämpfte Stimme sagte irgendwas, das nicht zu verstehen war. Wahrscheinlich hielt Loffler gerade die Hand vor den Hörer und schmiss jemanden aus seinem Büro, so dass er ungestört reden konnte.
"In der Tat, aber ich würde das ungern am Telefon besprechen", antwortete er jetzt.
"Das müssen Sie auch nicht. Nur zur Orientierung, ich nehme an, Sie wenden sich an uns wegen eines Auftrags."
"Ja"
"und wie groß soll er denn sein?"
"Mittel, schätze ich" sagte Loffler, "nicht sehr groß, aber er muss schnell erledigt werden. Habt ihr gerade Kapazitäten frei?"
"Ich denke ja. Kommen Sie heute Nachmittag oder morgen früh vorbei, dann unterhalten wir uns über den Auftrag. Erinnern Sie sich noch an unser Sicherheitssystem?"
"So was vergisst man nicht so schnell. Also, heute um 16:00 Uhr. Lassen Sie mich nicht warten."
"Keinesfalls, Wiederhören."
Damit legte er auf und notierte den Termin, den er gerade ausgemacht hatte. Im Büro würde er seine neuen Termine mit Sarah abgleichen müssen, vielleicht wird der alte Loffler doch warten müssen.
Er bog rechts in die Hauptstraße ab und schlängelte sich durch den Verkehr, während er die zweite Nummer wählte. Diesmal war kein Name angegeben, was durchaus üblich war in seiner Branche.
Sofort nach dem ersten Klingeln war eine Frauenstimme am Apparat, die keinen Namen oder Firma nannte, sondern nur "Guten Tag, was kann ich für Sie tun?" sagte. Auch das war nicht ungewöhnlich, er hoffte, dass die Frau Bescheid wusste und er sich nicht durchfragen musste. Meistens waren das schlecht organisierte Dreckshaufen. Deshalb kamen sie ja zu ihm.
"Guten Tag" sagte er "mein Name ist Lukas Norp, von CT Consulting."
Er wartete, ob das schon genügen würde und hatte Glück.
"Guten Tag Herr Norp, ich stelle Sie durch."
Ein kurzes Piepsen, dann war er in der Warteschleife. Aber es kam keine Musik, sondern die neuesten Schlagzeilen und Nachrichten. Das Wetter wird besser werden und ein neuer Nah-Ost-Friedensgipfel neigte sich dem Ende zu, ohne wirklich was verändert zu haben. Als der Nachrichtensprecher gerade aktuelle Sportergebnisse vorlesen wollte, wurde er von einem leisen Piepsen unterbrochen und eine andere Frau meldete sich.
"Schönen guten Morgen Herr Norp, danke, dass Sie so schnell anrufen."
"Ich muss mich bedanken, für das Interesse, das Sie uns entgegenbringen" antwortete er "wie kann ich Ihnen helfen?"
"Wir haben ein Problem, für dessen Lösung Sie uns dringend empfohlen wurden."
"Von wem, wenn ich fragen darf?"
"Dürfen Sie nicht, aber -"
"Stopp" unterbrach er sie "Das war keine Frage. Sie sagen mir, wer Ihnen die Empfehlung gegeben hat, oder wir vergessen die Sache sofort. Also?"
Schweigen am anderen Ende der Leitung, sie war wohl am Überlegen. Dann bat sie um Geduld und stellte den Nachrichtensprecher wieder an, der wieder über das Wetter erzählte.
Der Verkehr war jetzt flüssiger, so dass er die Strecke wohl in weniger als 20 Minuten schaffen würde. Er ordnete sich in der rechten Spur ein, die wenig später auf die Autobahn führt. Er würde nur bis zur nächsten Ausfahrt auf der Autobahn bleiben und eigentlich war es Unsinn, für diese kurze Strecke auf die Autobahn zu fahren, aber es hatte sich in den Morgenstunden als schneller erwiesen. Nachts fuhr er immer durch die Ortschaften, weil wenig Verkehr war und die Ampeln ausgeschaltet waren.
Kurz vor der Stelle, an der der Sprecher das letzte Mal unterbrochen wurde, meldete sich auch diesmal die Frau.
"Herr Norp?"
"Ich bin noch dran."
