Sicher?
© Bleistift
Der Wecker klingelt. Ich mache das Licht an, nehme den Wecker vom Nachttisch und schalte ihn vorsichtig aus. Nicht auszudenken, was wäre, wenn er kaputt gehen würde! Ich sehe auf die Uhr - ein Schock durchfährt mich. Noch eineinhalb Stunden, dann muss ich aus dem Haus! Ich gehe ins Bad, putze mir die Zähne und ziehe mich dann an, nicht ohne mich zu vergewissern, dass ich alles richtig herum anhabe. Dann kommt meine morgendliche Routine, bei der ich, wie übrigens immer, feststelle dass sowohl alle Rauchmelder
als auch die Alarmanlage einwandfrei funktionieren - aber man weiß ja nie. Nun kann ich mich beruhigt zum Frühstück niederlassen. Nachdem ich das Geschirr sorgfältig in der Spülmaschine verstaut habe - natürlich habe ich jedes Geschirrteil einzeln in die Küche getragen, damit ich möglichst sicher sein kann, dass nichts kaputt geht - verlasse ich das Haus. Dreimal vergewissere ich mich, dass die Tür ordentlich verschlossen ist. Habe ich etwas vergessen? "Die Fenster!", durchzuckt es mich. Mit einem Blick
auf die Uhr stelle ich fest, dass genügend Zeit bleibt, noch einmal um das Haus herumzugehen um die Fenster zu überprüfen. Alle sind fest verschossen, gut, ich kann also beruhigt zu meinem Fahrrad gehen. Oder doch besser laufen? Das wäre sicherer. Nein, die Zeit reicht nicht. Ich setze also meinen Helm auf - funktionieren die Bremsen noch? Das Licht? Die Klingel? Sorgfältig teste ich alles, es funktioniert einwandfrei, sodass ich mich langsam auf dem Weg zur Hausärztin machen kann, ich möchte mich impfen lassen.
Selbstverständlich vergewissere ich mich auch bei grünen Ampeln, dass die Autos stehen bleiben.
Als ich schließlich wieder nach Hause komme, stelle ich mein Fahrrad in die Garage, deren Tür ein besonderes Sicherheitsschloss hat. Ich sperre die Haustüre hinter mir wieder sorgfältig ab, um sicher gehen zu können, dass niemand unbemerkt in meine Wohnung kommen kann. Dann lasse ich mich auf meinem Sofa nieder, verdunkle den Raum und zünde eine Kerze an.
Als ich merke, dass es um mich herum sehr warm wird, wache ich wieder auf. Anscheinend bin ich eingeschlafen. Ich öffne die Augen - und bin sofort hellwach. Anscheinend habe ich im Schlaf die Kerze umgestoßen. Ich muss zusehen, wie die Flammen grade mein "Buch zur größeren Sicherheit" verschlingen.
Später erfahre ich von der Feuerwehr, dass ich den Rauchmelder beim Überprüfen anscheinend aus Versehen ausgeschalten habe.
Eingereicht am 03. November 2005.
Herzlichen Dank an die Autorin / den Autor.
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