Das Blut darf nicht zu weit spritzen
Christian Schmidt
Verehrte Leser. Gehören Sie auch zu den Menschen, die gerne Filme anschauen und begierig auf die DVD-Neuerscheinungen warten? Dann geht es Ihnen so wie mir. Erst jetzt über die Feiertage habe ich mir einige neue Streifen angesehen und war durchweg so enttäuscht, dass ich lieber wieder auf alte Meisterwerke wie "Für ein paar Dollar mehr" zurückgegriffen habe.
Sind Ihnen bei diesem Film auch schon einmal die seltsamen Geräusche aufgefallen, die dort zu hören sind. Da ist z.B. dieser alte Hut, der ständig wieder durch Kugeln in die Luft befördert wird und höher und höher steigt, als sei dem Hut nicht klar, dass er kein Gleitschirm ist, sondern ein Hut. Jedenfalls entsteht dabei ein Geräusch-Festival. Besonders das Landen des Hutes klingt, als ob ein Flugzeug abstürzt, oder eine Atomrakete ihren leidvollen Weg zur Erde sucht. Unglaublich.
In diesen alten Filmen klingen Ohrfeigen noch wie Paukenschläge, Schüsse noch wie Kanonen und das Anzünden von Streichhölzern wie ein Waldbrand.
Solche Filme sollten alle im Schulunterricht gezeigt werden, so wie das bei mir der Fall war. Wir hatten einen Film-Freak als Lehrer und dies hat mich wohl geprägt. Wenn mir heute jemand die Hand schüttelt, packe ich fest zu um direkt die Grenzen abzustecken, wenn ich eine Kerze anzünde benutze ich ein Streichholz - zzziiiiisch - und Bier trinke ich aus der Flasche.
Ist Ihnen eigentlich auch schon aufgefallen, dass es unzählige Biersorten in Einkaufzentren gibt, aber die wirklich guten nie dabei sind? Es gibt in Bayern herrlich leckere Weißbiere, aber hier im Rheinland bekommt man nur Erdinger und Paulaner. Die Tschechen brauen unzählige wohlschmeckende Pilsener, aber hier gibt es Bitburger. Was für ein Vergleich. Zugegeben, Budweiser ist auch sehr lecker, aber Gambrinus ist besser. Natürlich findet man auch hier diesen kleinen Laden, in dem ein kauziger bärtiger Mann ALLE
Biere dieser Welt anbietet, aber ich möchte zum Bierkauf keine Weltreise machen. Ich möchte alles zusammen kaufen. Kühlschrank, Aufschnitt, argentinisches Rindfleisch, Schokolade, Abflussreiniger und einen Kasten Bier aus Traunstein. Ich bekomme dies aber leider nicht alles zusammen, außer in Traunstein!
Es hat mich schon einmal nach Traunstein verschlagen, aber leider nicht um Bier zu trinken. Mein schöner amerikanischer Wagen mit den seltenen roten Blinkern hatte ausgerechnet im Urlaub in Bayern seinen Dienst versagt. Am ersten Urlaubstag verabschiedete sich die Automatik-Getriebeabdichtung. Da es in Reit im Winkl natürlich keine Ford-Werkstatt gab (gab es dort überhaupt eine Werkstatt?) wurde ich nach Traunstein geschickt. Endlich qualmend dort angekommen wurde mein Auto auch direkt inspiziert, aber leider
mussten die Teile bestellt werden. Zwei Wochen hatte ich also kein Auto im Urlaub und erst am letzten Tag bekam ich meinen endlich wieder. So habe ich Traunstein in nicht allzu guter Erinnerung, aber das Bier, das dort gebraut wird kann man wirklich jedem Kenner empfehlen!
Noch etwas ist mir an den guten Italo-Western aufgefallen. Selbst wenn Menschen von Kugeln durchsiebt werden, spritzt kein Blut! Meist ist sogar überhaupt keines erkennbar. Wenn sich ein Normalsterblicher in die Fingerkuppe schneidet, und trifft die richtige Stellen fängt das Blut schon an zu spritzen, aber bei Italo-Western spritzt es noch nicht mal bei mehreren Volltreffern. Ich habe mir im Leichtsinn mal eine Kanüle durch den Daumen gejagt (nicht dass was Sie denken; ich wollte eine Druckerpatrone geizigerweise
befüllen) und das Blut spritzte bis an die Wand. Dies hatte schon etwas Künstlerisches!
In einer Filmszene betritt ein verrückter Revolverheld ein Zimmer und feuert ohne Vorwarnung 3 Kugeln auf seinen Widersacher ab. Er muss getroffen haben, denn das Zielobjekt sinkt sogleich tot zu Boden, aber trotz Nahaufnahme: kein Blut; weder im Bauch, noch am Kopf noch am Rücken!
Vielleicht sollte der Film unbedingt "ohne Altersbeschränkung" eingestuft werden, aber achten die von der Selbstkontrolle wirklich nur aufs Blut?
Ich glaube ja und habe auch einen Beweis: "Harry Potter und der Gefangene von Askaban". Dieser Film ist grausam, gruselig und für Kinder absolut gar nicht zu empfehlen, aber er war - nachträglich - freigegeben ab 6 Jahren, wenn Erwachsene das Kind begleiteten. Für die, die diesen Film nicht gesehen haben, gebe ich gerne ein paar Erklärungen. In diesem Film laufen Werwölfe in düsterer Atmosphäre durch das Bild, wild gewordene Bäume versuchen Kinder zu töten, zerfranste Gestalten, die aussehen wie der
Sensenmann persönlich machen Jagd auf einen Jungen, den wir - leider - alle kennen.
Nur eines war nicht oder zumindest nicht in spritzender Form zu sehen, genau richtig: Blut! Also achten die freiwilligen Selbstkontrolleure (ein Paradoxon) wohl wirklich nur auf das Blut. Oder vielleicht doch auf die Lobby des Films?
In einer sehr berühmten Mafia-Trilogie sagte damals der Regisseur: "Das Blut hatten wir eigentlich realistischer und weiter spritzen lassen wollen, aber dann wäre der Film direkt "Ab 18" eingestuft worden." Nun, letztlich spritzte das Blut nicht ganz so weit und schon 16-Jährige durften dieses Meisterwerk bewundern. Zum Glück!
Eingereicht am 13. Januar 2005.
Herzlichen Dank an die Autorin / den Autor.
Nachdruck und Vervielfältigungen, auch auszugsweise,
bedürfen der schriftlichen Zustimmung der Autorin / des Autors.