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Kurzgeschichten Krimi Spannung

Im Netz der Intrigen

© Alper Aribal


Als ich wieder zu mir kam, lag ich in einer ziemlich übel riechenden Blutlache, welche mit Sicherheit nicht von mir stammt.
Mein Schädel brummte wie verrückt und ich wusste mir nicht weiter zu helfen, also floh ich mit tausend, mich quälenden Fragen in meinem verfluchten Kopf, aus der Kirche.
Wie ich in die Kirche gekommen war und welcher Anlass mich hier hergeführt hatte, war mir auch ein Rätsel.
Ich wusste nur eins, ich musste aus diesem Ort schleunigst verschwinden, zwar unverzüglich.
Die Kirche ist kein Ort für einen Atheisten. Seitdem ich mich kenne, glaube ich nur an die Vernunft und daran, dass alles, was auf der Welt passiert, auch plausibel begründet werden kann.
Also musste es auch einen Grund für mein Erwachen in der Kirche geben. Zuerst sollte ich mir aber was sauberes zum anziehen besorgen, bevor ich weitere Ermittlungen anstelle.
Mein Ford Mustang musste hier irgendwo sein, nur wo?
Ich verließ die Kirche und verirrte mich in einen alten Friedhof. Eine Kirche, die direkt an einen Friedhof angeschlossen ist, ziemlich bizarr. An jedem anderen Tag hätte ich es mir vielleicht nicht verkneifen können, eine sarkastische Bemerkung von mir zu geben, jedoch war an diesem Tag alles irgendwie anders. Die Gegend war ziemlich abgelegen und ich konnte mir nicht erklären, wo ich zum Teufelsnamen war.
Nach einer viertel Stunde fand ich endlich meinen Mustang, der hinter einer großen Eiche geparkt stand.
Schleunigst setzte ich mich hinters Steuer und fuhr den endlos langen Weg durch den Friedhof hinaus in den normalen Alltagsverkehr.
Wenigstens kam mir jetzt alles wie gewohnt vor: Autos die ihre Abgase in die Luft schleuderten, Obdachlose, die sich um ihre Rastplätze stritten, Zuhälter, die versuchten, ihre Nutten wieder einzusammeln, die sich in die Haare geraten waren, weil sie sich gegenseitig die Kunden wegschnappten.
Die belebten Straßen waren um die Abendzeit unerträglich, eine Zumutung für jeden Autofahrer. Kein Wunder, dass hier in der Gegend die Unfallrate in den letzten Monaten gestiegen ist, wer soll sich denn zwischen all diesem Gesocks, noch auf den Verkehr konzentrieren?
Ich bin der Einzige, der sich wahrscheinlich eher am wohlsten fühlt, wenn er durch solche verkommenen Straßenecken fährt. Vielleicht liegt das an meiner Herkunft, bin gebürtiger und darüber hinaus ein sehr stolzer Ire, für mich zählt nur ein stark riechender Schnaps in meiner Hand und alles ist gut. Irgendwie muss ich mich bei diesem Anblick von Elend ja auch entspannen können.
Gegen Dublin ist diese Gegend ein Kindergarten. Nur wer ein Dubliner ist kann von sich behaupten, dass er ein richtig tougher Kerl ist.
Hier kennen mich alle als Jack "The Ripper", nur gehe ich nicht wehrlosen Huren an die Gurgel, sondern dem üblen Gesocks, die ständig ihre dreckigen Wichsgriffel in die eine oder andere Dreckswäsche stecken.
Mit bürgerlichem Namen nennt man mich Jack McAllister, aber, wenn ich ehrlich sein soll, gefällt mir der Spitzname "The Ripper" am ehesten, da mein richtiger Name nicht gerade dazu prädestiniert ist, bösen Jungs einen heilen Schrecken einzujagen.
Meine Desorientiertheit verschwand nach einer Weile wieder und ich wusste, wo ich mich befand, in Nordengland, bei Worthvillage.
Eine scheinbar kleine Gegend, aber belagert von einer Horde von Gaunern und Vergewaltigern. Wo ein Loch ist, da ist die Ratte nicht weit.
Worthvillage war sozusagen ein Loch, ein Loch des Übels.
Ich wollte nur noch in mein Büro zurück, da es der sicherste Ort in diesem Kaff war.
Abgesehen davon war es der einzige Ort, wo ich hin konnte. Vor einiger Zeit besaß ich noch eine kleine, bescheidene Wohnung im Zentrum der Stadt.
Als berüchtigter Detektiv hatte man es nicht leicht, ein ruhiges und beschauliches Leben zu führen. Die üblichen Verdächtigen folgten mir auf Schritt und Fuß. Lange Zeit hatte ich es auch geschafft, mein gewöhnliches Leben vor der Unterwelt zu verstecken, aber irgendwie durch Zufall, kamen diese Dreckskerle mir auf die Spur und eines Abends entschloss sich dieses Gesindel, meine Wohnung alle samt der anderen Wohnungen im Gebäude, in die Luft zu jagen.
Ich machte denen das Leben zur Hölle und sie taten das selbe mit mir.
Mir geht das schreckliche Zerstörungsbild immer noch nicht aus dem Kopf.
Es brannte alles Lichterloh, die Feuerwehr konnte dem Brand nichts entgegenwirken, alle Versuche, irgendjemanden aus dieser brennenden Hölle zu retten, war vergebens.
Die Leute brannten bei lebendigem Leibe, einige wurden wahrscheinlich sogar im Schlaf überrascht. Bis heute gebe ich mir die Schuld an dem Vorfall und ich werde nicht eher ruhen, bis ich diese dreckigen Hundesöhne zur Rechenschaft gezogen habe, die für diese Gräueltat verantwortlich waren.
In meinem Büro, etwas außerhalb der Stadt, angekommen, ließ ich mich auf die Couch fallen und wollte nur noch einschlafen.
Was morgen sein würde, war mir scheißegal.
Am nächsten Tag wachte ich mit einem merkwürdigen Gefühl auf, hatte ohnehin schon miserabel geträumt. Im Traum hatte ich immerzu die Kirche vor den Augen, in der ich zu mir kam, in der ich in einer Blutlache eines Fremden lag.
Was war bloß in dieser Kirche geschehen? War überhaupt irgendetwas geschehen? Oder ist das alles nur ein abgekartetes Spiel?
Zum ersten Mal in meinem Leben wusste ich keine Antwort auf meine Fragen zu geben. Vielleicht war es auch an der Zeit, dass ich mir die Antworten von anderen holte.
Aus einem Reflex heraus wanderten meine Augen auf meinen Schreibtisch.
Er war so ungeordnet wie immer, jedoch fiel mir eine Sache auf, die auf keinen Fall auf meinen Schreibtisch gehörte, jedenfalls hatte ich es nicht dahingelegt.
Es war ein kleiner Briefumschlag mit der Notiz "Bitte aufmachen- sehr wichtig."
Da war ich aber gespannt, wer sich wieder was schönes für mich ausgedacht hatte.
Ich öffnete mit brennender Erwartung den Brief und fing an ihn zu lesen:
"Heute Abend erwarte ich dich gegen 20.00 Uhr in Roco`s Bar - wenn dir dein Leben was wert ist, solltest du erscheinen!"
Mit freundlichen Grüßen
XXX
Zuerst wusste ich nicht, was ich von dem Brief halten sollte, jedoch war ich von der Person, die diesen Brief verfasst hatte, auf eine irgendwie seltsame Art, beeindruckt.
Ich dacht mir, wenn einer schon den Mut und die Frechheit zugleich besitzt, mir so einen Brief vor die Nase zu legen, der verdiente es allemal, dass ich mich mit ihm traf.
Vielleicht würde ich auf diese Weise dahinter kommen, was es mit der Kirche auf sich hatte.
Nach der netten Plauderstunde würde mir immer noch genügend Zeit bleiben, dem Kerl sämtliche Zähne aus seinem dreckigen Maul zu schlagen.
Ich lag mich wieder auf meine Couch und versuchte mich zu entspannen, immerhin hatte ich noch satte drei Stunden bis zu meinem Rendezvous.
Kurz vor acht rappelte ich mich auf und machte mich frisch, bevor ich los fuhr.
Ein paar Minuten später setzte ich mich in meinen Ford Mustang, ließ den Motor warmlaufen und fuhr los.
Unterwegs überkam mich auf einmal eine heftige Unruhe, so das ich abrupt abbremste und vor einer Ampel, die noch auf Grün stand, stehen blieb.
Was erwartete mich in Roco`s Bar? Wer erwartete mich? Wer war der Fremde?
Was wusste er über die Kirche? Wollte er mir überhaupt helfen oder mich nur in einen Hinterhalt locken? Vielleicht war es ja der alte Murph, der mir immer noch nicht verziehen hatte, dass ich seinen kriminellen Bruder Steve hinter schwedische Gardinen gebracht hatte.
Vielleicht war der fremde kein Mann, sondern eine Frau?
Unter den Umständen hätte es auch genauso gut Carla sein können, die ich daran gehindert hatte, ihren kleinwüchsigen und übelriechenden Zuhälter abzustechen.
Genaugenommen, hätte ich es ihr nicht verübeln können, wenn sie versucht hätte, es mir heimzuzahlen, da sie nach dem Vorfall nur noch mehr Prügel von ihrem dämlichen Zuhälter bekam.
Da wären noch andere Alternativen, die nicht abgeneigt wären, mich im Dreck suhlen zu sehen, aber genügend Zeit hatte ich nicht, mir jetzt Gedanken darüber zu machen, da ich mich sonst zu meiner Verabredung verspäten würde.
Alle anderen Wagen fuhren, wild hupend, an mir vorbei und ich sah zu, dass ich auch langsam wegkam, sonst würde ich nie hinter das Rätsel kommen.
Vor Roco`s Bar parkend, lauschte ich etwas durch die Nacht. Es war ruhig draußen, keine Menschen, die Straßen waren menschenleer. Nur der Regen war zu hören, der hemmungslos auf die Straßen patschte. Vielleicht war ja ein schwarzer Trenchcoat und ein schwarzer Outdoor Hut nicht die passende Aufmachung dafür, wenn man sich mit irgendjemanden traf, über den man nichts wusste. Jedoch hielt mich meine Aufmachung trocken, obwohl sie nicht gerade unauffällig war.
Als ich in die Bar hineintrat, wurde ich durch einen Höllenlärm wachgerüttelt, was hätte ich auch in Roco`s Bar erwartet, vorzufinden. Besoffene an ihren Tischen, an der Theke, Kellnerinnen, die aussahen, als wären sie aus einem Pornomagazin entsprungen. Das war halt eben Roco`s Welt. Kein Wunder, dass er sein Etablissement so aufreizend gestaltet hatte, er war früher ja auch Zuhälter aus Leidenschaft gewesen. Obwohl er jeden Tag hochheilig schwor, dass er ruhiger und ehrenhafter geworden sei, glaubte ich trotzdem, dass er sich nicht gänzlich vom Rotlichtmilieu verabschiedet hatte. Ansonsten konnte ich mir diese verruchten Kellnerinnen nicht anders vorstellen, vermutlich bereiteten diese auch nach Ladenschluss, ein paar interessierten und sabbernden Affen, glückliche Stunden.
Jedenfalls wollte ich nicht die ganze Zeit wie angewurzelt da stehen, also suchte ich mir ein ruhiges Plätzchen an den hinteren Tischen aus und pflanzte mich hin.
Mit Adleraugen umflog ich den gesamten Raum, versuchte mir auszumalen, welcher es von den Typen sein könnte, der mich hierher bestellt hatte. War er überhaupt schon da? Vielleicht ließ er sich auch bewusst soviel Zeit, damit er meine Geduld einschätzen konnte, damit er mich einschätzen konnte und auf mich gefasst war. Ich konnte mir vorstellen, dass er ein kleines bisschen Gefallen an der Position des Beobachters gefunden hatte, denn er hatte einen Trumpf im Ärmel, im Gegensatz zu mir, wusste er nämlich, was ihn Erwartete, ich aber nicht.
Plötzlich riss mich eine blonde Kellnerin aus meinen Gedanken und wollte die Bestellung aufnehmen. Ich genehmigte mir einen Jack Daniels. Als die Bedienung zurück an den Tisch kam, legte sie mir das Glas Jack Daniels auf den Tisch, beugte sich zu mir rüber und flüsterte in mein Ohr, ob ich doch nicht Lust darauf hätte, nach Ladenschluss ein paar schöne Stunden mit ihr und ihren prallen Brüsten zu verbringen.
Über diese Einladung amüsiert, warf ich einen Blick an die Theke und sah Roco, wie er mir einen seiner spitzbübigen Blicke zuwarf und triumphierend grinste.
Ich war gegenüber der heißen Schnitte nicht abgeneigt, im Gegenteil, sie gefiel mir außerordentlich gut, also antwortete ich ihr, dass ich später mit Sicherheit auf ihr Angebot zurückkommen würde, wenn mir nichts lästiges dazwischen käme.
Auf einmal bemerkte ich, dass vier Tische weiter, ein seltsamer Mann mich beobachtete.
War das der Fremde, der mich erwartete? Ich würde die Antwort schon herausfinden.
Ich rief die blonde Kellnerin wieder zu mir und bat sie darum, dem Fremden ein Glas Whiskey an den Tisch zu bringen.
Als er das Glas vor sich stehen hatte, verzog er keine Miene, sogar dann nicht, als er mir genau in die Augen schaute. Sein Gesicht war ausdruckslos. Er hob sein Glas hoch und goss den Whiskey, Schluck für Schluck, in den Hals rein. Dann starrte er mich an. Minutenlang.
