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Kurzgeschichte Kurzgeschichten

Eine logische Geschichte

© Bernhard Ost


"Das klingt logisch", - antwortete ich einem guten Freund nach seiner unglaublich umfangreichen theoretischen Darstellung warum Naturkatastrophen und Kriege auf dieser Welt die logische Folge des Missbrauchs der Natur durch die Menschen sind. Schließlich seien wir Menschen die Kinder von Mutter Natur und treten diese mit Füßen und irgendwann sei es nötig, dass Mutter Natur ordnend und warnend eingreift.
Anfänglich hatte ich mich noch auf eine recht geistreiche Dialektik eingelassen, aber ich wurde immer wieder durch seine selbst gestrickte Logik eines Besseren belehrt.
Logisch ist das, was folgerichtig ist, oder besser gesagt, was folgerichtig erscheint, denn selbst die Wissenschaft hat sich schon öfter trotz der zu Grunde gelegten Logik geirrt.
Die Logik ist einerseits ein Grundprinzip der Erkenntnislehre, aber andererseits auch ein durchaus gefährliches Instrument, um Irrlehren glaubhaft unters Volk zu bringen.
Selbst ausgefallene Sektenlehren enthalten immer einen großen Anteil nachvollziehbarer Logik. Mir aber war diese pseudophilosophische Häkelstunde gewaltig auf den Nerv gegangen und mein geduldiges Zuhören hatte diesen Hobby-Dozenten zu immer neuen Spontanerkenntnissen motiviert.
Es gab nur eine Lösung: "Themawechsel."
Ich versuchte es mit ganz profanen Themen, wie Auto, Urlaub und Politik, aber er ignorierte meine Vorgaben völlig und kehrte immer wieder zu seinem Lieblingsthema mit den Worten zurück: "was ich noch sagen wollte" oder "da fällt mir doch noch ein"
Da aber kam mir die große Erleuchtung. Ich kehrte den Spieß um und konfrontierte ihn mit meinen eigenen Fähigkeiten irrational erzwungener Logik. "Weißt Du" begann ich, "ich denke seit Jahren darüber nach, warum sich eine Männermode und eine Frauenmode in der Evolution der Menschheit entwickelt hat, denn ursprünglich waren die Menschen nackt und trugen allenfalls ein Tierfell zum Wärmen. Es gab keine geschlechterspezifische Mode."
"Das ist wirklich eine interessante Frage" - meinte mein Freund, aber er hatte diesmal das Nachsehen, denn dieses neue Thema hatte er noch nicht in vielen eigenen Musestunden oder Gesprächsrunden mit Anderen durchgekaut. Er konnte somit nicht auf einen Fundus an Überlegungen zurückgreifen. Also begann ich mit der gleichen imperativen Logik meine Erklärungen an scheinbar logischen Beispielen zu entwickeln und es bereitete mir eine immer größere Freude, mit der Logik zu spielen und den blanken Unsinn mit hypothetischer Glaubwürdigkeit zu untermauern.
"Die ersten Menschen waren nackt und lediglich in den kälteren Zonen der Erde suchten sie nach Kleidung zum Wärmen. Ein Fell genügte. In den warmen Zonen der Erde gab es keine zwingende Notwendig einer Bekleidung. Also finden wir auch dort die Antwort auf das Bekleiden im Sinne der Eitelkeit. Die Menschen waren noch nicht so intelligent wie heute - vielleicht ein wenig intelligenter als die Affen. Sie sahen sich völlig in der Natur integriert und sahen sich im direkten Vergleich zu anderen Lebewesen in der Natur. Es fiel ihnen zwangsläufig auf, dass fast alle anderen Lebewesen mit mehr oder weniger auffälligen Schönheitsattributen versehen waren. Die Vögel und Fische präsentierten sich in einer unglaublichen Farbenpracht und selbst die meisten Säugetiere hatten farbenprächtige Fellkleider, wie z.B. Tiger, Leopard oder Giraffe oder sie hatten trotz Einfarbigkeit außergewöhnliche Fellstrukturen .Die Menschen fühlten sich benachteiligt. Sie waren neidisch. Der Neid war ihre eigentliche Triebfeder zu allen späteren Leistungen in der Evolution. Somit ist der Neid auch die wesentlichste urmenschliche Triebfeder und Charaktereigenschaft des Menschen.
