Springrot, Heupferdchengrün
Von Anatufila
An einem heißen Sommertag, die Wiese lag in mittäglichem Dämmerschlaf,
rutschte Springrot aus dem Klatschmohn. Es wusste selber nicht, wie ihm
geschah. Anscheinend hatte es geträumt und sich so vom Blatt gelöst. Hilflos
blickte es vom Erdboden zur hohen Mohnblüte hinauf. "Ah, Klatschmohn",
seufzte es, "da stehst du nun auf deinem schlängeligen Stängel, mit drei
roten und einem weißen Blütenblatt." Klatschmohn merkte nichts davon.
Springrot versuchte hoch zu krabbeln, glitt aber immer wieder hinab.
"Heckeckeckeckereck", kicherte da ein Heupferdchen, das sich dem farblosen
Mohn und dem roten Zappelphilipp am Boden haushoch überlegen fühlte. Dabei
sprang der Hüpfer zwischen Gräsern hin und her und konnte sich vor Lachen
kaum halten. "Das ist empörend!", brummte etwas auf Heupferdchens Rücken.
Und schon plumpste das Heupferdchengrün, sich vom Tierchen trennend, neben
Springrot auf den Boden. Heupferdchen verstummte, blickte an sich entlang,
erkannte, dass es nun selber durch und durch weiß war und hopste beschämt
davon. "Den sind wir los", meinte das Grün zum Rot. "Steig auf!", befahl es,
rückte dabei noch ein bisschen näher heran und bückte sich, um Springrot
leichter aufsitzen zu lassen. Dem Rot, das sonst niemanden mehr auf der Welt
hatte, blieb nichts anderes übrig, und so lernte es reiten. Bald schon
galoppierte es mit Heupferdchengrün über Wiese und Feld. So übermütig waren
sie, dass sie nicht auf die Zeit achteten. Es war später Abend, als sie
bemerkten, wie dunkel es wurde. Da die Welt so fremd und bedrohlich
erschien, duckten sie sich eng aneinander geschmiegt in ein Erdloch.
Natürlich schliefen sie nicht fest, sondern schreckten bei jedem Geräusch
auf. Mitten in der Nacht sah Springrot zum Himmel. Dort glänzten die Sterne.
"Ohhhhh!", sagte es und auch Heupferdchengrün blickte zum Himmel und
staunte. So etwas Schönes hatten sie noch nie gesehen. "Komm, lass uns dahin
gehen", sagte das Grün. Springrot saß wieder auf und im langsamen Trab ging
es los. Sie ritten und liefen und liefen und ritten, kamen aber nicht näher
heran. Schließlich erreichten sie das Ufer eines Tümpels. Der lag ganz
still. und die Sterne spiegelten sich im Wasser. "Schau mal!", rief
Heupferdchengrün. Mutig ritt es mit Springrot in den Tümpel hinein. So kamen
sie zum Sternengelb und waren sehr glücklich miteinander. Wasserklar
kringelte sich, denn es kitzelte ein bisschen, als Heupferdchengrün und
Springrot durch es hindurch trabten. Aber es war tolerant, freute sich über
jeden bunten Besuch und lag bald wieder still da.