Während ich damit beschäftigt war, ihn ebenfalls anzustarren, drückte die blonde Kellnerin einen Bierdeckel an den Tisch und meinte nur, dass der Deckel von dem Mann sei, dem ich den Whiskey an den Tisch hatte bringen lassen.
Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, deshalb schwieg ich.
Der Kerl, vier Tische weiter, deutete mir mit einer Geste an, dass ich den Deckel umdrehen sollte und ich tat es auch.
Plötzlich war ich wie versteinert, denn was auf dem Deckel stand, gefiel mir ganz und gar nicht.
"Wenn du glaubst, du könntest mit mir spielen, dann hast du dich verrechnet Detective!
Ich mache hier die Spielchen! Und vielen dank für den Whiskey!"
Du verdammter Hurenbock, wollte ich ihm ins Gesicht schreien, aber dies hätte bei dem Kerl sicherlich nichts gebracht.
Zum ersten Mal in meinem gottverdammten Leben hatte ich das Gefühl, der Unterlegene zu sein. Noch mehr machte es mich zornig, dass so ein dreckiger Halunke sich erlaubte, mit mir seine Spielchen zu treiben.
Wer war dieser Kerl? Ich würde es schon noch herausfinden. Nach einer halben Stunde saß der Fremde immer noch an seinem Platz und machte keine Anstalten, mir irgendwie zu signalisieren, dass wir uns endlich unterhalten sollten. Statt dessen starrte der Typ mich ununterbrochen an und sah dabei konsequent finster aus.
Die Bar lichtete sich an dem Abend recht früh, was für mich sehr merkwürdig erschien.
Gegen 23.10 Uhr war die Bar vollends leer, kein Mensch zu sehen. Nur Roco, seine drei Kellnerinnen, der Fremde und ich waren in der Bar. Nach ungefähr fünf Minuten hatten die Kellnerinnen jedoch auch Feierabend. Jetzt waren nur noch Roco, der Fremde und ich in der Bar. Roco ließ sich ungemein viel Zeit an der Theke, sortierte ein paar Flaschen in die Regale und putzte an diversen Gläsern rum. Als er die Kasse schloss, verschwand er fuchsartig in der Küche.
Er roch vermutlich den Braten und wusste, dass dieser komische Fremde irgendetwas von mir wollte. Kaum hatte ich einen Gedanken an den Typen verloren, da winkte er mich auch schon mit einer Art unverkennbarer Arroganz zu seinem Tisch.
Genug genervt von der langen Warterei, erhob ich mich von meinem Platz und schlenderte ganz gefasst vier Tische weiter und setzte mich ihm direkt gegenüber.
Er sah mager aus, aber trotzdem hatte er was geheimnisvolles an sich, was erschreckendes.
Der Fremde hob eine Augenbraue hoch und warf mir ein penetrantes Grinsen zu. Er kramte in seiner rechten Jackentasche und zog eine zerknautschte Zigarettenschachtel heraus. Mit einer leichten Handbewegung klopfte er die Schachtel in seine linke Handfläche, so dass eine Zigarette bis zur Hälfte rausschnellte, die er mir zugleich anbot.
Ich streckte meine Hand aus und wollte nach der Zigarette greifen als er sie plötzlich von mir wegzog und wieder in seiner Jackentasche verschwinden ließ.
Er meinte, dass ich durch die Zigarette einen viel qualvolleren Tod erleiden würde als von der Hand eines meiner Feinde.
Mit diesem, mir wenig geistreich erscheinenden Argument, fing auch unsere Unterhaltung an:
"Sie müssen mich dafür entschuldigen, dass ich sie so lange habe warten lassen," fing er unsere Unterhaltung mit einer gespielten Höflichkeit an.
"Hör auf mit dem Gesäusel und sag mir endlich, was du von mir willst?", entgegnete ich ihm mit einem aggressiven Unterton.
"Sie duzen mich? Das zeigt mir, dass sie mich nicht respektieren?"
"Du bist der Letzte, dem ich es abkaufen würde, der sich was aus Respekt macht!"
"Wieso glauben sie das Mr. McAllister? Nur weil ich sie habe so lange warten lassen?"
"Woher wissen sie meinen Namen?"
"Ich weiß so einiges über sie."
"Du kotzt mich an. Erst diese Drohung von dir auf dem Bierdeckel und jetzt diese übertriebene Höflichkeit. Zeig mir endlich dein wahres Gesicht, du Mistkerl!"
"Habe ich in den vergangenen Minuten irgendeine abfällige Bemerkung gemacht, was ihre Person angeht? Ich finde nicht."
"Hör mir zu, du mieser Penner! Sag mir endlich, warum du hier bist und ich lasse dich ungeschoren davonkommen!"
"Sie wollen mich verschonen? Ha! Wovor denn? Vor wem denn? Ich glaube, sie wissen nicht so recht, wen sie vor sich haben Detective?"
"Du Drecksack bist auf jeden Fall nicht der Papst! Also, wie kommst du darauf, dass ich dich würdevoll behandele?"
"Wie ich darauf komme? Na ja, vielleicht sollte ich mal die Waffe in meiner Hand fragen, die ich gerade zwischen ihre verfaulten Eier halte!"
"Ach, bewaffnet bist du ja auch noch? Das wundert mich jetzt kein bisschen!"
"Jetzt ist es aber endgültig Schluss mit dem Schongang! Hör mir sehr gut zu, du verblödeter, selbstverliebter Neunmalkluger! Wenn du glaubst, du könntest hier mit deiner vorgegaukelten Coolness deinem Untergang entgehen, da hast du dich aber ganz gewaltig geschnitten! Du solltest endlich dein dämliches Maul halten und mir gefälligst zu hören, wenn ich mit dir rede! Ich kann es nicht ausstehen, wenn man mir dazwischenredet! Also, bist du jetzt einsichtig oder muss ich deinen Eiern eine kugelige Lektion erteilen?"
"Wo ist denn auf einmal dein Anstand geblieben? Jetzt duzt du mich ja auch?"
Und ich habe gedacht, der Kerl hört nie mit dem Getue auf!
"Hör auf, mir unnütze Fragen zu stellen und sperre deine Lauscher weit auf Detective! Ich glaube, du weißt nicht, auf was du dich hier eingelassen hast. Glaubst du, all deine Sorgen sind bereits aus der Welt geschafft? Da irrst du dich mein Freund. In den nächsten Tagen wirst du es bei eigenem Leibe erfahren, was es heißt, sich mit der Unterwelt anzulegen!"
"Was faselst du da für eine gequirlte Scheiße? Wer soll es auf mich abgesehen haben? Und wieso bin ich in einer Kirche aufgewacht? Sag es mir endlich du Mistkerl!"
"Detective, wer wird den gleich so übersprühen vor Wut? Ich gebe dir einen guten Rat, du solltest deine Wutausbrüche etwas zügeln und dir eine etwas zivilisiertere Ausdrucksweise zulegen. Denn, so wirst du nie auf einen grünen Zweig kommen, wenn du nicht lernst zu kooperieren und zuzuhören."
Unglaublich dieser Kerl! Er lässt mich wie den letzten Anfänger dastehen und dabei habe ich wahrscheinlich den Beruf schon ausgeübt als er noch in seinen zugeschissenen Windeln gelegen hat.
Ich musste irgendeinen Weg finden, wie ich diesen lästigen Kerl loswerden konnte, aber im Moment schien das ein unmögliches Unterfangen zu sein. Was soll's, dann lass ich mich halt überraschen, was der Mistkerl noch so im petto hat.
"Na Detective, hast du vielleicht deine Zunge verschluckt? Du siehst nicht gerade so aus als ob es dir gut gehen würde?"
"Mach dir mal da keine Sorgen um mich! Ich frage mich nur, wie ein gerissener Typ, wie du es bist, sich dazu herablassen kann, in so einer schäbigen Bar zu sitzen und auch noch mit einem drittklassigen Detective, wie ich es bin, eine Unterredung zu führen, die sowieso zu nichts führen wird, da ich dich, ehrlich gesagt, zum Kotzen finde!"
"Ha ha ha Detective, du bringst mich wirklich zum Lachen. Es imponiert mir sehr, wie du von der einen auf die andere Minute deine zivilisierte Ausdrucksweise ablegst und sie durch eine anmaßende ersetzt. Richtig spitze Detective! Das zeigt mir nur, dass du ausgesprochen wandelbar bist. So einen brauche ich zum Reden! Wie heißt es so schön, man soll sich immer diejenigen aussuchen, die von dem selben Schlag sind! Bei uns glaube ich jedoch hat diese Symbiose keinen Sinn, da du einfach nicht kooperieren willst! Ehrlich gesagt Detective, habe ich keine Zeit, mein kostbares Dasein mit oberflächlichen Wortgefechten zu verschwenden. Du solltest endlich deine Klappe halten und mir gewähren, dass aus der Seele zu reden, was die ganze Zeit an ihr nagt."
"Na gut, du Heiligenschein-Kandidat, dann erzähl mir doch mal, was soviel Kummer und Sorge in dir hervorruft?"
"Siehst du Detective, es geht doch. So viel ich mich entsinnen kann, wolltest du wissen, wieso du in einer Kirche aufgewacht bist? Jedoch ist die entscheidende Frage Detective, wie du dahin gekommen bist und zu welchem Zweck? Kannst du dich daran erinnern, was davor geschehen ist? Ob du in eine wilde Rauferei verwickelt wurdest oder dir nur einen zu stark hinter die Binde gekippt hast? Also Detective, keimt da irgendeine Erinnerung bei dir auf?"
"Wenn ich ehrlich sein soll, weiß ich wirklich nicht, was die Nacht davor vorgefallen ist."
"Soll ich dir auf die Sprünge helfen Detective?"
"Es bleibt dir wohl nichts anderes übrig, du Klugscheißer!"
"Vergiss nicht Jack, ich habe immer noch eine Waffe auf deine Eier gerichtet. Also kannst du ruhig den angenehmen Ton beibehalten, welchen du gerade so schön an den Tag gelegt hast! Auf die Aufklärung der mysteriösen Nacht zurückzukommen, was würdest du dazu sagen, wenn ich dir offenbaren würde, dass du ein Opfer eines üblen Komplotts geworden bist? Es gibt eine Menge schlimme Finger in der Gegend, die dir den Garaus machen würden, nur eilt dir dein Ruf voraus. Jeder hat Angst vor dir! Du hast ja nicht umsonst den Spitznamen The Ripper. Ein verrückter, verbitterter Ire auf den Spuren der Unterwelt! Wer hätte schon ahnen können, dass der Tod deiner Frau und deines elfjährigen Sohnes dazu beitragen würden, dass du Amok läufst? Die Gauner- Innung hat sich da wohl selbst einen Strich durch die Rechnung gemacht!"
"Halt bloß meine Familie aus dem Spiel, du mieser Scheißhaufen!"
"Wer wird denn direkt so eingeschnappt sein Jack? Ehrlich, ich hab`s nicht böse gemeint. Es ist nur so, du hättest lieber die dafür büßen lassen sollen, die für den Tod deiner Familie verantwortlich gewesen sind. Aber was hast du gemacht, du hast alle Ratten der Unterwelt gehetzt, sogar die, die dich nicht einmal kannten. Großkriminelle, Kleinganoven, Straßendiebe, sie alle hattest du ins Visier genommen! Du warst verbittert und blind, bist durch sämtliche Gassen gelaufen, durch etliche Kanalisationen bist du gekrochen, und warum? Nur damit du die unendliche Trauer, die dich von Tag zu Tag immer mehr in den Abgrund stürzte, etwas lindern konntest. Und, hat es dir was gebracht? Nein, einen Scheißdreck hattest dir gebracht! Früher warst du verbittert und blind, morgen bist du vielleicht schon tot, und wahrscheinlich immer noch verbittert."
"Du verdammter Hurensohn! Du dreckiger Bastard! Wenn du weiter redest, wirst du es bereuen, das schwöre ich dir beim Grabe meiner Familie!"
"Immer sachte mein Freund, ich glaube, du hast im Verlaufe unseres Gespräches wohl vergessen, dass das Wohlergehen deiner Eier immer noch von mir abhängt! Also, komm wieder von deinem hohen Ross runter und hör mir zu. Alles, was Rang und Namen hat, ist hinter dir her! Sie alle lecken sich schon die Finger und können es kaum abwarten, dich auf einem silbernen Tablett serviert zu bekommen!"
"Du bluffst doch nur!"
"Ach, glaubst du ja? Dann werde ich dir mal ein paar interessante Namen nennen:
Die Malone - Brüder,
Die Gregoris,
Bo, der Schlächter,
Jimmy, die Pranke,..................ist was Jack? Du siehst leichenblass aus! Ich meine, bei dem Aufgebot an Killern, ist es nur eine Frage der Zeit, bist du unter der Erde liegst.
Aber weißt du was? Ich werde dir helfen, diese Psychopaten aufzuspüren und sie zur Strecke zu bringen. Und weißt du auch warum Jack? Ganz einfach, während unserer Konversation bist du mir sympathisch geworden."
"Ach, sag bloß."
"Nein, nein, ganz ehrlich Jack. Glaub ja nicht, dass ich dich verarschen will. Ich will dir helfen, weil du mir am Ende auch einen Gefallen schuldig sein wirst. Ganz sicher nämlich."
"Und wieso glaubst du, dass ich dir einen Gefallen tun könnte?"
"Ich fühle es Jack! Abgesehen davon, hast du keine andere Alternative! Jetzt solltest du doch weiter schweigen und zuhören. Jeder Tipp von mir, könnte dir das Leben retten Detective. Und damit ich auch meinen Spaß an der ganzen Sache habe, werde ich dir Schritt für Schritt Hinweise über die jeweiligen Standorte unserer hochkarätigen Killer geben. Morgen die Malone - Brüder, am nächsten Tag die Gregoris, vielleicht auch nach ein paar Wochen, wer weiß? Danach ist Bo, der Schlächter an der Reihe, seine Wunden zu lecken. Vielleicht kommt ja auch erst der liebe Jimmy vor Bo dran. Ich bin in dieser Hinsicht ziemlich flexibel Jack. Lass dich also überraschen. Einer wird auf jeden Fall ins Gras beißen, darauf kannst du wetten! Wenn du es nicht bist, dann können es nur die Anderen sein, oder Jack?"