"Die Empfehlung kam von einem gemeinsamen Bekannten, der sich Kioto Braun nennt. Langt Ihnen das?"
Kioto war nicht sein richtiger Name und er war auch kein Bekannter im umgangssprachlichen Sinn. In Wirklichkeit hieß er Fred und war wie eine laufende Litfasssäule, die nur auserwählte Menschen sehen konnten. Wenn jemand auf Kiotos Rat hin zu ihnen kam, bedeutete das, dass es sich nicht um einen Deckauftrag handelte, und das bedeutete im Normalfall richtig Zaster. Es war auch an der Zeit, dass Kioto mal wieder einen Klienten heranschleppte, seine Quote war in den letzten Monaten stets gesunken, und der Aufsichtsrat
hatte schon ein Auge auf ihn geworfen. Wenn sich das hier zu einem dicken Fisch entwickeln würde, wäre Kiotos Name wieder auf unbestimmte Zeit auf ihrer Gehaltsliste gesichert.
"Ja, das langt vorerst. Ich schlage einen Termin nächsten Dienstag vor, passt Ihnen das?"
"Nein, auf keinen Fall. Diese Woche noch" sagte sie.
"Es tut mir Leid, aber -"
"Es tut mir Leid, aber wenn wir nicht schnell ins Geschäft kommen, kommen wir gar nicht ins Geschäft. Es geht hier um viel Geld, und wir können uns einen Aufschub nicht leisten. Ich will, dass Sie am Donnerstag loslegen, und das Projekt binnen zwei Wochen erledigen."
"Ich hoffe es dreht sich wirklich um viel Geld."
"Das versichere ich Ihnen."
"Na schön" sagte er "wir sehen uns heute Abend um 17:00 Uhr. Ich muss wegen Ihnen einen Termin sausen lassen, ich hoffe das ist es Wert. Haben Sie unsere Adresse?"
"Ja, ich danke Ihnen. Auf Wiedersehen."
Er hasste es, wenn sich Kunden oder potentielle Kunden so aufspielten, aber es blieben nun mal Kunden. Sie bezahlten ihn ja auch gut genug.
16:30 Uhr
"Kriegen Sie das auch sicher hin?" fragte Loffler beim Aufstehen. Er war älter geworden und kam Lukas heute mehr wie sein Großvater als sein Vater vor. Er musste sich an den Armlehnen des Stuhls aufstützen, damit er ohne Hilfe aufstehen konnte. Das hinderte ihn aber nicht daran Drogen in großem Stil zu schmuggeln.
"Kriegen Sie das mit der Rechnung hin?" sagte Lukas mit einem Grinsen im Gesicht, von dem er hoffte, dass es nicht zu aufgesetzt wirkte. Er wollte gerade noch etwas hinzufügen, als die Sprechanlage ihren "es ist wichtig" - Ton von sich gab.
Er drückte den Knopf und fragte Sarah, was denn so wichtig sei.
"Es sind zwei Herren da, die Sie in einer dringlichen Angelegenheit sprechen wollen. Sie bestehen auf ein Gespräch sofort." sagte Sarah mit nervöser Stimme. Normalerweise störte ihn Sarah nie während einer Besprechung, nur wenn es wirklich wichtig war. Er war sich fast sicher, dass Polizei im Haus war und er nur noch ein paar Minuten hatte um seinen Gesprächpartner auf elegante Art und Weise loszuwerden. Egal, sie waren hier sowieso schon fertig. Er drückte wieder den Knopf
"Einen Augenblick noch, Sarah. Sag den Herrschaften, dass ich in zwei Minuten bei ihnen bin."
"Haben Sie Ärger?" fragte Loffler.
"Ich bitte Sie, zerbrechen Sie sich nicht meinen Kopf. Schließlich bezahlen Sie mich ja, damit ich mir Ihren zerbreche." antwortete Lukas mit einem Augenzwinkern.
"Da haben Sie auch wieder Recht. Wir sehen uns Samstag?"
"Samstag" bestätigte er und begleitete den alternden Mann zur linken Tür seines Büros. Für genau solche Situationen war das Büro mit zwei Türen ausgestattet worden, die in unterschiedliche Gänge führten.
