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Kurzgeschichte Kurzgeschichten

Jesus verzeiht Sünden

© Niko Dorn


Heute war ich auf der Zeil in Frankfurt und habe Bücher gekauft.
Und als ich so über die Einkaufsmeile schlenderte, kam ich an einem Stand vorbei, an dem ein weißes Bettlaken hing mit der hellblauen Aufschrift:
Jesus verzeiht Sünden.
Daneben standen zwei Männer. Der eine war alt und hatte einen weißen Bart.
Er sah etwa so aus wie der liebe Gott. Der andere Mann war um einiges jünger und versuchte gerade, einen Al-Qaida-Terroristen nicht nur von der Existenz Jesu, sondern, praktisch in einem Aufwasch, auch von der des lieben Gottes zu überzeugen.
Es war aber offensichtlich gar nicht nötig, den Terroristen zu agitieren, denn dieser wusste bereits von der Existenz Gottes und darüber hinaus wusste er, dass dieser Gott mehrere Jungfrauen für ihn bereit hielt, die er ihm direkt überlassen würde, falls er sich in einer Menschenmenge in die Luft sprengen würde.
Doch der Terrorist sah recht lebensfroh aus und so verkniff er sich das In-die-Luft-Sprengen für´s Erste, weshalb ich ihm nachhaltig dankbar bin.
Er hörte sich das ganze Palaver geduldig an, eine Zeitung vom christlichen Morgenkreis wollte er dann aber doch nicht kaufen.
Ich habe viel Verständnis für islamische Fundamentalisten, aber was die immer mit Jungfrauen haben, will mir nicht einleuchten. Jungfrauen sind meistens sehr jung und interessieren sich für kreuzdämliche Hip-Hopper oder Tokio Hotel oder so was. Sie beherrschen die einfachsten Sexualtechniken wenn überhaupt nur rudimentär und kennen vieles nur aus Büchern oder der Bravo.
Und wenn es schließlich zum entscheidenden Akt kommt, muss man vorher ein Handtuch unterlegen. Von älteren Jungfrauen wollen wir hier gar nicht reden!
Wahrscheinlich wäre es aber selbst für eine insgesamt tendenziell uncoole Religion wie den Islam zu uncool gewesen, in sein Regelbuch zu schreiben, dass man es im Falle der mutwillig herbeigeführten Selbstexplosion im Himmel mit 24 reifen und erfahrenen Sexualpartnerinnen zu tun bekomme. Verlockender als öde Jungfrauen wäre eine solche Belohnung ganz sicher - ist aber wohl besser so.
Nun fragte der jüngere Christenmensch mich, ob ich denn nicht auch etwas zu dem Thema beizusteuern hätte, worauf ich entgegnete, ich sei in religiösen Fragen ein schlechter Ansprechpartner, da ich in einem Bild von einer Atombombenexplosion einmal das Antlitz des Leibhaftigen erblickt hätte und der habe exakt ausgesehen wie Xavier Naidoo und seitdem hätte ich von allem Übersinnlichen für alle Zeiten die Schnauze gestrichen voll, worauf der Agitator nur "Tss, tss" machte und "wie Xavier Naidoo" vor sich hinmurmelte und schließlich seine Sprachlosigkeit dergestalt zu übertünchen suchte, dass er den Terroristen wieder in das Gespräch einzubinden sich bemühte, aber was soll ein Terrorist schon zu so was sagen?
Erstaunlicher Weise brach der Al-Qaida-Mann hier sein Schweigen: "Ich habe auch mal so was gesehen. In einem Sandsturm während meiner Zeit im Terroristen-Ausbildungscamp sah ich ein Federvieh. Ich kann Ihnen natürlich nicht sagen, um was genau für eine Art Federvieh es sich handelte, schließlich bin ich Terrorist und kein Ornithologe, aber es war ganz sicher eine Art Vogel. Und dieser Vogel hatte einen ganz furchtbaren Husten und einen ekligen Auswurf und als ich Jahre später von der Vogelgrippe hörte, wurde mir ganz mulmig und da habe ich mich dann auch zum Auslandseinsatz gemeldet, damit ich bloß nicht mehr in einen Sandsturm geraten konnte." Das interessierte den Jesus-Vermarkter nicht mehr besonders, Zuhören war nicht seine Stärke und außerdem hatte er schon eine alte Frau an der Angel, die ich kurz zuvor dabei beobachtet hatte, wie sie einem etwa dreizehnjährigen Jungen auf dessen Anfrage eine Zigarette überreicht hatte.
Der Terrorist und ich unterhielten uns noch eine Weile und tauschten unsere Telefonnummern aus. Nächste Woche wollen wir mal einen Kaffee trinken gehen, er habe da eine Menge spannender Geschichten zu erzählen - so richtig mit Action und so. Er heißt übrigens Hani.



Eingereicht am 26. Januar 2006.
Herzlichen Dank an die Autorin / den Autor.
Nachdruck und Vervielfältigungen, auch auszugsweise, bedürfen der schriftlichen Zustimmung der Autorin / des Autors.


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