"Ich kann dir gar nicht sagen, wie sehr ich dich hasse!"
"Ha ha ha, ach Jack, wenn du wüsstest, wie sehr wir uns eigentlich aufs Haar gleichen."
"Rein gar nichts verbindet uns du kranker Bastard!"
"Jedem das Seine Detective. Ich respektiere deine Meinung, aber das ist jetzt auch nicht von Belang. Also, wen hatten wir zuerst auf unserer Liste? Ach ja, die Malone - Brüder! Diese verfluchten Schlitzohren! Die können von Glück reden, dass sie einen korrupten Staranwalt auf ihrer Seite haben, der sie jedes Mal, wenn etwas schief läuft, wieder aus der Scheiße haut. Keine Bank war sicher vor diesen Ganoven. Jedenfalls geht es bei den Brüdern wieder um Geld, und zwar Geldwäscherei. Morgen, um Mitternacht, werden diese Brüder sich mit einem Schiff nach Amerika absetzen und auf angemessene Art und Weise ihren vorzeitigen Ruhestand feiern. Jetzt darfst du raten, mit was das Schiff bis zum Rand beladen sein wird? Richtig, mit Falschgeld Detective! Das Geld wird von den Brüdern in einem leerstehenden Fabrikgebäude am Hafen von Killington gedruckt und in Kisten gelagert, die wiederum dann von ihren Männern auf das Schiff verfrachtet werden. Du solltest dir morgen was einfallen lassen, wie du das verhindern kannst Jack. Jetzt habe ich genug von dieser Unterhaltung. Wie gesagt, meine Zeit ist
kostbar."
"Du elender Scheißhaufen! Glaubst du, dass du mich an der Nase herumführen kannst? !"
"Wieso denn Detective? Schenkst du etwa meinen Worten kein Vertrauen?"
"Ich kenne dich nicht einmal! Woher soll ich denn Wissen, dass du mich nicht hinters Licht führst?"
"Wer riskiert, der gewinnt Detective. Also, mach dir mal keine Sorgen um meine gut gemeinten Absichten. Ich werde jetzt aufstehen und gehen. Du solltest lieber dein Handy für alle Fälle immer bei dir tragen, so kann ich dich besser kontaktieren und dich über alles in Kenntnis setzen. Von irgendjemandem musst du ja deine Anweisungen erhalten Jack."
"Denkst du wirklich, du kannst mich wie eine Marionette behandeln, so wie es dir recht ist? Da irrst du dich ganz gewaltig Fremder! Jedoch werde ich deinen Hinweisen folgen, man kann ja nie wissen, sicher ist nun mal sicher. Außerdem habe ich sowieso nichts mehr zu verlieren."
"So gefällst du mir Jack. Endlich zeigst du mal, dass ein richtiger Mann ganz gewaltige Eier hat! Du kannst dich immerhin glücklich schätzen, denn du darfst deine Eier behalten."
"Im Gegensatz zu dir kann ich mich wirklich glücklich schätzen Fremder."
"Wieso denn das?"
"Hältst du mich wirklich für so bescheuert, dass ich in dieser verdammten Bar auftauche, ohne vorher sämtliche Vorkehrungen getroffen zu haben, so dass mir auch gar nichts zustößt? Ach, hast du das wirklich gedacht? Du bist doch nicht so raffiniert Fremder. Wie lange hat unsere Unterhaltung jetzt gedauert? Ich schätze mal, dass schon zirka eine halbe Stunde um ist. Von nun an hast du nur noch zehn Minuten, bis das Gift vollends deinen Körper lähmt und du nicht mal im Stande dazu sein wirst zu furzen! Ha ha ha, dumm gelaufen was?"
Was soll der Scheiß Jack? Was hast du in meinen Getränk geschüttet du verdammter Mistkerl? !"
"Es ist eine Substanz, die sich ganz langsam im Körper des Menschen verbreitet. So ein chemisches Zeug halt, kenne mich nicht mit solchen Dingen aus. Wie ich aber durch eine vertraute Quelle erfahren habe, soll sie sehr effektiv und vor allem sehr schmerzvoll sein. Du hast noch neun Minuten, bis deine Körpertemperatur fieberhaft ansteigt, dann setzt die Lähmung langsam an. Von deinen Beinen beginnend, bis zu deinen Armen. Danach wird dein Kopf anfangen zu kribbeln, leichte Übelkeit wird dich überkommen. Allmählich wirst du denken, dass dein Gehirn von allen Seiten zerdrückt wird, wahrscheinlich wird es auch so sein Fremder. Um diesen medizinischen Kauderwelsch mal in deiner Sprache auszudrücken, du wirst einen qualvollen Exitus erleiden. Oh, jetzt hast du nur noch acht Minuten mein Freund. Dann werde ich jetzt wohl als Erster aufstehen und das Weite suchen. Wie du vorhin schon so schön gesagt hast, ist die Zeit kostbar. Ich werde noch viel Zeit haben, was ich von dir nicht behaupten kann. So schnell kann sich das Blatt wenden Fremder."
"Wag es nicht, aufzustehen Jack! Ich habe immer noch die Waffe auf dich gerichtet!"
"Das wäre kein schlauer Zug von dir. Nehmen wir mal an, du schießt mir ein paar Kugeln in die Eier, was dann? Weglaufen wird dir sowieso nichts nützen!"
"Du verdammter Hurensohn!"
"Ha ha ha! Also, mach's gut Fremder. Ruhe in Frieden! Noch vier Minuten!"
Mit diesen Sätzen beendete ich unsere heitere Unterhaltung und der Fremde sah Leichenblass aus als ich die Bar verließ.
Dieser verdammte Jack! O Gott, ich habe nur noch ein paar Minuten, bis ich ins Gras
beiße!
"Hallo Sir. Ihr Freund hat gemeint, ich solle ihnen diesen Bierdeckel geben, sie wüssten schon warum. Außerdem werde ich die Bar jetzt schließen, daher muss ich sie jetzt leider bitten, zu gehen. Sie können meine Bar jederzeit gerne wieder besuchen. Schönen Abend Sir!"
"Danke sehr! Ihnen wünsche ich auch einen schönen Abend!"
Ein Bierdeckel? Was zum Teufel? ! Vielleicht sollte ich den Bierdeckel umdrehen? Verflucht, noch eine Minute!
"Wie ist es Fremder, wenn man um sein Leben bangt? Nicht gerade ein schönes Gefühl, oder? Du wirst bereits gemerkt haben, dass ich nur geblufft habe. Meine Vermutung hat sich bestätigt, du kochst auch nur mit Wasser! Meine Handynummer steht drauf, warte morgen auf deinen Anruf. Man sieht sich Fremder!"
Dieser ausgebuffte Mistkerl. Ich werde es wahrscheinlich nicht so leicht haben, wie ich es mir am Anfang vorgestellt hatte. Er ist vielleicht verbittert und versoffen, auf den Kopf gefallen ist er jedoch nicht.
Oh Jack, warte nur, bis ich mit dir fertig bin!
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Wenigstens hatte der Fremde jetzt verstanden, dass ich imstande bin, meine Trümpfe gegebenenfalls auch meisterhaft auszuspielen. Bin schon gespannt, wie unsere weitere Zusammenarbeit sich entwickeln wird?
Am nächsten Morgen rief mich der Fremde um Punkt 12.00 Uhr an. Er klang nicht gerade amüsiert. Ich hatte fast den Anschein, er würde es mir nachtragen, weil ich ihm gestern den Schneid abgekauft hatte. Wie immer hatte ich mich aber geirrt. Er wirkte eine Spur arroganter und anmaßender:
"Hallo Detective, wie geht es uns denn heute so?"
"Bestens, kann mich nicht beklagen. Die selbe Frage kann ich dir auch stellen Fremder. Was für ein Gefühl ist es, immer noch unter den Lebenden zu weilen?"
"An deiner Stelle würde ich den Mund nicht so voll nehmen Jack! Du hast vielleicht gestern die Schlacht gewonnen, aber wie dir wohl bekannt sein wird, braucht man umso einiges mehr, um den ganzen Krieg für sich zu entscheiden. Habe keine Lust auf ein erneutes Geplänkel mit dir, höre mir zu, was ich dir mitzuteilen habe und das wär`s dann auch."
"Also, schieß los Cowboy!"
"Wie du wünschst, du Geier! Heute, um 20.00 Uhr, wirst du dich mit deinem Wagen zum Hafen begeben. Wenn es geht Jack, dann versuche bitte nicht aufzufallen. Damit meine ich, dass du dir eine neue Aufmachung besorgen sollst. Dort angekommen, wirst du dich nach einer alten Nähfabrik umschauen, die du eigentlich nicht verfehlen kannst.
Rosalie`s, heißt der Laden. Der Besitzer war ein italienischer Industriekaufmann, welcher der Fabrik den Namen seiner Frau gegeben hat. Somit wollte er ihr den Traum von der beruflichen Selbständigkeit ermöglichen. Als sie jedoch einem Krebsleiden erlag, sah ihr Mann keinen Grund mehr, die Fabrik weiterzuführen und ließ sie schließen. Danach fand man den vom Schicksal gebeutelten Witwen, ein paar Wochen später, tot in seinem Büro. Der Blöde Kerl hatte sich in seinem Wildledersessel eine Kugel durch den Mund gejagt! Traurig oder Jack?"
"Mag ja sein, aber wen zum Teufel interessiert das? !"
"Keinen! Dachte mir nur, ich könnte vielleicht deiner Nervosität etwas Abhilfe schaffen. Hat es gewirkt Detective?"
"Hör endlich auf, soviel gutes tun zu wollen. Langsam habe ich das Gefühl, dass ich es mit der heiligen Mutter Teresa zu tun habe!"
"Um Gottes willen Jack, du solltest nicht so übertreiben. Ein Heiliger bin ich ganz bestimmt nicht! Wie du siehst, kann ich meine Wut kontrollieren mein Freund. Es soll ja auch so sein, denn sinnlose Spannungen könnten unsere Zusammenarbeit gefährden. Das wollen wir doch beide nicht, oder Detective?"
"Nein, auf keinen Fall Fremder. Auf unser eigentliches Vorhaben zurückzukommen, was mache ich denn, wenn ich am Hafen angekommen bin?"
"Das ist nicht meine Sorge Jack. Du bist doch Detective, du müsstest erprobt darin sein, die Pläne von Schurken zu durchkreuzen? Jetzt ist es aber genug Jack. Ich werde mich morgen wieder um Punkt 12.00 Uhr bei dir melden, wenn du nicht an dein Handy dran gehst, weiß ich, dass du den heutigen Tag nicht überlebt hast. Gott sei mit dir Detective."
"Ebenfalls Fremder!"
Als der Fremde aufgelegt hatte, machte ich mir Gedanken darüber, wieso er mir nichts über sich erzählte? Kannte ich ihn etwa? Aber das konnte nicht möglich sein, da ich sein Gesicht zu keiner Person einordnen konnte, die ich von früher kannte. Wer war dieser Fremde? Der Gedanke wollte einfach nicht aus meinem Kopf! Diese Frage war eines meiner Probleme und die andere war der Plan, der mir noch nicht einfallen wollte, wie ich diese Malone - Brüder davon abhalten konnte, sich mit dem Haufen Falschgeld in die Staaten abzusetzen.
Irgendwas würde mir schon einfallen. Hoffte ich zumindest.
Lange Zeit wollte mir kein ordentlicher Plan einfallen, um den Malone - Brüdern einen richtigen Denkzettel zu verpassen. Nach langer Gehirnakrobatik fiel mir schließlich doch was ein und ich betete zu Gott, dass mein Plan hoffentlich aufging. Bevor ich zum Hafen fuhr, stattete ich einigen alten Freunden von mir einen unerwarteten Besuch ab. Ich musste ja schließlich mein Equipement zusammenkriegen. Ganz unbewaffnet wollte ich mich nun auch nicht mit den Malone - Brüdern anlegen. Benni Beefback, ein alter Freund von mir, und nebenbei einer der besten Waffenhändler in der Gegend, schuldete mir eine kleine Gefälligkeit. Benni war sehr erfreut über meinen Besuch. Als er mich fragte, wofür ich das ganze Zeug bräuchte, antwortete ich ihm natürlich. Ihm konnte ich alles anvertrauen, er schwieg immer wie ein Sarg. Von meinem Vorhaben unterrichtet, war Benni so sehr begeistert, dass er sofort mitmischen wollte. Ich riet ihm davon ab, da er schon in die Jahre gekommen war. Minuten später verließ ich den Laden, mit einer großen, mit Waffen beladenen, schwarzen Sporttasche. Ein paar Handgranaten, eine Winschester und eine Schrotflinte würden für meinen heutigen Auftrag schon mehr als genüge tun. Ich schmiss die Sporttasche in den Kofferraum meines Wagens und machte mich auf den Weg zum Hafen. Als ich am Hafen ankam, war ich zunächst damit beschäftigt, mir ein ruhiges Plätzchen für meinen Wagen auszusuchen. Hinter einem verlassenen Hafencafé wurde ich fündig. Dort würde mein Wagen nicht auffallen, und wenn doch, dann wäre es auch nicht so wichtig, denn der verdammte Hafen war ohnehin schon verlassen genug. Seit Jahren wurde hier der Betrieb eingestellt, wegen fehlenden Subventionen und ungünstigen Bedingungen für die Seeleute.
