www.online-roman.de

Im Palast des Kaisers …
Der verschwundene Diamant

Von Iris


Im Palast herrschte seit Tagen eine ganz miserable Stimmung.
Das wichtigste Familienerbstück des Kaisers, eine goldene Halskette mit einem feuerrot funkelnden Diamanten in Form eines Taubeneies, war verschwunden.
Oh ja, es war wirklich das wichtigste, was der Kaiser besaß, und er besaß viel, denn sie war ein Zeichen seiner Macht.
Jeder neue Kaiser hatte sie einst von seinem Vater übernommen und auch er würde sie einmal an seinen Sohn weitergeben. So hatte es sich eigentlich jeder vorgestellt. Doch nun war das unvorstellbare geschehen: Der Diamant war weg! Und das konnte der Kaiser auf keinem Fall zulassen. Niemand außerhalb der Palastmauern durfte jemals davon erfahren, denn sonst würde er, außer der Kette, auch noch seine Ehre verlieren.
Da der Kaiser ein sehr guter Mann war, der zu seinen Angestellten immer fair gewesen ist, konnte er sich, bei denen die bereits davon wussten, sicher sein, dass sie es für sich behielten.
Er hatte unzählige Diener losgeschickt, die nur damit beschäftigt waren, etwas über den Verbleib der Kette herauszubekommen. Der Kaiser war sich sicher: Man hatte sie gestohlen!
Jeden Tag kamen einige seiner Ermittler vorbei, um Bericht zu erstatten, aber keiner kam wirklich weiter. Der Kaiser war verzweifelt. Sein Hofnarr, ein hibbeliger kleiner Mann, mit struppigem braunen Haar und einem albernen roten Zylinder auf dem Kopf, war ständig darum bemüht, seinen Herrn aufzumuntern, indem er Witze erzählte, oder Kunststückchen fabrizierte, über die er sonst auch lachen konnte, die er aber jetzt nicht einmal mit einem lächeln würdigte.
"Mein Freund, der große Zauberer Kadabra muss her. Er kann mir sicher helfen.", beschloss er eines Tages. Doch dieser hatte sich bereits seit Wochen nicht mehr blicken lassen. Wo war er bloß, jetzt wo ihn der Kaiser so dringend brauchte? "Julius!!!", brüllte er, "Schicke sofort einen meiner fähigsten Männer los, um ihn zu finden. Und er soll bloß nicht ohne ihn wiederkommen!"
Julius, das war sozusagen die rechte Hand des Kaisers. Er war ein großer, dünner Mann, mit einem spitzen, grauen Kinnbart und einer, intelligent aussehenden Nickelbrille auf der schmalen, spitzen Nase. Seine ebenso grauen, eher spärlichen Haare hatte er zu einem strengen Mittelscheitel gekämmt. "Sehr wohl eure kaiserliche Durchlaucht.", antwortete er in gewohnt ruhigem Ton. Und sofort machte er sich daran, des Kaisers fähigsten Mann auf die Suche zu schicken.
Dies war unbestritten Jonathan. Er war wahrlich ein Meister in allem, was in der kaiserlichen Armee gelehrt wurde. Spuren lesen, kämpfen mit jeder Art von Waffe, oder auch mit bloßen Händen war ebenso wenig ein Problem für ihn, wie das Reiten auf dem wildesten und schnellsten Hengst, der im Stall des kaiserlichen Gestütes stand. Also der ideale Mann für diesen Job!
Jonathan, ein athletischer Typ mit braunem Haar und leichtem Vollbart, war gerade damit beschäftigt sein Pferd für die nächste Ermittlungsreise fertig zu machen, als er von Julius seine wichtige Aufgabe zugeteilt bekam. Er machte sich unverzüglich auf den Weg.
Der Kaiser, ein sowieso schon rundlicher kleiner Mann mit dicker Kartoffelnase im dicken, roten Gesicht, verspeiste bereits seine 5. Portion Schokoladenpudding mit Sahne. Das machte er immer, wenn er Sorgen hatte. Es würde ihn beruhigen, meinte er. Jetzt konnten sie nur noch geduldig abwarten und hoffen, dass der Zauberer bald gefunden wurde. Es vergingen weitere 2 Tage, ohne irgendeinen Hinweis auf den Verbleib der Kette.
