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Winterliebe
Von Andrea Schmid
Du hast gesagt, dass du gerne an einem Ort leben würdest, an dem es nie kalt
ist. Doch ich liebe den Winter und es gibt verschiedene Gründe dafür.
Ich mag es, wie die Welt aussieht, wenn der Himmel grau und die Luft kalt
ist. Alle Menschen hasten durch die Straßen, nur mit dem Gedanken daran,
endlich ins Warme zu kommen.
Dabei wirkt die Welt so unwirklich. Doch die kalte Luft durchdringt einen
und rüttelt einen wieder wach, wie eine kalte Dusche am Morgen. Und genau so
reinigend scheint sie zu sein. Die kalte Luft, die durch die Lungen strömt,
wirkt auf mich beruhigend.
Wenn es dann endlich geschneit hat, ist alles so friedlich, zugedeckt mit
einer weichen Daunendecke. Alle hektischen Geräusche des Alltags sind wie durch Watte gedämpft. Und auch ich fühle mich in meinen dicken Kleidern wie durch Polster von allem Bösen geschützt und unverletzlich.
Zuhause angekommen lege ich dann langsam meinen dicken Mantel ab und fühle
mich leicht wie eine Feder. Die Last des Tages habe ich wie einen Panzer
abgelegt.
Ich feuere den Kamin ein und schenke zwei Gläser Rotwein ein. Da höre ich
auch schon den Schlüssel in der Tür und ein Lächeln formt sich auf meinen
Lippen. Auf diesen Moment habe ich mich den ganzen Tag gefreut - darauf dich
wieder zu sehen.
Ich höre wie du die Schuhe absteifst und den schweren Wintermantel an die
Garderobe hängst.
Dann stehst du in der Tür, dein Gesicht gerötet und leicht angeschwollen von
der Kälte, doch ein sanftes Lächeln auf deinen Lippen.
"Hallo Süße", sagst du leise und mit wenigen Schritten bist du bei mir.
Deine kalten Lippen berühren die meinen. Trotz der Kälte, die mir immer noch in
den Knochen steckt, spüre ich wie sich eine wunderbare Wärme in mir ausbreitet.
Unsere Körper kommen sich näher. Die Sehnsucht, die uns beide durch den Tag
begleitet hat, wird nur durch unser beider Begierde gestillt.
Deine Wange ist glühend heiß. Von dieser Wärme habe ich den ganzen Tag
geträumt. Wie bei einer kostbaren Frucht, entfernen wir langsam gegenseitig die
Hüllen, die unsere Körper bedecken. Die Hitze des Kaminfeuers prickelt auf der noch kühlen Haut, wie die Luftblasen eines Sprudelbades. Wir schmiegen uns vor dem Kamin aneinander. Unsere nackten Körper fügen sich zu einer Einheit zusammen.
Gibt es denn etwas Schöneres als sich gegenseitig zu wärmen, wenn die Welt
um einem herum so kalt geworden ist?
Gibt es ein stärkeres Gefühl der Geborgenheit, als wenn zwei Menschen sich
lieben und eine Einheit bilden?
Doch wenn ich an die Gründe denke, warum ich den Winter liebe, dann merke
ich, dass alle diese Gründe sinnlos sind, wenn du nicht da bist um mich an
einem kalten Wintertag zu wärmen.
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