So hieß es jedenfalls damals nach Aussagen des Bürgermeisters und anderen kleinkarierten Ämtern. Kein Wunder, dass die Malone -Brüder sich dieses gottverdammte Fleckchen ausgesucht hatten, um ihren Coup durchzuziehen. Ein anderes Schiff, außer ihres, würde nie am Hafen anlaufen. Damit ich nicht auffiel, holte ich die zerrissenen Lumpen aus dem Wagen und streifte sie mir über. Eine dreckige, blonde Perücke, ein, in Schlammpfütze getauchtes Gesicht und eine Flasche Whiskey in der Hand, würden das übrige dazu beitragen, um meine Identität nicht preiszugeben. Die Winschester und die Schrotflinte ließ ich unter meinem verdreckten Mantel verschwinden. Die Handgranaten, vier an der Zahl, begrub ich in meiner Manteltasche. Zwei auf der einen Seite und zwei auf der anderen. Was meine Vorkehrungen anging, war ich sorgenfrei, nur was mir sorgen machte, war der plötzlich auftretende Nebelschleier. Woher kam bloß dieser verfluchte Nebel?
Ich hätte wahnsinnig werden können. Dieser Nebel durfte mir keinen Strich durch die Rechnung machen. Wie zum Teufel sollte ich das Rosalie`s finden? Ich war nicht einmal dazu in der Lage, meine Hände richtig zu sehen.
Während ich mir Gedanken darüber machte, wie ich das Beste aus meiner Situation machen konnte, klingelte auch schon mein Handy:
"Hey, Jack! Schon am Hafen angekommen?"
"Ja, bin ich du Intelligenzbestie!"
"Ist dir was unangenehmes widerfahren Jack?"
"Unangenehm ist wirklich gut. Ehrlich gesagt, fehlt mir im Moment der Durchblick!"
"Wie soll ich das denn verstehen Detective?"
"Was gibt's denn da nicht zu verstehen? Du Intelligenzbestie hättest dich mal zuerst über das Wetter erkundigen sollen, bevor du die blendende Idee hattest, mich hier raus zu schicken!"
"Ach Detective, so ein bisschen Nebel wird dich nicht umbringen."
"Ich habe nicht von einem Nebel gesprochen Fremder, aber schön, dass du es mir auf diese Weise mitteilst, dass du ganz in meiner Nähe bist."
"Ist doch selbstverständlich Jack. Ich meine, wer soll dich sonst beschützen, wenn nicht ich es tue?"
"Wie liebreizend du doch sein kannst. Aber jetzt ist schluss mit der Süßholzraspelei! Wie finde ich denn die Rosalie`s Fabrik?"
"Wo genau am Hafen befindest du dich Jack?"
"Ich stehe hinter einem alten Hafencafé."
"Der alte gute Dinner`s Club! In dem Laden habe ich oft gesessen Jack. Früher,
da haben wi -
"Mich interessiert es einen Scheißdreck Fremder, was du früher gemacht hast! Ich will nur wissen, wo diese gottverdammte Fabrik steht!"
"Jack, du hast wohl keinen Sinn für Nostalgie? Und dabei ist es doch die Nostalgie, die uns an vergangene Tage erinnert, seien sie schön oder auch schlecht. Der Mensch ist ohne seine Erinnerung ein nichts Jack, vergiss das nicht."
"Was bringen mir meine Erinnerungen, wenn sie mir nur endlose Schmerzen bereiten? Wärst du jetzt so freundlich und sagst mir endlich, wo die Fabrik ist?"
"Wenn du mich in dem angenehmen Ton darum bittest Jack, dann gerne."
Einfältiger Primatensohn!
Elender Bastard!
"Jack?"
"Was ist?"
"Wie dir wohl bekannt sein wird, sind Spiele erst dann am spannendsten, wenn man einige Fragen offen lässt. Du musst schon selber den Weg durch den Irrgarten finden mein Freund.
Also, dann viel Spaß noch Jack! Ich werde dich, wie gesagt, morgen um 12.00 Uhr anrufen, falls du nicht ran gehst, bist du tot! Ciao!"
"Du verdammtes Drecksschwein!"
Da stand ich nun im Nebel, und das im wahrsten Sinne des Wortes. Der Fremde war nicht gewillt, mir zu helfen. Er sagte mir, wo ich sein sollte und ich war dort. So ein Elend. Ich hätte nie gedacht, dass ich mal so tief sinken würde. Warum hörte ich auf diesen Fremden? Vielleicht war es die Neugier? Ich wollte unbedingt wissen, wer dieser Kerl war.
Wie sollte ich den Malone - Brüdern das Handwerk legen? Das war meine größte Sorge. Die geeignete Ausrüstung hatte ich ja, aber wie sollte ich diese Fabrik finden, wenn ich nicht im Stande dazu war, irgendetwas zu sehen?
Als ich in Gedanken war, fuhr ein Auto der Marke Chevrolet an mir vorbei und schleuderte mir mit seinen Rädern eine Schlammfontäne ins Gesicht. Ich entschied mich dafür, dem Wagen zu folgen. Also stieg ich in mein Auto und fuhr, durch den dichten Nebel, dem Chevrolet nach. Der Nebel war grauenhaft. Mir kam es so vor als wäre ich in einem schlechten Horrorfilm oder so ähnlich. Es fehlten nur noch die Zombies. Die wären mir Weisgott lieber gewesen als diese Malone - Brüder. Die sind ziemlich ausgebufft und sehr raffiniert, was die Durchführung eines Gegenangriffes angeht. Als ich das letzte Mal mit ihnen zu tun hatte, hätten die mir fast den Kopf weggeblasen. Überall hatten sie ihre fiesen Handlanger postiert. Mein Glück, dass Verstärkung aufgerückt war, sonst wäre ich aus dem Kugelgewitter nie im Leben heil rausgekommen. Aber wer sollte mir in meiner jetzigen Situation behilflich sein? Ein Hafen mit dichtem Nebel überdeckt, und wieder waren es die Malone - Brüder, um die ich mich kümmern sollte. Das der Fremde nicht zu meiner Rettung eilen würde, dass war mir schon von vornherein klar.
Instinktiv hielt ich mit dem Wagen an. Der Chevrolet stand ein paar Meter weiter weg von mir. Er parkte unter einer Laternenlampe, was für mich von Vorteil war, da ich viel besser ersehen konnte, wer aus dem Wagen stieg oder was entladen wurde. Die Rosalie`s Fabrik sah nicht wie eine Fabrik aus, sondern eher wie eine Pizzeria. Den Laden hätte ich mir größer Vorgestellt. Es war lediglich nur eine kleine Lagerhalle mit Erdgeschoss und keine anderen Etagen kamen hinzu! Warum hatten diese Brüder ausgerechnet diese Fabrik für ihre hinterhältigen Machenschaften ausgesucht? Ich musste der Sache auf den Grund gehen. Als ich mich etwas näher Richtung Fabrik bewegen wollte, passierte etwas recht seltsames. Aus dem roten Chevrolet stiegen zwei Männer aus, Fahrer und Beifahrer zuerst, und dann, ein paar Sekunden später, stiegen von den Hintersitzen, 4 Frauen aus, die mir etwas leicht bekleidet vorkamen.
Nach kurzem Überlegen ging mir ein Licht auf und ich wollte vor Wut in den Boden stampfen. Ging es hier um Falschgeldwäscherei oder um Menschenhandel? Oder vielleicht um beides? Na sicher doch, wo denn sonst, wenn nicht in Amerika, konnten diese dreckigen Halunken mit schönen Frauen die ganz dicke Kohle machen? Die Frauen, die aus dem Wagen stiegen, waren, soweit ich beurteilen konnte, nicht gerade hässlich. Nein, eher im Gegenteil, sie sahen umwerfend aus. Zwei Blonde und zwei Brünette. Nicht zu dünn und nicht zu abgemagert. Einfach perfekt! Diese Kerle gingen aber nicht gerade zart mit den Frauen um. Diese armen Schweine. Ich wartete, bis sie in der Lagerhalle verschwunden waren und hechtete direkt näher zu der Fabrik heran. In dem Augenblick, wo ich durch die Fenster einen umfassenden Blick hineinwerfen wollte, merkte ich schmerzhaft, warum diese Halunken sich ausgerechnet diese Fabrik ausgesucht hatten. Die Fenster waren gedämpft und man konnte nichts erkennen, also war ich im wahrsten Sinne des Wortes, total aufgeschmissen. Ich musste mir was einfallen lassen. Da ich zufällig an eine Feuertreppe stieß, blieb mir nichts anderes übrig, wieder mal meinem Instinkt zu folgen. Damit ich mir endlich einen Blick in die inneren Umstände der Fabrik erhaschen konnte, stieg ich die Feuertreppe hoch und landete auf dem Dach. Ich gab mir Mühe, nicht zu sehr auf dem Dach rumzuhüpfen, da er mir nicht gerade sehr standfest zu sein schien. Durch eine Luke auf dem Dach konnte ich die Malone - Brüder und die Frauen sehen, die sich über irgendetwas zu unterhalten schienen. Wie konnte ich sie bloß dazu bringen, aus dem Lager zu kommen? Mir fielen die vier Granaten in meiner Manteltasche auf. Eine der Granaten zog ich aus der Tasche und machte an dem Zünder eine lange Schnur dran. Die eine hälfte der Schnur befestigte ich an der Luke und ließ die Granate mit der Schnur nach unten fallen. Nach meinen Berechnungen zufolge musste sich die Schnur, ein paar Meter vom Boden entfernt, spannen und somit den Zünder der Granate auslösen. Zum Glück waren die Malone -Brüder und die Frauen etwas weiter weg von der Granate. Sie würden wahrscheinlich mit einem vorübergehenden Hörsturz davon kommen und mir ins offene Messer laufen. Ich sah zu, dass ich schleunigst vom Dach herunterkam und postierte mich hinter einem Müllcontainer, der etwas abgelegen von der Fabrik lag, jedoch meine gute Sicht nicht einschränkte.
Sekunden später war ein riesiger Knall aus der Fabrik zu hören. Ein Hollenlärm, in das die vier Frauen mit ihrem Gekreische einstimmten. Wie wildgewordene Hühner liefen sie aus der Fabrik. Die Malone -Brüder hatten ihre Mühe, sie wieder einzufangen. Als sie die Frauen hatten, schlugen die Brüder wild um sich und versuchten sich einen Reim darauf zu machen, welcher verdammte Dreckskerl für diesen Knall verantwortlich war. Da ich von Natur aus ein ziemlich netter Kerl bin, wollte ich die Brüder nicht all zu sehr im Dunkeln tappen lassen. Ich zog meine Winschester aus dem Mantel und visierte einen der Brüder an. Wer sollte von ihnen daran glauben? Die Malone - Brüder waren drei Männer mittleren Alters, und der Rest, vier an der Zahl, waren ihre sogenannten Gehilfen. Die interessierten mich aber nicht. Mein Auftrag waren die Malone -Brüder. Ich entschied mich für den Jüngeren der Brüder. Ich lud die Winschester durch, visierte die Stirn von Chap Malone an und feuerte los. Einen Sekunden Bruchteil später, sackte Chap zu Boden. Das Blut spross wortwörtlich aus ihm heraus. Kein schöner Anblick. Der Meinung waren auch die anderen zwei Malones, Luigi und Stefano. Die waren außer sich als sie ihren idiotischen Bruder tot neben sich liegen sahen. Die zwei noch blöderen Idioten ballerten um sich und ließen die Frauen außer acht. Diese versteckten sich in einem alten Fischskutter am Pier, was mich einerseits auch erfreute. Frauen waren schon immer meine große Schwäche gewesen. Ich konnte sie einfach nicht leiden sehen. Die Brüder schossen wie wild um sich, wobei ihre anderen vier Handlanger mit einem Staplerwagen, die Kisten mit dem Falschgeld, zum Hafen transportierten.
Die Kisten waren mir egal, ich wollte nur die Malone - Brüder aufmischen. Ich schoss Luigi Malone ans Bein, so dass er außer Gefecht war. Sein Bruder Stefano hielt an der linken Hand das Maschinengewehr und mit der rechten versuchte er Luigi auf die Beine zu helfen. Ich war gespannt, was die Brüder vor hatten. Er hörte auf zu schießen und bewegte sich Richtung Chevrolet. Wollten diese Kerle wirklich auf ihr Falschgeld verzichten und ihr Leben retten oder war diese Vorgehensweise nur ein Täuschungsmanöver?
Das würde sich schon noch herausstellen.
