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Taxi in Mexiko

Von Nevart A. Junior


Es war im Jahr 1967. Ich war geschäftlich in Mexiko unterwegs. So hatte ich auch in der Hauptstadt Mexico-City zu tun. Im Hotel "Carlos" am Platz der Republik war ich abgestiegen.
Eines Morgens wollte ich die Manufakturen im Süden der Stadt besuchen. Ich rief mir ein Taxi. Ab ging die Fahrt über die Avenida del Sul nach Süden. Wir waren etwa zehn Minuten gefahren, als sich folgendes zutrug. Wir näherten uns einer Straßenkreuzung. Vor uns fuhr ein LKW mit Plane. Dieser hielt plötzlich an. Wir warteten bis der Lastkraftwagen wieder los fuhr. Unser Taxi holperte hinter dem LKW über die Straßenkreuzung. Auf der gegenüberliegenden Seite stand rechts am Straßenrand ein Polizeimotorrad. Ein Polizist stand daneben und trillerte auf seiner Signalpfeife. Wild fuchtelte er mit den Händen zu unserem Taxi. Der Taxifahrer musste rechts ran und halten. Jetzt ging das Palaver erst richtig los. Der Polizist in seinem kurzen ledernen Motorradjäckchen, auf dem Kopf sein blauer Helm, fing an zu brüllen. Er beschimpfte lauthals den Taxifahrer. Vom Inhalt seiner Worte her, ging es darum, dass der Taxilenker über die Straßenkreuzung gefahren war, ohne ihn, den Polizisten, zu beachten. Der Taxifahrer war sprachlos. Er konnte den Polizisten gar nicht gesehen haben, da wir hinter dem LKW keinen Blick auf die Kreuzung hatten. Auch ich hatte nichts gesehen. Die Sicht war ja durch den LKW versperrt gewesen. Der Taxifahrer versuchte dies auch zu erklären. Doch der Polizeibeamte ließ sich auf keinerlei Diskussion ein. Er stellte sich breitbeinig vor das Taxi. Dann zog er einen Schreibblock aus seiner Brusttasche und notierte sich das Kennzeichen. Kurz gesagt, er stellte einen Strafzettel aus. Der Polizist kam nun an das geöffnete Fahrerfenster, riss den Zettel vom Block und reichte diesen dem Taxifahrer. Mein Fahrer schaute kurz auf den Strafzettel. Er legte diesen auf das Armaturenbrett. Jetzt geschah etwas mir vollkommen Unverständliches. Mein Fahrer fragte den Verkehrspolizisten, ob er schon gefrühstückt hätte. Dann griff er in seine rechte Hosentasche. Er holte ein Bündel Pesoscheine heraus. Dieses Bündel reichte er zusammen mit dem Strafzettel durch das Fenster an den Polizisten. Dieser steckte das Geld ein. Dann zerriss er den Strafzettel. Er salutierte und wünschte uns eine gute Fahrt. Dabei grinste er über das ganze Gesicht. Was ich hier mitbekommen hatte, war ein klarer Fall von Bestechung gewesen. Ich wollte es genauer wissen und fragte den Taxifahrer, was sich da abgespielt hatte, warum er bezahlt hätte? Die Erklärung meines Fahrers war verblüffend aber am Ende einleuchtend. Er eröffnete mir nun folgendes über diesen Ablauf. Hätte er dem Polizisten kein Geld angeboten, so hätte er mit dem Strafzettel zur zuständigen Behörde ins Rathaus gemusst. Dort hätte man ihm die Taxilizenz vorläufig entzogen. Mit dem Fahren und dem damit verbundenen Geldverdienen wäre es vorerst aus gewesen. Außerdem, so sagte er mir, hätte er vier oder fünf Mal auf das Amt laufen müssen, um nachzuforschen, bei welcher Abteilung sein Vorgang gerade liegt. Damit dieser Vorgang für die Rückgabe der Lizenz weiter bearbeitet wird, hätte er bei jeder dieser Abteilungen an den Sachbearbeiter Schmiergeld bezahlen müssen, damit seine Akte weitergereicht wird. Bis er seine Lizenz letztlich wieder erhalten würde, wäre fast ein Jahr vergangen. Wie sollte er in der Zwischenzeit seine Familie ernähren. Ohne Taxilizenz wäre er arbeitslos. Er und seine Familie müssten betteln gehen oder verhungern. So war es eben besser, das Geld direkt an den Polizisten zu zahlen. Man behält seine Lizenz und hat keinen Ärger bei der Behörde. Es sei der beste Weg Geld zu sparen und um Unannehmlichkeiten aus dem Wege zu gehen. In Mexico sei diese Art von Zahlungen üblich. Es gehört zum täglichen Leben. Ich habe mich zu einem spätern Zeitpunkt nochmals mit diesem Phänomen beschäftigt. Das Ganze lag einfach am Verwaltungssystem. Die unteren Beamten erhielten ihre Besoldung von übergeordneten Dienststellen des Staates. So auch die Polizei. Leider war es dann so, dass das Geld so gut wie nie bei den unteren Bediensteten ankam. Es verschwand auf dem Weg dahin in irgendwelchen anderen Taschen. Was bedeutete, dass die Polizei bei ihrer täglichen Arbeit sich selbst versorgen musste, so wie es der Polizist bei meinem Taxifahrer gemacht hatte.



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