Er ging zum Schreibtisch zurück und lies die Papiere, die er gerade mit Loffler durchgesehen hatte in einer Schublade verschwinden und stellte erneut eine Verbindung zu seiner Sekretärin her.
"Sarah, wer ist denn da?"
"Die Polizei. Soll ich sie jetzt reinlassen?"
"Schicken Sie sie rein und rufen Sie mich in drei Minuten auf dem Handy an."
"Wird gemacht." antwortete sie und beendete so das Gespräch. Keine zehn Sekunden später standen zwei Männer in Anzügen in seiner Tür, und er zeigte mit der offenen Hand auf die beiden Stühle vor seinem Schreibtisch.
"Was kann ich für Sie tun?" fragte er in einem kühlen Ton, den die beiden auch hören sollten.
"Wir sind vom Zoll und hätten ein paar Fragen an Sie." sagte der Linke der beiden, ein kleiner, kahlköpfiger Mann, der aussah als wäre er bei einer Versicherung angestellt. Der andere war größer und sah schon mehr nach Bulle aus, sagte aber nichts.
"Haben Sie geschäftlichen Kontakt zu Albert Loffler?" fragte der Kleine in einem Tonfall, der klarmachte, dass sie wussten, dass er Kontakt hatte. Sie mussten entweder Lofflers oder sein eigenes Telefon angezapft haben, um das zu wissen. Er hatte fast ein Jahr keinen Kontakt mehr zu Loffler und an dem Tag, an dem sie sich mal wieder treffen sind sofort die Bullen da.
"Ich habe es Ihren Kollegen vor drei Monaten schon mal erklärt, wir betreiben hier keine Auskunft. Geheimhaltung ist bei uns, so wie bei jeder anderen Beratungsfirma, großgeschrieben. Es tut mir leid, ich kann Ihnen nicht helfen." antwortete er, er sprach weiter in dem kühlen Tonfall, der beinhaltete, dass er ihnen gar nicht helfen wollte, auch wenn er es könnte.
"Nun, in dem Fall will ich Ihnen mal was über Ihren Geschäftpartner erzählen." sagte der Glatzkopf, "Der Mann, den Sie hier decken, hat ein Schiff vor der Küste liegen. Gerade noch in internationalem Gewässer. Dieses Schiff ist voll mit Drogen, und das ahnen wir nicht nur, das wissen wir. Und ich sage Ihnen weiter, wir kriegen diesen alten Drecksack, und wenn wir ihn kriegen, stecken Sie und Ihre kleine Firma da mit drin. Sind Sie sicher, dass sie uns nicht helfen wollen?"
Der kleine Mann war immer lauter geworden, wie als wollte er einen Verdächtigen bei einem Verhör so lange unter Druck setzen, dass der schließlich doch auspackte. Diese zwei kleinen Scheiß-Bullen hatten noch nichts kapiert. Er konnte nicht anders und lächelte die beiden an, die immer noch dachten, sie erzählten ihm hier was Neues. In Wirklichkeit war Loffler aus genau diesem Grund zu ihm gekommen. Die Bullen hatten sein Schiff entdeckt und er suchte jetzt einen Weg, die Ladung trotz Observation, an Land zu schmuggeln.
Das war die Aufgabe der Firma. Nicht die Durchführung, sondern nur ein ausgearbeiteter Plan.
Die Bullen würden das Schiff noch observieren, wenn schon längst kein Dope mehr an Bord war.
"Meine Herren," sagte er jetzt freundlich "was meine Kunden außerhalb unserer Verbindungen tun oder nicht tun, geht mich nichts an. Ich kann Ihnen aber sagen, ich weiß nichts von irgendwelchen Drogen oder irgendwelchen Schiffen. Wieso verhaften Sie die Drogendealer nicht?"
Daraufhin stand der Kleine auf und drehte sich zu der Tür, durch die sie reingekommen waren. Der Große folgte ihm. An der Tür blieben die beiden noch mal stehen und drehten sich um. Diesmal meldete sich der Große zu Wort.
"Wir hatten gehofft, dass Sie mit sich reden ließen, aber Sie lassen uns keine Wahl."