Sollte ich die anderen vier daran hindern, dass Falschgeld auf das Schiff zu verfrachten oder sollte ich mir eine heiße Verfolgungsjagd mit den Malone - Brüdern liefern? Ich entschied mich letztlich für die zweite Alternative. Die anderen würden schon ihr blaues Wunder erleben. Ich lief rasch zu meinem Wagen und stieg ein. Die Brüder waren mir eine Nasenlänge voraus, also musste ich mich ranhalten. Ich fuhr los wie der Teufel. Wenig später konnte ich den Chevrolet schon in meinem Blickfeld sehen. Wir fuhren durch einen ziemlich dunklen Wald. Hier in der Gegend kannte ich mich nicht besonders gut aus, also musste ich mich wieder mal auf meine Instinkte verlassen. Einer der Brüder merkte recht bald, dass ich mich an sie geheftet hatte. Sie legten einen Zahn zu. Ich musste mich ebenfalls bemühen, sie nicht aus den Augen zu verlieren und somit fuhr ich schneller. Viele Schlaglöcher machten die Verfolgung umso schwieriger. Waldwege waren nie meine Freunde gewesen. Nach einer Weile lichtete sich der Wald und wir fuhren auf die Schnellstraße. Endlich hörte auch das Gerüttel im Wagen auf, das durch die Schlaglöcher verursacht wurde. Von nun an war die Strecke eben. Das war eine gute Vorraussetzung, um mich näher an die Brüder heranzufahren. Ich fuhr schneller. Nur wenige Autos befanden sich auf der Straße, so dass ich leichtes Spiel hatte, die Reifen der Brüder mit der Winschester anzuvisieren. Ein paar Schüsse in die Reifen waren bis jetzt immer ein probates Mittel gewesen. Wenn ich Glück hatte, würde sich der Chevrolet überschlagen. Also versuchte ich mein Glück. Ich war so nah an die Brüder rangekommen, ich konnte die Reifen gar nicht verfehlen. Ich visierte die Reifen an und als ich endlich schießen wollte, passierte das, was nur einem Malone einfallen würde. Da ich hinter seinem Wagen her fuhr, bremste dieser verdammte Stefano abrupt ab, so das ich in sein Heck fuhr. Durch den Aufprall verlor ich meine Winschester aus der Hand. Jetzt hatte dieser Kerl mich am Sack. Ich war ihm ausgeliefert. Plötzlich verlor der Chevrolet an Geschwindigkeit. Wenig später bemerkte ich auch wieso. Stefano fuhr direkt neben mir und hielt seine Baretta auf mich. Besser gesagt, er hielt sie direkt in mein Gesicht. Mir blieb nichts anderes übrig als ihn zu rammen. Ich scherte nach links aus und rammte sein Wagen von der Seite. Durchgerüttelt von dem Stoß, verfehlte Stefano meinen Kopf. Als er seinen Chevrolet wieder unter Kontrolle hatte, holte er erneut zum Angriff aus. Diesmal rammte er mich seinerseits und brachte mich so ins schleudern, dass ich fasst durch die Leitplanke gebrettert wäre. Ich hielt dagegen und versuchte ihn aus der Bahn zu werfen. Es war sinnlos. Stefano schoss erneut mit der Baretta auf mich und traf zum Glück nur meine Windschutzscheibe. Ich duckte mich etwas zur Beifahrerseite, damit ich mich vor den Kugeln schützen konnte. Mir fiel auf einmal irgendetwas aus der Tasche. Die Handgranaten! Die hatte ich ja total vergessen. Jetzt war es an der Zeit, den Spieß umzudrehen. Diese Malone - Brüder konnten sich auf was gefasst machen. Ich fuhr wieder neben dem Chevrolet, jedoch blieb ich weiter geduckt. Stefano feuerte noch ein paar Schüsse ab. Nach meinen Berechnungen zufolge, hatte er seine letzte Kugel abgefeuert. Jetzt war die Gelegenheit da. Ich richtete mich auf, um mich gleich wieder hinzuducken, da dieser Bastard doch noch eine Kugel übrig hatte. In meiner völligen Wut, nahm ich die Handgranate in die rechte Hand, trennte die Zündung und warf ihn in den Chevrolet rein. Stefano staunte nicht schlecht als ihm die Handgranate zwischen die Beine fiel. BOOOM!!!!! Das Letzte, was ich von den Brüdern sah, waren ihre Körperteile, die in die Luft geschleudert wurden.
Der Chevrolet krachte durch die Leitplanke und fiel einen steilen Abhang hinunter.
Das Einzige, was ich hörte, war ein erneuter Knall gewesen. Als ich einen letzten Blick auf den Wagen werfen wollte, war von dem nichts mehr zu erkennen. Die Malone - Brüder verbrannten im Fegefeuer ihrer eigenen Selbstherrlichkeit. Ich griff nach der Marlboropackung in meiner Gesäßtasche und genehmigte mir von einem der bereits zerknautschten Glimmstängel, einen triumphalen Zug. Ich zog das Nikotin, wie im Rausch, in meine Lunge, um es dann wieder aus meinem Rachen in die Freiheit zu blasen. Dabei merkte ich, wie ich an fing, leicht zu schmunzeln. Früher hätte mich noch mein Gewissen geplagt, wäre ich so einer Situation ausgesetzt gewesen. Aber in diesem Moment schien es mir Vergnügen zu bereiten. Es ist nicht so als hätten diese Brüder es nicht verdient gehabt, dass man ihnen das Lebenslicht ausbläst. Eher im Gegenteil, sie hatten es verdient. Der einzige Unterschied ist jedoch, dass ich für jemand anderen tötete. Ohne den Fremden wäre ich gar nicht auf die Malone`s und das andere Pack gekommen. Was hatte dieser Fremde vor? Wollte er mich zu seines Gleichen machen? Oder wollte er mich nur in einen seelischen Konflikt stürzen?
Durch Polizeisirenen wurde ich aus meinen Gedanken gerissen, die sich langsam näherten. Da ich mich nicht in eine unangenehme Verhörung seitens der Polizei verstricken wollte, sprang ich in meinen Wagen und verließ schleunigst den Ort.
Ich fuhr wieder zum Hafen und wollte sehen, wie es den Anderen erging. Als ich am Hafen ankam, sah ich, wie die vier Frauen von zwei Polizisten befragt wurden. Abgesehen wimmelte der Hafen von Polizisten. Der Plan der Malone - Brüder wurde endgültig vereitelt. Ist gut, wenn man Freunde bei der Küstenwache hat. Bevor ich mich auf den Weg zum Hafen machte, informierte ich meine Freunde bei der Küstenwache darüber, dass heute Nacht eine Falschgeldtransaktion am Hafen stattfinden werde. Als ich noch hinzufügte, dass die Malone - Brüder am Start seien, da konnten sie gar nicht anders als mir zu glauben. Offensichtlich hatte die Küstenwache dann ihrerseits das Notwendige für die Vereitelung der Transaktion getan. Auf die Idee, die eigentlichen Führer des für die Transaktion geplanten Frachtschiffes zu überwältigen und das Schiff mit Polizisten zu besetzen, wäre ich nie im Leben gekommen.
Das lief ja viel besser als ich es mir erhofft hatte.
Jetzt waren die Gregoris an der Reihe.
Es war kurz nach 01.00 Uhr. Ich hatte wenig Lust zum Schlafen, also besorgte ich mir zwei Flaschen Whiskey und wollte meinen Kummer ertränken. Ich musste wieder darauf warten, von dem Fremden Anweisungen entgegenzunehmen. Dies war die größte Schmach für mich. Im Moment hatte ich aber was besseres zu tun, nämlich mir die zwei Flaschen Whiskey in den Hals zu kippen und meine Trauer wegzuschwemmen.
Ich träumte sehr schlecht. Viele Erinnerungen kamen in mir auf, gute sowohl auch schlechte. Ich durchlebte noch einmal den Tod meiner Familie. Obwohl ich nicht bei Ihnen war, fühlte es sich so real an, als sie vor meinen Augen abgeschlachtet wurden. O mein Gott, diese furchtbaren Qualen! Wann werden sie endlich ein Ende finden? Wann werde ich endlich diese Schuldgefühle los? Wenn ich nicht Überstunden geschoben hätte, wäre meine Familie vermutlich noch am Leben. Wäre ich bloß zu Hause geblieben, dann wären wir zusammen gestorben. Aaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaah!!!!!!!!!!!
Mein Handy klingelte. Meine Uhr zeigte 12.00 Uhr an. Kaum nahm ich den Anruf entgegen, schreite mir eine bekannte, jedoch abgrundtief gehasste Stimme, ins Ohr hinein:
"Hey, Jacky Boy! Das war ja eine abgefahrene Show gestern! Abgefahren, wenn du verstehst, was ich meine?"
"Ich fandst weniger lustig, du Sadist!"
"Sind wir heute wieder schlecht gelaunt Detective? Wenn ja, dann solltest du dich weniger besaufen und nicht wie ein dreckiger Penner auf irgendeinem Friedhof liegen!"
Ich war geschockt! Ich lag wirklich auf einem Friedhof. Was zum Teufel hatte ich auf einem Friedhof verloren? Ich konnte mich aufgrund des Katers von letzter Nacht nicht richtig bewegen also lag ich weiterhin ruhig auf dem Rücken und setzte meine Unterredung mit dem Fremden fort.
"Du hast mich erwischt Fremder. Wenn du schon letzte Nacht beide Augen auf mir hattest, dann hättest du dir auch etwas Mühe geben können und mir unter die Arme gegriffen."
"Wie schon gesagt Jack, ein wahrer Mann muss sich selbst aus der Scheiße reiten. Willst du mir jetzt etwa sagen, dass es dir gar keinen Spaß gemacht hat?"
"O doch Fremder. Ich hatte großen Spaß. Dieser Spaß ist jedoch nichts gegen das Vergnügen, was ich haben werde, wenn ich dich erst einmal vor mir rumkriechen sehe!"
"Wie kommst du darauf Jack, dass du mich jemals erwischen könntest?"
"Jeder macht mal Fehler Fremder!"
"Da hast du wahrscheinlich recht Jack. Aber vergiss niemals, du wirst mich erst dann zu sehen bekommen, wenn ich dir die Möglichkeit dazu gebe. Hast du mich verstanden? !"
"Nenne mir deinen Namen, du Schwein! Nur ein Feigling versteckt sich so wie du es tust!"
"Mit Feigheit hat dies wenig zu tun Detective, aber wenn du es wünschst, kannst du mich auch gerne Puppet - Master nennen Jack."
"Ich will deinen richtigen Namen Arschloch!"
"Wieso den Jack? Diese Bezeichnung entspricht doch mehr oder weniger der Wahrheit, oder? Ich bin der Puppenspieler, der seine Marionette an den Fäden führt. Ohne den Puppenspieler wäre die Marionette eine seelenlose Gestalt. Erst der Puppenspieler verleiht im das nötige Leben. Genauso ist es mit uns beiden Jack. Ohne mich würdest du immer noch in deiner endlosen Trauer ertränken und dir den Tod herbeiwünschen. Also solltest du lieber nicht jammern und die Action lieber genießen, die ich dir ermögliche!"
"Du verdammter -
"Sei vorsichtig mit dem was du sagst Detective. Denn Undankbarkeit kann ich ums Verrecken nicht ausstehen! Ich werde dich in zwei Tagen noch einmal anrufen, dann solltest du dich lieber wieder beruhigt haben mein Freund. Sonst könnte es nämlich sein, dass ich mich verliere! Also Jacky Boy, man sieht sich."
"Was ist mit den Gregoris?"
"In zwei Tagen Jack!"
Ich hörte nur, wie der Fremde auflegte und verlor das Bewusstsein. Etwas später, hätte sich auch um Stunden handeln können, wurde ich durch den vom Himmel herabprasselnden Regen wachgerüttelt. Es pisste regelrecht. Ein regnerischer verfluchter Sonntag. Die zwei Flaschen Whiskey lagen etwas weiter weg von mir, auf heruntergefallenen Laubblättern, von denen mir ein Dutzend ins Gesicht wehte, weil eine starke Windböe ihr Unwesen auf dem Friedhof trieb. Ich war durchnässt und verdreckt. Als ich mich versuchte aufzurichten, stieß ich meinen Kopf gegen etwas hartes. Ich drehte mich um und bemerkte, dass es ein alter Grabstein war. Noch benommen von der letzten Nacht, bemühte ich mich die Schrift auf dem Grabstein zu lesen:
Möget ihr in Frieden ruhen;
"O Herr, der du mir weggenommen hast meine Lieben, mögest du sie doch in deinem Reich schützen und sie deine Erhabenheit spüren lassen, wozu ich niemals fähig gewesen bin!!! In ewiger Liebe werdet ihr nie in Vergessenheit geraten."
Shannon McAllister
geb. 1955 - gest. 1987
und
Ralph McAllister
geb. 1976 - gest. 1987
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O du großer Gott im Himmel!
Wie bin ich bloß hierher geraten?
Das alles kann doch kein Zufall sein?
Was hat dieser Fremde vor? Will er mich endgültig in den Wahnsinn treiben? Das ich nicht aus freien Stücken zum Friedhof gelangt bin, ist klar. Feind oder Freund? Oder vielleicht viel schlimmeres? Ich muss diesem ganzen ein Ende setzen. Zwei Tage habe ich Zeit, bis der Fremde sich wieder bei mir meldet. Also werde ich eventuell genug Zeit haben, um mich umzuhören und dem Rätsel auf die Spur zu kommen. Mal sehen, was der Fremde davon hält, wenn ich mich selbst auf die Suche nach den Gregoris mache?
Aber an wen konnte ich mich wenden, der mir etwas über die Gregoris erzählen konnte?
Hmmm - ach ja, ich hab's! Roco könnte mir da bestimmt weiterhelfen. Soviel ich weiß, sind die Gregoris bei ihm Stammkunden, hin und wieder mal wenigstens. Was Frauen, Drogen und Schmiergeld anging, waren die Gregoris in Roco`s Bar die gerngesehensten Gäste überhaupt. Und dieser verdammte Hurensohn schwört doch hoch und heilig, dass er jetzt seriöser geworden sei. Da mir klar ist, dass Roco nicht so leicht reden wird, wenn es um die Gregoris geht, werde ich wohl oder übel mich einiger Druckmittel bedienen müssen, damit er auch schön plappert.
Dem Fremden werde ich es schon zeigen, was ein in den Ruhestand getretener Detective noch so alles bewerkstelligen kann.
Es regnete weiterhin unerbittlich. Da vom Friedhof aus bis zu Roco`s Bar gut vier Meilen Gehweg vor mir lagen, schaute ich mich nach einer günstigen Fahrgelegenheit um. Aber es war sinnlos.
