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Amansa und Amanda

Bernhard Ost


"Lieben" und "geliebt werden" waren ihm, dem Schöpfer der Gefühlswelt schon immer ein besonderes Anlegen gewesen und er wollte die Gemeinsamkeiten und eventuellen Gegensätze auf diesem Gebiet genauer erforschen. So schuf er zwei völlig gleich aussehende zauberhafte weibliche Wesen, welche er aber mit ganz unterschiedlichen emotionalen Liebesansprüchen ausstattete. Die eine sollte nur in sich den Wunsch zu lieben verspüren und er nannte sie "Amansa" und die andere sollte nur den Wunsch in sich tragen, geliebt zu werden und er nannte sie "Amanda." Die beiden wussten nichts von ihrer unterschiedlichen Gefühlsausstattung, denn er wollte den unvoreingenommenen Dialog dieser beiden studieren. Die beiden wohnten zusammen und tauschten regelmäßig ihre Liebeserfahrungen miteinander aus und der Herr der Gefühlswelt hatte es in einer ersten Versuchsreihe so eingerichtet, dass jeder der beiden einen Liebespartner bescherte, der ebenso emotional einseitig ausgestattet war wie die beiden selbst, aber jede der Damen lernte immer nur genau das Gegenteil der eigenen Liebesansprüche kennen. So lernte Amasa nur jemanden kennen, der nicht lieben konnte, sondern nur geliebt werden wollte und Amanda lernte nur jemanden kennen, der lieben wollte, aber von Amanda nicht geliebt wurde.
Amansa konnte nicht verstehen, dass ihre Schwester Amanda das "Geliebtwerden" genoss bis sie dessen überdrüssig wurde und Amanda konnte nicht verstehen, dass ihre Schwester Amansa sich voller hingebungsvoller Liebe aufopferte ohne ein gleiches Maß an Liebeszuwendung zu erhalten.
"Wie kannst du es zulassen" sprach Amansa zu Amanda, "dass dir die Männer schmachtend zu Füssen liegen und vor lauter Sehnsucht nach dir fast ihre Selbstachtung verlieren und zu hilflosen Bettlern werden während du ihre Sehnsüchte genießt wie die bunten Fische in Ddeinem Aquarium, die dich selbst nie erreichen und ihre Freiheit nie finden werden."?
"Wie kannst du dich nur so erniedrigen", antwortete Amanda, " dass du dich mit deiner Liebe förmlich aufdrängst? - Siehst du denn nicht, dass du nur ausgenutzt wirst, dass du nur gefälliges Beiwerk zum selbstsüchtigen Anspruchsdenken aller Egoisten wirst?"
"Bist du denn glücklich mit dem Leben, welches du führst?", fragte Amansa. " Bist du glücklich, dass du selber niemanden wirklich liebst?"
Amanda antwortete ein wenig überheblich: " Warum sollte ich nicht glücklich sein? - Ich werde geliebt und das gefällt mir, - warum sollte ich mich der Gefahr aussetzen, selber echte Liebesgefühle zu investieren, welche vielleicht nicht in gleicher Weise erwidert werden? - Warum sollte ich mich in meinen eigenen unerfüllten Sehnsüchten aufreiben und mich von einer Enttäuschung zur anderen durch mein Leben quälen? - Ich sehe doch, wie es dir geht und du tust mir doch nur Leid." Amansa war oft genug neidisch auf Amandas unkompliziertes Leben und ihre Worte hatten sie tief getroffen. So sagte sie denn: "Täglich beneide ich dich um die Liebe, welche dir entgegengebracht wird, aber ich beneide dich nicht um dein Herz. - Du wirst tausende liebende Herzen genießen und vergessen und ich werde unter Tausenden vielleicht vergeblich nach dem Menschen suchen, der mir meine Liebe wiedergibt, - der mich genauso liebt, wie ich ihn. - Die unerfüllte Sehnsucht ist quälend - die Hoffnung aber groß, denn ich bin nicht der einzige Mensch mit einem liebenden Herz und nicht alle liebenden Männerherzen werden bei Frauen landen, welche sie wie Jagdtrophäen sammeln. Vielleicht brauche ich wirklich mein ganzes Leben dazu, die wahre Liebe zu finden? - Vielleicht finde ich sie auch nie. - Ich weiß aber im Gegensatz zu dir, wie schön es sein wird, wenn ich dem Menschen begegne, der wie ich fühlt, denn ich kann mich in ihn versetzen und er sich in mich."
In einer zweiten Versuchsanordnung konfrontierte der Schöpfer der Gefühlswelt nun die beiden Damen mit Männern absolut gleicher Denkweise und gleicher emotionaler Ausstattung wie sie selbst.
Es dauerte gar nicht lange bis Amanda aufkommenden Neid gegenüber ihrer Schwester Amansa verspürte.
Amasa schwebte im siebenten Himmel und statt vieler Männerbekanntschaften gab es nur noch einen einzigen Mann in ihrem Leben. Amanda war umso mehr nachdenklich geworden, weil sie nun bei allen Männerbekanntschaften die Liebe vermisste und die Männer sie selbst offenbar genauso nur benutzten wie sie diese immer benutzt hatte. Sie wusste Nichts von der hintergründigen Absicht des Schöpfers der Gefühlswelt und bewertete ihren eigenen Frust aus diesen Wahrnehmungen als "Libidoverlust" - wie es so schön heißt, wenn man körperliches Begehren nicht mehr zwanghaft verspürt und körperliches Erleben nicht mehr als einzigartig empfindet. Liebe hatte sie selbst zwar nie für jemand Anderes empfunden, aber sie hatte immer mit der Liebe gelebt und in ihr gebadet, - nun aber war die Liebe völlig verschwunden und es gab nur noch Erlebnisse unter dem Schatten der Liebe, - nur noch sexuelle Wahrheiten ohne Liebe, - nur noch kurzfristige körperliche Träume, die schon am nächsten Tag zu verblassen begannen, - keine "Träume ohne Ende" mehr.
Der Schöpfer der Gefühlswelt startete nun eine dritte Versuchsanordnung, welche darin bestand, dass er jede der Damen nun auch zusätzlich mit der Gefühlsebene der Anderen ausstattete. Damit waren nun Amanda und Amansa nicht nur äußerlich, sondern auch emotional völlig identisch. Diese dritte Versuchsreihe wurde aber schon recht bald von ihm abgebrochen, weil sich keine Gesetzmäßigkeiten mehr erkennen ließen, weil es auf einmal keine logischen Konsequenzen und keine vorhersehbaren Erkenntnisse mehr gab. Amanda und Amansa liebten und litten gleichermaßen, -Liebe und Enttäuschungen waren genauso wenig vorhersehbar wie Glück und Liebe.
Die wertvollen Erkenntnisse, welche sie als Testpersonen gewonnen hatten, waren schnell vergessen und sie schöpften wie alle anderen Menschen ihre Erkenntnisse und ihre Träume aus dem Alltag und den neuen Erfahrungen und damit waren die Wege neu bestimmt und mussten neu erkannt werden.



Eingereicht am 11. Februar 2005.
Herzlichen Dank an den Autor / die Autorin.
Nachdruck und Vervielfältigungen, auch auszugsweise, bedürfen der schriftlichen Zustimmung des Autors / der Autorin.



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