"Sie können jederzeit mit mir reden. Ah, und wenn sie schon mal hier sind und auf der Suche nach Dealern, kennen Sie die Stelle im Park, an der sich die beiden Feldwege treffen, gegenüber der kleinen Schleuse? Da steht eine Bank. Setzen Sie sich mal ne halbe Stunde auf die Bank und halten Sie die Augen offen, damit würden Sie mir helfen, ich wohne nämlich in der Gegend."
Nachdem die Zwei aus seinem Büro waren, hatte er wieder dieses `alles läuft nach Plan´ Gefühl, das Gefühl das er immer bekam, wenn die ersten Indizien für einen reibungslosen Ablauf sprachen. Loffler hatte ihm gesagt, dass wahrscheinlich noch heute die Polizei hier auftauchen würde und er hatte genau gewusst, was sie wussten. Morgen würde er einen Workshop für Lofflers Problem einberufen, und wenn alles glatt lief, würde Anfang nächster Woche kein Gramm mehr auf dem Schiff sein. Er hatte zwar noch keine Ahnung,
wie das ablaufen sollte, aber das war auch nicht mehr seine Aufgabe, jedenfalls nicht im normalen Betrieb. Er dachte an irgendwas mit Tauchern, aber die Kreativabteilung verblüffte ihn meistens mit viel besseren Vorschlägen.
Jetzt hatte er noch eine gute viertel Stunde, bis der neue, aufdringliche Kunde kam und wollte die Zeit dafür nutzen, Nicole in Shanghai anzurufen. Dort müsste es jetzt viertel vor zwölf sein, sie würde auf jeden Fall wach sein. Mit Nicole hatte er etwas, das einer Beziehung schon ziemlich nahe kam, aber noch hielten sie es geheim. Noch wusste Nicole auch nicht, mit was er seine Brötchen verdiente, aber das machte ihm weniger Sorgen, als Beziehungen an sich. Nicole war auch nicht gerade zimperlich, wenn es ums
Geschäft ging und darum, aus einer Gesetzesübertretung eine Gesetzesdehnung zu machen. Wie dem auch sei, er würde dieses Gespräch wohl führen müssen, wenn sie zurückkam.
Als er den Hörer schon in der Hand hatte kam Sarah herein. Sie hatte einen schuldbewussten Gesichtsausdruck und entschuldigte sich auch sofort für die erneute Störung, aber es wäre wichtig. Er legte den Hörer zurück auf das Telefon und fragte, was los war als sie plötzlich in Tränen ausbrach und fast vornüber taumelte. Er sprang auf, stützte sie und führte sie zu einem Stuhl.
Als sie sich ein wenig beruhigt hatte und ihre Stimme wieder unter Kontrolle hatte erzählte sie ihm, dass sie schon in der Mittagspause Besuch von den beiden Polizisten hatte. Sie hatten ihr gedroht, hauptsächlich mit dem Entzug des Sorgerechts für ihren kleinen Sohn, aber sie hatte trotzdem nichts gesagt.
"Ich weiß nicht, was ich tun soll." endete sie, immer noch schluchzend und rieb sich die Augen.
"Erst mal beruhigen Sie sich. Das wird schon wieder. Und danke, dass Sie zuerst zu mir gekommen sind." sagte er in ruhigem Tonfall, der sein Ziel, Sarah zu beruhigen und gleichzeitig zu ängstigen, fast sofort erreichte. Sie hörte auf zu wimmern und sah mit großen, ängstlichen Augen zu ihm auf.
"Ich hab wirklich nichts gesagt. Das müssen Sie mir -"
"Das weiß ich doch. Sonst wären Sie doch nicht hier. Ich bin stolz auf Sie. Sind Sie nun bereit, mit mir zu besprechen, was wir tun werden?"
Sie nickte und ihr Blick zeigt deutlich, dass sie nun wieder Hoffnung hatte.
"Erst einmal werde ich Sie feuern. Aber keine Angst, ich habe einen Freund in der Altstadt, bei dem ich Ihnen sofort einen neuen Job besorge." Es gab diesen Freund nicht, und ohne Freund natürlich auch keinen Job.
"Sie machen heute noch ein paar Überstunden und ordnen alles so hin, dass morgen eine neue Sekretärin hier anfangen kann. Und morgen früh" er suchte in seiner Schublade nach der richtige Karte "melden Sie sich bei dieser Adresse und sagen, dass ich Sie geschickt hätte. Ich mach das alles klar, Sie müssen nur noch morgen da auftauen und genauso hübsch aussehen wie jetzt. Was halten Sie davon?"
