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Kurzgeschichte Kurzgeschichten

Ein Traum wird wahr?

© Peter Fix


"Ist das nicht ein Traum?", fragte Heike und kuschelte sich noch dichter an ihren Ehemann heran. Peter konnte nur zustimmend mit dem Kopf nicken.
Es sollte ein verspätetes Hochzeitsgeschenk für sie beide sein. So etwas hatten sie gesucht. Das Haus entsprach genau ihren Vorstellungen, ein großes Anwesen mit einem nicht allzu großen Gebäude darauf.
Seit die Organisation durch einen riesigen Zufall zerschlagen wurde, hatte ihr Leben eine dramatische Wende genommen. Aber Tokio ist ja bekannt für seine vielen und starken Erdbeben. Dass bei dem letzten großen Beben nun auch das imposante Hochhaus der Organisation einstürzte und dass sich zu diesem Zeitpunkt auch noch alle führenden Köpfe zu ihrer jährlichen Hauptversammlung getroffen hatten, grenzte wirklich fast an ein Wunder. Die letzten noch verbleibenden Mitglieder waren nun führungslos auf der ganzen Welt verstreut. Der Polizei gelang es seitdem immer mehr von ihnen zu überführen und sie aus dem Verkehr zu ziehen.
Detektiv Peter Hauser erhielt für seine Arbeit eine Auszeichnung und natürlich wurde sein Freund der Polizeiinspektor für den Kampf gegen die letzten Mitglieder der Organisation befördert. Das Ganze ist nun schon fast 5 Jahre her, aber in Peters und Heikes Kopf war alles noch sehr real und greifbar.
Langsam, fast schon andächtig, gingen sie ins Haus. Der Makler hatte nicht zu viel versprochen.
"Direkt vor den Toren der Stadt", sagte er, "mit einem riesigen Garten, der von der Straße nicht einzusehen ist. Und das Gebäude ist nicht zu groß, bietet aber noch genug Platz für ihre Besucher." Das war ihnen beiden wichtig. Schließlich hatten sie immer zusammen gehalten und beide waren sich ihrer Wurzeln bewusst. Niemals wollte sie vergessen, was hinter ihnen lag. Daher trafen sie sich so oft es ging mit all ihren Freunden.
Sie konnten sich das große Anwesen problemlos leisten. Seit Peter wieder als Detektiv arbeiten konnte, rannte ihm die Prominenz fast täglich die Bude ein. Sein Ruf als Meisterdetektiv war besser als je zuvor und noch immer löst er jeden Fall den er annahm. So konnte er sich seine zahlungskräftigen Kunden aussuchen.
Auch Heike hatte ihren Weg gemacht. Direkt nach der Schule gründete sie eine Firma und wurde Event-Managerin. Reisen organisieren, Feste ausrichten, Bandauftritte managen, all das machte sie mit einer gewissen Leichtigkeit. Sie hatte sich ja immer gegen Ihren Vater behaupten müssen wenn er mal wieder den Biervorrat entdeckt hatte. Sie profitierte natürlich auch von Peters Ruf und hatte fast nur noch in den Häusern der Reichen zu tun. Geldmangel war also seit den 5 Jahren kein Thema mehr.
Sie schauten sich alle Zimmer genau an. Das Haus hatte nur zwei Etagen und insgesamt vier Schlafzimmer für Besuch der über Nacht bleiben wollte. Im Erdgeschoss befand sich die große Wohnküche. Hier konnte sie zusammen mit Freunden sitzen und sich amüsieren. Der offene Kamin war natürlich das Tüpfelchen auf dem i. Das gesamte Haus war dabei aber gerade so groß, dass man sich immer wenigstens hören konnte, egal in welchem Zimmer man gerade war. Sie wollten nicht jedes Mal einen 'Boten in den Ostflügel' schicken, nur um den anderen vielleicht etwas zu fragen, obwohl sie sich ohne Probleme auch ein Haus mit doppelter Größe leisten konnten.
Nun kamen sie zu dem unumstrittenen Highlight des Hauses. Das Schlafzimmer. Als sich die Tür öffnet, blieben Heike und Peter mit offenem Mund stehen und verweilen einen Moment voller Andacht.
