Die große Liebe
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Es war im Wonnemonat Mai, die Bäume zeigten sich in ihrer schönsten Pracht. Die Blüten der Obstbäume waren bis zum Bersten gefüllt mit wunderschönen ...
.... aufgeschlossenen weißen, roséfarbenen und oft auch rötlichen Blütenblättern, die den Bienen, Hummeln und weiteren Insekten Nahrung und Wohnung gaben.
Es war ein Rauschen und Sich-Erfüllen, das jedes Jahr aufs Neue beginnt, die Kraft der Natur durch die wärmenden Strahlen der Sonne seine Entfaltung zeigt.
Das Leben lebt, und nicht umsonst spricht man auch von diesem Wonnemonat, der die Wonne mit sich bringt.
Der Sommer bringt die Vollendung des Lebens in der Natur, der jedoch auf seinem Höhepunkt schon die ankommende Schwere spürt, die den Herbst anzeigt.
Die ersten Blätter beginnen schon im Monat August ihre Kraft zu verlieren und schicken sich an, in die Unendlichkeit zu entschwinden, wobei man nicht weiß, wann und wo diese Reise endet, auf die sie sich begeben werden.
Die Eiche ist eine sehr starke "Dame", die an Jahren von keinem Baum der Welt wohl übertroffen werden kann. Viele, unendliche viele an Rundungen unterschiedlich geformte Blattwerke trägt sie an sich, die bei leichtem Wind gerne rascheln, da sie wohl ein wenig Unterhaltung anstreben.
Zwei dieser Blätter haben sich jedoch im Wonnemonat Mai spontan der Liebe verschrieben. Sie trafen sich am gemeinsamen Baum und haben den Sommer in immerwährender Liebe durchstanden, Glück, Freude, aber auch Leid durchgestanden.
Alle ihre Zeitgenossen haben sich schon verabschiedet. Sie schwelgen schon in der Ewigkeit. Diese beiden jedoch haben ihre letzten Kräfte gesammelt, sich gemeinsam in die Ewigkeit zu verabschieden. Ein paar Tränen können sie jedoch nicht verbergen, die ihr Freund, der Baum mit einem verschämten Blick zur Seite registriert und sich mit ihnen freut, dass sie so lange durchhielten und nun beschließen auch im nahenden Ende Hand in Hand zu verweilen.
Ein leiser Wind kommt auf. Die beiden Blätter halten sich fest, sie spüren, dass es aufs Ende zugeht. Ein leiser Seufzer entrinnt ihren Lippen - sie weinen... aber sie freuen sich auch, es gemeinsam zu bestehen.
Der Wind wird nun stärker - der Herbst zeigt seine Kraft. Das Halten am Ast gleicht einem Balanceakt auf einem Seil, sie klammern und greifen ... dennoch ...
sie haben verloren.
Noch im Fallen gestehen sie sich noch einmal ihre Liebe ein. Eine Liebe für die Ewigkeit.
Das Ende auf dem harten Boden - die grauen, schon kalten Platten, auf denen sich Fußgänger vorbeibewegen zeigen an, sie sind angekommen.
Ihre Liebe hat sie jedoch zusammengeschweißt ... für immer und ewig.
Eingereicht am 30. März 2006.
Herzlichen Dank an den Autor / die Autorin.
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