Weit und breit war kein Auto zu sehen. Geschweige denn Taxis. Da ich nicht den ganzen Tag auf einem Friedhof verbringen wollte, machte ich mich zu Fuß auf den Weg. Mit der Hoffnung, dass mich doch noch irgendein Wagen mitnehmen würde, ging ich die große Landstraße Richtung Stadt entlang und wurde regelrecht vom Wind angepisst. Der Regen wurde mit der Zeit immer heftiger und ich wünschte mir, dass ich dem Fremden nie begegnet wäre.
Als ich eine viertel Stunde schon unterwegs war, raste ein kleiner Käfer an mir vorbei und hielt ein paar Meter weiter an. Jemand streckte den Arm aus dem Fenster auf der Fahrerseite und winkte mich zu sich. Genug angepisst vom Regen, lief ich ohne groß zu überlegen, zum Wagen rüber. Kaum am Wagen angekommen, öffnete mir die Person die Tür auf der Beifahrerseite entgegen. Bevor ich einstieg, bückte ich mich etwas nach unten, um einen Blick auf die Person zu erhaschen, die so freundlich war, mich mitzunehmen. Es war eine schöne kurvige Frau mit blonden schulterlangen Haaren und blauen Augen. Sie lächelte mich mit einem bezaubernden Lächeln an und bat mich, an ihrer Seite Platz zu nehmen, wenn ich mir draußen nicht den Tod holen wollte. Ich ließ mich in den Sitz fallen und knallte die Tür zu.
Als die Frau los fuhr, fing auch schon unsere Unterhaltung an:
"Was bringt einen Menschen dazu, freiwillig in so einem sauschlechten Wetter die Landstraße entlang zu laufen?"
"Ich hatte eine Autopanne etwas weiter weg."
"Autopanne? Ich habe aber keinen abgestellten Wagen auf dem Straßenrand gesehen?"
"Ich war zu Besuch auf dem Friedhof und der Wagen liegt deshalb etwas abseits von der Straße."
"Wen haben sie denn Besucht?"
"Meine Frau. Sie ist vor einiger Zeit gestorben."
"Mein herzliches Beileid Mister."
"Braucht es aber nicht. Sie ist jetzt an einem schöneren Ort."
"Sie müssen sehr einsam sein, oder?"
"Ja, dass bin ich. Wie haben sie das bloß gemerkt?"
"Ist doch ganz einfach. Sie machen mir nicht den Eindruck, dass sie in einer neuen Beziehung wären. Sie machen mir eher den Eindruck, dass sie mit dem Glauben daran leben wollen, irgendwann mit ihrer Frau wieder vereint zu sein. Im Himmel meine ich. Deshalb scheuen sie bestimmt wieder etwas neues anzufa -
"Verzeihen sie mir, dass ich sie unterbreche, aber was geht sie mein Privatleben an?"
"Nichts, ich wollte doch nur eine abwechslungsreiche Konversation anfangen. Nichts langweiliges wie: "Woher kommen sie?" , "Wer sind Sie" etc."
"Das mag ja sein. Ich kann ihnen ja deshalb auch keine Vorwürfe machen, aber mir ist es wichtiger in die Stadt zu kommen als über meine Beziehungsängste zu plaudern. Verstehen sie das?"
"Ja klar verstehe ich das. Ich konnte es mir halt nicht verkneifen."
"Was konnten sie sich nicht verkneifen?"
"Na ja, halt einen ziemlich gutaussehenden Mann davon zu überzeugen, dass viele Frauen den Platz seiner verstorbenen Frau sehr gerne einnehmen würden."
"Ich fühle mich geschmeichelt, aber keine andere Frau im Leben wird jemals den Platz meiner Frau einnehmen."
Es herrschte minutenlange Stille. Wir waren auch beinahe in der Stadt angekommen. Da ich bemerkt hatte, wie eingeschnappt die hübsche Frau aufgrund meiner letzten Äußerung gewesen war, versuchte ich die Situation wieder aufzulockern und stellte mich ihr namentlich vor:
"Übrigens, ich heiße Jack. Jack McAllister. Verzeihen sie mir, dass ich eben so plump gewesen bin. Komplimente von hübschen Frauen nehme ich sehr gerne entgegen. Heute ist nur ein ziemlich beschissener Tag für mich. Nehmen sie meine Entschuldigung an? Wenn ja, dann würden sie mir wenigstens den Tag retten, mit ihrem bezaubernden Lächeln. Und, was sagen sie?"
"Hätte ich gewusst, dass ich einen Charmeur mitnehme, da hätte ich mich auf jeden Fall mehr in Schale geworfen!"
"Glauben sie mir, sie sehen aus wie ein Engel! Mehr brauchen sie an ihrem Aussehen wirklich nicht aufzupeppen."
Die engelsgleiche Frau wurde etwas rötlich im Gesicht, da es ihr offensichtlich peinlich war, wie ich sie lobte. So bin ich halt. Ehrlich und direkt. Und für hübsche Frauen hatte ich schon immer eine Schwäche. Als wir fast an Roco`s Bar vorbeigerauscht wären, bat ich sie anzuhalten.
"Da wären wir schon hübsche Lady. Ich schulde ihnen mein Leben."
"Wieso den so förmlich, du hast dich mir doch namentlich vorgestellt?"
"Ich schon, aber ihren Namen haben sie mir noch nicht preisgegeben."
Als ich aus dem Wagen stieg, schaute ich ihr noch einmal in die Augen. Diese Frau hatte was sehr warmes in ihrer Ausstrahlung, was ich nicht beschreiben konnte. Als ich mich verabschiedete, schlug ich die Wagentür zu. Kurz, bevor die Frau losfuhr, kurbelte sie noch einmal das Fenster runter, um sich mit folgenden Sätzen zu verabschieden:
"Es war eine sehr angenehme Fahrt mit dir Jack. Hoffe, du kriegst alles in deinem Leben wieder auf die gerade Bahn? Ich bin noch einige Tage in der Stadt. Wenn du nichts besseres zu tun hast, laufen wir uns vielleicht zufällig über den Weg. In der Gegend wäre es ja eine Schande, wenn man sich nicht wiederbegegnete. Also, mach`s gut Jack. Und übrigens, ich heiße Shannon. Shannon O`Really."
Und so fuhr sie fort und ließ mich mit großer Verwunderung zurück. Das war es also, warum sie mir auf eine unerklärliche Art vertraut vorkam. Sie hieß also auch Shannon. War diese Begegnung mit der Frau eine schicksalhafte Fügung oder nur purer Zufall? Da ich nicht an übersinnliches glaube, wird es voll Zufall gewesen sein. Es war aber nicht zu leugnen, dass diese Shannon eine gewisse Ähnlichkeit mit der Frau hatte, in die ich mich vor langer Zeit verliebte und sie heute noch nicht aufgehört habe zu lieben. Ach, was soll`s. Ich musste mich zusammenreißen, da ich noch genug wichtigere Sachen zu erledigen hatte. Als ich die Tür zu Roco`s Bar aufmachen und hineinspazieren wollte, hörte ich, wie sich zwei Personen nebenan in einer Straßengasse laut unterhielten.
Es regnete wieder mal. Die Zwei dachten wahrscheinlich, dass der Regen, der nur so vor sich hinplätscherte, ihre Stimmen übertönen würde. Mein Glück, dass ich über ein sehr gutes Gehör verfügte. Ich lehnte mich an die Wand und lauschte gespannt zu. Die eine Stimme gehörte Roco, ganz sicher, denn ich kannte niemanden in dieser Gegend, der beim Reden kurz innehielt und wie ein Hund hechelte. Sein Gewicht machte ihm wohl noch immer zu schaffen. Die zweite Stimme war mir nicht bekannt, bis mir Roco unbewusst den Ball zuspielte und die andere Person beim Namen nannte. Es war Sergej Gregori, der Älteste des Gregori - Clans. Er und seine zwei Brüder hatten es sich zur Berufung gemacht, in die Fußstapfen ihres psychopatischen Vaters Vladimir Gregori zu treten, der nach einem Bombenattentat in seinem eigenen Restaurant ums Leben kam. Das die Brüder zu dritt waren, verschaffte ihnen natürlich viel mehr Respekt in dieser Höllengegend. Sie waren um einiges sadistischer als ihr Vater, wobei sich Sergej der Ältere, umso mehr anstrengte, seinem Vater gerecht zu werden. Er war ja auch derjenige, der bei vielen Geschäften seines Vaters die Aufgabe hatte, ihm Rückendeckung zu geben. Die anderen zwei Brüder wurden erst nach dem Tod Vladimirs in die Mafia - Szene involviert. Ihre Mutter Helga hatte von ihren drei Söhnen verlangt, dass sie ihrem verstorbenen Vater keine Schande bereiteten.
Bis zu ihrem Tode hatte sie ihre Söhne mit dem letzten Willen ihres Mannes traktiert, und was ist passiert? Sie ist vor drei Jahren an Lungenkrebs gestorben. Das Dahinscheiden ihrer Mutter hatte den Sprösslingen von Vladimir natürlich den nötigen Freiraum dafür geschaffen, ein gewaltiges Drogen - und Waffenimperium zu erschaffen und ihrem Vater mehr als gerecht zu werden. Sergej hatte es sich sogar zum Ziel gemacht, dass der Name seines Vaters, durch seine eigenen Erfolge, irgendwann ganz in Vergessenheit geraten würde. Da stellt sich doch die Frage, ob nicht er selbst für den Tod seiner Mutter verantwortlich war? Ich musste Sergej unbedingt folgen. Vielleicht konnte er mir sagen, wer der Fremde war?
Nach dem Roco und Sergej ihre Unterhaltung beendeten, verschwand Roco durch den Seiteneingang in die Bar und Sergej kam auf mich zu. Ich musste mich verstecken, aber wo? Prompt bemerkte ich, dass ich immer noch die Lumpen an hatte, die ich am Hafen anzog. Also setzte ich mich einfach auf den Boden und drückte mich, mit dem Kopf nach vorne gebeugt und wirres Zeug daherredend, an die Wand. Sergej hielt neben mir inne und schaute mich lange an. Der Regen pisste von oben auf uns herab und ich befürchtete, er hätte bemerkt, dass ich nicht der war, für den ich mich ausgab. Ein einfacher Penner. Ich schielte unbemerkt zu ihm hoch und war gespannt, was er vor hatte. Er griff in seine rechte Hosentasche und kramte darin rum. Irgendetwas klimperte in seiner Tasche. Kurz darauf holte er ein paar Münzen aus seiner Tasche, warf sie vor meine Füße und schlenderte narzisstisch von dannen. Dieser verdammte Hurenbock, dachte ich mir. Ich würde ihm schon noch zeigen, dass ich keiner war, der irgendwelche Almosen von irgendeinem dahergelaufenen Bastard entgegennahm. Ein paar Blocks weiter befand sich ein Taxistand. Sergej war der Meinung, er würde so nicht besonders auffallen, da er ja keine Luxuskarosse fuhr. Aber er war mir aufgefallen, nicht nur weil ich ihn zufällig dabei erwischte, wie er mit Roco plauderte, sondern, weil er diesen arroganten Gehstil hatte, der typisch für ihn war. Er stieg in ein Taxi ein und fuhr die Straße aufwärts. Ich nahm mir das Taxi, welches direkt hinter ihnen parkte. Als ich dem Fahrer befahl, dem vor uns fahrenden Taxi zu folgen, warf er mir einen fragenden Blick durch den Rückspiegel zu. Da ich keine Lust hatte, irgendwelche idiotischen Fragen zu beantworten, hielt ich ihm meine Baretta unter die Nase. Und ich kann ihnen sagen, ich hätte nie gedacht, dass ein normaler Taxifahrer im Stande dazu wäre, echte Rennfahrerqualitäten aufzuweisen. Dieser raste, wie von einem wilden Pferd gebissen, die Straße aufwärts. Da ich nicht wollte, dass wir auffallen, stupste ich dem Fahrer mit dem Lauf der Baretta an den Hinterkopf und bat darum, dass er etwas langsamer fuhr. Fünfzehn Minuten später, hielt das Taxi, in dem Sergej saß, vor einem mir unbekannten Etablissement. Er stieg aus und das Taxi schlug eine andere Richtung ein. Mein Taxi parkte ein paar Straßen weiter und ich stieg erst aus, als Sergej das Etablissement betrat. Als ich vor dem Gebäude stand, merkte ich erst, wo er hineingegangen war. Es war ein Bordell namens "Die wilde Rose", von dem ich bisher nichts gehört hatte. Dieser Sergej hatte schon immer eine Schwäche für verruchte Frauen. Und hier war er sozusagen mit einer Elite von verruchten Frauen umgeben. So wie ich aussah, würden die mich direkt wieder rausschmeißen. Also entledigte ich mich meiner dreckigen Lumpen. Was übrig blieb, war die Stoffhose und das weiße Hemd, was ich unter den Lumpen anbehalten hatte. Es pisste immer noch. Ich fuhr mit den Händen durch meine Haare und kämmte sie nach hinten, um wenigstens etwas akzeptabel zu wirken.
Mit dem Schulterhalfter unter dem Hemd, die meine Baretta trug, ging ich in das Bordell hinein. Ich konnte noch frühzeitig sehen, dass Sergej mit einer schwarzhaarigen Frau, die ein Hauch von nichts an hatte, die Treppen hinaufstieg und einen langen Gang durchstreifte. Dann waren sie plötzlich verschwunden. Das Bordell hatte einen angenehmen Duft. War ja auch kein Wunder bei den unzähligen hübschen Frauen, die hier rumliefen und dem einen oder anderen Gast ihre süßen Dienste anbaten. Jede der Frauen packte einen der Besucher am Arm und verschwand in einem der Zimmer im unteren Bereich oder in einem der Zimmer im Obergeschoss. Obwohl ich von so vielen traumhaften Frauen umgeben war, ging mir eine andere Frau nicht aus dem Kopf. Shannon O`Really. Diese Frau war was besonderes. Sie war die erste Frau nach so langer Zeit, mit der ich mir hätte vorstellen können, eine ernsthafte Liaison einzugehen. Abgesehen von ihrem Namen und der Ähnlichkeit mit meiner verstorbenen Frau, war da noch was anderes, was mich anzog. Ich wurde einfach das Gefühl nicht los, dass ich diese Frau schon bald wiedersehen würde.
