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Kurzgeschichte Kurzgeschichten

Milena und die Zauberschuhe

Von H. Sagorski


Irgendwie ist heute ein blöder Tag. Milena sitzt mit ihrem Opa am Wohnzimmerfenster und schaut gelangweilt nach draußen. Es regnet in Strömen, kein Wetter, um draußen auf der Schaukel durch die Luft zu fliegen, oder auf der heiß geliebten Rutsche in die Tiefe zu sausen. "Lass uns mal in den Flur gehen, und den alten Schuhschrank ausmisten", sagt Opa zu Milena. Immer noch besser, als dumm aus dem Fenster zu glotzen, denkt Milena und folgt ihren Opa. Ihre Aufgabe ist es, erst mal alle Schuhe auf den Boden zu werfen. Die merkwürdigsten Treter kommen zum Vorschein, und Milena probiert so manches Paar aus. Sie liebt es, in viel zu große Schuhe zu schlüpfen, um damit durch die Wohnung zu schlürfen. Ein Paar hat es ihr besonders angetan, es sind die hässlichsten aus dem ganzen Stapel, aber für Milena sind es die schönsten.
Opa hat inzwischen aussortiert, alles was noch brauchbar ist, kommt zurück in den Schrank, und der Rest in einen großen, blauen Müllsack. "Zieh mal die Galoschen aus, die kommen mit in den Müllsack", sagt Opa. "Nein", protestiert Milena, "die sind so schön, und ich will sie behalten." Opa schmunzelt, "Na gut, aber denk daran, es sind Zauberschuhe, immer wenn du diese Schuhe trägst, kannst du mit den Tieren sprechen", flüstert Opa ihr zu. Milena ist begeistert, Zauberschuhe hat kein Kind aus dem Kindergarten, und die anderen Kinder werden schön doof gucken, wenn sie davon erzählt. Auf einmal hat sie es recht eilig, nach Hause zu kommen. Der Regen hat inzwischen aufgehört, und so werden die Schuhe in einer Plastiktüte verstaut, und Opa bringt Milena zurück nach Hause.
"Ich bin wider da", ruft Milena, als sie den Flur betritt. "Mama ist hier oben im Schlafzimmer", kommt es zurück. Mal gucken, was die da oben macht, denkt Milena und stapft die Stufen hinauf. Mama ist am Bügeln, und Milena weiß ganz genau, dabei lässt sie sich nie stören. Also macht sie gleich wieder kehrt und verschwindet im Wohnzimmer. Es ist ruhig, nur Kater Felix liegt eingerollt auf der Couch und schläft. Da kann ich gleich mal meine Zauberschuhe ausprobieren, denkt Milena, holt sie aus der Plastiktüte und schlüpft hinein. "Hallo Felix, hörst du mich", ruft sie. Felix reagiert überhaupt nicht. Milena schleicht sich ganz dicht an sein Ohr. "Aufstehen, du alte Schlafmütze", flüstert sie. Diesmal hebt Felix verwundert den Kopf, und schaut sich suchend um. "Wer spricht mit mir", fragt er verwundert. Milena tippt sich mit dem Zeigefinger auf die Brust, und ruft: "Ich spreche mit dir." "Das ist ja toll", schnurrt Felix, macht einen Buckel und springt von der Couch. "Da mach mir mal den Fressnapf voll, Frauchen ist nämlich immer so geizig, und da hätte ich gerne die guten Rindstücke in Gelee, und nicht dieses ätzende Trockenfutter." Erwartungsvoll schaut er von seinem leeren Fressnapf zu Milena. Die schüttelt nur den Kopf und sagt: "Ne, das kann ich nicht, das Katzenfutter steht ganz oben im Schrank, und Mama hat schon Recht, du bist eine richtige Fressmaschine." Felix ist beleidigt, und verspeist die letzten Trokenfutterkrümel, die noch neben seinem Napf liegen. "Lass uns lieber nach draußen gehen, vielleicht erleben wir da noch ein Abenteuer", sagt Milena, und öffnet die Tür. Widerwillig folgt Felix ihr.
Draußen entdeckt Milena einen wunderschönen, großen Regenbogen am Himmel. "Ist der nicht schön, da müsste man hinauf steigen können, und auf der anderen Seite hinunter rutschen, das wäre eine echt tolle Rutsche", jauchzt Milena. "Dann mach das doch", brummt Felix. "Meinst du, das geht", fragt Milena. "Na klar, lass es uns zusammen versuchen", flötet Felix unternehmungslustig. Zusammen machen die beiden sich auf den Weg, dorthin, wo der Regenbogen die Erde berührt. Es ist ganz schön beschwerlich, und Milena wird langsam müde, da hört sie eine Stimme aus dem Hinterhalt. "Wo wollt ihr denn so eilig hin?" Sie dreht sich um, und schaut in zwei große ,braune Augen. Diese Augen gehören zu einem Pony, das ihnen schon seit einiger Zeit folgt. "Wir wollen zum Regenbogen und hinaufsteigen, aber wir sind schon ganz schön müde", sagt Milena. "Dann steigt doch auf meinen Rücken, damit ich euch ein Stückchen trage", erwidert das Pony. Das lassen Milena und Felix sich nicht zweimal sagen, und nach kurzer Zeit geht es im Galopp über die Wiesen. Aber auch ein Pony wird mal müde, und so landen die beiden im Gras, und Milena fängt an zu weinen, weil sie nach Hause will. Da kommt die Wildgans Frieda vorbei, und fragt, ob sie helfen kann. "Wir wollten auf den Regenbogen steigen, aber der ist noch so weit weg", schluchzt Milena. "Kein Problem, steigt auf meinen Rücken, und ich trage euch bis nach oben", sagt Frieda. Sofort kann Milena wieder lachen, und steigt mit Felix auf Friedas Rücken.
Jetzt geht alles sehr schnell, schon in kurzer Zeit sind sie oben auf dem Regenbogen angekommen. Von hier oben sieht alles sehr klein aus, und Felix jammert: "Mann, ist das tief." Aber Milena setzt sich gleich in Startposition, nimmt Felix auf den Schoß, und los geht die Rutschpartie, in die Tiefe. Es ist herrlich, Milenas Haare fliegen im Wind, und sie hat dieses unbeschreibliche Kribbeln im Bauch, nur Felix schreit dauernd, dass ihm schlecht wird. Im hohen Bogen landen die beiden in Milenas Bett. Das war aber ein schöner Ausflug jauchzt Milena. Felix ist nicht ganz ihrer Meinung, er meint, er könnte heute nichts mehr fressen weil ihm immer noch schlecht ist. Morgen wollen die beiden aber wieder auf Abenteuerreise gehen. Milena versteckt noch schnell ihre Zauberschuhe unter ihrem Bett, denn ihre Mutter würde die Schuhe garantiert in der Mülltonne versenken. Milenas Mutter wundert sich nur, weil Milena heute gar keine Gute- Nacht-Geschichte hören will, und sofort einschläft.



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