"Es tut mir so leid" sagte sie. Und dann noch "Danke."
"Kein Wort mehr, dass ist das Mindeste das ich tun kann. Schließlich habe ich sie ja in diese Lage gebracht. Sie werden nicht ganz so gut verdienen, aber es langt bestimmt. Jetzt gehen Sie raus, machen sich keinen Kopf mehr und machen heute noch Ihre Arbeit. Nach meinem nächsten Termin komm ich raus, und beantworte Ihre Fragen, die Ihnen bestimmt noch einfallen."
Mit Hoffnung und Dankbarkeit in den Augen verließ sie sein Büro und machte sich wieder an die Arbeit.
"Und Sarah." Sie drehte sich noch mal um "Schicken Sie die Kunden, die gleich kommen dürften in den Konferenzraum und sagen Sie ihnen, dass ich in zehn Minuten bei ihnen bin."
Sie nickte und verließ sein Büro.
Nachdem er die Überprüfung des neuen Kunden überprüft hatte betrat er eine knappe halbe Stunde später den Raum mit dem großen runden Tisch in der Mitte und begrüßte die drei Abgesandten des neuen Kunden. Die Organisation von der sie kamen war absolut sauber, was soviel hieß, dass absolut kein positiver Kontakt zur Polizei bestand. Die drei die hier waren mussten Paffkins, eine Frau in den Fünfzigern, dafür aber noch nett anzusehen, Gutenberg, Paffkins persönlicher Wachhund und Rellowitz, zuständig für Planung
und Organisation sowie das Personalwesen, sein. Das Sagen hatte wohl die Frau, denn sie begann zugleich.
"Schön, dass Sie es einrichten konnten, Herr Norp." sagte sie. "Nachdem wir uns nun gegenseitig beschnuppert haben, hätte ich erst mal ein paar Fragen, Ihre Firma betreffend."
Mit >beschnuppert< meinte sie wohl das gegenseitige überprüfen.
"Schießen Sie los."
"Zuerst einmal würden wir gerne wissen, was Sie eigentlich machen."
"Nun, stellen Sie es sich so vor: Wir sind das Bindeglied zwischen dem Verbrecher und dem perfekten Verbrechen. Wir erstellen Lösungen für Probleme, die bei Projekten entstehen, die, sagen wir mal, nicht ganz legal sind. Wir stellen aber nur die Lösungen. Wir helfen noch bei der Beschaffung des Equipments, aber mit der Durchführung haben wir nichts zu tun. Trotzdem lassen wir uns das teuer bezahlen."
"Und offiziell? Ich meine, Sie können ja nicht -"
"Offiziell sind wir eine Ideenfabrik, die Komplettlösungen für Filmemacher, Autoren und wer es sonst noch will, verkauft."
"Nur interessenhalber," sagte Rellowitz jetzt, der wirklich neugierig wirkte. "Ein Räuber kommt zu Ihnen, und sagt, er will eine Bank ausrauben. Und dann machen Sie ihm einen Plan, wie er die Bank am besten ausraubt."
"Ja"
"Wie kommt man auf so eine Idee?"
"Nun, die Kurzfassung lautet: einige meiner Freunde in meiner Jugend wurden bei dem Versuch Haschisch für ihren privaten Gebrauch ins Land zu schmuggeln festgenommen. Bei einer Routinekontrolle hat der Drogenhund der Polizei den Stoff gerochen. Als sie wieder frei waren, und wieder einen Transport versuchen wollten, verkaufte ich ihnen meine erste Idee. Besser noch, als dem Hund einen extrem starken oder aufdringlichen Geruch wie zum Beispiel Kaffee oder Chlor vorzusetzen ist es doch, den Hund davon abzubringen
überhaupt zu schnüffeln. Ich baute einen dieser Hochfrequenztoner, der zur Abschreckung von Mardern diente, so um, dass es dem Hund unmöglich war, sich in der Nähe des Wagens aufzuhalten. Jedenfalls hat es funktioniert, und so entstand diese Firma."