Die Frauen in dem Bordell waren gekleidet wie Pharaorinnen. Alle hatten sie braungebrannte Haut und einen makellosen 90-60-90 Körper. Hätte ich schon bereits keine andere Frau im Sinn gehabt, wäre es mir mit hundertprozentiger Sicherheit sehr schwer gefallen, der Versuchung zu widerstehen. Kaum hatte ich zu Ende gedacht, winkte mich schon eine dieser Frauen, mit dem Hinterteil an einen Treppengeländer gelehnt, zu sich. Da ich wusste, dass ich ohne Begleitung nicht zum oberen Bereich gelangen würde, ließ ich mich auf die Frau ein. Vier Schritte später stand ich vor der Frau, die nur ein rotes Höschen trug und ihre prallen Brüste frei zur Schau stellte. Ihre Brüste glänzten im hellen Licht und ihre Augen funkelten wie Katzenaugen. Ihre Haare waren schwarz und gelockt. Sie fielen bis zu den Schultern und ihre Brustwarzen wurden von kleinen Glitzersternen umrandet. Ich fragte sie, warum sie nicht so bekleidet war wie die anderen Frauen und sie antwortete mir mit einer rauchigen Stimme, dass sie schon eine längere Zeit in dem Bordell arbeiten würde, und nur die jungen Küken sich der Kleiderordnung unterordnen müssten. Sie sei schon so gestanden, dass sie von ihrer Puffmutter gewisse Privilegien zugesprochen bekäme. Dabei war sie erst siebenundzwanzig Jahre alt. Alle Frauen in dem Bordell waren sehr jung. Die Betreiberin des Bordells legte viel wert auf Frischfleisch. Die Frau, die sich Monique nannte, lächelte mich an und hauchte mir etwas zottiges ins Ohr, und von der einen auf die andere Sekunde packte sie mich an meinem Arm und ging mit mir die Treppen hoch. In welchem Zimmer war dieser Sergej bloß? Oben angekommen, sah ich am anderen Ende des Gangs eine Frau, die aus dem Zimmer sprang und sich von ihrer Kollegin nebenan ein paar Präservative in die Hand drücken ließ. Da erkannte ich, dass diese Frau die gleiche war, die Sergej am Arm zog und mit ihm wegging. Ich verschwand mit Monique in einem der vorderen Zimmer. Ich musste mir überlegen, wie ich mich aus dem Griff dieser bezaubernden Frau entreißen konnte, um mir endlich Sergej vorzunehmen. Während ich über einen Plan nachgrübelte, warf Monique mich aufs Bett, zog mir die Hose runter und ließ mich ihren heißen Mund spüren. Für einige Augenblicke ließ sie mich Sergej vergessen und ich widmete mich voll und ganz der Frau, die mir ihre Liebeskünste eindrucksvoll unter Beweis stellte. Nach einer Weile ließ sie von mir ab und streifte mir eine Präservative über. Ich wusste was kommen würde. Sie setzte sich auf mich und fing an, mich langsam zu reiten. Ich musste die aktive Rolle in diesem Sexspiel übernehmen, denn irgendwie musste ich es ja hinbekommen, dass Sie vor Erschöpfung nicht mehr aufstehen konnte. Ich warf sie auf den Rücken und drang mehrere Male in sie ein, so dass sie vor Lust nicht mehr aufhören konnte, zu schreien. Eine halbe Stunde später lagen wir beide entkräftet nebeneinander und schauten uns in die Augen. Sie brannte noch vor Verlangen, aber ich hatte für meinen Teil genug. Ich musste mich jetzt um Sergej kümmern. Schnell zog ich mich an und bevor ich das Zimmer verließ, wollte ich Sie für ihre schönen Dienste bezahlen. Monique lag immer noch erschöpft auf den Rücken. Als ich das Geld neben ihr aufs Bett legte, hob sie es auf und steckte es wieder in meine Hosentasche. Ich starrte sie verblüfft an und sie meinte nur, ich sei der erste seit langem gewesen, der sie daran erinnerte, wie viel Spaß sie doch in ihrem Beruf hatte und schlief ein. Ohne lange zu überlegen, verließ ich dass Zimmer. Keiner war mehr auf dem Gang. Alle Türen der Zimmer waren geschlossen. Die Frauen hatten offensichtlich viel zu tun. Ich ergriff meine Chance und lief zum letzen Zimmer im Gang, wo ich hoffte, Sergej in einer für ihn sehr ungünstigen Position zu erwischen. Ich lauschte an der Tür. Ich hörte die Lustschreie der Hure im Zimmer. Ich musste dem Treiben endlich ein Ende setzen. Dann musste Sergej halt eine andere Form des Coitus Interruptus über sich ergehen lassen. Ich zog die Baretta aus meiner Hose, trat die Tür ein und richtete meine Waffe genau auf den Kopf von Sergej. Zu meiner Verwunderung schrie die Hure nicht lauthals das ganze Bordell zusammen. Eher im Gegenteil, es herrschte eine Totenstille im Zimmer. Beide waren Kreidebleich im Gesicht. Ich schloss die Tür hinter mir zu und verlangte von der Hure, dass sie sich doch bitte von Sergej loslöste, damit ich ihn endlich ausquetschen konnte. Sie bewegte sich vom Bett weg, bedeckte sich mit einer Decke und setzte sich auf den Stuhl im Zimmer, auf die ich mit der Waffe zeigte. Sie hatte zwar Tränen in den Augen, aber sie wimmerte kein bisschen. Sie spürte wahrscheinlich schon den Tod im Nacken. Sergej kniete auf dem Bett und hielt beide Arme nach oben, wobei er versuchte, auf mich einzureden:
"Lange nichts voneinander gehört Jack?"
"Ach wirklich? Ist mir bis jetzt gar nicht so aufgefallen. Einst kannst du mir glauben du dreckiger Hund, in wenigen Minuten wirst du nicht mehr in der Lage sein, irgendetwas zu hören, geschweige denn etwas zu sehen!"
"Willst du mich umbringen Jack?"
"Kommt drauf an Sergej."
"Auf was kommt es an? !"
"Darauf, ob mir die Antworten auf meine Fragen gefallen."
"Welche Fragen Jack?"
"Wieso bist du hinter mir her?"
"Jack, soweit ich sehen kann, bist du ins Zimmer gestürmt und bedrohst mich mit einer Waffe. Wer ist jetzt nun der Gejagte und wer der Jäger?"
"Hör auf mit den Spielchen Sergej! Irgend so ein Idiot hat mir gesagt, dass du und deine zwei Brüder es auf mich abgesehen hättet! Also, was wollt ihr von mir? !"
"Was willst du von uns Jack?"
"Wie soll ich das verstehen?"
"Na ja, der gleiche Idiot hat mir vor zwei Tagen einen Brief zukommen lassen, in dem er behauptete, dass du mich und meine Brüder aus dem Verkehr ziehen wolltest. Wie es aussieht Jack, sitzen wir beide auf dem gleichen Boot."
"Du lügst doch nur! Für welchen Zweck sollte er denn so etwas arrangieren?"
"Die Frage kann ich dir leider nicht beantworten Jack. Ich weiß nur, das wir alle gelinkt wurden und nur wir gemeinsam hinter diese Verschwörung kommen können."
"Das hättest du wohl gerne du mieses Schwein! Eher würde ich verrecken als mit deines gleichen zu kooperieren!"
"Wir sind die Opfer Jack, vergiss das nicht!"
"Du bist kein Opfer mein russischer Freund. Du magst vielleicht nicht mit diesem Kerl unter einer Decke stecken, aber du kannst doch nicht leugnen, dass ihr vom gleichen Schlag seid?"
"Vom gleichen Schlag? Wie soll ich das verstehen Detective?"
"Ihr seid beide dreckige, verlogene und verdammte Bastarde!"
"Was glaubst du, wer du bist Jack? Du glaubst doch nicht im Ernst, dass du einfach hier reinspazieren und mich mit einer Waffe bedrohen kannst? Was gibt dir das Recht dazu?"
"Das willst du wirklich wissen Sergej?"
"Ja, verdammt noch mal!"
"Die Antwort ist ganz einfach Sergej. Ich konnte schon deinen Vater ums Verrecken nicht ausstehen!"
"Du mieser-
Ich schoss Sergej ins rechte Knie. Blut spritzte auf die weiße Bettdecke und er schrie vor Schmerzen auf. Die Hure auf dem Stuhl wurde blasser als vorher. Sergej krümmte sich auf dem Bett und wimmerte was unverständliches vor sich hin.
"Das tut sicherlich weh Sergej? So leid es mir auch tut, ich wollte es nicht so weit kommen lassen, aber ich kann niemandem vertrauen. Und da ich weiß, dass du nur Dreck am stecken hast, werde ich dich auch nicht verschonen."
"Du wirst das alles sehr bedauern Jack! Meine Brüder werden dir die Hölle heiß machen! Du verdammter -
Sergejs linkes Knie musste auch daran glauben. Er schreite erneut auf. Die anderen Frauen merkten alsbald, was los war und hämmerten gegen die Tür. Wenig später kamen die Aufseher des Bordells hinzu. Langsam musste ich die Fliege machen.
"Sergej, du hast großes Glück! Ich habe keine Zeit dich umzulegen. Also, bis später!"
Als ich aus dem Fenster auf einen Müllcontainer springen wollte, hörte ich, wie Sergej seine Waffe entsicherte. Plötzlich streifte eine Kugel mein rechtes Ohr und verletzte mich. Geschockt, fiel ich zur Seite und schoss mit einer schnellen Umdrehung Sergej in den Kopf, bevor er mich mit einer weiteren Kugel überraschen konnte. Das er schon viel Blut verloren hatte, war mein Glück gewesen, denn er galt als ziemlich sicherer Schütze. Sein lebloser Körper prallte gegen die Wand, die schon mit seinem Blut vollbeschmiert war. Danach sackte er mit dem Gesicht aufs Bett, welches sein Blut in eine einzige Blutlache verwandelt hatte. Ich sah die Hure immer noch regungslos auf dem Stuhl sitzen. Ihr Gesicht und Körper war mit Sergejs Blut voll bespritzt. Sie schaute auf das Bett und sah, wie das Blut herunterlief. Ohne ein einziges Wort zu verlieren, sprang ich aus dem Fenster auf den Müllcontainer und anschließend auf den vom Regen durchnässten Boden. Als ich wegrannte hörte ich die Schreie der Hure, die sich solange zurückgehalten hatte.
So hörten sich wohl Freudenschreie an, wenn man kurze Augenblicke davor, dem Tode von der Schippe gesprungen war.
Während ich rannte, hatte ich Shannon O`Really vor Augen und die Schmach in mir, mit einer anderen Frau geschlafen zu haben.
Ich rannte und rannte. Mein Herz pochte wie wild. Das Blut in meinem Körper raste durch meine Adern und mir wurde es unerträglich heiß. Mein Kopf glühte und kalter Schweiß rann über mein gesamtes Gesicht. Mein Ohr schmerzte als würde man mit Tausend Nadeln in sie hineinstechen. Aber ich lief weiter. Der Regen prasselte die Wolken hinunter und donnerte auf den Asphalt. Der Himmel war ziemlich grau und düster. Grölendes Gewitter erfüllte den Himmel und der herabfallende Regen wurde immer stärker. An der Shelby Road lief ich in eine Sackgasse rein und versteckte mich zwischen ein paar Mülltonnen. Ich schien den Regen nicht mehr zu spüren. Ich ließ mich durch ein dutzend Tauben ablenken, die es sich auf dem Geländer einer Feuertreppe gemütlich machten. Sie schien der Regen erst recht nicht zu stören. Aufgeschreckt durch das Gewitter, flogen die Tauben allesamt in die Luft und verschwanden hinter einem nahegelegenen Gebäude. Mein Handy klingelte und ich hob ab:
"Ja."
"Du hast dich nicht an die Regeln gehalten Jack!"
"Stecke dir deine Regeln sonst wo hin Fremder!"
"Wer nicht hören will, der muss fühlen Detective!"
"Wenn du ein Mann wärst, dann würdest du dich persönlich mit mir duellieren und nicht andere auf mich hetzen, du verlogenes Schwein!"
"Respekt Jack, du hast es rausgefunden. Ich wusste doch genau, dass dieser verdammte Sergej es nicht schaffen würde, die Klappe zu halten. Jetzt hast du ihn ja zum schweigen gebracht Detective. Ich weiß jetzt nicht, ob ich mich bei dir bedanken oder dich umlegen soll?"
"Versuche es, wenn du kannst?"
"Ich bin ein anderes Kaliber Jack. Dir würde es bestimmt nicht gefallen, mir gegenüber zu stehen?"
"Ich werde es drauf ankommen lassen Fremder. Und woher weißt du eigentlich über jeden meiner Schritte bescheid?"
"Du bist sehr neugierig Jack. Aber wenn du die Antworten willst, dann musst du schon zu mir kommen."
"Und wo soll das sein?"
"Weißt du noch die Kirche, in der du zu dir gekommen bist Jack? O ja, ich bin mir sicher, dass du dich daran erinnerst. Du hast ungefähr eine volle Stunde Zeit, um dort zu erscheinen. Falls du natürlich bis dahin noch am Leben sein solltest?"
"Wie soll ich das jetzt verstehen?"