"Das wird unser neues Haus", sagten die beiden wie aus einem Munde. Vor ihnen lag ein schmales, nur ca. 3 Meter breites Zimmer, aber mit einer Länge von fast 15 Metern hatte es doch etwas Majestätisches. Das Bett bildete den zentralen Mittelpunkt. Daneben war das Badezimmer. Es war aber nicht durch eine Wand abgetrennt, sondern fügte sich fast nahtlos ins Zimmer. Es bestand aus einem Doppelwaschbecken und einer riesigen Badewanne mit Whirlpool. Wiederum daneben befand sich der Ankleidebereich, nur durch eine kleine, ca. 1,2 Meter hohe Sichtwand vom Rest des Raumes abgetrennt. Man hatte so immer Sichtkontakt zum Liebsten, egal was man in dem Zimmer gerade tat. Lediglich die Toilette war in der hinteren Ecke in einem separaten Raum untergebracht.
Zur Krönung des Ganzen, bestand die gesamte Außenwand mit ihrer ganzen Länge von 15 Metern und 3 Metern Höhe vollkommen aus Glas. Direkt davor befand sich eine Terrasse und gleich dahinter begann der riesige Garten.
Der Raum wurde durch die aufgehende Sonne vollkommen mit Sonnenlicht überflutet. Die ebenfalls voll verglaste Dachschräge gab nachts den Blick auf den Sternenhimmel über Tokio frei. Nun wussten sie, warum der Makler den Besichtigungstermin auf den Vormittag gelegt hatte.
Gerade wollten sie sich auf das Bett fallen lassen um den Ausblick in sich aufzusaugen, als plötzlich zwei Wirbelwinde durch das Zimmer fegten. Ihre 3-jährigen Zwillinge hatten ihre Kinderzimmer und den Rest des Hauses auf eigene Faust erkundet und waren nun den Eltern ins Schlafzimmer gefolgt. Und obwohl die Kinder zwei sehr dynamische Persönchen waren, hielten auch sie beim Anblick des Zimmers für einen kurzen Moment inne.
Direkt nach dem Abschluss des Falles hatten sie geheiratet. Die Hochzeitsnacht war also auch gleichzeitig ihre erste Liebesnacht. Sie hatten immer gewartet bis Peter wieder zu einem normalen Leben übergehen konnte. Und es hatte sich gelohnt zu warten. Die ganze Nacht machten sie kein Auge zu. So ausgehungert waren ihre Körper nach den langen Jahren der Warterei und Ungewissheit, ausgehungert nach Zärtlichkeit und Berührungen. Und das Leben meinte es auch diesmal gut mit ihnen, denn in genau dieser Nacht entstanden ihre Zwillinge. Sie waren der ganze Stolz der beiden und die kleinen Racker ließen sie jeden Tag aufs Neue wissen, wofür es sich lohnt zu leben. Gut, bei den Namen für die kleinen gab es einige Diskussionen aber wie immer fand sich schnell eine Lösung.
Schließlich wussten die frisch gebackenen Eltern, dass Streit immer auch verlorene Zeit bedeutet und diese verbringt man lieber gemeinsam. Zeit füreinander war ihr wertvollstes Gut.
Der Junge sollte Florian heißen. Da waren sich die beiden sofort einig, aber bei seiner Schwester dauerte es einige Zeit bis man den passenden Namen gefunden hatte. Letztendlich beschlossen sie, die kleine mit den großen, runden Kulleraugen Nicole zu nennen.
Als die zwei quirligen Kinder sich jubelnd auf ihre Eltern stürzten und sie dadurch alle auf das Bett fielen, klingelte ein Wecker. Peter riss erschrocken die Augen auf und stellte mit einem enttäuschten Blick, erst auf seinen 16-jährigen Körper und dann auf den Wecker fest, dass ein neuer Schultag begonnen hatte und es Zeit wurde aufzustehen.



Eingereicht am 08. Juni 2005.
Herzlichen Dank an den Autor / die Autorin.
Nachdruck und Vervielfältigungen, auch auszugsweise, bedürfen der schriftlichen Zustimmung des Autors / der Autorin.



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