Das war nicht ganz die Wahrheit, aber er erzählte es schon seit es die Firma gab interessierten Kunden. Rellowitz jedenfalls schien zufriedengestellt und lehnte sich zurück. Die Frau begann nun darzulegen, was sie von der Firma erwartete und was genau das Problem war. Lukas hörte aufmerksam zu, doch seine Gedanken kreisten immer mehr um Nicole und Sarah. Wie würde er Nicole das mit seinem Job so sagen können, dass sie es verstand und wie konnte man Sarah sanfter zum Schweigen bringen. Die Frau in seinem Büro
redete und redete, doch er hörte gar nicht mehr zu. Er würde diesen Fall direkt an Michael, seinen Stellvertreter, weitergeben, sobald dieses erste Gespräch vorbei war. Sollte Michael sich diese Scheiße doch anhören, er würde ein paar Tage frei nehmen. Es war zwar nicht der beste Zeitpunkt, in Urlaub zu gehen, aber auch nicht der schlechteste. Er war seit drei Jahren nicht mehr in Urlaub gewesen und sehnte sich nach dem Loslassen. Das Loslassen war immer das schönste im Urlaub gewesen, sich um nichts Gedanken
machen, nicht alle zwei Minuten eine Mail oder einen Anruf erhalten und das wichtigste war, einfach mal nicht zu wissen, was man machen sollte. Einfach dastehen, und nicht wissen, was man als nächstes mit sich anstellt. Das war Urlaub für ihn, und genau das würde er wieder fühlen, in spätestens vier Tagen.
Drei Tage später, 13:00 Uhr
Seine Koffer lagen gepackt im Kofferraum, die Arbeit der nächsten Woche war auf drei Schultern verteilt worden, das meiste hatte Michael abbekommen, und sein Gesicht strahlte nur so vor Vorfreude auf eine Woche im Nirgendwo. Nicole hatte ihre Koffer auf die Rückbank geschmissen und ihn dann mit einem wahren Kussfeuerwerk begrüßt.
Jetzt bog er in die Parkanlage des Flughafens ein und parkte den Mercedes auf dem obersten Deck. Hier war es zwar teurer, dafür aber vierundzwanzig Stunden am Tag videoüberwacht. Dazu gibt es noch einen Pförtner, der einen nur mit passendem Parkausweis reinlässt.
Er stieg aus, und während Nicole einen Kofferrolli holte, schaffte er die Koffer aus dem Wagen. Jetzt merkte er, dass etwas nicht in Ordnung war. Es war zwar nichts zu sehen, aber er konnte es deutlich fühlen. Obwohl er niemanden sehen konnte, war er sicher, dass sie hier oben nicht allein waren. Vielleicht kam das Gefühl ja auch daher, dass man an einem Flughafen so gut wie nie völlig allein ist, und offensichtlich waren sie das jetzt. Trotzdem konnte er die Blicke spüren, die auf ihm lagen.
"Schatz, schau dir das an -" weiter kam Nicole nicht. Eine zehntel Sekunde, bevor die Kugel in ihrer linken Schulter einschlug konnte er den roten Punkt eines Laserpointers erkennen. Hören konnte er nur ein leises Fluppen, aber das nahm er gar nicht mehr wahr. Er rannte zu Nicole und konnte sie noch fangen, bevor die auf den Betonboden aufschlug. Sie schrie nicht, sondern versuchte irgendwas zu sagen, doch sie brachte nichts weiter als abgehackte Teile von Wörtern raus. Er legte sie auf den Boden und
presste beide Hände auf die Schulter. Das warme Blut lief ihm zwischen die Finger und tropfte auf den Boden. Sie versuchte weiter zu sprechen, doch nun lief ihr das Blut aus dem Mund und aus der Nase. Sie hustete und spie dabei Blut aus, das sein Gesicht mit kleinen roten Tropfen benetzte. In seinem Augenwinkel konnte er einen Schatten sehen, der sich auf ihn zu bewegte, doch er reagierte nicht mal, als er den Schlagstock sah, der auf seinen Hinterkopf prallte.