Der Kaiser hatte gerade überlegt innerhalb des Palastes ein Belohnungsgeld von 1000 Goldstücken für denjenigen auszusetzen, der im die Kette zurückbeschafft, als ein gewaltiger Knall seinen Gedankengang unterbrach. Dem Knall folgte eine dicke Qualmwolke in der langsam eine Gestalt erschien. Es war die riesige Gestalt des Zauberers Kadabra. Er trug eine lange blaue Robe, einen spitzen blauen Hut und einen goldenen Umhang. Sein schmales Gesicht war hinter einem langen weißen Bart versteckt. In der Hand hielt er seinen schwarzen Zauberstab.
Der Kaiser sprang aus seinem Thron auf und klatschte freudig in die Hände: " Hat er es tatsächlich geschafft! Ich wusste es!". Dann wurde sein Gesicht finster und seine Stimme ernster: "Warum kommst du jetzt erst? Wo hast du die ganze Zeit gesteckt? Hast Du überhaupt eine Ahnung was ich durchmache?" Der Zauberer antwortete knapp mit dunkeler Stimme: "Wichtige Geschäfte." "Was kann wohl wichtiger sein, als ich!", rief der Kaiser wütend.
Der Zauberer überging das Gebrülle und sagte: "Was kann ich für dich tun?" "Was du für mich tun kannst!!?? Weißt Du denn nicht was geschehen ist?" "Wenn du dich wieder beruhigt hast, kannst du mir dein Problem ja schildern."
Der Kaiser holte noch einmal aus, so als wolle er wieder losbrüllen, dann hielt er einen Moment inne, überlegte kurz und erzählte die ganze Geschichte. Als er fertig war nickte der Zauberer langsam. "Das ist ein Fall für meine Zauberkugel." Er holte eine große durchsichtige Kugel aus seinem Umhang hervor und stellte sie auf einen Tisch. "Ich bitte jetzt um absolute Ruhe, ich spreche jetzt den Findespruch."
Er hob seine Hände und hielt sie einige Zentimeter über die Kugel. Dann sprach er mit tiefer Stimme den Zauberspruch: " Hokus-Pokus Spinnenbein, Fledermaus und Krötenschleim, ein Diamant in feuerrot, macht unserm Kaiser große Not, mit einer goldenen Kette dran, sie muss zurück zu ihrem Mann. Drum zeige mir mit aller List wo des Kaisers Erbstück ist." Im großen Saal des Palastes herrschte absolute Ruhe. Der Zauberer und der Kaiser starrten gebannt auf die Kugel. Und die vier Bediensteten die sich mit im Raum befanden, unter anderem Julius und der Hofnarr, beobachteten die Sache aus sicherer Entfernung.
Allmählich erschien in der Kugel eine Art Nebelschleier, der langsam in "schwimmende" Formen übergingen. Sie wurden zu drei kleinen Gestalten die sich in einem Raum befanden. Einige Sekunden später vernahm man piepsige, lachende Stimmen, die sich aufgeregt unterhielten.
Die Gestalten waren auch in Wirklichkeit höchstens 30 oder 40 cm groß. Ihre Gesichter sahen aus wie verschrumpelte Äpfel und ihre Köpfe wirkten im Gegensatz zu ihrem restlichen Körper sehr groß. Es waren Kobolde, die sich fröhlich um einen Tisch versammelt hatten und etwas das sich darauf befand bestaunten. "Ich habe nie gedacht, dass es klappt!" piepste der eine und ein anderer sagte: "Ich hab's dir doch gesagt. Wenn der Dicke schläft, merkt er gar nichts mehr. Kein wunder mit so einem vollgefressenen Wanst."
Mit "der Dicke" meinte der Kobold natürlich den Kaiser, welcher sich nun nur schwer beherrschen konnte um nicht voll Wut auf den Tisch zu hauen. "Ja, das war echt einfacher, als ich dachte.", raunte der dritte Kobold. "Jetzt haben wir die Macht und der Dicke ist wahrscheinlich schon am heulen, weil er es nicht weiter vererben kann. Was meint ihr, was das gute Stück wert ist? Ich würde sagen, wir warten noch eine Weile ab und dann erkundigen wir uns, was wir dafür bekommen." "Ja, noch ein bisschen Geduld, dann sind wir reich !!! ".
Dann hüpften sie um den Tisch, in dessen Mitte die Kette mit dem Diamant lag. Bei dem Anblick wurde der Kaiser noch wütender und er meinte, das der Diamant ein wenig seiner Farbe verloren habe, vor Trauer, das er nicht mehr bei seinem Herrn war. Er blickte den Zauberer an und fragte: " Wie können wir mein Eigentum zurückbeschaffen?"