Nicht nur aus Hungerbedürfnissen heraus töteten sie die schönen Tiere, sondern auch aus Neid und schmückten sich mit den bunten Federn, schönen Fellen, den großen weißen Zähnen und Vieles mehr. Die zweite Stufe des Neides ist die Arroganz.
Arroganz ist befriedeter Neid - ist die Eigenreflexion des Neides. Man möchte wie die schönen Tiere nun auch beneidet werden.
Den Wunsch nach Neid der Anderen verkörperten sie zwangsläufig in dem Stolz des "Sich- Zeigens" - in Arroganz.
Aus diesen menschlichen und genetisch determinierten Eigenschaften "Neid und Arroganz" entwickelte sich im Laufe der Menschheitsgeschichte eine Bekleidungsmode.
Zuerst versuchte man die spärlichen geschlechtsspezifischen äußeren Merkmale mit Accessoires aus der Tierwelt zu schmücken und damit optisch zu betonen.
Das männliche Glied steckte man in ein vorgebundenes Büffelhorn und potenzierte damit die bisherige Unauffälligkeit in eine Vision.
Die weibliche Brust wurde mit vielen bunten Feder-, Muschel- oder Blütenketten überhängt.
Bei einigen Urstämmen der Menschheit gipfelte der Neid auf die Tierwelt in eigene Scham und man versteckte Alles, was man nicht für vorzeigefähig hielt. Es entstand der Lendenschurz.
Im Laufe der weiteren Evolution nahmen die Bekleidung und der Körperschmuck eine immer größere Bedeutung an.
Irgendwann fühlte man sich den Tieren gleichwertig und überlegen und den Neid hätte es eigentlich nicht mehr geben dürfen. Da aber der Neid ein menschliches Grundelement ist, fand der Neid auch immer wieder neue Bereiche. Aus reinem Neid entstand auch die geschlechterspezifische Mode.
Die Männer waren die ersten, die sich als Jäger mit den schönsten Teilen der tierischen Beute schmückten. Und es waren auch die Männer, die zuerst ihre Frauen schmückten, denn sie waren ihr Besitztum und sollten ebenfalls von Anderen beneidet werden.
Es waren später die Frauen, welche eigene schmückende Accessoires entdeckten, um die Männer neidisch zu machen.
Viele goldene Ringe um den Hals der Frauen bei einigen Naturvölkern bedeuteten nicht nur Reichtum zum Angeben um Neid zu erzeugen, sondern der durch die vielen Ringe extrem lang gezüchtete Hals bedingte eine hoch erhobene Kopfhaltung und damit eine dauerhaft gezeigte arrogante Grundhaltung.
Bis weit über das Mittelalter hinaus trugen Männer und Frauen gleichermaßen lange Haare, aber es gab schon eine deutliche Differenzierung zwischen Männer- und Frauenfrisuren und was die Körperkleidung anbetraf, so wollten weder die Männer wie die Frauen aussehen, noch die Frauen wie die Männer.
Enge Kleidung unterstreicht die sekundären Geschlechtsmerkmale und da jene die einzigen echten körperlichen Besitztümer sind, begann mit dem Verkleiden und Dekorieren dieser körperlichen Anhangsgebilde der geschlechterspezifische Modewettlauf.
Der Neid auf das, was man nicht hat, unterstreicht das Bestreben, das, was man hat zu betonen.
"Du siehst, mein Freund, - der Neid ist die eigentliche menschliche Urwurzel seiner Entwicklung."


Eingereicht am 13. Februar 2005.
Herzlichen Dank an den Autor / die Autorin.
Nachdruck und Vervielfältigungen, auch auszugsweise, bedürfen der schriftlichen Zustimmung des Autors / der Autorin.


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