Als er wieder aufwachte, schmerzte sein Kopf als hätten sie ihm Stricknadeln hineingesteckt. Er öffnete die Augen und sah Nicole neben sich sitzen, mit einer, wie es aussah, professionell verbundenen Schulter. Ihre Hände waren auf dem Rücken gefesselt, wie seine. Sie weinte und versuchte etwas zu sagen, aber sie war geknebelt. Erst jetzt merkte er, dass er selbst auch geknebelt war und als er das gemerkt hatte kam auch schon der Würgereflex. Er warf den Kopf herum und versuchte zu schreien - er würde an seiner
eigenen Kotze ersticken. Mit aller Kraft versuchte er, sich nicht zu übergeben. Er legte sich ruhig hin und konzentrierte sich auf ein einfaches Tuch, das in seinen Mund steckte, ein Tuch aus Seide, wegen dem sich niemand übergeben musste. Doch er schaffte es nicht. Gerade als die erste Ladung seinen Rachen hochschoss und er schon dachte, das war's, wurde er grob rumgerissen und von dem Knebel befreit. Hustend und spukend beförderte er alles, was sich in seinem Mund befunden hatte auf den kalten Betonboden. Als
die Panik und der Würgereiz vorüber waren betrachtete er sein Erbrochenes. In einer roten Pfütze, die mit der Pasta von heute Mittag verziert war, lag ein dreckiger, öliger Socken. Sie hatten ihm nur das Band abgenommen, mit dem sie den Socken in seinem Mund hielten.
Er kniete keuchend vor der Pfütze, als ihn die Hände, die ihn eben gerettet hatten, wieder von hinten packten und festhielten. Ein weiterer Arm erschien vor ihm und griff nach dem Socken, der vor ihm in seiner Kotze lag. Eine Hand legte sich auf seine Stirn und presste seinen Kopf gegen die Brust des Kerls, der hinter ihm stand und ihn festhielt. Verzweifelt versuchte er sich zu befreien, doch die Arme, die ihn hielten gaben keinen Zentimeter nach. Sie hielten ihm die Nase zu und steckten dann den stinkenden,
vollgekotzten Socken wieder in seinen Mund. Er hörte auf sich zu wehren, stattdessen nutzte er nun seine volle Konzentration um nicht wieder spucken zu müssen. Sie banden das Band wieder um seinen Kopf und ließen ihn dann los.
Als er sich wieder unter Kontrolle hatte, rollte er sich auf die andere Seite, um zu sehen, wer ihnen das antat, aber die waren schon wieder draußen. Sie befanden sich in einem kleinen Raum, dessen Wände, Deck und Boden aus Beton waren. Wahrscheinlich waren sie immer noch irgendwo auf dem Parkdeck in einem Versorgungsraum oder etwas ähnlichem.
Dann ging die Tür wieder auf und drei Männer, die alle aussahen wie Schränke, betraten den kleinen Raum. Der Anführer ging auf ihn zu und löste das Band, dass den Socken in seinem Mund hielt. Er tat das auf sehr behutsame Weise, die einem zu verstehen gab, nicht zu schreien. Dann ging er wieder aus dem Raum, und kam mit einem Klappstuhl in der Hand zurück, den er direkt vor Lukas auf den Boden stellte. Er setzte sich und zog eine Pistole mit aufgeschraubtem Schalldämpfer hinten aus dem Gürtel.
"Ich stelle dir jetzt ein paar Fragen, und du versuchst knapp und wahrheitsgemäß zu antworten. Hast du das verstanden?" sagte der Schrankmann und legte dabei seine Waffe auf seinen Oberschenkel.
Lukas schaute zuerst zu Nicole, die total verängstigt und zitternd neben ihm kauerte. Dann drehte er sich zu dem Mann und nickte. Er spürte, dass er seine Stimme nicht unter Kontrolle hatte.
"Wann werden die Drogen von Lofflers Schiff gebracht?"
Jetzt verstand er wenigstens, um was es hier ging. Das waren entweder Bullen oder sie waren von Bullen geschickt worden. Oder es waren andere Kriminelle, die von dem Schiff gehört hatten, und es nun für sich wollten.
"Ich weiß es nicht." antwortete er.