Der Zauberer lachte: "Nichts leichter als das", sagte er und steckte die Zauberkugel, welche mittlerweile wieder durchsichtig geworden war, zurück in den Umhang. Dann murmelte er etwas, das niemand verstand und es knallte wieder.
In der Qualmwolke erschien ein Tisch, um den drei Kobolde tanzten. Sie bemerkten zunächst nicht, das sie nicht mehr in ihrer Hütte im Wald waren und sangen: " Wir sind reich und mächtig nun und brauchen gar nichts mehr zu tun, hippeldihopp hippeldipopp!" Als sie aber bemerkten, was geschehen war, schrien sie und liefen wild umher.
Dann versuchten sie zu fliehen, aber der Kaiser rief: "Wachen, packt sie!" Und schon waren mehrere Wachen zur Stelle, um die Diebe festzuhalten und dem Kaiser vorzuführen. Der aber ging erst einmal hinüber zu dem Tisch, auf dem die Kette lag, nahm diese vorsichtig hoch und küsste sie. Er hängte sie sich um den Hals und hatte sofort den Eindruck, als leuchte sie schöner als je zuvor.
Nun wandte er sich mit finsterer Miene den Kobolden zu. "Ihr! Was habt ihr euch dabei gedacht mich zu bestehlen? Ich werde euch ins finsterste Verlies sperren und nie wieder herauslassen!" Die Kobolde zitterten, weinten und bettelten um Gnade. Schließlich sagte der Zauberer: "Ich habe eine viel bessere Idee, als sie wegzusperren." "So, welche?" "Mit deinem Einverständnis könnte ich ihnen einen Fluch anhexen, der sie dazu verdammt, immer darauf aufzupassen, dass die Kette bei seinem Besitzer bleibt. Wann immer jemand sich der Kette nähert, in der Absicht, sie zu entwenden, werden die Kobolde dort auftauchen und müssen Alarm schlagen. Eine Art Alarmanlage, du verstehst?"
Bei den letzten Worten, zwinkerte der Zauberer mit dem rechten Auge zum Kaiser herüber. "Und du meinst, das funktioniert? Na dann machen wir's so. Ich denke, das ist eine gerechte Strafe."
Und schon zauberte Kadabra, zum entsetzen der Kobolde drauf los: "Hokus pokus dreierlei, die Kobolde sind nie mehr frei. Sie sind ab nun für alle Stunden mit dieser Kette hier verbunden. Sobald ein Dieb sich nähert ihr, so sind sie hier. Lirum larum Mäusemagen, sie werden jeden Strolch verjagen!!!"
Dann knallte es abermals und die quiekenden Kobolde rannten zur Tür hinaus. "Nun, wir können es gleich einmal ausprobieren", lachte der Zauberer. "Du, komm mal her", sagte er und wank einen etwas abseits stehenden Wächter zu sich herüber. "Versuch einmal, die Kette vom Hals des Kaisers zu entfernen!"
Kaum hatte er sie berührt, knallte es wieder und die schreiender Kobolde scharten sich um den Kaiser. Alle mussten herzlich lachen, außer den Kobolden natürlich. Die machten sich gleich wieder aus dem Staub.
Für den nächsten Tag wurde ein großes Fest vorbereitet, auf dem natürlich der Zauberer Kadabra zum Ehrengast ernannt wurde.
Es war ein wundervolles Fest und als es vorbei war, kehrte endlich wieder Ruhe und Frieden im Palast des Kaisers ein. Und niemand außerhalb der Palastmauern hatte von diesen schrecklichen Vorkommnissen etwas mitbekommen.
Wie gut, wenn man Leute hat, auf die man sich verlassen kann!



»»» Kurzgeschichten Alltag «««
»»» Kurzgeschichten: Überblick, Gesamtverzeichnis «««
»»» Kurzgeschichten und Gedichte «««

Ein kunterbunter Blog-Mix
»»» Kindergeschichten «««
»»» Ostergeschichten «««
»»» Ostergedichte «««
»»» Adventskalendergeschichten «««
»»» Adventskalendergeschichten «««
»»» Dudweiler «««
»»» Halde Lydia «««
»»» Kurzgeschichten «««
»»» Kurzgeschichten «««
»»» Gedichte «««
»»» Kurzgeschichten «««
»»» Krimis «««

»»» HOME PAGE «««