"Was ist daran nicht zu verstehen Jack. Ich meine, wenn du dir das Recht nehmen kannst, gegen die Regeln zu verstoßen, wie kannst du dann von mir erwarten, dass ich mich an die Regeln halte?"
"Wer ist es diesmal auf deiner Liste?"
"Jimmy, die Pranke! Ihr werdet viel Spaß miteinander haben Detective! Also, viel Erfolg! Und nicht vergessen, ich gewähre dir nur eine volle Stunde. Nicht mehr und nicht weniger!"
Er legte auf, bevor ich überhaupt etwas sagen konnte. Jetzt hatte ich auch noch Jimmy die Pranke am Hals. Er würde mich wahrscheinlich von alleine finden. Also entschied ich mich dafür, schon vorzeitig in die Kirche zu gehen, mit der Hoffnung, dass ich dem Fremden vielleicht zuvorkommen könnte.
Da ich meinen Wagen nicht mehr hatte, musste ich mir erneut eine Mitfahrgelegenheit suchen. Ich ging wieder die Straße entlang und wartete darauf, dass ein Wagen vorbeifuhr. Wenn nicht, war ich aufgeschmissen. Denn bis zur Kirche am anderen Ende der Stadt würde ich es kaum in einer Stunde schaffen. Da kam schon ein roter Buick die Straße entlang und hielt genau neben mir. Die männliche Person im Wagen, öffnete mir die Beifahrertür und sagte mir, dass er mich ein Stück mitnehmen könnte, wenn ich nichts dagegen hätte. Ich nahm das Angebot allzu gerne an, da ich es sowieso schon eilig genug hatte.
Während der Fahrt schwieg der Fahrer und ich nahm mir die Zeit, ihn genauer unter die Lupe zu nehmen. Er war ein robuster Kerl, ziemlich groß. Obwohl er saß, konnte man seine tatsächliche Größe leicht einschätzen. Er war um die zwei Meter groß, hatte einen breiten Nacken und seine Arme sahen so aus als hätte er sein ganzes Leben lang Gewichte gestemmt. Er trug schwarze, lange Haare, die übermäßig geölt waren und einen drei Tage Bart. Goldketten hingen um seinen Hals und Goldringe um seine Finger. Sah ziemlich wohlhabend aus. Obwohl es offensichtlich war, dass der Kerl ein hohes Alter hatte, machte er dennoch einen gesunden und jugendlichen Eindruck. Was mir besonders auffiel, waren seine Hände. Die waren für einen normalen Menschen ziemlich großgewachsen. Mir kam es vor, dass er mit seinen bloßen Händen einen Elefanten erlegen könnte. Er hatte richtige Pranken, mit denen er ganz locker mein komplettes Gesicht hätte bedecken können. Und auf einmal kam mir der Geistesblitz! Bevor ich was machen konnte, bekam ich einen Fausthieb ins Gesicht und schlug mit dem Kopf gegen die Fensterscheibe. Danach sah ich nur noch schwarz.
Als ich zu mir kam, hang ich an etwas hartem. Ich konnte nur mit viel Mühe meinen Kopf aufrichten. Ich konnte nichts richtig erkennen, da ich alles nur verschwommen wahrnahm.
Der Schlag von Jimmy hatte mir richtig zugesetzt. Ich hörte eine vertraute Stimme, die mich zu verhöhnen begann:
"Na Jack, wie fühlen wir uns denn so? Du musst Jimmy entschuldigen, dass er dich so hart rangenommen hat. Aber wenigstens bist du rechtzeitig in der Kirche angekommen, oder?"
Jetzt konnte ich klarer sehen. Ich war an einem großen Kreuz festgebunden. Ich hang ungefähr drei Meter über dem Boden. Vor mir war ein Altar auf dem der Fremde saß und triumphierend grinste. Neben mir war noch ein Kreuz, an dem eine weitere Person anscheinend auch festgemacht wurde. Wer es war, konnte ich nicht erkennen, da die Person mit einem weißen Bettlacken bedeckt wurde.
"Willst du mir nicht antworten Detective?"
"Mir geht es beschissen du Drecksschwein! Wer zum Teufel noch mal bist du und was hast du mit mir vor? !"
"Du hast recht Jacky Boy, du hast eine Antwort auf deine Fragen verdient. Aber wo fange ich bloß an zu erzählen und dir alle meine Geheimnisse zu offenbaren? Hmmm, das ist ziemlich schwierig Jack."
"Ich habe genug Zeit, kann ja nicht weglaufen. Also, wer bist du Fremder?"
"Erkennst du gar keine Ähnlichkeit Detective?"
"Ähnlichkeit? Mit wem den?"
"Pete Callaghan!"
"Pete Callaghan?"
"Ja, ganz genau Jack! Pete Callaghan! Mein Bruder!"
"Dann bist du ja -
"Robert Callaghan, der kleine Bruder! Zehn Jahre ist es her Jack! Zehn Jahre habe ich auf diesen Moment gewartet! Du hast meinen Bruder ins Gefängnis gebracht, du erbärmlicher Drecksack! Und du bist Schuld, dass er im Knast durch einen seiner Erzfeinde umgebracht wurde! Neunzehnmal hatte man ihm mit einem Fleischermesser in den Rücken gestochen!
Beim Pissen Jack, beim Pissen! In einer gottverdammten Kloake ist mein Bruder dahingerafft worden!"
"Dann rechne mit dem ab, der deinen Bruder auf dem Gewissen hat, du Irrer!"
"Du willst es wohl einfach nicht verstehen Jack. Du bist doch erst dafür verantwortlich, dass es soweit gekommen ist. Hättest du meinen Bruder nicht eingebuchtet, dann wäre das alles nicht geschehen."
"Dein Bruder hat es verdient, weil er ein Verbrecher gewesen ist. Genau wie du einer bist!"
"Halt dein Maul Jack! Mein Bruder war ein Künstler und ein Genie! Jeder in Worthvillage
hatte großen Respekt vor ihm. Keiner wagte es, seinen Namen auszusprechen. Sein Wort war Gesetz, was er wollte, das bekam er auch. Alle waren seiner Herrschaft verfallen, die Unterwelt, sogar die ehrenwerten Bullen! Und du hast seine Welt, sein Imperium zerstört!"
"Er hat es nicht anders verdient Robert. Dein Bruder kannte kein Erbarmen. Er hatte Menschen wie Dreck behandelt. Er musste aus dem Verkehr gezogen werden."
"Was gibt dir das Recht Detective, den Rächer der Armen zu spielen? Glaubst du, du könntest nach deinen Regeln alles ins Lot bringen? Das ist doch reine Utopie Jack. Alles war schon damals verdorben, und heute wird sich auch nichts daran ändern. Die Welt ist so wie sie ist, ein Drecksloch!"
"Und das sind die Worte eines erst siebenundzwanzigjährigen. Mein Gott, wie hoffnungslos du doch bist."
"Jetzt reicht es mir Detective. Es ist an der Zeit, zu sterben. Jimmy, komm herein!"
Das Eingangstor der Kirche öffnete sich und Jimmy die Pranke kam durch die Himmelspforten. Der einzige Unterschied war nur, das er nicht gerade aussah wie ein Engel.
Es war alles vorbei, ich würde elendig verrecken.
"Hey Robert, es ist mir eine Ehre, mit dir arbeiten zu dürfen."
"Die Freude ist ganz meinerseits. Kümmere du dich um den Detective."
"Und was ist mit der Frau?"
"Die reizende Shannon werden wir uns nachher vornehmen, wenn der gute Detective nicht mehr unter uns weilt."
Das war unmöglich. Die Frau am anderen Kreuz war Shannon. Wie konnten diese Mistkerle sie ausfindig machen?
"Ach Jack, fast hätte ich es vergessen. Wer ich bin, weißt du ja bereits. Jetzt möchtest du bestimmt auch noch wissen, wie ich es fertiggebracht habe, dich auf Schritt und Fuß zu verfolgen? Dann werde ich mich jetzt mal zur Abwechslung als freundlich erweisen und es dir erklären. Du erinnerst dich doch, wie du hier in der Kirche aufgewacht bist und dich in einer Blutlache wiedergefunden hast? Sicher tust du das. Du hattest recht, es war nicht dein Blut, sondern das Blut von Bo, dem Schlächter. Er wollte nicht für mich arbeiten, also habe ich ihn gekillt. Seine Körperteile liegen jetzt im Bay River, weiter östlich gelegen. Soweit ich mich erinnere, lagst du genau hier, wo gerade Jimmy und ich stehen. Es war ein köstlicher Anblick! Du -
"Woher wusstest du über jeden meiner Schritte bescheid?"
"Immer sachte Jack. Geduld ist der Vater jeden Erfolgs. Also, wo war ich stehen geblieben? Ah ja, jetzt habe ich es wieder. Kannst du dich erinnern, was du die Nacht davor gemacht hast? Nein, du warst nämlich bis obenhin dicht Jack. Du hast, wie gewöhnlich, in Roco`s Bar gesessen und hast dir deine Trauer mit Alkohol weggeschwemmt. Du sahst ziemlich fertig aus in der Nacht. Erinnerst du dich an die blonde Kellnerin, die dir dein letztes Glas auf den Tisch gestellt hat? Genau diese besagte Kellnerin, warf dir zwei Schlaftabletten, die sie vorher zerbröselt hatte, ins Glas, damit es dir nicht auffällt. Wenn es nach mir geht Jack, hätte sie die Tabletten auch ganz reinwerfen können, da du sowieso nichts gemerkt hättest, bei dem, was du an Spirituosen verzehrt hattest. Na ja, der gute Roco hat dich dann später in meine Villa gebracht, wo dir mein hauseigener Arzt eine Wanze in den Hinterkopf verpflanzt hat. Später hat dich Jimmy zur Kirche rübergefahren. Raffiniert Jack, oder?"
"Wieso die ganze Mühe Robert? Wieso hast du mich nicht einfach abgeknallt?"
"Ha ha ha, ganz einfach Jack. Ich liebe das Dramatische! Ich wollte, dass du dort zugrunde gehst, wohin du die letzten Jahre keinen Fuß gesetzt hast. Als deine Familie starb, hast du dich von deinem Glauben abgewandt. Der katholische Jack McAllister wurde auf einmal zum Glaubensabtrünnigen. Und du hast dir immer versucht einzureden, dass es schon immer so gewesen sei. Ich kenne dich Jack, du kannst mir nichts vorkamen. Zehn Jahre lang habe ich dich genau beobachtet. Warum ich so lange gewartet habe ist offensichtlich. Ich wollte dich erst am Boden sehen, damit ich dann endlich zuschlagen konnte. Der Verlust deiner Familie hat dich zu einem wandelnden Wrack gemacht Jack. Du bist unvorsichtig geworden und hast angefangen Fehler zu machen. Und jetzt stehe ich vor dir, der kleine Robert Callaghan, dem du damals in die Augen geschaut hast als du ihm das weggenommen hast, was ihm jemals was bedeutet hat. Seinen großen Bruder!"
"Rechne mit mir ab Robert, aber lass die Frau gehen. Bitte!"
"Wieso denn Jack? Bedeutet dir die Frau denn so viel?"
"Ja, tut sie, du Mistkerl! Lass sie gehen!"
"Ich werde dann mal gehen Jack. Jimmy wird sich schon um euch kümmern."
In dem Moment brach Robert Callaghan in lautes Gelächter aus. Jimmy bewegte sich auf mich zu und schnitt mir mit einer Axt die Seile auf, so dass ich auf den Boden fiel. Er wollte mich mit seinen bloßen Händen umbringen. Jimmy packte mich am Hals, zog mich hoch und fing an, mich zu würgen. Ich konnte den Boden unter meinen Füßen nicht mehr spüren. Ich hatte das Gefühl, dass das Ende nahte.
"Was ist los Jacky Boy, nimmt dich Jimmy zu hart ran?"
Ich rang nach Luft, aber es war zwecklos. Seine Hände waren zu stark.
"Jack, bevor ich mich endgültig von dir verabschiede, will ich dir noch was gestehen. Deine Frau hat geschrieen vor Lust, bevor ich sie mit einem Fleischermesser in Stücke geschnitten habe und dein Sohn, der hat mir auch jede Menge Freude bereitet. Ha ha ha. Wie du siehst Jack, wäscht eine Hand die Andere."
Jähe und blinde Wut überkam mich. Dieser Bastard war für den Tod meiner Familie verantwortlich. Mit einem hatte er recht, eine Hand wäscht die Andere. Ich zertrümmerte mit einem wuchtigen Tritt Jimmy das Nasenbein und schlug ihm mit der Axt den Schädel ein. Robert drehte sich verwundert um und war versteinert als er mich nur ein paar Meter weg vor sich stehen sah. Wir standen auf dem Mittelgang. Lange Zeit starrten wir uns an. Und bevor er seine Waffe ziehen konnte, schleuderte ich ihm die Axt zwischen die Augenbrauen und er fiel nach hinten um. Jetzt war er derjenige, der in einer Blutlache lag. Nämlich in seiner eigenen.
Ich ging zu Shannon rüber und befreite sie vom Kreuz. Als ich das weiße Bettlacken weg zog, sah ich in ihre wundervollen Augen, die voller Freude waren, mich zu sehen. Ich entfernte den Knebel aus ihrem Mund und küsste sie ganz innig, mit der Gewissheit, dass Gott mir eine zweite Chance auf ein neues Leben, erfüllt mit Liebe, Vertrauen und der Zuversicht in die Zukunft, gegeben hatte.

Eingereicht am 31. März 2006.
Herzlichen Dank an die Autorin / den Autor.
Nachdruck und Vervielfältigungen, auch auszugsweise, bedürfen der schriftlichen Zustimmung der Autorin / des Autors.




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