"Falsch Antwort" sagte der Schrank und schoss ihm in den linken Oberschenkel. Der Schmerz war so überwältigend, dass ihm schwarz vor den Augen wurde. Er schrie, hörte es aber selber nicht, weil alle seine Gedanken bei der klaffenden Wunde in seinem Bein waren, aus der das Blut nur so spritzte. Dann hörte der Schmerz plötzlich auf und eine wohltuende Müdigkeit überkam ihn. Er war schon fast ohnmächtig als ihn ein weiterer Schmerz wieder in die Wirklichkeit zurückholte. Einer der andern beiden hatte ihm
mit dem Handrücken ins Gesicht geschlagen und ihn so zurückgeholt. Mit dem Bewusstsein kam auch der Schmerz zurück, aber er schrie nicht mehr. Er fühlte sich, als hätte er dazu keine Kraft mehr. Stimmen drangen an sein Ohr, aber er verstand nichts. Er wollte nur wieder in die Wärme des Schlafs, der er gerade so nahe gewesen war. Als ihn der Kerl noch mal schlug, klärten sich seine Sinne wieder.
"Also noch mal." sagte der sitzende Schrank "wann werden die Drogen von Bord geschafft?"
Er fühlte eine tiefe Traurigkeit in ihm aufsteigen, die sich mit dem Schmerz mischte und zu etwas noch schlimmeren wurde. Traurigkeit darüber, dass er und seine Freundin hier und heute sterben werden. Denn die einzige Antwort, die er zu bieten hatte, würde sie umbringen. Er wusste es wirklich nicht, er hatte den Fall abgegeben, gleich nachdem er ihn angenommen hatte.
"Ich habe die Wahrheit gesagt, ich weiß es nicht. Es ist nicht mehr mein Fall."
Diesmal schoss er Nicole ins Bein. Sie schrie kurz, fiel dann aber gnädigerweise in Ohnmacht. Er hätte es nicht ertragen, sie leiden zu sehen. Keiner der beiden stehenden Schränke versuchte sie zu wecken, wie sie es bei ihm gemacht hatten. Sie standen einfach nur da.
"Wann?"
"Ich weiß es nicht, Sie können schießen, so oft Sie wollen, ich weiß es nicht."
"Wer weiß es?"
Jetzt hatte er die Wahl. Er könnte Michael verraten und ihm das gleiche Schicksal bescheren, oder er konnte schweigen. Sterben würden er und Nicole in jedem Fall. Die Typen waren nicht dumm genug, ihn laufen zu lassen, nachdem sie so eine Show abgezogen hatten.
"Lasst ihr uns gehen?"
"Wir lassen euch am Leben, und versorgen obendrein noch eure Wunden." Es klang ehrlich, aber er glaubte trotzdem nicht daran. Es wäre einfach nur unlogisch und dumm, aber es war doch ein Strohhalm, an den er sich klammern konnte.
Er rappelte sich auf die Knie und schaute dem Sitzschrank direkt in die Augen.
"Nein."
Die Bewegung brachte die Schmerzen in seinem Bein mit einem Ruck wieder zurück. Er konnte schon die Blumen riechen, die auf der Wiese wuchsen, in die er gleich fallen würde. Ihm wurde warm am ganzen Körper und die Müdigkeit brach wieder über ihn herein. In einer anderen, fernen Welt hob ein großer Mann eine Kanone direkt zwischen seine Augen. Er konnte kurz in den Lauf sehen und sah ein Schimmern an dessen Ende. Dann Feuer. Ein Funken, der sich ausbreitete und die Form eines wunderschönen Schmetterlings annahm.
Er flog über die Wiese und lies sich dann auf einem Grashalm nieder. Ein Schmetterling voller Licht und Flammen. Hinter ihm teilten sich die Gräser und dann stand Nicole vor ihm. Nicht aus Fleisch und Blut, sondern wie der Schmetterling aus purem Licht. Sie lächelte und nahm seine Hand. Er sah an sich herab und konnte gerade noch sehen, wie sein Fleisch sich in Licht verwandelte. Er wurde immer leichter, bis er schließlich abzuheben schien. Doch er bewegte sich nicht. Der Boden unter seinen Füßen schwand. Wurde
durchsichtig, bis seine Linien nur noch aus fein gezeichneten Lichtstrahlen bestanden. Er war immer noch müde, und jetzt ließ er sich fallen.
Eingereicht am 15. Dezember 2004.
Herzlichen Dank an den Autor / die Autorin.
Nachdruck und Vervielfältigungen, auch auszugsweise,
bedürfen der schriftlichen Zustimmung des Autors / der Autorin.